Leitsatz (amtlich)
1. Der Notar hat eine ihm von den Vertragsparteien hinsichtlich des Vollzugs der Urkunde übereinstimmend erteilte Weisung grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn eine Vertragspartei nachträglich einseitig die Unwirksamkeit der Weisung geltend macht, sofern nicht diese Unwirksamkeit offensichtlich ist.
2. Der mögliche Verstoß einer Kaufpreissicherungsklausel gegen AGB-Recht (vgl. BGHZ 148, 85) begründet im konkreten Fall keine offensichtliche Unwirksamkeit der diesbezüglichen Weisung an den Notar.
Normenkette
BNotO § 15; BeurkG § 53
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 1225/02) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 10.7.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 11.184 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Am 3.8.1995 schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) (Käufer) mit den Beteiligten zu 3) und 4) (Verkäufer) einen notariellen Vertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung in einer noch zu erstellenden Wohnanlage. Der Vertrag enthält die Klausel: „Der beurkundende Notar wird angewiesen, diese Urkunde zum Zwecke der Eigentumsumschreibung dem Grundbuchamt erst dann vorzulegen, wenn ihm der Verkäufer bestätigt hat, dass sowohl der Kaufpreis samt etwaiger Zinsen, als auch die Mehrkosten für etwa durchgeführte Sonderwünsche gezahlt sind …”. Diese Bestätigung wurde bisher nicht erteilt.
Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11.3.2002 haben die Käufer beim Notar die Vorlage der Urkunde beim Grundbuchamt zur Eigentumsumschreibung beantragt. Sie tragen vor, dass sie einen Kaufpreis-Restbetrag i.H.v. 21.875 DM wegen umfangreicher Gegenansprüche insb. aus Mängelhaftung einbehalten hätten. Die Urkunde müsse gleichwohl beim Grundbuchamt zum Vollzug eingereicht werden, da die Vertragsklausel, die den Vollzug der Urkunde ohne vorherige Zahlungsbestätigung des Verkäufers verbietet, nach der Rspr. des BGH als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei.
Mit Bescheid vom 21.3.2002 hat der Notar die Einreichung der Urkunde zum Vollzug beim Grundbuchamt abgelehnt und den Käufern anheimgegeben, dagegen gem. § 15 BNotO Beschwerde einzulegen. Die daraufhin von den Käufern eingelegte Beschwerde hat das LG mit Beschl. v. 10.7.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Käufer.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 15 Abs. 2 BNotO, §§ 27, 29 FGG); die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) folgt aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.
1. Das LG hat im wesentlichen ausgeführt: Die Behauptung der Käufer, die fragliche Klausel sei wegen Verstoßes gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, könne vom Notar nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden. In der von den Käufern herangezogenen Entscheidung des BGH vom 7.6.2001 werde nicht dargelegt, dass entsprechende Klauseln in Notarverträgen grundsätzlich nichtig seien, sondern lediglich, dass sie in dem vom BGH entschiedenen Einzelfall deshalb als unwirksam anzusehen sei, weil der bisherige Eigentümer wegen seiner mangelnden Vertragstreue keinen Schutz verdiene. Ob der vorliegende Fall auch so zu entscheiden sei, könne nur in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten geprüft werden. Der Notar könne jedenfalls die Entscheidung darüber, ob die von ihm in die Urkunde aufgenommenen Willenserklärungen unwirksam seien, nicht treffen. Es bleibe daher bei dem Grundsatz, dass sich die Vertragspartei, die sich auf die Unwirksamkeit eines notariellen Vertrages beruft, eine der Urkunde entgegenstehende Rechtslage im Prozesswege geltend machen müsse.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 15 Abs. 2 S. 2 BNotO, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) i.E. stand.
a) Zutreffend ist das LG von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen (vgl. BayObLGZ 1998, 6 [8 f.]).
b) Beteiligte des Verfahrens sind hier die Parteien des notariellen Vertrages, nicht dagegen der Notar (vgl. BayObLGZ 1998, 6 [8 f.]; Schippel/Reithmann, BnotO, 7. Aufl., § 15 Rz. 72 f.). Das LG hat der Beteiligtenstellung der Verkäufer – obgleich im Rubrum seiner Entscheidung zutreffend als Beschwerdegegner aufgeführt – nicht Rechnung getragen. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass es den Beteiligten zu 3) und 4) die Beschwerdeschrift mitgeteilt oder sonst rechtliches Gehör gewährt hätte; nach Aktenlage hat es ihnen auch nicht seinen eigenen Beschluss zukommen lassen. Diese Verfahrensweise zwingt hier aber nicht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung, da das LG keine Entscheidung zum Nachteil der Beteiligten zu 3) und 4) getroffen hat.
c) Gerichtliche Entscheidungen nach § 15 BNotO haben ausschließlich darüber zu befinden, ob die – ggf. durch Vorbescheid angekündigte – Handlungsweise des Notars pflichtwidrig ist. Das ist hier zu verneinen.
aa) Nach § 53 BeurkG hat der Notar die Urkunde mit Vollzugsreife beim Grundbuchamt einzureichen, „es sei denn, dass alle Beteiligten e...