Nadine Rumland-Gelzhäuser
Häufig werden noch zu Lebzeiten des Erblassers im Rahmen der sog. vorweggenommenen Erbfolge Vermögensübertragungen an dessen Abkömmlinge oder den Ehegatten durchgeführt.
Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen sind §§ 2050, 2316 BGB.
Wendet der Erblasser einem Abkömmling Vermögenswerte als Ausstattung, Übermaßzuschüsse zu den Einkünften oder Übermaßaufwendungen für die Berufsausbildung zu, § 2050 Abs. 1 und 2 BGB, sind diese Zuwendungen automatisch, d. h. unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung des Erblassers und unabhängig davon, wann die Zuwendung stattgefunden hat, auszugleichen. Gem. § 2316 BGB wirkt sich die Ausgleichung auch auf den Pflichtteil aus. Gem. § 2050 Abs. 3 BGB besteht ferner hinsichtlich anderer als der in § 2050 Abs. 1 und 2 BGB genannten Zuwendungen die Möglichkeit, eine Ausgleichung anzuordnen.
Des Weiteren kann der Erblasser anordnen, dass eine Zuwendung auf den Pflichtteil angerechnet wird. Die Ausgleichungs- bzw. Anrechnungsanordnung muss der Erblasser vor oder bei der Zuwendung treffen.
Nach §§ 2050, 2316 BGB sind nur Abkömmlinge von der Ausgleichung betroffen. Für die Berechnung des Pflichtteils des Ehegatten spielen dagegen solche ausgleichspflichtigen Zuwendungen keine Rolle. Abkömmlinge, die einen Erbverzicht erklärt haben, werden bei der Ausgleichung nicht berücksichtigt. Dies gilt jedoch nicht für Abkömmlinge, die nur auf ihr Pflichtteilsrecht verzichtet haben.
Das Gesetz unterscheidet einerseits zwischen Zuwendungen, die ohne ausdrückliche Anordnung ausgleichspflichtig sind (§ 2050 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) und andererseits solchen Zuwendungen, die nur bei ausdrücklicher Anordnung des Erblassers ausgleichspflichtig sind (§ 2050 Abs. 3 BGB). Maßgeblich für die Einordnung ist die Art der Zuwendung. Handelt es sich um Ausstattung, Zuschüsse zu Einkünften oder um Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf, besteht die Ausgleichspflicht bereits ohne ausdrückliche Anordnung des Erblassers. Sollen sonstige Zuwendungen zur Ausgleichung gebracht werden, ist eine ausdrückliche Anordnung des Erblassers erforderlich. Im Hinblick auf Ausstattungen ist zu beachten, dass der Erblasser die Ausgleichung nicht durch entsprechende Anordnung ausschließen kann. Daher ist eine Ausstattung immer ausgleichungspflichtig. Dabei gilt im Rahmen der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB der sog. erweiterte Erblasserbegriff, d. h. bei gemeinschaftlichen Testamenten ist auch der zuerst verstorbene Ehegatte als Erblasser anzusehen.
Während § 2050 BGB den Ausgleich von Zuwendungen des Erblassers anordnet, regelt § 2057a BGB den Ausgleich von Leistungen, die ein Abkömmling zum Wohle des Erblassers erbracht hat.
Berechnung des Ausgleichspflichtteils
Die Berechnung des Ausgleichspflichtteils wird wie folgt vorgenommen:
Zunächst ist der Ausgleichungsnachlass zu ermitteln. Dabei bleiben der Ehegatte in Höhe des gesetzlichen Erbteils und die nach § 2056 S. 2 BGB von der Erbteilung ausgeschlossenen Abkömmlinge, die aufgrund der vom Erblasser zu Lebzeiten erhaltenen Zuwendungen bei der Auseinandersetzung nichts mehr bekommen, bei der Ausgleichung außer Acht. Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten ist also vom realen Nachlass abzuziehen.
Im zweiten Schritt werden die nach §§ 2055 bis 2057a BGB ausgleichspflichtigen Zuwendungen hinzuaddiert bzw. im Falle des § 2057a BGB der Wert des besonderen Leistung des Abkömmlings abgezogen.
Anschließend ist die Ausgleichserbquote der an der Ausgleichung Beteiligten zu ermitteln. Die jeweiligen Vorempfänge sind sodann auf den Ausgleichserbteil anzurechnen. Im Falle des § 2057a BGB ist der Wert der Leistung dem Ausgleichserbteil hinzuzurechnen. Der entsprechende Pflichtteil ist die Hälfte dieses Ausgleichserbteils.
Hinsichtlich des Wertes der ausgleichspflichtigen Zuwendung ist auf § 2055 Abs. 2 BGB abzustellen, wonach der Wert zum Zeitpunkt der Zuwendung bzw. der Leistungserbringung unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes maßgeblich ist. Soweit der Erblasser keine andere Bestimmung getroffen hat, ist für die Bemessung des Kaufkraftschwundes der Lebenshaltungskostenindex heranzuziehen.
Gem. § 2315 BGB erfolgt bei entsprechender Bestimmung des Erblassers – spätestens im Zeitpunkt der Zuwendung – eine Anrechnung des Vorempfangs auf der Pflichtteil. Er muss jedoch nicht zwingend bereits bei der Zuwendung eine konkrete Anrechnungsbestimmung treffen. Der Erblasser kann sich bei der Zuwendung auch eine spätere Anrechnung vorbehalten.
Das Nachholen einer solchen Anrechnungsbestimmung ohne früheren Vorbehalt ist nach herrschender Auffassung nicht möglich, auch nicht durch Verfügung von Todes wegen. Eine einmal getroffene Anrechnungsbestimmung kann aber nachträglich wieder aufgehoben werden. Formelle Voraussetzungen bestehen hierfür nicht. Die Anrechnung nach § 2315 BGB betrifft alle Pflichtteilsberechtigten also auch den Ehegatten. Die Berechnung nach § 2315 BGB ist dabei für jeden Pflichtteilsberechtigten gesondert vorzunehmen. Für den Wert gilt das berei...