Leitsatz (amtlich)
Ein nach der Einreichung des Vergütungsantrags bei Gericht erfolgender Massezufluss stellt eine neue Tatsache dar, die grundsätzlich eine nachträgliche Festsetzung der Vergütung ermöglicht. Berücksichtigt der Insolvenzverwalter bei seinem ersten Vergütungsantrag sicher zu erwartende, zukünftige Massezuflüsse nicht, führt dies nicht zur Präklusion für einen ergänzenden Festsetzungsantrag.
Die Schlussverteilung hat zu erfolgen, auch wenn eine abschließende Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters noch aussteht.
Ist die Schlussverteilung vollzogen, hat das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu beschließen, auch wenn nach der Erstellung des Schlussverzeichnisses oder nach der Schlussverteilung noch weitere Massezuflüsse aus dem laufenden Einkommen des Schuldners erfolgt sind oder eine abschließende Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters noch aussteht.
Normenkette
InsO § 63 Abs. 1 S. 2, § 196 Abs. 1, § 200; InsVV § 8
Verfahrensgang
LG Kassel (Beschluss vom 14.09.2016; Aktenzeichen 3 T 254/16) |
AG Eschwege (Beschluss vom 17.05.2016; Aktenzeichen 3 IK 126/14) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Kassel vom 14.9.2016 und der Beschluss des AG Eschwege vom 17.5.2016 aufgehoben, soweit zum Nachteil des weiteren Beteiligten erkannt worden ist.
Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das AG zurückverwiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 528,25 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 18.9.2014 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Unter dem 8.12.2015 reichte er den Schlussbericht mit Schlussrechnung und seinen Vergütungsantrag beim Insolvenzgericht ein. Er legte eine Masse von 6.135,93 EUR zugrunde und beantragte eine Vergütung von 3.714,19 EUR einschließlich Auslagenpauschale, Zustellkosten und Umsatzsteuer. Am 7.1.2016 legte er ein aktuelles Verteilungsverzeichnis gem. § 188 InsO vor. Mit Beschluss vom 8.1.2016 stimmte das Insolvenzgericht der Schlussverteilung zu und bestimmte den 16.3.2016 als Stichtag, der dem Schlusstermin im schriftlichen Verfahren entspricht. Die Gläubiger erhoben im Schlusstermin keine Einwendungen. Mit Beschluss vom 27.1.2016 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung antragsgemäß fest.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 19.4.2016 hat der weitere Beteiligte beantragt, seine Vergütung auf 4.432,42 EUR einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer festzusetzen. Aufgrund von weiteren Massezuflüssen nach dem Vergütungsantrag vom 8.12.2015 betrage die Teilungsmasse 7.343,05 EUR. Das Insolvenzgericht wies mit Verfügung vom 20.4.2016 darauf hin, dass der weitere Beteiligte die Verteilung bereits einen Tag nach dem Schlusstermin hätte vornehmen können und nicht ersichtlich sei, warum bislang keine Verteilung erfolgt sei. Mit Schreiben vom 21.4.2016 teilte der weitere Beteiligte mit, dass die Verteilung umgehend erfolgen werde.
Rz. 3
Mit Beschluss vom 17.5.2016 hat das Insolvenzgericht eine ergänzende Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer i.H.v. 181,46 EUR festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat das LG die ergänzende Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf 189,98 EUR festgesetzt und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Vergütungsantrag weiter.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefochten Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das AG.
Rz. 5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, Berechnungsgrundlage sei der Wert der Insolvenzmasse, auf den sich die Schlussrechnung beziehe. Diese habe auf den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens abzustellen. Daher seien Massezuflüsse, die bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit feststünden, bereits bei der Schlussrechnung zu berücksichtigen und in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen. Eine nachträgliche Ergänzung der Vergütung komme nur in Betracht, wenn die späteren Massezuflüsse bei Einreichung der Schlussrechnung noch nicht vorhersehbar oder nicht sicher zu erwarten gewesen seien.
