Leitsatz (amtlich)
Der Antrag Dritter auf Einsicht in das Verfahrenskostenhilfeheft nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist, sofern es sich im Hauptsacheverfahren um einen Umgangsrechtsstreit handelt, als Akteneinsichtsgesuch nach § 13 Abs. 2 FamFG zu qualifizieren. Die Entscheidung ergeht - im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. November 2023, IV ZB 6/23, juris - durch Justizverwaltungsakt, gegen den ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG statthaft ist.
Verfahrensgang
AG Straubing (Aktenzeichen 004 F 473/23 VKH-ASt) |
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Antragstellerin zu 1) wird verworfen.
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Antragsteller zu 2) bis 4) wird zurückgewiesen.
3. Der Geschäftswert wird auf bis zu 2.000,00 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Antragsteller zu 1) bis 4) begehren Einsicht in das Verfahrenskostenhilfeheft des Amtsgerichts Straubing, Az. 004 F 473/23 VKH-ASt.
Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller zu 2) bis 4). Deren Vater strengte ein Verfahren gegen die hiesige Antragstellerin zu 1) betreffend das Umgangsrecht für die gemeinsamen Kinder an. In diesem Verfahren (Amtsgericht Straubing, Az. 004 F 473/23) wurde ihm mit Beschluss vom 1. August 2023 Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Das Verfahren endete mit einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung vom 19. September 2023.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. September 2023, eingegangen beim Amtsgericht Straubing am selben Tag, beantragten die Antragsteller zu 2) bis 4), vertreten durch ihre Mutter, Akteneinsicht in das Verfahrenskostenhilfeheft. Zur Begründung führten sie aus, sie hätten ein Recht auf Zugänglichmachung der Erklärung und der Belege gemäß § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Als Nachweis wurde ein Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts Straubing, Az. 004 F 605/22 vom 17. März 2023 beigefügt, wonach der Vater verpflichtet wurde, an die gemeinsamen Kinder rückständigen Kindesunterhalt zu zahlen. Der Vater wandte sich gegen die Akteneinsicht. Einen Auskunftsanspruch gemäß § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO hätten weder die gemeinsamen Kinder noch deren Mutter, die zwar die gesetzliche Vertreterin der Kinder, nicht aber die Inhaberin der Ansprüche aus dem Versäumnisbeschluss sei.
Das Amtsgericht Straubing wies mit "Beschluss" vom 2. Oktober 2023, zugestellt am 4. Oktober 2023, den Antrag auf Bewilligung von Akteneinsicht zurück. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, Rechtsanwältin ... habe Aktensicht in die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters für die gemeinsamen Kinder, gesetzlich vertreten durch deren Mutter, beantragt. Für die Entscheidung über die Akteneinsicht in das Verfahrenskostenhilfeheft sei die Justizverwaltung zuständig. Nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts Straubing sei die Zuständigkeit aber für - wie vorliegend - bereits abgeschlossene Verfahren auf den jeweiligen Richter des Hauptsacheverfahrens übertragen. Die Entscheidung über die Akteneinsicht nach § 76 FamFG, § 117 ZPO stehe im Ermessen des Gerichts. § 117 Abs. 2 ZPO diene nicht der Erleichterung der Zwangsvollstreckung, sondern der Gewährleistung der Richtigkeit der Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen des VKH-Verfahrens. Unter Abwägung der Ziele der beabsichtigten Akteneinsicht, des Zwecks der zulässigen Akteneinsicht und des Datenschutzes sei der Antrag daher im Rahmen der Ermessensentscheidung mangels Zustimmung des Vaters abzulehnen.
Dagegen hat die Verfahrensbevollmächtigte der hiesigen Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2023, adressiert an das Amtsgericht Straubing und dort am selben Tag eingegangen, "Antrag auf gerichtliche Entscheidung" gestellt. Nach § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO seien die Erklärungen und Belege aus dem Verfahrenskostenhilfeheft dem Gegner auch ohne Zustimmung der Partei zugänglich zu machen, wenn der Gegner nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen der Partei habe. Einen derartigen Anspruch hätten sowohl die gemeinsamen Kinder als auch deren Mutter selbst. Eine Abwägung sehe § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO in einem derartigen Fall nicht vor. Der "Antragsgegnerin" sei jedenfalls Einsicht in das Verfahrenskostenhilfeheft zu gewähren, was "hiermit ausdrücklich nochmals" beantragt werde. Der Antrag samt Akten des Ausgangsverfahrens ist auf Vorlage des Amtsgerichts Straubing am 3. November 2023 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen.
Mit Verfügung vom 9. November 2023 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass das Akteneinsichtsgesuch sich nach § 13 Abs. 2 FamFG richte und der gesetzlich vorgesehene Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Straubing daher die Beschwerde gemäß § 58 FamFG sein dürfte, für die das Oberlandesgericht Nürnberg zuständig sei. Es komme eine Verweisung an dieses Gericht in Betracht. Ergänzend hat der Vorsitzende mit Ve...