Als pflegebedürftig im Sinne des SGB XI gelten Personen, die gesundheitliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.
Der Anspruch nach dem SGB XI setzt voraus, dass die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit und der Fähigkeiten der antragstellenden Person auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, bestehen. Zum einen wird damit festgelegt, dass nur Zeiträume von mindestens sechs Monaten die Voraussetzung "auf Dauer" erfüllen. Zum anderen wird verdeutlicht, dass bereits vor Ablauf von sechs Monaten eine Entscheidung über das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit getroffen werden kann, wenn vorhersehbar ist, dass der Zustand der Pflegebedürftigkeit mindestens sechs Monate andauern wird. Pflegebedürftigkeit auf Dauer ist auch gegeben, wenn der personelle Unterstützungsbedarf nur deshalb nicht sechs Monate andauert, weil die verbleibende Lebensspanne voraussichtlich weniger als sechs Monate beträgt.
Bei der Beurteilung der Sechsmonatsfrist ist vom Eintritt der Pflegebedürftigkeit und nicht vom Zeitpunkt der Begutachtung oder der Antragstellung auszugehen. Der Zeitpunkt der Antragstellung hat in diesem Zusammenhang lediglich leistungsrechtliche Auswirkungen und ist für die Bemessung des Zeitraumes "auf Dauer" nicht maßgebend. Die Festlegung des Leistungsbeginns ist Aufgabe der Pflegekasse.
Liegen die Voraussetzungen für die Zuordnung zu einem Pflegegrad für mindestens sechs Monate vor und ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sich gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten der antragstellenden Person, zum Beispiel durch therapeutische oder rehabilitative Maßnahmen pflegegradrelevant verringern, ist der Pflegekasse mit entsprechender Begründung eine befristete Leistungszusage nach § 33 Absatz 1 Sätze 4 bis 8 SGB XI zu empfehlen.
Es ist bei der Begutachtung zu berücksichtigen, dass nicht die Schwere der Erkrankung oder Behinderung, sondern allein die Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten Grundlage der Bestimmung der Pflegebedürftigkeit sind. Daher begründen zum Beispiel eine Blindheit oder eine Lähmung der unteren Extremitäten allein noch nicht die Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI. Auch individuelle Gegebenheiten des konkreten Wohnumfeldes, selbst wenn sie die Selbständigkeit und Fähigkeiten hemmen, erschweren oder auch fördern, werden bei der Erhebung der Selbständigkeit und Fähigkeiten in den Modulen 1-6 nicht berücksichtigt. Entscheidungen in einem anderen Sozialleistungsbereich über das Vorliegen einer Behinderung oder den Anspruch auf Leistung einer Rente sind ebenfalls kein Maßstab für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit. So sagen die Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Grad der Behinderung nichts darüber aus, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI gegeben sind.
Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit bei Erwachsenen sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten in den nachfolgenden sechs Bereichen, die sich auf die in den Bereichen angegebenen Aktivitäten und Fähigkeiten beziehen (§ 14 Absatz 2 SGB XI):
1. |
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen |
2. |
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch |
3. |
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen |
4. |
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes (Kämmen, Zahnpflege/Prothesenreinigung, Rasieren), Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- un... |