Entscheidungsstichwort (Thema)
Unvereinbarkeit von Rechtsanwalts- und Immobilien-/Finanzdienstmaklertätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit als Grundstücksmakler oder Vermittler von Finanzdienstleistungen ist mit dem Anwaltsberuf grundsätzlich unvereinbar (Bestätigung von BGH, Beschl. v. 21.9.1987 - AnwZ (B) 25/87; v. 18.10.1999 - AnwZ (B) 97/98).
Normenkette
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 8
Verfahrensgang
Bayerischer AGH (Beschluss vom 25.02.2002) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Bayerischen AGH v. 25.2.2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1976 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt beim AG M. und bei den Landgerichten M. und sowie seit 1981 beim OLG M. zugelassen. Er ist alleiniger Geschäftsführer der K. GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der K. Finanz- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH & Co KG ist. Die GmbH hat die Erlaubnis gem. § 34c GewO, gewerbsmäßig den Abschluss von Verträgen insbesondere über Grundstücke und Darlehen zu vermitteln oder die Gelegenheit zum Abschluss solcher Verträge nachzuweisen. Der Antragsteller unterhält seine Kanzlei unter derselben Adresse, an der die GmbH und die KG ihren Sitz haben, und ist jedenfalls ganz überwiegend als Makler tätig.
Durch Bescheid v. 6.3.2001 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft, weil er als Immobilien- und Finanzmakler einen Beruf ausübe, der mit dem eines Rechtsanwalts unvereinbar sei (§ 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO). Den hiergegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der AGH durch Beschl. v. 25.2.2002 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO); es hat jedoch keinen Erfolg.
1. Der Widerruf der Anwaltszulassung wegen Ausübung einer mit dem Anwaltsberuf unvereinbaren Tätigkeit greift zwar in die Freiheit der Berufswahl ein (Art. 12 Abs. 1 GG). Die dadurch geschützte Berufsfreiheit umfasst auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben (BVerfG BVerfGE 21, 173 [179]; v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [316] = MDR 1993, 276). Indes ist die Berufsfreiheit in § 14 Abs. 2 Nr. 8 Hs. 1 BRAO gesetzlich eingeschränkt, um die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege aufrechtzuerhalten (BVerfG v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [321] = MDR 1993, 276). Dies ist ein Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung, der den Eingriff legitimiert. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft darf versagt oder widerrufen werden, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. Bei der Anwendung dieser Unvereinbarkeitsvorschriften muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Er gebietet im Hinblick auf die grundrechtlich gewährleistete Freiheit der Berufswahl Zurückhaltung bei der Entwicklung typisierender Unvereinbarkeitsregeln (BVerfG v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [322] = MDR 1993, 276). Solche dürfen nicht normgleich angewendet werden (BVerfG v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [325] = MDR 1993, 276; BGH, Beschl. v. 17.3.2003 - AnwZ (B) 3/02, MDR 2003, 780 = BGHReport 2003, 840 = NJW 2003, 1527). Wenn die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch durch Berufsausübungsregelungen gewahrt werden kann, ist eine Berufswahlbeschränkung unzulässig.
