Gründe
Der Schuldner, der zur Zeit der Antragstellung ein Baugeschäft betrieb, hat am 20.01.1999 Insolvenzantrag gestellt. Nachdem zunächst ein Sachverständiger bestellt worden war, ist mit Beschluß vom 28.01.1999 ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden. Trotz freier Masse in Höhe von lediglich ca. 8.000,00 DM hat der vorläufige Insolvenzverwalter im Hinblick auf Außenstände und realisierbare Vermögenswerte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens empfohlen. Am 01.03.1999 ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Berichtstermin ist auf den 07.05.1999 anberaumt worden. Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und die einzuhaltenden Fristen gem. § 30 Abs. 3 InsO a. F. ist dem Schuldner nicht erteilt worden. Im Berichtstermin vom 7. Mai 1999, in dem der Schuldner nicht anwesend war, ist die Einstellung des Geschäftsbetriebes beschlossen worden. Am 01.02.2001 hat der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO angezeigt. Schlußtermin ist noch nicht anberaumt worden.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 28.09.2001, bei Gericht eingegangen am 01.10.2001, hat der Schuldner beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu bewilligen und Restschuldbefreiung gem. § 287 zu gewähren sowie ihm für das Restschuldbefreiungsverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichneten Rechtsanwaltes zu gewähren. Dem Schriftsatz war beigefügt eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass das Insolvenzgericht die nach § 30 Abs. 3 InsO erforderlichen Hinweis auf die Restschuldbefreiung nicht enthalten habe. Unter Hinweis auf eine Literaturmeinung (FK-InsO/Ahrens, § 287 Rz. 12) vertritt der Schuldner die Auffassung, trotz Nichteinhaltens der Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO sei er mit der Antragstellung nicht präkludiert; Artikel 103 Abs. 1 GG verbiete eine Präklusion, wenn ein richterliches Fehlverhalten die verspätete Handlung mit verursacht habe. Weiter hat der Schuldner ausgeführt, die Abtretungserklärung werde in Kürze nachgereicht. Tatsächlich ist sie erst mit Schriftsatz vom 22.11.2001, bei Gericht eingegangen am 23.11.2001, eingereicht worden.
Auf Veranlassung des Rechtspflegers sind Abschriften des Anwaltsschriftsatzes vom 28.09.2001 an sämtliche Gläubiger zur Stellungnahme binnen 3 Wochen übersandt worden. Die Gläubiger sind teilweise dem Wiedereinsetzungsantrag entgegengetreten, teilweise haben sie sich auf Versagungsgründe gem. § 290 Abs. 1 InsO berufen. Dazu hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners mit Schriftsatz vom 12.11.2001 Stellung genommen.
Der Rechtspfleger hat die Akten dem Abteilungsrichter im Hinblick auf den Anwaltsschriftsatz des Schuldners vom 28.09.2001 zur Entscheidung vorgelegt.
I. Grundsätzlich ist der Rechtspfleger zur Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung aus formellen Gründen - wie z. B. bei einem verfristeten Antrag - zuständig (LG Göttingen NZI 2001, 220; FK-InsO/Schmerbach, 3. Auflage, § 2 Rz. 15). Gem. § 18 Abs. 2 Rechtspflegergesetz kann sich der Richter jedoch die Bearbeitung des eröffneten Verfahrens ganz oder teilweise vorbehalten. Von diesem Vorbehalt kann der Richter auch Gebrauch machen nach Eröffnung des Verfahrens (FK-InsO/Schmerbach § 2 Rz. 24). Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine grundsätzliche, vom Amtsgerichts Göttingen bislang noch nicht entschiedene Frage.
II. Die Eröffnung des Verfahrens ist erfolgt vor dem 01.12.2001. Gem. Artikel 103 a EGInsO ist die InsO in der alten (bis zum 30.11.2001) geltenden Fassung anzuwenden.
III. Der Antrag ist nicht spätestens bis zum Berichtstermin gestellt worden, wie es § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO a. F. erfordert. Dennoch ist der Schuldner mit der Antragstellung nicht ausgeschlossen.
1. In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob bei Versäumung der Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO gem. § 4 i. V. m. §§ 233 ff. ZPO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden kann. Die Rechtsprechung bejaht dies teilweise (LG Göttingen NZI 200, 220, 221; AG Duisburg NZI 2000, 184 f.; offen gelassen von LG Duisburg NZI 2000, 184; im Ergebnis wohl auch OLG Zweibrücken ZInsO 2001, 811), teilweise werden die Vorschriften über die Wiedereinsetzung für nicht anwendbar erklärt (OLG Köln ZInsO 2000, 608, 610 mit ablehnender Anmerkung Pape EWiR 2001, 127, 128). Die Literaturmeinungen sind ebenso widersprüchlich (bejahrend: FK-InsO/Schmerbach, 3. Auflage, § 30 Rz. 19 a; Kübler/Prütting/Pape § 30 Rz. 6 a; Hess § 30 Rz. 23; Smid § 287 Rz. 2; ablehnend: FK-InsO/Ahrens § 287 Rz. 12; MK-InsO/Schmahl § 20 Rz. 99, Vallender NZI 2001, 561, 566).
2. Ob die Regeln über die Wiedereinsetzung gem. §§ 233 ff. ZPO direkt oder analog anwendbar sind, kann - jedenfalls im vorliegenden Verfahrensstadium - dahinstehen.
Zutreffend weist auch ein Teil der Literaturmeinung, die eine Anwendung der Wiedereinsetzungsregelungen ausschließt, darauf hin, dass die Frist für den Restschuldbefreiungsantrag nicht zu laufen be...