Rz. 6
Der weitere Beteiligte berufe sich auf Massezuflüsse, die auf den pfändbaren Anteilen der vom Schuldner erzielten Einkünfte beruhten. Diese Einkünfte und ihr pfändbarer Anteil seien dem weiteren Beteiligten schon zum Zeitpunkt der Schlussrechnung bekannt gewesen. Da er zugleich um die weitere Dauer des Verfahrens nach Einreichung seiner Schlussrechnung gewusst habe, seien die pfändbaren Anteile aus den Einkünften des Schuldners in bisheriger Höhe jedenfalls für die übliche Dauer des Verfahrens sicher erwartbar gewesen. Dies betreffe hier die pfändbaren Anteile an den Einkünften in den Monaten Januar bis April 2016. Lediglich soweit sich der pfändbare Anteil ab März 2016 geringfügig erhöht habe, sei dies nicht zu erwarten gewesen. Dies führe zu einer geringfügig höheren Vergütungsfestsetzung gegenüber der amtsgerichtlichen Entscheidung.
Rz. 7
2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dem Insolvenzverwalter steht grundsätzlich eine ergänzende Vergütung hinsichtlich eines erst nach Einreichung der Schlussrechnung erfolgten Massezuflusses zu. Da der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 15.9.2014 und damit nach dem 30.6.2014 beim Insolvenzgericht einging, sind die Vorschriften der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung in der ab 1.7.2014 geltenden Fassung anzuwenden (§ 19 Abs. 4 InsVV).
Rz. 8
a) Eine nachträgliche Ergänzung der Vergütungsfestsetzung ist rechtlich möglich (BGH, Beschl. v. 19.12.2013 - IX ZB 9/12, ZIP 2014, 334 Rz. 9; v. 6.4.2017 - IX ZB 3/16, ZIP 2017, 932 Rz. 12). Sie kommt insb. für Massezuflüsse im Zeitraum zwischen der Einreichung der Schlussrechnung und dem Schlusstermin in Betracht (BGH, Beschl. v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rz. 15). Dies gilt gleichermaßen für Massezuflüsse bis zur Aufhebung des Verfahrens (BGH, Beschl. v. 6.4.2017, a.a.O.). Erst bei Massezuflüssen nach der Aufhebung des Verfahrens scheidet eine Ergänzung der Festsetzung aus (BGH, Beschl. v. 6.10.2011 - IX ZB 12/11, ZIP 2011, 2115 Rz. 11 m.w.N.; vom 6.4.2017, a.a.O.).
Rz. 9
Eine nachträgliche Festsetzung ist ausgeschlossen, sofern die Vergütung des Insolvenzverwalters bereits rechtskräftig festgesetzt ist. Die materielle Rechtskraft einer Festsetzung gem. § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1, 2 InsVV bezieht sich dabei auf den einheitlichen Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters (BGH, Beschl. v. 20.5.2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rz. 10). Dies steht jedoch einem Zweitantrag nicht entgegen, wenn sich durch neue Tatsachen die Sachlage nach der Erstfestsetzung zugunsten des Antragstellers verändert hat (BGH, a.a.O., Rz. 4, 6). Massezuflüsse nach Einreichung der Schlussrechnung des Verwalters, die nicht sicher zu erwarten waren, stellen neue Tatsachen dar, die zu einer ergänzenden Vergütungsfestsetzung führen können (BGH, Beschl. v. 6.10.2011, a.a.O., Rz. 10 m.w.N.; vom 19.12.2013, a.a.O., Rz. 6; vom 6.4.2017, a.a.O., Rz. 17).
Rz. 10
b) Anders als das Beschwerdegericht meint, ist der Insolvenzverwalter nicht gehindert, einen ergänzenden Festsetzungsantrag auf die von ihm behaupteten nachträglichen Massezuflüsse zu stützen. Selbst wenn der Insolvenzverwalter bei seinem ersten Vergütungsantrag sicher zu erwartende, zukünftige Massezuflüsse nicht berücksichtigt, führt dies nicht zur Präklusion für einen ergänzenden Festsetzungsantrag. Dies gilt insb. für zukünftige Massezuflüsse aus dem laufenden Einkommen des Schuldners.
