Kommentar
Die zunehmende Nachfrage nach regenerativen Energien hat auch dazu geführt, dass Hausbesitzer Dachflächen an die Betreiber von Photovoltaikanlagen verpachten. Die Gegenleistung besteht teilweise in einer Geldzahlung für die Überlassung der Dachflächen, teilweise in der Übernahme der Verpflichtung zur Dacherneuerung. Soweit der Betreiber der Photovoltaikanlage für die Überlassung der Dachfläche die Dachsanierung übernimmt, liegt ein tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG vor, die Gegenleistung für die Überlassung der Dachfläche besteht in der Werklieferung in Form der Dachsanierung, evtl. noch verbunden mit einer Baraufgabe. Dabei ergeben sich sowohl umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen für den Gebäudeeigentümer als auch für den Betreiber der Photovoltaikanlage:
Gebäudeeigentümer: Der Gebäudeeigentümer erhält von dem Pächter eine Werklieferung, für die ihm Umsatzsteuer in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden kann. Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Gebäudeeigentümers richtet sich dabei nach der Gesamtnutzung des Gebäudes; ein Vorsteuerabzug kann nur im Rahmen der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG vorgenommen werden, abhängig davon, wie das gesamte Gebäude für vorsteuerabzugsberechtigende Zwecke verwendet wird.
Grundsätzlich ist die Überlassung der Dachfläche an den Betreiber der Anlage eine steuerbare, aber nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung. Nach Auffassung des LfSt Bayern bestimmt sich die Vorsteuerabzugsberechtigung des Gebäudeeigentümers auch dann nach der Gesamtnutzung des Gebäudes, wenn der Gebäudeeigentümer bei der Verpachtung der Dachfläche auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG verzichtet. Führt der Gebäudeeigentümer die Verpachtung steuerpflichtig aus, muss er die ihm gegenüber erbrachte Dachsanierung als Anzahlung sofort im Zeitpunkt der Ausführung der Arbeiten besteuern.
- Betreiber der Photovoltaikanlage: Der Betreiber der Photovoltaikanlage führt gegenüber dem Gebäudeeigentümer eine Werklieferung aus, die er als Ausgangsleistung besteuern muss, da die Dachsanierung sofort mit Ausführung in das Eigentum des Gebäudeeigentümers übergeht. Für die gegenüber dem Betreiber der Photovoltaikanlage ausgeführten Dacharbeiten hat der Betreiber der Photovoltaikanlage den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG.
Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Steuerentstehung beim Betreiber der Photovoltaikanlage: Die Gegenleistung für die Dachsanierung ist die Überlassung der Dachfläche. Besteuert der Anlagenbetreiber seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten, entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ausführung der Dachsanierung, da in diesem Moment die Leistung gegenüber dem Gebäudeeigentümer ausgeführt worden ist. Besteuert der Betreiber der Anlage seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten ("Istbesteuerung"), fließt ihm die Gegenleistung für die Dachsanierung über den gesamten Pachtzeitraum sukzessive zu. Damit würde die Umsatzsteuer jeweils anteilig mit jedem Monat der Verpachtung entstehen.
Das LfSt Bayern will deshalb in diesen Fällen prüfen, ob dem Betreiber der Photovoltaikanlage die Genehmigung zur Istbesteuerung versagt werden kann, da es in diesen Fällen (wegen des meist 20 bis 30 Jahre andauernden Verpachtungsverhältnisses) eine Gefährdung des Steueraufkommens sieht. Ob diese Auffassung einer gerichtlichen Prüfung standhält, muss abgewartet werden.
Konsequenzen für die Praxis
Sicher ist es auf den ersten Blick merkwürdig, wenn der Betreiber der Photovoltaikanlage bei Übernahme der Dachsanierung aus den ihm gegenüber ausgeführten Arbeiten im Zusammenhang mit der Sanierung des Dachs sofort den vollen Vorsteuerabzug hat, im Fall der Istbesteuerung aber die Gegenleistung für die an den Gebäudeeigentümer ausgeführte Werklieferung sukzessive über einen 20 oder 30 Jahre andauernden Pachtvertrag besteuern soll.
Gebäudeeigentümer G vereinbart mit dem Betreiber einer Photovoltaikanlage P die Überlassung einer Dachfläche für monatlich 500 EUR, G optiert nicht auf die Steuerpflicht der Verpachtungsleistung. Es wird ein Pachtvertrag über 20 Jahre abgeschlossen. Gleichzeitig übernimmt P die Verpflichtung, zu Beginn der Vertragslaufzeit das Dach des Gebäudes zu sanieren. Insgesamt wendet P für die Dachsanierung 48.000 EUR zzgl. 9.120 EUR Umsatzsteuer auf. P besteuert seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 Abs. 1 UStG).
P führt gegenüber G eine steuerbare Werklieferung im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes aus, die in der Dachsanierung besteht. Da die Umsatzsteuer bei P aber nicht mit Ausführung der Leistung entsteht, sondern erst dann und insoweit, wie ihm die Gegenleistung in Form der Dachverpachtung (monatlich) zufließt, muss P bei einer Laufzeit des Vertrags von 240 Monaten jeden Monat (48.000 EUR : 240 =) 200 EUR der Besteuerung unterwerfen. Damit entstehen – neben den aus der Stromlieferung vereinnahmten Entgelten – monatlich 38 EUR Umsatzsteuer aus der zu Vertragsbeginn ausgeführten Werklief...