Leitsatz (amtlich)
Das Insolvenzgericht kann gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 InsO auch einen Sachverständigen ermächtigen, Auskünfte über die Vermögenslage des Schuldners u.a. von Kreditinstituten einzuholen. In diesem Fall steht den Mitarbeitern des Kreditinstitutes kein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 4 InsO i.V.m. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu. Die Auskünfte sind zu erteilen, ohne dass der Schuldner ausdrücklich eine Entbindung von der Schweigepflicht erteilen muss.
Nachgehend
Gründe
Die Schuldnerin hat am 29.07.2002 Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt sowie Stundung und Restschuldbefreiung beantragt. Mit Beschluss vom selben Tage hat das Insolvenzgericht einen Sachverständigen bestellt. In dem Beschluss ist der Sachverständige u.a. ermächtigt worden, "Auskünfte über die Vermögenslage der Schuldnerin bei Dritten (Banken, Versicherungen, Behörden, Vertragspartnern usw.) einzuholen". Mit Schriftsatz vom 28.08.2002 hat der Sachverständige beantragt, den zuständigen Sachbearbeiter des Kreditinstitutes als Zeugen zu hören über den Inhalt der von der Schuldnerin unterhaltenen umfassenden Geschäftsverbindung. Im Termin vom 05.09.2002 hat der Zeuge seine bereits gegenüber dem Sachverständigen ausgesprochene Weigerung wiederholt, auszusagen. Er beruft sich auf das Bankgeheimnis sowie darauf, dass die Sparkasse als Dienstherrin ihm keine Aussagegenehmigung erteilt habe.
Gem. § 4 InsO i.V.m. § 387 ZPO hat das Insolvenzgericht über die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung des Zeugen zu entscheiden. Diese Entscheidung hat das Insolvenzgericht durch Beschluss getroffen. Zwar sieht § 387 Abs. 3 ZPO den Erlass eines Zwischenurteils vor. Gem. § 4 InsO finden die Vorschriften der ZPO jedoch nur entsprechende Anwendung. Da § 5 Abs. 2 InsO die mündliche Verhandlung freistellt, ergehen Entscheidungen des Insolvenzgerichtes durch Beschluss, auch wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat (FK-InsO/Schmerbach § 5 Rz. 31). Die in § 387 Abs. 1 ZPO vorgesehene Anhörung der Parteien ist nicht erforderlich, da das Insolvenzgericht über den zulässigen Antrag der Schuldnerin von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 InsO).
Dem Zeugen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 4 InsO i.V.m. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht zu.
Nach Eröffnung des Verfahrens kann der Insolvenzverwalter, auf den gem. § 80 InsO die Verwaltung- und Verfügungsmacht übergeht, einen Zeugen gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO von der Verschwiegenheitspflicht entbinden (FK-InsO/Schmerbach § 5 Rz. 14). Wird im Eröffnungsverfahren ein so genannter "starker" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, auf den gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht, so steht diesem diese Befugnis ebenfalls zu (HK-InsO/Kirchhoff § 5 Rz. 15). Den so genannten "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 2 InsO kann das Insolvenzgericht ermächtigen, Auskünfte u.a. bei Kreditinstituten einzuholen (HK-InsO/Kirchhoff § 5 Rz. 15, § 22 Rz. 31; FK-InsO/Schmerbach § 5 Rz. 14). Rechtsgrundlage für die Ermächtigung des "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters ist die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 InsO (AG Duisburg NZI 2000, 606; FK-InsO/Schmerbach § 5 Rz. 14).
Auf Grund der Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 InsO kann auch bei Bestellung eines Sachverständigen das Insolvenzgericht darüber hinaus anordnen, dass der Sachverständige Auskünfte u.a. von Kreditinstituten einholen kann mit der Folge, dass die Vorschrift des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht gilt. Entgegen der von Huber (InsO 2001, 289, 291) vertretenen Auffassung fällt eine derartige Anordnung unter den Begriff der Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 21 Abs. 1 InsO. Die Vorschrift enthält eine Generalklausel und ist weit auszulegen. Im Übrigen setzt die Anordnung einer Maßnahme gem. § 21 Abs. 1 InsO - entgegen der von Huber a.a.O. geäußerten Ansicht - nicht voraus, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist. Bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters handelt es sich nur um eine der möglichen Sicherungsmaßnahmen, wie sich aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 InsO (insbesondere) ergibt. Daher kann der Sachverständige gem. § 21 Abs. 1 InsO ermächtigt werden, Auskünfte über die Vermögenslage des Schuldners einzuholen (FK-InsO/Schmerbach § 22 Rz. 57 a; ähnlich HK-InsO/Kirchhoff § 5 Rz. 13; a.A. BK-Goetsch§5Rz. 14 a E).
Einer ausdrücklichen Einverständniserklärung des Schuldners gegenüber dem Kreditinstitut bedarf es nicht (a. A. Huber InsO 2001, 289, 291). Das Insolvenzgericht sieht daher keine Veranlassung, von der Schuldnerin eine Einverständniserklärung einzuholen. Zwar bestehen Mitwirkungspflichten des Schuldners auch beim Eigenantrag. Das Insolvenzgericht ist jedoch an eine bestimmte Vorgehensweise nicht gebunden (AG Duisburg NZI 2000, 606, 607). Zwar mag es sein, dass es im vorliegenden Fall zu einer gewissen Verzögerung kommt. Dies kann jedoch hingenommen werden. Der Geschäft...