Rz. 11
aa) Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO wird der Regelsatz der Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Soweit gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV die Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet wird, auf die sich die Schlussrechnung bezieht, enthält dies trotz der unterschiedlichen Formulierung keinen anderen zeitlichen Anknüpfungspunkt für den Wert der Insolvenzmasse als § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Beschl. v. 19.12.2013, a.a.O., Rz. 10; vom 6.4.2017, a.a.O., Rz. 9). Maßgeblich für die Berechnungsgrundlage ist daher die gesamte Teilungsmasse, die für eine Verteilung unter den Gläubigern zur Verfügung steht (BGH, Beschl. v. 6.4.2017, a.a.O.). Demgemäß soll die Vergütung des Insolvenzverwalters nach der gesetzgeberischen Konzeption der §§ 63 Abs. 1 Satz 2, 66 InsO, §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 3 InsVV erst zu einem Zeitpunkt festgesetzt werden, zu dem sämtliche Massezuflüsse abgeschlossen sind.
Rz. 12
Gegenstand der Schlussrechnung ist allerdings nicht nur die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung vorhandene Masse. Die Schlussrechnung hat vielmehr auf den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens abzustellen (BGH, Beschl. v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rz. 15; vom 19.12.2013, a.a.O., Rz. 8). Diese gesetzgeberische Wertung stößt jedoch hinsichtlich zukünftiger Massezuflüsse an Grenzen. Dies gilt insb., sofern der Schuldner über laufendes Einkommen verfügt. Insoweit ergibt sich aus § 196 Abs. 1 InsO, dass Massezuflüsse aus dem pfändbaren Einkommen der Schlussverteilung nicht entgegenstehen. Demgemäß hindert ein laufendes Einkommen des Schuldners auch nicht die Aufhebung des Verfahrens gem. § 200 Abs. 1 InsO.
Rz. 13
bb) Angesichts dieser gesetzlichen Wertungsgrundlage stellt ein nach der Einreichung des Vergütungsantrags bei Gericht erfolgender Massezufluss eine neue Tatsache dar, die grundsätzlich eine nachträgliche Festsetzung der Vergütung ermöglicht. Hingegen geben die gesetzlichen Vorschriften keine Grundlage dafür ab, dass der Insolvenzverwalter, wenn er einen tatsächlich noch nicht erfolgten, jedoch zukünftig zu erwartenden Massezufluss bei seinem Vergütungsantrag nicht berücksichtigt, deshalb nach der Entscheidung über seinen Vergütungsantrag bei einer Entscheidung über eine ergänzende Festsetzung seiner Vergütung mit diesen Tatsachen präkludiert wäre. Dagegen spricht schon, dass sich der Verwalter die Ergänzung seines Vergütungsfestsetzungsantrags bei der ersten Antragstellung hinsichtlich zukünftiger Massezuflüsse vorbehalten kann (BGH, Beschl. v. 10.11.2005 - IX ZB 168/04, ZIP 2006, 93, 95; v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rz. 18).
Rz. 14
Allerdings kann der Verwalter schon bei der Erstellung der (vorläufigen) Schlussrechnung Positionen als Massezuflüsse aufnehmen, deren Eingang sicher feststeht (BGH, Beschl. v. 5.7.2007 - IX ZB 305/04, ZIP 2007, 1958 Rz. 9 - Zinseinnahmen; v. 25.10.2007 - IX ZB 147/06, ZIP 2008, 81 Rz. 6 - Umsatzsteuererstattung; v. 26.2.2015 - IX ZB 9/13, WM 2015, 617 Rz. 8 - Umsatzsteuererstattung). Demgemäß kann er für seinen Antrag auf Vergütungsfestsetzung solche zukünftigen Massezuflüsse bereits berücksichtigen. Diese Entscheidungen betrafen jedoch Fälle, in denen der Insolvenzverwalter tatsächlich so verfahren war. Steht ein späterer Massezufluss bereits bei Einreichung der Schlussrechnung sicher fest, ist es nämlich zweckmäßig, dass der Insolvenzverwalter diesen Massezufluss bereits im Rahmen der Schlussrechnung und des Vergütungsantrags berücksichtigt (BGH, Beschl. v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rz. 18 f.).
