Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenvorschuss für volljährige Kinder
Leitsatz (amtlich)
Eltern schulden in entsprechender Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB auch ihren volljährigen Kindern einen Vorschuss für die Kosten eines Rechtsstreits in persönlichen Angelegenheiten, wenn die Kinder wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben.
Normenkette
BGB § 1360a Abs. 4, § 1361 Abs. 4 S. 4; ZPO § 115 Abs. 1, § 115
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Pfälzischen OLG Zweibrücken als Familiensenat v. 13.9.2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die im März 1982 geborene Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Kindesunterhalt gegen ihren Vater.
Nach bestandenem Abitur im Juni 2001 studierte die Klägerin jeweils ein Semester Bauingenieurwesen und deutsche Philologie. Im Sommer 2002 arbeitete sie aushilfsweise in einer Zahnarztpraxis. Seit September 2002 absolviert sie eine Ausbildung zur Goldschmiedin. Ihre Ausbildungsvergütung beträgt monatlich im ersten Ausbildungsjahr 155 EUR, im zweiten Ausbildungsjahr 180 EUR und im dritten Ausbildungsjahr 205 EUR. Außerdem erhält sie ein jährliches Weihnachtsgeld i.H.v. 77,50 EUR und seit dem zweiten Ausbildungsjahr vermögenswirksame Leistungen i.H.v. monatlich 20 EUR. Fahrtkosten wurden ihr monatlich im ersten Ausbildungsjahr i.H.v. 41 EUR und sodann i.H.v. 35 EUR erstattet.
Die Mutter der Klägerin ist nach der Scheidung vom Beklagten wieder verheiratet und zwei in den Jahren 1990 und 1997 geborenen Kindern unterhaltspflichtig. Sie ist neben der Kindererziehung als Zahnärztin in einer Gemeinschaftspraxis tätig und verdient nach Angaben der Klägerin monatlich 1.091 EUR. Der Beklagte ist außer der Klägerin auch seinen zwei in den Jahren 1992 und 1995 geborenen minderjährigen Kindern aus seiner geschiedenen zweiten Ehe unterhaltspflichtig. Seit November 2003 hat er für die Klägerin keine Unterhaltszahlungen mehr erbracht. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts steht seine Leistungsfähigkeit nicht in Zweifel.
Die Klägerin hatte ursprünglich Stufenklage gegen den Beklagten erhoben und ist inzwischen zum Zahlungsantrag übergegangen. Das AG hat ihr die für diesen Antrag begehrte Prozesskostenhilfe versagt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das OLG zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 S. 2 ZPO).
Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde im Verfahren der Prozesskostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004 1633 [1634]; Beschl. v. 21.11.2002 - V ZB 40/02, MDR 2003, 477 = BGHReport 2003, 407 = FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, weil mit dem Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Zweifel stehen.
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil das Beschwerdegericht der Klägerin die begehrte Prozesskostenhilfe zu Recht mangels Bedürftigkeit versagt hat. Nach § 115 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO hat eine Partei für die Prozesskostenhilfe zunächst alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert einzusetzen, wozu nach einhelliger Auffassung auch ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gehört (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004 1633 [1635]). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts steht der Klägerin ein solcher - vorrangiger - Anspruch auf Prozesskostenvorschuss jedenfalls gegen den Beklagten als ihrem Vater zu.
a) Die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses ist im Gesetz ausdrücklich nur für verheiratete (§ 1360a Abs. 4 BGB) und für getrennt lebende Ehegatten (§ 1361 Abs. 4 S. 4 BGB) geregelt. Andere Vorschriften, wie z.B. § 127a ZPO, § 620 Nr. 10 ZPO oder § 621 f. Abs. 1 ZPO regeln lediglich verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruches auf einen Prozesskostenvorschuss und können nicht als Anspruchsgrundlage für den Anspruch selbst dienen.
aa) Gleichwohl schulden Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nach einhelliger Auffassung einen Prozesskostenvorschuss für Erfolg versprechende Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004 1633 [1634]; Dose, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 2. Aufl., Rz. 106, m.w.N.). Diese Verpflichtung findet ihren Grund in den besonders engen unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und der sich daraus ergebenden besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen, die hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit in § 1603 Abs. 2 BGB Ausdruck gefunden hat.
bb) Ob auch volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zusteht, ist seit langem in Rechtsprechung und Literatur umstritten (BFH v. 18.6.1997 - III R 60/96, DStZ 1997, 791).
