Die Nachlasspflegschaft ist in §§ 1960 ff. BGB geregelt. Die Nachlasspflegschaft kann in folgenden Fällen vom Nachlassgericht angeordnet werden:
- Der Erbe ist dem zuständigen Nachlassgericht unbekannt.
- Der Erbe hat die Erbschaft noch nicht angenommen.
- Der Erbe ist bekannt, es steht aber noch nicht fest, ob er die Erbschaft annimmt.
In allen Fällen muss ein Bedürfnis nach anzuordnenden Fürsorgemaßnahmen bestehen. Eine für die Bestellung eines Nachlasspflegers nach § 1960 BGB ausreichende Unklarheit über den endgültigen Erben besteht auch dann, wenn noch ein Verfahren auf gerichtliche Feststellung einer Vaterschaft des Erblassers betrieben wird, sofern für die Vaterschaft eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. Hierbei dürfen im Hinblick auf den vorübergehenden Charakter von Sicherungsmaßnahmen nach § 1960 BGB keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist nicht Sache der Gerichte, in diesem Verfahren die Frage der Vaterschaft des Erblassers weiter aufzuklären.
Wenn eine Mehrheit von Erben in Betracht kommt, ist es für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen. Sind nur einzelne Erben unbekannt, kann nicht etwa eine Gesamtpflegschaft angeordnet werden, sondern nur eine Teilpflegschaft für diesen unbekannten Erben, wenn die Voraussetzungen im Übrigen insoweit vorliegen. Bei unbekannten Erben eines verstorbenen Wohnraummieters ist durch das Nachlassgericht gem. § 1961 BGB eine Nachlasspflegschaft anzuordnen, sofern der Vermieter dies beantragt, um einen Anspruch gegen den Nachlass auf Räumung geltend zu machen. Der Umstand, dass der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist, steht dem nicht entgegen.
Bei der Nachlasspflegschaft werden zwei Arten unterschieden:
Bei der Sicherungspflegschaft hat der Nachlasspfleger die Aufgabe, den Erben zu ermitteln und den Nachlass zu erhalten, zu sichern und zu verwalten (§§ 1915, 1793 BGB). Es ist zweifelhaft, ob diese Pflegschaft zu den treuhänderischen Aufgaben eines Steuerberaters zählt, weil diese als gesetzliche Vertretung gilt. Die Pflichten des Nachlasspflegers ergeben sich aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zum endgültigen Erben (§§ 1915, 1833 BGB).
Die Klage- oder Prozesspflegschaft wird durch das Nachlassgericht ausgesprochen (§ 1961 BGB). Der Nachlasspfleger wird nur auf Antrag eines Nachlassgläubigers bestellt. Der Nachlassgläubiger will gegen den Erben vorgehen, kann dies aber nicht, da der Erbe noch nicht feststeht (§ 1958 BGB). Der Nachlasspfleger führt dann den Passivprozess (§ 1960 Abs. 3 BGB). Diese Tätigkeit ist nur dem Steuerberater erlaubt, der gleichzeitig Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand ist. Eine Konfrontation des "Nur-Steuerberaters" mit diesem Themenkreis findet daher in der Praxis kaum statt.