Karl Würz, Dr. Reinhard Preusche
Kurzum: Bei Compliance-Verstößen kann es sehr schnell um Ihren Ruf, Ihr Geld und Ihre Existenz gehen, selbst und gerade dann, wenn Sie persönlich keine unmittelbare operative Verantwortung trifft.
Bei einer Verletzung Ihrer Aufsichtspflicht als Unternehmer, Geschäftsführer oder Delegationsempfänger der Geschäftsleitung können Sie persönlich mit einem Bußgeld bis zu 1 Mio. EUR bestraft werden. Dazu reicht ggf. schon der Nachweis aus, dass Sie nicht dafür gesorgt haben, in Ihrem Verantwortungsbereich dem Risiko angemessene Vorsichtsmaßnahmen entgegenzusetzen, die das ordnungswidrige Verhalten anderer hätten verhindern können. Ein sinnvoll ausgedachtes, dem Risiko angemessenes und praktiziertes Compliance-Management-System kann Sie vor solchen Vorwürfen schützen und ist hierzu notwendig.
Eine persönliche Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG induziert in der Regel auch eine Verletzung der Geschäftsleiterpflichten zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nach § 76 AktG, § 91 Abs. 2 AktG und § 93 AktG bzw. § 43 GmbHG. Das verpflichtet Sie zum Ersatz der Vermögensschäden, die dem Unternehmen durch die fehlerhafte Wahrnehmung Ihrer Aufsichtspflicht entstanden sind. Hierbei geht es nicht nur um Strafen oder Bußgelder oder entgangenen Gewinn aus abgebrochenen Geschäftsbeziehungen. Allein die Kosten einer freiwilligen Untersuchung durch Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Compliance-Berater, die Ihr Unternehmen einleitet, um einen Korruptionsverdacht aufzuklären, können spätere Straf- oder Bußgeldzahlungen weit übersteigen.
Im Ernstfall stehen Sie grundsätzlich allein. Ihre Vorgesetzten oder Unternehmensorgane mit Aufsichtsfunktion müssen Sie persönlich in Regress nehmen, damit sie nicht selbst in Regress genommen werden können.
Sinnvoll ist es daher,
- Vermögensschadenshaftpflichtversicherungen (sog. D & O-Versicherungen) und Strafrechtsschutzversicherungen für führende Mitarbeiter abzuschließen oder
- vertraglich vorzusehen, dass das Unternehmen ggf. Ihre Verteidigungskosten in Bußgeld- und Strafverfahren übernimmt und für Bußgelder aufkommt.
Strafen darf Ihr Unternehmen nicht übernehmen. D & O-Versicherungen führen wiederum vermehrt zu Haftungsansprüchen gegen Manager, weil Unternehmen immer wieder versuchen, ihre Vermögensschadenshaftpflichtversicherung an negativen wirtschaftlichen Ergebnissen zu beteiligen – einfacher ausgedrückt: also möglichst viel aus ihren Prämienzahlungen herauszuholen.
Daneben müssen Sie mit erheblichen Schäden für Ruf und Karriere rechnen, wenn Ihnen eine persönliche Verwicklung in Compliance-Störfälle zur Last gelegt werden kann. Vielleicht kennen Sie die Frage, wie Sie als Unternehmer oder Führungskraft am besten in die nationalen Nachrichten kommen. Die Antwort ist kurz und bösartig: mit einem Korruptionsverdachtsfall oder wegen persönlicher Interessenskonflikte. Wie bereits gesagt: Managementfehlverhalten ist für Wirtschaftsmedien so attraktiv wie königliche Hochzeiten für die Boulevardpresse. Entscheidend ist der Neuigkeits-, nicht der Nachrichtenwert. Der Verdacht reicht aus. Über die spätere Einstellung von Ermittlungsverfahren wird dann unter "ferner liefen" berichtet.
Unternehmen fühlen sich zudem in Compliance-Krisenfällen häufig relativ schnell veranlasst, die Verantwortung einzelnen Führungskräften zuzuschieben, um sich dann von diesen zu trennen und so zukunftsgerichtet die Aussage zu bestätigen: "Der Einzelne mag fehlen. Das ist nie auszuschließen. Das Unternehmen aber nicht!"