Kommentar
Wird eine Leistung ausgeführt, die unterschiedliche Leistungselemente enthält, ist die Frage der Einheitlichkeit der Leistung von besonderem Interesse, wenn die einzelnen Leistungselemente zu verschiedenen umsatzsteuerrechtlichen Ergebnissen führen. Ein solches besonderes Interesse liegt dann vor, wenn die einzelnen Leistungselemente unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen.
Der BFH hatte in einem Fall der Lieferung von Pflanzen und der Einpflanzung durch eine Baumschule – entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – entschieden, dass die Pflanzenlieferung und die Dienstleistung des Einpflanzens zwei eigenständige Leistungen darstellen. Die Lieferung der Pflanzen unterliegt danach dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. der Anlage 2 zum UStG. Die Dienstleistung des Einpflanzens unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG.
Ob es sich um eine einheitliche Leistung oder zwei eigenständige Leistungen handelt, bestimmt sich aus der Sicht eines "Durchschnittsverbrauchers". Nicht von Bedeutung ist, ob in einer Rechnung eine gesonderte Berechnung erfolgt oder nicht.
Die Finanzverwaltung konkretisiert in ihrem Schreiben die Aussagen zu solchen kombinierten Leistungen. Voraussetzung für eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferung von Pflanzen ist, dass es das vorrangige Interesse des Verbrauchers ist, Verfügungsmacht über die Pflanzen zu erhalten. Daneben können dann – wenn es aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eine eigenständige Leistung ist – auch weitere Dienstleistungselemente treten.
Die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass es sich um eine nicht steuerbegünstigte – dem Regelsteuersatz unterliegende – Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) handelt, wenn der leistende Unternehmer neben der Verschaffung der Verfügungsmacht noch weitere Dienstleistungen ausführt, wird aufgegeben.
Konsequenzen für die Praxis
Die Möglichkeit, von verschiedenen, getrennt zu beurteilenden Leistungselementen auszugehen, besteht aber nicht in allen Fällen. Dabei kommt es immer auf die Besonderheiten des Einzelfalls an. So stellt das BMF in seinem Schreiben auch klar, dass z. B. die Grabpflege mit Bereitstellung von Pflanzen eine einheitliche Leistung darstellt, die nicht – auch nicht teilweise – dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann. Auch umfangreiche Planungs- bzw. Gartengestaltungsleistungen mit anschließender Ausführung der Arbeiten stellen eine einheitliche Werklieferung (Erstellung einer Gartenanlage) dar, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen ist.
Die Finanzverwaltung gewährt für die zu trennenden Leistungen im Bereich Lieferung und Einpflanzung von Pflanzen aber eine Übergangsfrist. So wird es für alle vor dem 1.4.2010 ausgeführten Leistungen – auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn von einer einheitlichen, dem Regelsteuersatz unterliegenden Leistung ausgegangen wird.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 4.2.2010, IV D 2 – S 7221/09/10001, BStBl 2010 I S. 214