Rz. 15
Daraus folgt jedoch nicht, dass der Insolvenzverwalter - wenn er sich hinsichtlich der zukünftig erwarteten Massezuflüsse anders entscheidet - für eine ergänzende Vergütungsfestsetzung mit diesen Tatsachen präkludiert wäre (Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 4. Aufl., § 3 Rz. 58). Die gegenteilige Ansicht (AG Friedberg, ZInsO 2015, 2543; Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, § 8 InsVV Rz. 16; Stoffler, NZI 2014, 239 f.) trifft nicht zu. Deshalb hat der Senat in Fällen, in denen der Insolvenzverwalter eine ergänzende Festsetzung seiner Vergütung aufgrund eines nachträglichen Massezuflusses nach dem ersten Vergütungsantrag begehrte, keine Präklusion erwogen (BGH, Beschl. v. 19.12.2013 - IX ZB 9/12, WM 2014, 323 Rz. 6 - Massezuflüsse zwischen Einreichung Schlussrechnung und Schlussverteilung; v. 6.4.2017 - IX ZB 3/16, ZIP 2017, 932 Rz. 12 - Massezuflüsse zwischen Schlussverteilung und Beendigung des Insolvenzverfahrens; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.5.2010 - IX ZB 11/07, BGHZ 185, 353 Rz. 6, 9; v. 6.10.2011 - IX ZB 12/11, ZIP 2011, 2115 Rz. 11). Denn beim tatsächlichen Zufluss weiterer Einnahmen zur Masse handelt es sich auch dann um eine neue Tatsache, die erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten ist, wenn der Massezufluss zum Zeitpunkt des Vergütungsantrags bereits sicher zu erwarten gewesen ist. Dies liegt daran, dass nicht die (sichere) Erwartung Grundlage der Vergütungsfestsetzung ist, sondern als Berechnungsgrundlage nur solche Massezuflüsse zählen, die auch tatsächlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erhöhen (BGH, Beschl. v. 26.2.2015, a.a.O., Rz. 8 m.w.N.). Die formelle und materielle Rechtskraft einer bereits erfolgten Festsetzung steht nicht entgegen, weil die nunmehr eingetretene Masseanreicherung eine neue Tatsache darstellt (BGH, Beschl. v. 26.1.2006 - IX ZB 183/04, ZIP 2006, 486 Rz. 18).
Rz. 16
Soweit der Senat davon gesprochen hat, dass ein späterer Massezufluss, der bei Einreichung der Schlussrechnung schon mit Sicherheit feststeht, bereits bei der Schlussrechnung und der hierauf gestützten Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 26.2.2015 - IX ZB 9/13, WM 2015, 617 Rz. 8; v. 6.4.2017 - IX ZB 3/16, ZIP 2017, 932 Rz. 11), bezieht sich dies auf die Verpflichtung des Gerichts, bei entsprechendem Antrag des Verwalters so zu entscheiden. Hingegen ist der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet, so zu verfahren. Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Senats etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.
Rz. 17
3. Die Sache ist noch nicht zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 ZPO) und deshalb zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das Insolvenzgericht erneut mit der Sache zu befassen (vgl. BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 87/13, WM 2014, 1432 Rz. 16).