Eine kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Tätigkeit kann den Ausschluss vom Beruf des Rechtsanwalts dann rechtfertigen, wenn sich die Gefahr einer Interessenkollision deutlich abzeichnet (BVerfG v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [330] = MDR 1993, 276). Die Unabhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebliche Orientierung am Recht und an den (objektiven) Interessen seiner Mandanten sollen durch die erwerbswirtschaftliche Prägung eines Zweitberufs nicht gefährdet werden (BVerfG v. 5.11.2001 - 1 BvR 1523/00, MDR 2002, 359 = NJW 2002, 503). Interessenkollisionen, die das Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit gefährden, liegen nicht schon dann vor, wenn das Wissen aus der einen Tätigkeit für die jew. andere von Vorteil ist (BGH, Beschl. v. 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94, BRAK-Mitt. 1995, 163 [164]; v. 11.12.1995 - AnwZ (B) 32/95, BRAK-Mitt. 1996, 78; v. 10.7.2000 - AnwZ (B) 55/99, MDR 2000, 1278 = BRAK-Mitt. 2000, 307). Für die Berufswahlbeschränkung des § 14 Abs. 2 Nr. 8 Hs. 1 BRAO ist vielmehr darauf abzustellen, ob die zweitberufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise von Seiten der Mandantschaft die Wahrscheinlichkeit von Pflichten- und Interessenkollisionen nahe legt (BGH, Beschl. v. 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94, BRAK-Mitt. 1995, 163 [164] unter Hinweis auf die amtliche Begründung zur Neufassung des § 7 Nr. 8 BRAO; v. 10.7.2000 - AnwZ (B) 55/99, MDR 2000, 1278 = BRAK-Mitt. 2000, 307). Dabei bleiben solche Pflichtenkollisionen außer Betracht, die sich ergäben, wenn der Rechtsanwalt in ein und derselben Angelegenheit sowohl als Rechtsanwalt als auch in seinem Zweitberuf tätig würde. Denn insoweit greifen die Tätigkeitsverbote der § 45 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 2, § 46 Abs. 2 BRAO ein (BGH, Beschl. v. 21.11.1994 - AnwZ (B) 44/94, BRAK-Mitt. 1995, 163 [164]; v. 11.12.1995 - AnwZ (B) 32/95, BRAK-Mitt. 1996, 78).
Der BGH hat eine durch Tätigkeitsverbote nicht ausreichend zu bannende Gefahr von Interessenkollisionen insbesondere dann bejaht, wenn der Rechtsanwalt zweitberuflich als Versicherungsmakler tätig ist (st. Rspr., zuletzt BGH, Beschl. v. 14.6.1993 - AnwZ (B) 15/93, BRAK-Mitt. 1994, 43 [44]; v. 13.2.1995 - AnwZ (B) 71/94, BRAK-Mitt. 1995, 123 [124]; v. 21.7.1997 - AnwZ (B) 15/97, BRAK-Mitt. 1997, 253 f; v. 18.10.1999 - AnwZ (B) 97/98, BRAK-Mitt. 2000, 43). Er hat dies mit der Erwägung begründet, Rechtsanwälte hätten es bei der Wahrnehmung ihrer Mandate vielfach mit der Abwägung von Risiken zu tun, die versichert werden könnten. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass ein Rechtsanwalt im eigenen Courtage-Interesse dem Mandanten empfehle, bestehende Versicherungsverträge zu kündigen und von ihm vermittelte "bessere" Verträge neu abzuschließen. Dies sei mit der anwaltlichen Berufspflicht, unabhängig und nur gegen das in der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung geregelte Honorar tätig zu werden, nicht vereinbar.
Auf den Vermittler von Finanzdienstleistungen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.10.1999 - AnwZ (B) 97/98, BRAK-Mitt. 2000, 43) und den Grundstücksmakler (vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.1987 - Anwz (B) 25/87, BRAK-Mitt. 1988, 49; v. 10.7.2000 - AnwZ (B) 55/99, MDR 2000, 1278 = BRAK-Mitt. 2000, 307; v. 11.10.2000 - Anwz (B) 54/99, BRAK-Mitt. 2001, 90) hat der BGH diesen Rechtsgedanken entsprechend angewandt. Daran hält er nach erneuter Überprüfung fest.
2. Die Tätigkeit als Grundstücksmakler oder Vermittler von Finanzdienstleistungen ist mit dem Anwaltsberuf grundsätzlich unvereinbar, weil sich hier ebenfalls die Gefahr von Interessenkollisionen deutlich abzeichnet.
a) Der AGH hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Rechtsanwälte bei der Ausübung ihres Berufs vielfach Kenntnis von Geld- oder Immobilienvermögen des Mandanten erhalten. In seinem Zweitberuf als Finanz- oder Immobilienmakler kann ein Rechtsanwalt an der Umschichtung dieses Vermögens verdienen. Deshalb besteht auch hier die Gefahr, dass er im eigenen Courtage-Interesse dem Mandanten eine derartige Umschichtung empfiehlt, die er als unabhängiger Rechtsanwalt nicht empfehlen dürfte.
Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1, § 43a Abs. 1 BRAO). Er soll frei sein von Abhängigkeiten jeglicher Art. Zur Freiheit des Advokaten gehört die äußere Unabhängigkeit vom Staat wie auch die ganz persönliche innere Unabhängigkeit gegenüber dem Auftraggeber, die der Rechtsanwalt selbst für die Verwirklichung seines Freiraums zu schaffen und zu bewahren hat (BGH v. 13.6.1996 - III ZR 113/95, BGHZ 133, 90 [94] = AG 1996, 419 = MDR 1996, 1071; Schott, BRAK-Mitt. 2001, 204 [206]; Zuck, AnwBl. 2000, 3 [7]). Diese innere Unabhängigkeit ist gefährdet, wenn beispielsweise Provisionen versprochen oder Erfolgshonorare verabredet werden (BGH v. 13.6.1996 - III ZR 113/95, BGHZ 133, 90 [94] = AG 1996, 419 = MDR 1996, 1071; Schott, BRAK-Mitt. 2001, 204 [205]). Ob das Provisionsversprechen unmittelbar auf die anwaltliche Leistung gemünzt ist oder nur mittelbar darauf Einfluss gewinnen kann, ist allenfalls für das Ausmaß der Gefährdung wesentlich.
Individuelle Vermögenspositionen zu erstreiten oder zu verteidigen, ist anwaltliches Alltagsgeschäft. Häufig hat der Rechtsanwalt auch Dispositionen über Geld- oder Immobilienvermögen zu prüfen und durchzuführen. Solche Dispositionen können beispielsweise das Ergebnis einer steuerrechtlichen Beratung sein. Könnte der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf als Finanzmakler an der Vermittlung einer Geldanlage verdienen, wäre zu befürchten, dass er seine anwaltliche Beratung nicht streng an den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Mandanten ausrichtet, sondern dass sein Provisionsinteresse Einfluss gewinnen kann. Ähnliche Gefahren für die anwaltliche Unabhängigkeit drohen, wenn der Rechtsanwalt prüfen soll, ob es für den Mandanten ratsam ist, eine Immobilie zu veräußern oder ein Mietverhältnis mit einem Mieter zu beenden. Könnte er als Immobilienmakler durch die Vermittlung eines Käufers oder eines neuen Mieters eine Provision verdienen, bestünde die Gefahr, dass er sich bei der anwaltlichen Beratung von diesem Provisionsinteresse nicht ganz freimachen kann.
b) Nach Ansicht des Antragstellers gibt es keine "maklerspezifische" Gefahr von Interessenkollisionen. Vielmehr seien solche immer zu befürchten, wenn neben dem Anwalts- ein erwerbswirtschaftlich ausgerichteter Zweitberuf ausgeübt werde. Da praktisch alle diese Zweitberufe für mit dem Anwaltsberuf vereinbar angesehen würden (BVerfG v. 4.11.1992 - 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91, BVerfGE 87, 287 [329 ff.] = MDR 1993, 276), könne nicht für den Maklerberuf eine Ausnahme gemacht werden. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Dies zeigen gerade die von dem Antragsteller gewählten Beispiele. Ein Rechtsanwalt, der im Zweitberuf Taxifahrer ist, mag hin und wieder auch Fahrgäste zu einem Gerichtstermin befördern und dabei von dem Fahrtziel Kenntnis erhalten. Wenn er daraufhin seine Dienste als Rechtsanwalt anbietet, besteht keine Gefahr, dass die Tätigkeiten des Rechtsanwalts und des Taxifahrers miteinander verquickt werden. Denkbar ist ferner, dass ein Rechtsanwalt, der im Zweitberuf Kraftfahrzeughändler ist, am Rande eines Mandantengesprächs auf eine besonders günstige Kaufgelegenheit aufmerksam macht. Ist er im Zweitberuf Banksyndikus, mag er auf die angeblich besonders vorteilhaften Kredite seiner Bank hinweisen. Regelmäßig ist allen diesen Fällen gemeinsam, dass die "nebenbei" erfolgte Werbung nur den Zweitberuf, nicht aber die Anwaltstätigkeit berührt. Die zweitberufliche Tätigkeit des Rechtsanwalts legt hier bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise von Seiten des Mandanten die Wahrscheinlichkeit von Pflichten- und Interessenkollisionen nicht nahe. Dass die angepriesenen Leistungen mit dem Inhalt des Mandats etwas zu tun haben, ist eher untypisch. Solchen Ausnahmesituationen kann durch Tätigkeitsverbote Rechnung getragen werden. Für einen Widerruf der Anwaltszulassung wegen der Gefahr der Interessenkollision besteht deshalb kein hinreichender Anlass. Demgegenüber ist - wie oben unter a) ausgeführt - die Gefahr der Interessenkollision typischerweise gegeben, wenn der Rechtsanwalt zugleich Makler ist.
