Kommentar
Nach § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 UStG sind bestimmte Umsätze steuerbefreit, die an den Betreiber eines Seeschiffs oder an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ausgeführt werden. Der Begriff des Betreibers eines Seeschiffs ist aber weder gesetzlich definiert, noch ergeben sich Hinweise aus den Umsatzsteuerrichtlinien, wer als Betreiber eines Seeschiffs anzusehen ist.
Die Finanzverwaltung schließt jetzt diese Lücke und stellt klar, dass unter Berücksichtigung des gemeinschaftsrechtlichen Umfangs der Befreiung von Umsätzen für die Seeschifffahrt sowohl die Reeder als auch die Bereederer von Seeschiffen anzusehen sind. Die Eigentumsverhältnisse sind insoweit für die Anwendung der Steuerbefreiung unerheblich.
Der Bereederer ist ein Reeder, der als Dienstleister den Betrieb eines Schiffs für Dritte besorgt, dieser wird auch als Vertragsreeder bezeichnet. Der Bereederer ist als Schiffsmanager vor allem für den technischen Zustand des Schiffs, Besatzung, Ausrüstung, Versicherung und Einhaltung aller relevanten Vorschriften verantwortlich. Der Bereederer sorgt für die Einsatzfähigkeit des Schiffs.
Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist aber, dass die Leistungen unmittelbar dem Erwerb durch die Seeschifffahrt dienen. Umsätze, die an von Reedern oder Bereederern beauftragte Agenten oder Schiffsmakler ausgeführt werden, sind nicht von der Steuerbefreiung erfasst, da es sich hier um Umsätze auf einer vorhergehenden Handelsstufe handelt.
Weiterhin ist noch zu beachten:
- Eine Zwischenlagerung von Liefergegenständen i. S. d. § 8 Abs. 1 UStG ist unschädlich für die Steuerbefreiung.
- Chartervergütungen, die von Linienreedereien geleistet werden, die wiederum Bereederungsverträge mit Reedereien abschließen, sind ebenfalls als Gegenleistung für steuerbefreite Umsätze für die Seeschifffahrt anzusehen.
Konsequenzen für die Praxis
Die Definition des Betreibers eines Seeschiffs ist auf alle Fälle anzuwenden. Dies bedeutet, dass bei den Leistungen an einen solchen Betreiber eines Seeschiffs in Rechnungen eine Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden darf, wenn diese Leistung unmittelbar dem Erwerb durch die Seeschifffahrt dient.
Wird in diesen Fällen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, schuldet der leistende Unternehmer die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) und der Leistungsempfänger hat grundsätzlich keinen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG.
Soweit bisher der Begriff des Betreibers eines Seeschiffs anders ausgelegt wurde und Leistungen an Reeder oder Bereederer mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer steuerpflichtig ausgeführt wurden, wird es von der Finanzverwaltung für alle vor dem 1.8.2009 ausgeführte Umsätze sowohl für den leistenden Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger (für dessen Vorsteuerabzug) nicht beanstandet, wenn die Leistungen steuerpflichtig ausgeführt wurden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 24.7.2009, IV B 9 – S 7155/07/10001, BStBl 2009 I S. 822