Alexander C. Blankenstein
Ästhetische Beeinträchtigung ist hinzunehmen
Ist das Nachbargrundstück verwildert und werden dort Gegenstände gelagert, von denen keinerlei Gefahren oder Beeinträchtigungen ausgehen, ist das zu dulden. Allein ästhetische Beeinträchtigungen müssen hingenommen werden. Deshalb bestehen keine Nachbaransprüche etwa auf die Beseitigung von Baumaterialien, Autowracks, alten Stangen, Blech, sonstigem Gerümpel und Baugeräten. Auch der Anblick von Müll auf dem Nachbargrundstück ist als ästhetische Immission vom Nachbarn zunächst zu akzeptieren.
Ausnahmsweise Anspruch aus § 1004 BGB
Nach einem Urteil des AG Münster können vom Nachbargrundstück ausgehende, gegen das ästhetische Empfinden des Nachbarn verstoßende Zustände mit dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB ausnahmsweise unterbunden werden. In dem zu entscheidenden Fall hatten die Grundstücknachbarn Regentonnen, Eimer, zerbrochene Gehwegplatten, Ziegel- und Betonsteine unmittelbar an der Grundstücksgrenze abgelegt und den Unrat zu ihrem eigenen Grundstück hin mit einem Pallisadenzaun verdeckt. Der Unrat wurde absichtlich an dieser Stelle abgelegt, nachdem es mit den Nachbarn einen Grenzstreit gegeben hatte. In einem solchen Fall, in dem das Ablagern aus "schikanösen" Gründen erfolgt, kann ein Anspruch aus § 1004 BGB gegeben sein.
Abstellen von Mülltonnen an Grundstücksgrenze
Ein Grundstücksnachbar hat Müllbehältnisse in der Nähe der gemeinsamen Grundstücksgrenze als sozialadäquat hinzunehmen. Werden zudem die Lagerbehälter ordnungsgemäß verwendet, dürften Geruchsbelästigungen ausgeschlossen sein.
Gefährdung
Gehen von den gelagerten Gegenständen aber Gefahren aus, indem z. B. giftige Gase freigesetzt oder Schädlinge angelockt werden, empfiehlt sich zunächst eine Anzeige bei der zuständigen Abfallbehörde. Stellt diese fest, dass von dem Müll Gefahren ausgehen, veranlasst sie das weitere Vorgehen. I. d. R. erlässt die Behörde zunächst eine Beseitigungsanordnung und kündigt an, die Beseitigung nach Ablauf einer gesetzten Frist kostenpflichtig vorzunehmen (sog. Ersatzvornahme).
Wird auf dem Nachbargrundstück ein rostendes Autowrack gelagert, das keinen Gebrauchswert mehr hat, in seinem gegenwärtigen Zustand als Ganzes nicht mehr verwertbar ist und auch nicht alsbald mit wirtschaftlich vernünftigem Aufwand wieder hergerichtet werden kann, handelt es sich um sog. "Zwangsabfall". Die zuständige Behörde veranlasst die ordnungsmäßige Entsorgung.
Vermietetes Nachbargrundstück
Ist ein Grundstück vermietet und bestehen ordnungsbehördlich relevante Gefahren, hat der Nachbar Abwehr- und Beseitigungsansprüche aus §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB gegenüber dem Vermieter als Grundstückseigentümer. Dies ist insbesondere bei Geruchsbelästigung und Gesundheitsgefährdung vor allem durch Ungezieferbefall der Fall. Eine "wilde Müllablagerung" ist ebenfalls unzulässig, der Müll ist zu entsorgen.
Der Vermieter begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn Abfälle auf seinem Hausgrundstück nicht entsorgt werden, die sein am Messie-Syndrom leidender Mieter zuvor gesammelt hat.
Der Vermieter als Eigentümer eines mit Müll beladenen Grundstücks ist auch Abfallbesitzer im Sinne des § 3 KrWG und als solcher als Störer zur Beseitigung dieser Störung verpflichtet. Dies gilt auch, wenn der Müll von Dritten unberechtigt abgelagert worden ist.