Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Bezieht ein Unternehmer Leistungen, die er nicht ausschließlich für den Vorsteuerabzug ausschließende oder den Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsleistungen verwendet, muss eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgenommen werden. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG kann eine Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel nur vorgenommen werden, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab ermittelbar ist. Allerdings müssen auch die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Die Finanzverwaltung präzisiert ihre Vorgaben zur Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel.
Die rechtliche Problematik
Werden bezogene Leistungen nicht ausschließlich für den Vorsteuerabzug berechtigende oder den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke verwendet, muss geprüft werden, ob eine unmittelbare Zurechnung zu bestimmten Ausgangsumsätzen möglich ist und – soweit dies nicht zulässig sein sollte – wie eine evtl. notwendige Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorzunehmen ist. Die Finanzverwaltung hatte schon im Jahr 2022 Präzisierungen für die Vorsteueraufteilung bei Immobilien und in besonderen Fällen vorgenommen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken waren von der Finanzverwaltung schon die aus der Rechtsprechung hervorgegangenen Grundsätze umgesetzt worden.
Die Finanzverwaltung präzisiert jetzt die Aussagen zur Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel, nachdem der EuGH – allerdings schon 2016 – entschieden hatte, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die unionsrechtlichen Rundungsregelungen bei der Anwendung eines vom unternehmensbezogenen Umsatzschlüssel abweichenden Aufteilungsmaßstabs anzuwenden.
Nach Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL erfolgt die Vorsteueraufteilung nach einem Gesamtumsatzschlüssel des Unternehmens. In diesem Fall ist der Prozentsatz des Vorsteuerabzugs nach Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL auf volle Prozent aufzurunden. Allerdings können die Mitgliedstaaten auch einen von einem Gesamtumsatzschlüssel abweichenden Aufteilungsmaßstab zulassen, wenn dieser präziser ist. In diesem Fall greifen die Rundungsvorschriften nicht.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 15.17 und Abschn. 15a.2 Abs. 2 UStAE.
Zuerst wiederholt die Finanzverwaltung die Grundaussagen, die sich schon aus den im Jahr 2022 veröffentlichten BMF-Schreiben ergeben hatten, dass für den Fall, dass neben dem Gesamtumsatzschlüssel andere Aufteilungsschlüssel in Betracht kommen, ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden.
Hinweis
Ein Gesamtumsatzschlüssel ist gleichbedeutend mit einem gesamtumsatzbezogenen oder gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel.
Wird ein Gesamtumsatzschlüssel angewendet, ergibt sich der Prozentsatz des Vorsteuerabzugs nach einem Bruch, der sich aus dem Verhältnis der Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, zum Gesamtumsatz des Unternehmers zusammensetzt. Dies ist jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Der maßgebliche Bruch zur Ermittlung des Prozentsatzes ist dabei wie folgt zu ermitteln:
- Zähler: Nettobetrag aller zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze des Unternehmens im betroffenen Kalenderjahr, darin sind auch die der Besteuerung unterliegen unentgeltlichen Wertabgaben zu erfassen.
- Nenner: Nettobetrag des Gesamtumsatzes (alle vorsteuerabzugsberechtigenden und nicht vorsteuerabzugsberechtigenden Umsätze).
Hinweis
Subventionen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unmittelbar mit dem Preis der Lieferung oder sonstigen Leistung zusammenhängen und daher Teil der Gegenleistung i. S. d. § 10 Abs. 1 UStG sind. Andere Subventionen sind bei Ansatz eines Gesamtumsatzschlüssels nicht zu berücksichtigen.
Bei den Umsätzen, die im Zähler oder im Nenner zu berücksichtigen sind, soll es sich nur um Umsätze aus der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit handeln. Deshalb sind die folgenden Umsätze nicht mit zu berücksichtigen:
- Umsätze, die zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen (z. B. Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens);
- Hilfsumsätze aus Grundstücks- und Finanzgeschäften;
- Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. a – h UStG, soweit es sich um Hilfsumsätze handelt;
- Einnahmen, die ihrer Art nach nicht dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuer unterliegen (z. B. aus Geschäftsveräußerungen nach § 1 Abs. 1a UStG oder Kapitalerträgen).
Hinweis
Erzielt der Unternehmer Umsätze, die der Margenbesteuerung unterliegen, sind nicht die der Besteuerung unterliegenden Margen, sondern die Einnahmen abzüglich der Umsatzteuer anzusetzen. Nicht zu berücksichtigen sind Einfuhren, innergemeinschaftliche Erwerbe und die Bemessungsgrundlage zu Steuerbeträgen, die der Unternehmer nach § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 UStG schuldet.
Die Umsätze sind nach dem jeweils für den Unternehmer maßgeblichen Besteuerungsverfahren...