Die ESRS sehen vor, dass Unternehmen Schätzungen anstellen müssen, wenn es ihnen auch nach dem Erbringen zumutbarer Anstrengungen nicht gelingt, alle erforderlichen Informationen über die Wertschöpfungskette einzuholen (ESRS 1, Allgemeine Anforderungen, Absatz 69). Was sind "zumutbare Anstrengungen"? Anhand des Begriffs "zumutbare Anstrengungen" wird bestimmt, wann ein Unternehmen anstelle von Informationen, die von den Akteuren seiner Wertschöpfungskette stammen, eine Schätzung der Informationen über die Wertschöpfungskette angeben muss. Nummer 65 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) gibt Aufschluss über den Zweck der Aufnahme von Informationen über die Wertschöpfungskette in die Nachhaltigkeitserklärung. Darin heißt es: "Das Unternehmen berücksichtigt wesentliche Informationen zur Wertschöpfungskette, wenn dies erforderlich ist, um a) es den Nutzern von Nachhaltigkeitserklärungen zu ermöglichen, die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens nachzuvollziehen, und/oder b) Informationen zu erstellen, die den qualitativen Merkmalen von Informationen gemäß Anlage B dieses Standards entsprechen". Nummer 68 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) lautet: "Ob das Unternehmen in der Lage ist, die erforderlichen Informationen zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu erhalten, kann von verschiedenen Faktoren abhängen, beispielsweise von den vertraglichen Vereinbarungen des Unternehmens, vom Grad der Kontrolle, die es über die Geschäfte außerhalb des Konsolidierungskreises ausübt, und von seiner Nachfragemacht. Wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, die Aktivitäten in seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette und im Rahmen seiner Geschäftsbeziehungen zu kontrollieren, kann es sich schwieriger gestalten, Informationen zur Wertschöpfungskette zu erhalten." Nummer 69 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) lautet: "Unter gewissen Umständen kann das Unternehmen die Informationen über seine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette (auch nach zumutbaren Anstrengungen) nicht gemäß Absatz 63 einholen. In diesem Fall schätzt das Unternehmen die berichtspflichtigen Informationen über seine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette unter Verwendung aller angemessenen und belastbaren Informationen, z. B. Sektordurchschnittsdaten und andere Näherungswerte." In Nummer 70 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) wird darauf hingewiesen, dass die Beschaffung von Informationen zur Wertschöpfungskette mitunter schwierig sein kann, wenn es sich bei dem betreffenden Akteur der Wertschöpfungskette um ein KMU oder ein anderes Unternehmen handelt, das selbst nicht den Meldepflichten im Rahmen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen unterliegt. In Nummer 71 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) wird zwischen der Berichterstattung über Konzepte, Maßnahmen und Ziele einerseits und der Berichterstattung über Kennzahlen andererseits unterschieden. In Bezug auf Konzepte, Maßnahmen und Ziele hat ein Unternehmen demnach Informationen zur Wertschöpfungskette zu übermitteln, "soweit diese Konzepte, Maßnahmen und Ziele Akteure der Wertschöpfungskette betreffen". Hinsichtlich der Kennzahlen "kann das Unternehmen in vielen Fällen — insbesondere in Umweltangelegenheiten, für die Näherungswerte verfügbar sind — die Berichterstattungspflichten erfüllen, ohne Daten von den Akteuren seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (insbesondere von KMU) zu erheben, z. B. bei der Berechnung der Scope-3-Treibhausgasemissionen des Unternehmens". Nummer 72 enthält folgende Klarstellung: "Die Einbeziehung von Schätzungen unter Verwendung von Sektordurchschnittsdaten oder anderer Näherungswerte darf nicht dazu führen, dass die Informationen nicht den qualitativen Merkmalen von Informationen entsprechen (siehe Kapitel 2 und Abschnitt 7.2 Quellen für Schätzungen und Ergebnisunsicherheit dieses Standards)". Das Unternehmen sollte die zumutbaren Anstrengungen im Sinne von Nummer 69 des ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) unter Berücksichtigung seiner spezifischen Gegebenheiten und Umstände sowie der Bedingungen des außenwirtschaftlichen Umfelds, in dem es tätig ist, ermitteln. Was eine zumutbare Anstrengung ist, kann sich folglich von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Es ist zu erwarten, dass Unternehmen in den ersten Jahren der Anwendung der Berichtspflichten häufiger auf Schätzungen zurückgreifen werden. Mit zunehmender Erfahrung in der Angabe von Nachhaltigkeitsinformationen durch die Unternehmen und die Akteure ihrer Wertschöpfungsketten dürfte der Rückgriff auf Schätzungen jedoch zurückgehen. In allen Fällen sollten Unternehmen prüfen, ob die Verwendung von Schätzungen aller Voraussicht nach die Qualität der angegebenen Informationen beeinträchtigen wird. Das Hinzuziehen von Schätzungen kann unter bestimmten Umständen die Qualität der angegebenen Informationen verbessern, z. B. wenn dadurch die Neutralität der Informationen zu den Auswirkungen, Risiken und Chancen sichergestellt werden... |