Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsbestimmung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Insolvenz eines der beklagten Streitgenossen und die dadurch bedingte Unterbrechung des streitigen Verfahrens im Verhältnis zu diesem Streitgenossen hindert die Bestimmung eines für den Rechtsstreit einheitlich zuständigen Gerichts nicht.
2. Im Fall der Insolvenz eines Streitgenossen ist regelmäßig die Bestimmung des Gerichts am allgemeinen Gerichtsstand des anderen Streitgenossen sachgerecht.
Normenkette
EGZPO § 9; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 60, 240 S. 1
Tenor
Als (örtlich) zuständiges Gericht wird das Landgericht Regensburg bestimmt.
Gründe
I. Die im Bezirk des Landgerichts Würzburg wohnhafte Antragstellerin verlangt mit ihrer unter dem 23. Dezember 2019 zum Landgericht München II erhobenen Klage von den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern Rückabwicklung eines gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) auf der Grundlage einer Beratung durch den Antragsgegner zu 2) eingegangenen finanziellen Engagements sowie Schadensersatz.
Die Antragsgegnerin zu 1), eine eingetragene Genossenschaft, ist laut Satzung im Bezirk des angerufenen Gerichts ansässig. Der Antragsgegner zu 2) wohnt im Bezirk des Landgerichts Regensburg.
Nach dem Vorbringen der Antragstellerin empfahl ihr der Antragsgegner zu 2), ein selbständiger Finanzberater, zur Verwirklichung eines von ihr angestrebten Immobilienerwerbs, der Antragsgegnerin zu 1) als Genossenschaftsmitglied beizutreten und einen Vertrag über Geschäftsanteile im Wert von 22.800 EUR zu zeichnen. Er habe ihr in Übereinstimmung mit überlassenem Werbematerial der Antragsgegnerin zu 1) das Konzept einer genossenschaftlichen Finanzierung dahingehend erläutert, dass nach einem Zeitraum von ca. zehn Jahren, während dessen sie 10% des mit 228.000 EUR angenommenen Finanzierungsvolumens durch monatliche Einzahlungen anspare, eine günstige und langlaufende Anschlussfinanzierung über die Genossenschaft zur Verfügung gestellt werde, mit der das anfangs aufzunehmende Bankdarlehen abgelöst werde. Die Antragstellerin behauptet, auf diese Weise habe der Antragsgegner zu 2) unter Verletzung des mit ihm geschlossenen Beratungsvertrags über den tatsächlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Kern des Geschäfts arglistig getäuscht, denn letztlich erwerbe das Genossenschaftsmitglied lediglich ein Wohnrecht an der ins Eigentum der Genossenschaft übergehenden Immobilie. Diesen aufklärungspflichtigen Umstand habe der Antragsgegner zu 2) bewusst verschwiegen. Mit Anwaltsschreiben vom 8. Mai 2018 habe die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) ihren irrtumsbedingt am 21. August 2013 schriftlich erklärten Beitritt und sämtliche im Zusammenhang mit der Beteiligung abgegebenen Willenserklärungen angefochten und widerrufen sowie die Beteiligung außerordentlich gekündigt. Die Antragstellerin meint, aufgrund dessen sowie unter dem Aspekt des Schadenersatzes wegen Falschinformation anlässlich des Beitritts sei die Antragsgegnerin zu 1) als Gesamtschuldnerin neben dem Antragsgegner zu 2), der ihr wegen Verletzung seiner Beraterpflichten Schadenersatz zu leisten habe, zur Rückzahlung der während der Vertragslaufzeit erbrachten Einzahlungen verpflichtet, außerdem zum Ersatz unnützer Aufwendungen für Versicherungen, die sie gemäß dem ihr empfohlenen Gesamtpaket abgeschlossen habe. Darüber hinaus sei sie gegenüber der Antragsgegnerin zu 1) nicht mehr zur Zahlung des noch offenen Restbetrags auf die Einzahlungssumme verpflichtet, hilfsweise schulde ihr der Antragsgegner zu 2) Freistellung von etwaigen Verpflichtungen aus dem so bezeichneten "Zielkaufvertrag".
Mit ihrer Klage verfolgt die Antragstellerin daher eine Verurteilung der Antragsgegner als Gesamtschuldner zur Zahlung von 16.095,99 EUR (Klageantrag 1.) sowie die Feststellung, dass der Antragsgegnerin zu 1) gegenüber der Antragstellerin keine Ansprüche aus dem mit der Mitgliedsnummer näher bezeichneten sogenannten "Zielkaufvertrag" zustehen, hilfsweise die Verurteilung des Antragsgegners zu 2) zur Freistellung der Antragstellerin von den Verpflichtungen aus diesem "Zielkaufvertrag" (Klageanträge 2.).
Über das Vermögen der Antragsgegnerin zu 1) wurde am 1. April 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet. Insoweit ist der Rechtsstreit gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen und bisher von keiner Seite nach den Vorschriften der Insolvenzordnung aufgenommen worden.
Der Antragsgegner zu 2) hat sich mit seiner Klageerwiderung gegen die Darstellung des Beratungsinhalts gewandt und die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts München II gerügt. Vorsorglich hat er die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt, wobei mit Blick auf die Insolvenz der Antragsgegnerin zu 1) allein die Bestimmung des Landgerichts Regensburg zweckmäßig erscheine.
Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. März 2020 das Landgericht um die Vorlage des Verfahrens an das übergeordnete Gericht zur Gerichtsstandsbestimmung ersucht. Sie hat beantragt, die Zuständigkeit des Landge...