Verfahrensgang
Tenor
Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen das am 19. Januar 2023 verkündete Senatsurteil wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das vorgenannte Urteil wird von Amts wegen nach § 319 Abs. 1 ZPO in den Gründen dahingehend berichtigt, dass auf Seite 12 zu Randnummer 24 in Zeile 12 die Formulierung "Sachbearbeiter der Klägerin" ersetzt wird durch "Sachbearbeiter der Beklagten".
Gründe
Rz. 1
Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.
Rz. 2
Der Senat hat den durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten grundrechtsgleichen Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Vielmehr erschöpft sich das Rügevorbringen darin, die Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Revisionsverfahren nach § 559 ZPO zugrunde zu legen sind, im Nachhinein in Frage zu stellen, ohne dass eine zulässige, insbesondere gemäß § 551 Abs. 2 ZPO fristgerechte Verfahrensrüge erhoben worden ist. Es bestand daher keine Veranlassung, den Berufungsrechtszug wiederzueröffnen, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ihr bisheriges Vorbringen - nach Kenntnis des Revisionsurteils - durch neuen Sachvortrag zu ergänzen.
Rz. 3
Auf der Grundlage der bindenden vorinstanzlichen Feststellungen, wie sie im Tatbestand des Senatsurteils vom 19. Januar 2023 wiedergegeben werden (Rn. 2 f), hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt bei der Beklagten ein optionales Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV beantragt. Nach der sowohl vom Landgericht als auch vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Anlage K 2 bezog sich der unter dem 3. Juli 2014 vom Kläger und seinem Vater ausgefüllte "Feststellungsbogen" ausdrücklich auf ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Dass es sich dabei nicht um einen förmlichen "Antrag" handelte, hat das Berufungsgericht klargestellt (BU 2: "haben der Kläger und sein Vater einen Feststellungsbogen … ausgefüllt"). Im Zusammenhang mit dem Wechsel des Klägers zur Beklagten als neuer Krankenkasse reichte dessen Vater - nach Aufforderung durch die Beklagte - eine Arbeitgebermeldung im Sinne des § 28a SGB IV ein, die auch nach damaliger Rechtslage die ausschließliche Zuständigkeit der DRV Bund im obligatorischen Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 SGB IV begründete. Dennoch erließ die Beklagte unter dem 8. September 2014 einen Statusbescheid, den sie im späteren Sozialgerichtsverfahren selbst als rechtswidrig anerkannte und schließlich aufhob. Dieser Verfahrensgang ergibt sich insbesondere aus dem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. September 2019, das sowohl das Landgericht (zB LGU 4) als auch das Berufungsgericht (zB BU 12) in Bezug genommen haben (Anlage K 10), was die Beklagte nicht in Abrede stellt.
Rz. 4
Der Senat hat die von der Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung für ihre Interpretation der Feststellungen des Berufungsgerichts vorgetragenen Argumente vollständig zur Kenntnis genommen und insbesondere in Rn. 24 und Rn. 27 des Revisionsurteils gewürdigt. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht jedoch nur dazu, den Vortrag einer Prozesspartei zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er begründet aber keine Pflicht des Gerichts, bei der Würdigung des Sachverhalts und der Rechtslage der Auffassung eines Beteiligten zu folgen. Ebenso wenig folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG die Pflicht der Gerichte, namentlich bei letztinstanzlichen Entscheidungen, zu ausdrücklicher Befassung mit jedem Vorbringen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 12. Januar 2017 - III ZR 140/15, BeckRS 2017, 100836 Rn. 2).
Herrmann |
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Reiter |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15669198 |