Kommentar
Die Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG von der Umsatzsteuer befreit. Umstritten und nicht klar aus dem Gesetzeswortlaut ableitbar ist, wieweit die Steuerbefreiung reicht und ob – und wenn ja in welchem Umfang – sie auch auf ausgelagerte Tätigkeiten anzuwenden ist. Der EuGH stellte zwar schon 2006 klar, dass die "Verwaltung" solcher Sondervermögen ein autonomer Begriff des Gemeinschaftsrechts sei und darunter auch die Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung durch einen außenstehenden Verwalter fallen können. Voraussetzung sei jedoch, dass diese ausgelagerten Tätigkeiten ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden müssen und für die Verwaltung des Sondervermögens spezifisch und wesentlich sind. Auf ein auf diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben aufbauendes Urteil des BFH hatte die Finanzverwaltung (teilweise auch aus anderen Gründen) mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.
Die Finanzverwaltung nimmt jetzt nach Abstimmung der obersten Finanzbehörden der Länder in einem umfassenden Schreiben zu der Anwendung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG Stellung. Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden und ersetzen – soweit sich Abweichungen ergeben – die bisherige Verwaltungsauffassung aus Abschn. 69 Abs. 1 UStR 2008. Das Schreiben des BMF fällt ein wenig aus dem Rahmen der sonst üblichen BMF-Schreiben: In einem ersten Teil werden die Anwendungsgrundsätze und die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen dargestellt, in einem ausführlichen zweiten Teil werden die gemeinschaftsrechtlichen und die nationalen Grundsätze dargestellt, gewissermaßen als systematischer Begründungsversuch für die im ersten Teil gezogenen steuerrechtlichen Folgen.
Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG fallen nur die Tätigkeiten, die mit der Verwaltung des Investmentvermögens zusammenhängen. Allerdings kann sich dies auf inländisches Investmentvermögen als auch auf ausländisches Investmentvermögen erstrecken. Auch die Verwaltung von Spezial-Sondervermögen nach § 91 InvG fällt unter die Steuerbefreiung.
Bevor geprüft werden kann, ob eine Steuerbefreiung vorliegen kann, muss ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegen. Für die Bestimmung des Orts der Leistung sind die allgemeinen Regelungen des § 3a UStG anzuwenden. Insbesondere bei einer Leistung gegenüber einem Unternehmer für dessen Unternehmen oder einer nichtunternehmerischen juristischen Person, der eine USt-IdNr. erteilt worden ist, bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 2 UStG und ist dort, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt.
Wird Investmentvermögen durch eine Investmentaktiengesellschaft verwaltet (der Anleger ist Aktionär), ist die Verwaltung des Investmentvermögens durch die Gesellschaft i. d. R. ein nicht steuerbarer Vorgang.
Die steuerbaren Verwaltungsleistungen nach dem Investmentgesetz können – unabhängig davon, in welcher Rechtsform der Leistungserbringer auftritt – steuerbefreit sein. Auch die auf einen Dritten ausgelagerten Tätigkeiten können steuerfrei sein, dies betrifft auch bestimmte Leistungen der Depotbanken. Für die Voraussetzungen greift die Finanzverwaltung auf die allgemeinen Vorgaben aus der Rechtsprechung des EuGH zurück: Die Leistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung sind dann steuerfrei, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung des Vermögens spezifisch und wesentlich sind. Dafür müssen die Leistungen des Verwalters für die Durchführung der Geschäfte der Kapitalanlagegesellschaft unerlässlich sein. Darüber hinaus muss der Verwalter die Aufgaben eigenverantwortlich ausführen.
Materielle oder technische Dienstleistungen fallen nicht unter die Steuerbefreiung. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Befreiung von ausgelagerten Tätigkeiten, wenn es sich nur um vorbereitende Tätigkeiten handelt, bei denen sich die Kapitalanlagegesellschaft eine abschließende Entscheidung vorbehält.
Wird einem außenstehenden Dritten nur ein Teil der steuerbefreiten Verwaltungstätigkeiten übertragen, müssen diese Tätigkeiten ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung des Sondervermögens spezifisch und wesentlich sein. Bei den administrativen Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur in Betracht, wenn alle diese Leistungen auf den Dritten ausgelagert werden.
Werden steuerbefreite Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ausgeführt, sind diese Leistungen zwingend steuerfrei. Eine Option (§ 9 Abs. 1 UStG, Option zur Umsatzsteuer) kommt in diesen Fällen grundsätzlich nicht in Betracht. Der Unternehmer, der diese steuerfreien Leistungen ausführt, ist für in diesem Zusammenhang bezogene Leistungen Dritter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Vorsteuerabzug/Ausschluss). ...