Zusammenfassung
Das Bundesjustizministerium will Mietern und Wohnungseigentümern die Installation sogenannter Steckersolargeräte erleichtern. Sie sollen einen gesetzlichen Anspruch auf das Anbringen der auch Balkonkraftwerke oder Mini-Solaranlagen genannten Geräte bekommen.
Das sieht ein Referentenentwurf vor, der am 24.5.2023 in die Ressortabstimmung ging. Wann über das Gesetz im Kabinett beraten wird, ist noch offen. Die Pläne sind Teil der Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung, die noch 2023 umgesetzt werden soll.
Die CDU/CSU-Fraktion hat außerdem einen "Entwurf eines Gesetzes zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken" vorgelegt, über den der Bundestag am 25. Mai erstmalig im Plenum debattiert.
1 Weniger bürokratische Hürden und Zeitersparnis
Der "Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen" sieht Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und des BGB vor.
So ist vorgesehen, dass die Steckersolargeräte in die Liste der nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten baulichen Veränderungen aufgenommen werden, auf die Wohnungseigentümer einen Anspruch haben. Im Mietrecht in § 554 Abs. 1 BGB soll die Aufzählung der baulichen Maßnahmen, auf deren Gestattung Mieter einen Anspruch haben, entsprechend ergänzt werden. Die Notwendigkeit, einen Antrag auf Installation beim Vermieter oder der Eigentümerversammlung zu begründen, würde damit entfallen.
Der Entwurf betont den geringeren Aufwand gegenüber den geltenden Regelungen: "Die Zeitersparnis wird im Fall von Wohnungseigentum typischerweise größer sein als bei Mietwohnungen, denn in Wohnungseigentümerversammlungen lösen Verlangen nach der Installation von Steckersolargeräten derzeit in der Regel erheblichen Erörterungsbedarf aus."
2 Geltendes Recht
Noch sind die rechtlichen Hürden hoch und die Mini-Photovaltaikanlagen auf Balkon und Terrasse immer wieder Streitthema vor Gericht. Das lässt sich verhindern. Was Mieter und Wohnungseigentümer jetzt noch beachten sollten, um Konflikte mit Vermietern, der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) oder dem Nachbarn zu vermeiden – darauf weist die Verbraucherrechtskanzlei Rightmart hin.
Einspeise-Limitierung und Meldepflichten
Für Solarstrom vom Balkon gilt eine gesetzlich vorgeschriebene Einspeise-Limitierung von maximal 600 Watt und teilweise Meldepflichten im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur sowie beim Verteilnetzbetreiber. Einen generellen Anspruch auf den Betrieb eines Balkonkraftwerks haben Eigentümer und Mietende nicht.
Genehmigung von Vermieter oder WEG und bauliche Veränderung
"Ob Vermieter über eine Anlage informiert oder ihre Zustimmung geben müssen, hängt maßgeblich davon ab, wo die Module installiert werden", so die Juristen. Vor der Anschaffung solle unbedingt das Gespräch gesucht und eine schriftliche Genehmigung eingeholt werden. "Wird die Anlage an der Balkonbrüstung, an der Außenwand oder auf dem Dach montiert, handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Hier ist zweifelsfrei die Zustimmung des Vermieters beziehungsweise der Eigentümergemeinschaft erforderlich, wobei in Bezug auf Letztere die einfache Mehrheit genügt", erklärt Sükrü Sekeryemez, Rechtsanwalt in der Verbraucherrechtskanzlei.
"Eventuell beantwortet aber bereits der Mietvertrag die Frage, ob Solarmodule an Fassaden oder Balkonen gestattet sind oder der Zustimmung bedürfen - und an welche Voraussetzungen diese geknüpft ist, etwa die Installation durch einen Fachbetrieb oder einen Tragfähigkeitsnachweis des Balkons", so Sekeryemez. Eine Zustimmung ist ebenfalls vonnöten, wenn für den Betrieb der Anlage eine neue Steckdose gesetzt oder der Stromzähler getauscht werden muss, da in die Elektroinstallation eingegriffen wird.
3 Gerichte urteilen uneinheitlich
Der Mehrheit der gerichtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Balkonkraftwerken liegt nach Erfahrung der Kanzlei entweder
- eine nicht vorhandene Genehmigung durch Vermieter oder der WEG oder
- eine optische Beeinträchtigung der Fassade zugrunde.
Bauliche Veränderung: Beeinträchtigung der Fassade
Dabei urteilten die Gerichte in der Vergangenheit unterschiedlich, wie Rightmart erklärt. Das AG Konstanz etwa gab im Februar 2023 einer WEG Recht, weil die von den Eigentümern installierte Mini-Solaranlage auf dem Balkon die Optik der Fassade beeinträchtige. Bauliche Veränderungen bedürfen unmissverständlich der Zustimmung der Eigentümer.
(AG Konstanz, Urteil v. 2.2.2023, 4 C 369/22)
Anspruch auf Beseitigung: nur aus triftigem Grund
Auch eine Vermieterin in Stuttgart widersprach der Installation eines Balkonkraftwerks. Als die Mieter dennoch eine Anlage in Betrieb nahmen, klagte sie vor dem AG Stuttgart auf Entfernung und verlor. Zwar stehe der Vermieterin wegen der fehlenden Zustimmung ein Anspruch auf Beseitigung zu. Hierfür sei allerdings ein triftiger Grund notwendig. Da die besagte Anlage baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar, fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache install...