Leitsatz (amtlich)
a) Über die Erinnerung gegen den Kostenansatz in dienstgerichtlichen Verfahren entscheidet das Dienstgericht des Bundes in der Besetzung mit fünf Richtern, nicht der Einzelrichter.
b) In Verfahren vor den Richterdienstgerichten werden Gerichtskosten nicht erhoben.
Normenkette
DRiG § 61; GKG §§ 1, 66
Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 22.11.2004; Aktenzeichen 66 DG 1/03) |
Tenor
Der Kostenansatz des BGH vom 16.1.2006, geändert am 23.1.2006, wird aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Revisionsgegner wendet sich gegen die Kostenrechnung des BGH - Dienstgericht des Bundes - vom 16.1.2006, geändert durch Schreiben vom 23.1.2006, mit der die Hälfte der Gerichtsgebühren i.H.v. nunmehr insgesamt 363 EUR für die Revision in dem in der Hauptsache erledigten Prüfungsverfahren angefordert worden ist.
II.
1. Über die nach § 66 Abs. 1 GKG i.d.F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) eingelegte Erinnerung hat das Dienstgericht des Bundes in der sich aus § 61 Abs. 2 DRiG ergebenen Besetzung, also mit einem Vorsitzenden, zwei ständigen Beisitzern und zwei nichtständigen Beisitzern zu entscheiden. Zwar sieht § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG vor, dass über die Erinnerung das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Dieser Regelung geht jedoch § 61 Abs. 2 Satz 1 DRiG aus Gründen der Spezialität vor. Danach ist es ausnahmslos ausgeschlossen, dass die Aufgaben des Richterdienstgerichts von einem Einzelrichter übernommen werden. Die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte können nur bei den Gerichten erreicht werden, bei denen der Einzelrichter institutionell vorgesehen ist. Für das Dienstgericht ist eine Entscheidung durch Einzelrichter gerichtsverfassungs- und prozessrechtlich weder vorgesehen noch vorbehalten, so dass eine Entscheidungskompetenz des Einzelrichters nicht besteht (BGH, Beschl. v. 13.1.2005 - V ZR 218/04, BGHReport 2005, 670 = MDR 2005, 597 m. Anm. Fölsch = NJW-RR 2005, 584; BFH, Beschl. v. 28.6.2005 - X E 1/05, BFHE 209, 422 = BFHReport 2005, 783; v. 1.9.2005 - III E 1/05, BFH/NV 2006, 92; v. 29.9.2005 - IV E 5/05, BFH/NV 2006, 315).
Dass für die Revision im erledigten Prüfungsverfahren gem. § 80 Abs. 1 DRiG die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sinngemäß gelten und über die Erinnerung gem. § 66 GKG nach dem Beschluss des BVerwG vom 25.1.2006 (BVerwG, Beschl. v. 25.1.2006 - 10 KSt 5.05, z.V.v.) der Einzelrichter zu entscheiden hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Darin wird im Wesentlichen darauf abgestellt, dass beim BVerwG dem Einzelrichter gesetzlich Entscheidungskompetenzen übertragen sind und dass die Geschäftsverteilung hierauf eingestellt ist. Demgegenüber besteht selbst im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Dienstgericht des Bundes keine Möglichkeit, abweichend von der Besetzungsregel des § 61 Abs. 2 Satz 1 DRiG - etwa in der Besetzung gem. § 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO mit drei Berufsrichtern - zu entscheiden. § 61 Abs. 2 DRiG hat Vorrang vor den gerichtsverfassungsrechtlichen Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung - namentlich vor § 10 und § 87a VwGO. § 61 Abs. 1 DRiG fügt das Dienstgericht des Bundes als besonderen Senat in die Organisationsstrukturen des BGH ein. Das schließt die Anwendung von Vorschriften der VwGO über die funktionellen Zuständigkeiten innerhalb des BVerwG aus.
2. Die Erinnerung hat Erfolg. Für das erledigte Revisionsverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben.
§ 1 Nr. 1 GKG sieht enumerativ vor, für welche Verfahren vor den ordentlichen Gerichten Gebühren und Auslagen nach dem Gerichtskostengesetz erhoben werden. Davon werden Verfahren beim BGH, die nach der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen sind, nicht erfasst.
Zwar ist das Dienstgericht des Bundes gem. § 61 ff. DRiG ein Spruchkörper der ordentlichen Gerichtsbarkeit, doch ist die von dem Dienstgericht anzuwendende Verfahrensordnung nicht in den Katalog des § 1 GKG aufgenommen. Gemäß § 63 DRiG gelten sinngemäß für das Verfahren in Disziplinarsachen die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes, für das Versetzungsverfahren und für das Prüfungsverfahren gem. §§ 65 Abs. 1, 66 Abs. 1 DRiG die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Diese Regelungen gelten gem. § 80 Abs. 1 DRiG ebenfalls für die Revision im Versetzungs- und im Prüfungsverfahren. Gestaltet sich das Verfahren vor einem ordentlichen Gericht nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Bundesdisziplinargesetzes, kann dies keinem der in § 1 Nr. 1 GKG genannten Verfahren zugeordnet werden, in denen zulässigerweise Gerichtskosten erhoben werden.
Ohne ausreichende Rechtsgrundlage darf eine Kostenforderung nicht geltend gemacht werden. Das verbietet der rechtsstaatliche Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Von diesem Prinzip geht auch § 1 GKG aus, wonach sämtliche gerichtliche Handlungen kostenfrei sind, soweit ein Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes vorschreibt. Somit kommt eine über den Wortlaut hinausgehende erweiternde Auslegung oder gar eine Analogie im Rahmen des § 1 GKG nicht in Betracht.
Dass für die Revision in dem von dem Revisionsführer eingeleiteten Prüfungsverfahren keine Gerichtskosten erhoben werden, entspricht im Übrigen der kostenrechtlichen Privilegierung weiterer dienstrechtlicher Verfahren. Gemäß § 78 Abs. 1 des Bundesdisziplinargesetzes vom 9.7.2001 (BGBl. I, 1510), der gem. § 63 Abs. 1 DRiG auch in Disziplinarsachen der Richter im Bundesdienst anzuwenden ist, sind gerichtliche Disziplinarverfahren gerichtsgebührenfrei. Es wäre in sich widersprüchlich und kaum verständlich, wenn zwar nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung in richterlichen Disziplinarverfahren keine Gerichtsgebühren anfallen, dagegen in den anderen Verfahren vor dem Dienstgericht Gerichtskosten erhoben würden.
An der gegenteiligen im Beschluss des Dienstgerichts des Bundes vom 11.5.1984 (BGH, Beschl. v. 11.5.1984 - RiZ(R) 4/83) zu § 1 GKG a.F. vertretenen Auffassung, dass im Verfahren vor dem Dienstgericht Gerichtskosten anfallen, kann nach der Neufassung des § 1 GKG durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl. I, 718) nicht mehr festgehalten werden. Nach der Auswertung und Präzisierung des Katalogs in § 1 GKG n.F. ist mit der einhelligen Kommentarliteratur (Meyer, GKG, 6. Aufl., § 1 Rz. 1; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 1 GKG Rz. 1; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand Dezember 2005, § 1 Rz. 20) davon auszugehen, dass § 1 GKG n.F. die einzelnen Verfahren, auf die das Gerichtskostengesetz anwendbar ist, enumerativ abschließend aufzählt mit der Folge, dass alle gerichtlichen Verfahren und Handlungen gebühren- und auslagenfrei sind, soweit nicht das Gerichtskostengesetz oder ein anderes Bundesgesetz etwas anderes regeln.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
Fundstellen