Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Eine Organschaft kann nur zwischen einem Unternehmer (natürliche Person, Personengesellschaft oder juristische Person) als Organträger und – nach der nationalen Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG – einer juristischen Person des Zivil- oder Handelsrechts (i. d. R. AG oder GmbH) als Organgesellschaft bestehen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Personengesellschaft in ein übergeordnetes Unternehmen eingegliedert sein.
BFH bestätigt Unternehmereigenschaft des Organträgers
Nur ein Unternehmer kann Organträger sein. Der BFH hält an seiner Auffassung fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss; dies gilt entsprechend auch für eine Organgesellschaft. Die Organschaft setzt danach als Vereinfachungsmaßnahme die eigene Unternehmerstellung des Organträgers zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken voraus. Ist der potenzielle Organträger mangels eigener Unternehmerstellung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, würde die Bildung einer Organschaft auch ohne eigene Unternehmerstellung eine Umgehung dieses Abzugsverbots bedeuten.
Insbesondere bei Holdinggesellschaften kann es an der Unternehmereigenschaft der Holdingmutter scheitern, wenn es sich um eine sog. Finanzholding handelt. Bei einer sog. Führungsholding, die gegenüber den Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, ist eine Unternehmereigenschaft der Holdinggesellschaft gegeben, sodass hier eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegen kann.
Abhängig von der jeweiligen Tätigkeit der Holding können sich die folgenden Holdingstrukturen ergeben:
Art der Holding |
Finanzholding |
Gemischte Holding |
Führungsholding |
Voraussetzung |
Die Holding beteiligt sich an Gesellschaften, erbringt diesen gegenüber aber keine entgeltlichen Dienstleistungen. |
Die Holding beteiligt sich sowohl an Gesellschaften, an die sie keine entgeltlichen Dienstleistungen erbringt, als auch an Gesellschaften, an die sie gegen Entgelt Dienstleistungen erbringt. |
Die Holding beteiligt sich an Gesellschaften, an die sie gegen Sonderentgelt Dienstleistungen ausführt. |
Unternehmereigenschaft |
Die Holding ist nicht unternehmerisch tätig. |
Die Holding ist unternehmerisch tätig, hat aber auch einen nichtunternehmerischen Bereich. |
Die Holding ist unternehmerisch tätig. |
Voller Vorsteuerabzug der Führungsholding
Die Führungsholding hat den vollständigen Vorsteuerabzug für alle mit ihrer normalen Geschäftstätigkeit als Führungsholding verbundenen Aufwendungen. Dies betrifft auch die Kosten aus dem Erwerb und dem Halten der jeweiligen Beteiligungen. Eingeschränkt ist das Recht auf den Vorsteuerabzug aber für Leistungen im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung von Beteiligungen, wenn das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen Beteiligung steht.
Umstritten war, ob nur eine juristische Person oder nicht auch eine Personengesellschaft als unselbstständiger Unternehmensteil in einen Organkreis eingegliedert sein kann. Nachdem der EuGH festgestellt hatte, dass nach dem Unionsrecht auch Personengesellschaften in einen Organkreis eingegliedert sein können und sie nur dann von der Eingliederung ausgeschlossen werden dürfen, wenn dies aus Gründen der Verhinderung der Steuerumgehung oder der Steuerhinterziehung notwendig ist, war klargestellt, dass die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Keine unmittelbare Berufungsmöglichkeit durch den Unternehmer
Der EuGH hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich die Unternehmer nicht unmittelbar auf Art. 11 MwStSystRL berufen können, da den Mitgliedstaaten ein Ausgestaltungsrecht zusteht.
Der BFH war daraufhin zu dem Ergebnis gekommen, dass neben einer juristischen Person auch eine Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein kann, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind.
Anwendung der Rechtsgrundsätze durch die Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung hat sich im Wesentlichen den Vorgaben des V. Senats des BFH angeschlossen und festgestellt, dass entgegen der gesetzlichen Regelungen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG auch eine Personengesellschaft in ein übergeordnetes Unternehmen eingegliedert sein kann, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das andere Unternehmen eingegliedert ist. Die finanzielle Eingliederung einer Personengesellschaft setzt danach voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, sodass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist. Die notwendige Beteiligung des Organträgers kann dabei auch über eine mittelbare Beteiligung erreicht werden.
In der weiteren Rechtspre...