c) Eine Gefährdung der Unabhängigkeit als Rechtsanwalt könnte sich auch aus Folgendem ergeben:
aa) Ein Makler, der zugleich Rechtsanwalt ist, könnte von dem Kunden, dem er die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachgewiesen hat, gebeten werden, ihn auch anwaltlich über die Vor- und Nachteile des abzuschließenden Vertrages zu beraten und diesen gleich selbst zu entwerfen. Dabei entstünde die Gefahr, dass die Beratung und/oder Formulierung des Vertrages nicht unter ausschließlicher Orientierung an den Interessen des Kunden/Mandanten erfolgt. Vielmehr könnte sich der Rechtsanwalt von seinem Provisionsinteresse als Makler leiten lassen und seine anwaltlichen Leistungen so erbringen, dass der Mandant den Vertrag auf jeden Fall abschließt.
bb) Selbst wenn der Makler/Rechtsanwalt zunächst nur als Makler tätig wird, können die von ihm vermittelten Verträge über Grundstücke, Finanzierungen usw. zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Die Vermögensanlage kann sich als weniger ertragreich erweisen als erhofft, es können Gewährleistungsprobleme auftreten oder der vermittelte Vertragspartner kann unzuverlässig sein. Dann liegt es nicht fern, dass die eine oder andere Vertragspartei ihn nunmehr als Rechtsanwalt beauftragt, in der rechtlichen Auseinandersetzung, die das gemakelte Geschäft zum Gegenstand oder Anlass hat, ihre Interessen wahrzunehmen. Ob ggf. - wie der AGH gemeint hat - das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Integrität der Rechtspflege gefährdet wird, wenn der Rechtsanwalt seine als Makler gewonnenen und nicht mit einer Verschwiegenheitspflicht sanktionierten Kenntnisse als anwaltlicher Vertreter einer Partei verwerten dürfte, mag dahinstehen. Entscheidend ist, dass er bei der Wahrnehmung des Anwaltsmandats bestrebt sein kann, etwaigen Vorwürfen, er habe als Makler seine Pflichten schlecht erfüllt - und damit die rechtliche Auseinandersetzung ausgelöst -, von vornherein die Grundlage zu nehmen. Eine Trennung der Makler- und der Anwaltstätigkeit ist deshalb auch insofern nicht gewährleistet.
d) Die dargelegten Umstände rechtfertigen es auch und gerade im Falle des Antragstellers, von der Unvereinbarkeit seiner Maklertätigkeit mit dem Anwaltsberuf auszugehen. Die Verquickung des einen mit dem anderen Beruf ist bei ihm besonders eng. Er unterhält seine Kanzlei unter derselben Adresse, an der die GmbH und die KG ihren Sitz haben. Deren Firmen bestehen im Wesentlichen aus seinem Namen. Die personelle Verknüpfung fällt einem Kunden, der das Kanzleischild neben den Firmenschildern sieht, deshalb sofort ins Auge. Dass der Antragsteller nicht selbstständig als Makler tätig, sondern bei einer Makler-GmbH als Geschäftsführer angestellt ist, fällt nicht ins Gewicht. Er ist der alleinige Geschäftsführer der GmbH, erbringt die Maklerleistungen somit notwendig in eigener Person. Auch wenn nicht feststeht, wer die Geschäftsanteile hält, muss sein Auftreten als Alleingeschäftsführer i. V. m. der Namensübereinstimmung beim Publikum den Eindruck erwecken, die GmbH sei "sein Unternehmen".