Rz. 18
a) Das Insolvenzgericht wird zunächst die für die ergänzende Vergütungsfestsetzung maßgebende Berechnungsgrundlage festzustellen haben. Mehr als beantragt kann auch im Insolvenzvergütungsverfahren nicht zugesprochen werden (BGH, Beschl. v. 12.1.2006 - IX ZB 127/04, ZIP 2006, 672, 674; v. 16.2.2017 - IX ZB 103/15, WM 2017, 489 Rz. 41). Außerdem gilt zugunsten des weiteren Beteiligten das Verschlechterungsverbot (BGH, Beschl. v. 6.5.2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 124; für die Rechtsbeschwerde vgl. § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 19
b) Das Insolvenzgericht wird sodann - was bislang nicht erörtert worden ist - zu prüfen haben, ob ein Abschlag vom Regelsatz der Vergütung gerechtfertigt ist. Da das Insolvenzverfahren nach dem 30.6.2014 beantragt worden ist, kommt der Abschlagstatbestand des § 3 Abs. 2 lit. e InsVV in Betracht. Dies gilt - wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidungen mit Beschluss vom 6.4.2017 (IX ZB 48/16, ZInsO 2017, 901) entschieden und näher begründet hat - auch für ein Verbraucherinsolvenzverfahren. Insolvenzgericht und Beschwerdegericht haben es unterlassen, die Anforderungen an die Geschäftsführung des Verwalters in dieser Hinsicht zu würdigen und zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Abschlagstatbestand erfüllt sind. Dies wird - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - nachzuholen sein.
Rz. 20
c) Weiter weist der Senat darauf hin, dass - soweit noch nicht erfolgt - der weitere Beteiligte die Schlussverteilung vorzunehmen hat, ohne dass es insoweit auf weitere Massezuflüsse aus dem laufenden Einkommen des Schuldners und die ausstehende abschließende Entscheidung über die Vergütung des weiteren Beteiligten ankäme. Das Insolvenzgericht hat die Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu beschließen, sobald die Schlussverteilung vollzogen ist. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob nach der Erstellung des Schlussverzeichnisses oder nach der Schlussverteilung noch weitere Massezuflüsse aus dem laufenden Einkommen des Schuldners erfolgt sind oder eine abschließende Entscheidung über die Vergütung des weiteren Beteiligten aussteht. Die endgültige Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ist weder eine Voraussetzung für die Schlussverteilung gem. § 196 InsO noch für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 200 InsO.
Rz. 21
Hierfür besteht auch kein Bedürfnis. Fehlt es an einer rechtskräftigen Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters, können insoweit erforderliche Beträge zurückbehalten werden. In gleicher Weise sind nachträgliche Massezuflüsse aus laufendem Einkommen des Schuldners zu behandeln, soweit sie nicht bereits im Rahmen der Schlussverteilung berücksichtigt werden können. Diese Beträge sind ggf. im Rahmen einer Nachtragsverteilung in entsprechender Anwendung des § 203 InsO zu verteilen. Dies entspricht der gesetzlichen Wertung, dass das laufende Einkommen des Schuldners und die fehlende rechtskräftige Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters der Schlussverteilung nicht entgegenstehen.
Rz. 22
Eine gesonderte Vergütung steht dem Insolvenzverwalter hierfür regelmäßig nicht zu. § 6 Abs. 1 Satz 1 InsVV setzt voraus, dass dies billigem Ermessen entspricht. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 InsVV scheidet eine solche Vergütung aus, wenn die Nachtragsverteilung voraussehbar war und schon bei der Festsetzung der Vergütung für das Insolvenzverfahren berücksichtigt worden ist. Deshalb kommt eine gesonderte Vergütung gem. § 6 Abs. 1 InsVV bei Massezuflüssen bis zur Aufhebung des Verfahrens regelmäßig nicht in Betracht (BGH, Beschl. v. 6.4.2017 - IX ZB 3/16, ZIP 2017, 932 Rz. 16).
Fundstellen
Haufe-Index 11119863 |
EWiR 2017, 633 |
WM 2017, 1620 |
ZAP 2017, 999 |
ZIP 2017, 1629 |
DZWir 2017, 544 |
JZ 2017, 706 |
NZI 2017, 7 |
NZI 2017, 822 |
Rpfleger 2018, 45 |
ZInsO 2017, 1810 |
InsbürO 2017, 436 |
InsbürO 2018, 13 |
ZVI 2017, 443 |