Nadine Rumland-Gelzhäuser
Wird der Pflichtteilsberechtigte mit einem unterhalb des Pflichtteils liegenden Erbteil bedacht, d. h. mit einer Quote, die geringer ist, als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, und hat er nicht die Möglichkeit, durch die Ausschlagung den Pflichtteil zu erhalten, hat er Anspruch auf den sog. Pflichtteilsrestanspruch nach § 2305 BGB. Der Pflichtteilsrestanspruch bzw. der Zusatzpflichtteil besteht dann in Höhe der Differenz zwischen dem Erlangten und dem ordentlichen Pflichtteil.
Schlägt der als Erbe bedachte Pflichtteilsberechtigte hingegen bei Vorliegen einer der in § 2306 BGB genannten Beschränkungen oder Beschwerungen nach § 2306 BGB aus, hat er Anspruch auf den Pflichtteil. Im Rahmen des § 2306 BGB ist zu beachten, dass es nach der seit 2010 geltenden Fassung – anders als nach altem Recht – nicht mehr darauf ankommt, wie hoch der hinterlassene Erbteil ist.
Wichtig ist, dass die Beschränkungen und Beschwerungen nach der Neuregelung des § 2306 Abs. 1 BGB auch bei einer Erbeinsetzung mit einer Quote von weniger als der Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht automatisch wegfallen, sondern für den Wegfall eine Ausschlagung erforderlich ist. Wird also – unabhängig davon, ob der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils übersteigt oder nicht – nicht ausgeschlagen, bleiben Beschränkungen und Beschwerungen bestehen. Zwar hat der Pflichtteilsberechtigte, wenn seine Erbquote geringer ist, als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, einen Anspruch auf den Zusatzpflichtteil nach § 2305 BGB, jedoch werden die bestehenden Beschränkungen und Beschwerungen dabei nicht wertmindernd angesetzt, d. h. sie beeinflussen die im Testament bestimmte Quote bei der Ermittlung des Zusatzpflichtteils nicht. Wenn der Erbe nicht ausschlägt, muss er die seinen Erbteil betreffenden Beschränkungen und Beschwerungen voll tragen und läuft Gefahr, dass er wirtschaftlich weniger erhält als den Pflichtteil. Will er den Pflichtteil verlangen, muss er ausschlagen.
§ 2307 BGB regelt das Ausschlagungsrecht des Vermächtnisnehmers. Dieser hat nur dann den Anspruch auf den vollen Pflichtteil, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. Hierfür gilt grundsätzlich keine Frist. Allerdings hat der mit dem Vermächtnis belastete Erbe nach § 2307 Abs. 2 S. 2 BGB die Möglichkeit, dem Vermächtnisnehmer eine Frist zu setzen, innerhalb welcher er sich entscheiden muss, ob er das Vermächtnis annimmt. Lässt der Vermächtnisnehmer diese Frist verstreichen, gilt das Vermächtnis als ausgeschlagen mit der Folge, dass er den Pflichtteil geltend machen kann.