3. Die von den Pflichtenkollisionen ausgehenden Gefahren können nicht in vollem Umfang durch Tätigkeitsverbote gebannt werden.
a) Zunächst setzt die Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO voraus, dass sich die Anwaltstätigkeit von der zweitberuflichen Betätigung abgrenzen lässt (AnwG München AnwBl. 1999, 285; Feuerich/Weyland, BRAO, 6 Aufl., § 45 Rz. 28). Eine Maklertätigkeit kann auch Gegenstand eines Anwaltsmandats sein, sofern die Pflicht, rechtlichen Beistand zu gewähren, nicht völlig in den Hintergrund tritt (BGH BGHZ 18, 340 [346]; BGHZ 57, 53 [55 f.]; v. 13.6.1996 - III ZR 113/95, BGHZ 133, 90 [95] = AG 1996, 419 = MDR 1996, 1071). Deshalb lässt sich die Anwaltstätigkeit von der zweitberuflichen Betätigung nicht zuverlässig abgrenzen, wenn der Makler, der zugleich Rechtsanwalt ist, von dem Kunden, dem er die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachweist, gebeten wird, ihn auch anwaltlich über die Vor- und Nachteile des abzuschließenden Vertrages zu beraten und diesen gleich selbst zu entwerfen. An der Möglichkeit der Abgrenzung fehlt es ferner dann, wenn der Rechtsanwalt, der zunächst nur eine Disposition über Geld- oder Immobilienvermögen prüfen und in die Wege leiten soll, die Gelegenheit nutzt, sich als Makler ins Spiel zu bringen, und der Mandant daraufhin das Mandat entsprechend ausweitet.
b) Nach Meinung der Literatur greift das Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO auch dann nicht ein, wenn der Rechtsanwalt zwar noch in seinem Zweitberuf tätig ist, aber nicht mehr in der konkreten "Angelegenheit". Dies folge aus dem zweiten Hs. des § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO: "...dies gilt nicht, wenn die berufliche Tätigkeit beendet ist" (Feuerich/Weyland, § 45 BRAO Rz. 29; Eylmann in Henssler/Prütting, BRAO, § 45 Rz. 32, 33). Legt man diese Auffassung zu Grunde, verhindert das Tätigkeitsverbot nicht, dass ein Makler, der zugleich Rechtsanwalt ist, zunächst Maklerleistungen erbringt und später, nachdem das vermittelte Geschäft zu rechtlichen Auseinandersetzungen geführt hat, als Rechtsanwalt eingeschaltet wird. Denn beendet wäre die Maklertätigkeit spätestens dann, nachdem der vermittelte Vertrag zu Stande gekommen und der Maklerlohn in Rechnung gestellt worden ist. Soweit ersichtlich, hat sich die Rechtsprechung damit noch nicht befasst.
c) Nach Ansicht des Antragstellers wäre § 45 BRAO, soweit die Vorschrift "nicht ausreichen sollte, z. B. weil darin u. a. auf die Beendigung der Tätigkeit abgestellt wird, ... gefahrenkonform vom Gesetzgeber zu modifizieren". Eine erweiternde Auslegung des Tätigkeitsverbots oder dessen analoge Anwendung im vorliegenden Fall zieht er demnach nicht in Betracht. Sie wäre auch nicht ausreichend. Denn eine Aufhebung der aus § 45 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 BRAO entnommenen zeitlichen Schranke brächte in den Fällen keine Lösung, in denen der Rechtsanwalt und Makler seine beiden Tätigkeitsbereiche untrennbar verschmilzt (vgl. oben 2a, c aa, 3a).
4. Dass der Widerruf der Zulassung für den Antragsteller keine besondere Härte i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 8 Hs. 2 BRAO bedeutet, hat der AGH zutreffend ausgeführt. Dagegen erinnert auch die sofortige Beschwerde nichts. Im Übrigen kann im vorliegenden Fall die Untersagung der Berufsausübung als Rechtsanwalt eine Härte schon deshalb nicht bedeuten, weil der Antragsteller - wenn nicht ausschließlich, so doch - ganz überwiegend als Makler tätig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1087069 |
WPg 2004, 72 |
NJW 2004, 212 |
Inf 2004, 81 |
NWB 2004, 600 |
BGHR 2004, 347 |
EBE/BGH 2004, 4 |
IBR 2004, 154 |
ZAP 2004, 167 |
ZfIR 2004, 170 |
AnwBl 2004, 188 |
MDR 2004, 299 |
WRP 2004, 246 |
GuT 2004, 19 |
BRAK-Mitt. 2004, 79 |
KammerForum 2004, 56 |
Mitt. 2004, 285 |