Überblick
Liefert der Unternehmer einen Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat, ist diese Lieferung unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei. Nachdem sich der EuGH insbesondere in 2007 mit dem Vertrauensschutz beim Nachweis einer solchen innergemeinschaftlichen Lieferung beschäftigt hatte, wurde vom BMF im Januar 2009 ein sehr umfassendes Anwendungsschreiben zu § 6a UStG herausgegeben. In diesem Schreiben wurden teilweise kaum erfüllbare Voraussetzungen für einen solchen Vertrauensschutz gefordert. Teilweise wurden diese überhöhten Forderungen vom BFH in aktuell veröffentlichten Urteilen klar zurückgewiesen. Die Finanzverwaltung hebt jetzt das Schreiben vom 6.1.2009 auf und gibt eine Neufassung der Anweisungen für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung heraus.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Gelangt ein Gegenstand bei der Lieferung an einen Abnehmer von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, ist zu prüfen, ob diese Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1b i. V. m. § 6a UStG) steuerbefreit sein kann. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind dabei in § 6a Abs. 1 UStG geregelt:
- Der Gegenstand muss nachweisbar physisch von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft gelangt sein (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Voraussetzung ist, dass der Ort der Lieferung sich in Deutschland befindet, es muss sich also um einen steuerbaren Umsatz handeln. Grundsätzlich kann nur eine Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 UStG (sog. bewegte Lieferung) die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erfüllen.
- Der Erwerber muss den Gegenstand als Unternehmer für sein Unternehmen oder als juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen bezieht, erwerben. Bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs i. S. d. § 1b UStG kommt auch jeder andere Erwerber – also auch ein Nichtunternehmer – in Betracht. Wird die Lieferung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausgeführt, muss diese Voraussetzung grundsätzlich durch die zutreffende, dem Leistungsempfänger erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) nachgewiesen sein.
Die USt-IdNr. muss dem Leistungsempfänger erteilt worden sein. Der Nachweis für die innergemeinschaftliche Lieferung kann nicht durch die Aufzeichnung der USt-IdNr. eines Beauftragten (z. B. eines Frachtführers oder bei einem Reihengeschäft eines weiteren Abnehmers) geführt werden.
- Der Gegenstand der Lieferung muss in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen, die Ware muss dort der Erwerbsbesteuerung unterliegen. Auch diese Voraussetzung wird durch die zutreffende, dem Leistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat erteilte, USt-IdNr. nachgewiesen. Ob der Leistungsempfänger dann in dem betreffenden Mitgliedstaat tatsächlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterworfen hat (oder sich evtl. der Besteuerung entzogen hat), ist für die Gewährung der Steuerbefreiung für den leistenden Unternehmer nicht von Bedeutung.
Die USt-IdNr. muss aber zum Zeitpunkt der Lieferung gültig sein und dem Leistungsempfänger auch schon von seiner zuständigen Behörde erteilt worden sein. Dass der Leistungsempfänger eine USt-IdNr. zum Zeitpunkt der Lieferung lediglich beantragt hatte, reicht für den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht aus. Deshalb sollte eine nachträglich nachgewiesene USt-IdNr. nicht akzeptiert werden, da nicht sicher ist, dass diese zum Zeitpunkt der Lieferung schon gültig war.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung des Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat noch be- oder verarbeitet werden (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG). Diese Be- oder Verarbeitung muss nicht in Deutschland erfolgen, sie kann auch in einem anderen Mitgliedstaat oder im Drittlandsgebiet erfolgen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Be- oder Verarbeitung im Auftrag des Abnehmers oder eines folgenden Abnehmers erfolgt. Lässt der leistende Unternehmer den Gegenstand der Lieferung noch be- oder verarbeiten, erfolgt die Lieferung erst nach dieser Be- oder Verarbeitung; Gegenstand der Lieferung ist dann der be- oder verarbeitete Gegenstand.
Selbstverständlich müssen diese Voraussetzungen vorliegen, damit der liefernde Unternehmer die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1b UStG in Anspruch nehmen kann. In der Praxis ist aber dem korrekten Nachweis dieser Voraussetzungen mindestens genauso viel Aufmerksamkeit zu widmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der von der Finanzverwaltung aufgestellten Anforderungen an den Nachweis des physischen Gelangens des Gegenstands können sich in der Praxis Schwierigkeiten ergeben.
Die Finanzverwaltung hatte zu den Voraussetzungen und den Nachweisen der innergemeinschaftlichen Lieferung schon durch Schreiben vom 6.1.2009 Stellung genommen. In diesem Schreiben waren insbe...