Teilweise wird volljährigen Kindern ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegenüber ihren Eltern generell versagt. Nach der gesetzlichen Regelung komme für die Annahme einer solchen Verpflichtung lediglich eine analoge Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB in Betracht, was allerdings eine besonders enge Verbundenheit und eine daraus resultierende besondere Verantwortung des Unterhaltspflichtigen für den Unterhaltsberechtigten voraussetze. Eine solche besonders enge Beziehung bestehe zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern nicht mehr (OLG Hamm v. 4.1.1995 - 10 WF 264/94, FamRZ 1995, 1008; KG v. 13.6.1996 - 16 WF 4044/96, KGReport Berlin 1997, 32; Heiß/Heiß, Unterhaltsrecht, Juli 2004, 3. Kap., Rz. 429).
Andererseits wird im Hinblick auf die zum 1.7.1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB vertreten, Eltern seien jedenfalls auch den dort erfassten volljährigen unverheirateten Kindern (sog. privilegierte Volljährige) zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet. Zwar spreche die ausdrückliche Regelung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss in den §§ 1360a Abs. 4, 1361 Abs. 4 S. 4 BGB für eine entsprechende Beschränkung des Anspruchs nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers. Der Anspruch lasse sich deswegen jedenfalls nicht allgemein aus § 1610 Abs. 3 BGB herleiten. Gleichwohl sei eine entsprechende Anwendung des § 1360a Abs. 4 S. 1 BGB auf den Kindesunterhalt möglich. Diese müsse sich aber auf privilegierte volljährige Kinder beschränken, weil zu sonstigen volljährigen Kindern keine entsprechend enge Verantwortung und Verbundenheit bestehe (Göppinger/Wax/Vogel, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2591 f.; Scholz/Stein/Kühner, Praxishandbuch, Familienrecht, September 2004, Teil K, Rz. 114 f.; BT-Drucks. 13/7338, 21).
Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur leiten den Anspruch eines volljährigen Kindes auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses allgemein aus der Regelung zum Unterhaltsbedarf in § 1610 Abs. 2 BGB her. Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss sei Teil des allgemeinen Lebensbedarfs und deswegen von § 1610 Abs. 2 BGB erfasst, was eine Analogie zu § 1360a Abs. 4 BGB ausschließe (OLG Hamm v. 1.10.1982 - 4 WF 453/82, FamRZ 1982, 1073; OLG Köln v. 22.7.1986 - 4 WF 114/86, FamRZ 1986, 1031; OLG Hamburg v. 16.3.1990 - 2 WF 22/90, FamRZ 1990, 1141; OLG München v. 17.10.1990 - 4 WF 203/90, FamRZ 1991, 347; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., Rz. 379; Weinreich/Klein, Kompaktkommentar Familienrecht, § 1360a Rz. 29; AnwK-BGB/Kaiser, § 1360a Rz. 43; Luthin/Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 3054).
Überwiegend wird hingegen vertreten, dass sich ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses nicht schon allgemein aus der Vorschrift über das Maß des Unterhalts in § 1610 Abs. 2 BGB ergebe. Das schließe es allerdings nicht aus, einen solchen Anspruch in entsprechender Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB anzunehmen. Nach einhelliger Auffassung sei jedenfalls die Situation des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes der des noch nicht geschiedenen Ehegatten vergleichbar. Wegen der Identität des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder mit dem Minderjähriger (BGH, Beschl. v. 26.1.1983 - IVb ZA 8/82, FamRZ 1983, 582) müsse dies im Grundsatz auch für volljährige Kinder gelten. Jedenfalls dann, wenn diese noch keine eigene Lebensstellung haben, sei die Situation mit derjenigen minderjähriger Kinder vergleichbar. Aus der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB über privilegierte Volljährige lasse sich keine weitere Einschränkung herleiten, weil diese Norm lediglich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und nicht den Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten betreffe (OLG Celle v. 14.4.1994 - 17 WF 53/94, OLGReport Celle 1994, 223; OLG Nürnberg v. 17.1.1996 - 11 WF 3848/95, FamRZ 1996, 814; OLG Zweibrücken v. 25.10.1995 - 5 UF 39/95, FamRZ 1996, 891; OLG Braunschweig v. 12.7.1999 - 1 WF 84/99, OLGReport Braunschweig 1999, 307; OLG Hamm v. 30.10.1998 - 8 WF 377/98, FamRZ 2000, 255; OLG Köln v. 1.9.1999 - 27 WF 126/99, OLGReport Köln 2000, 109 = FamRZ 2000, 757; OLG Bremen v. 5.7.2001 - 4 WF 33/01, OLGReport Bremen 2001, 321; KG v. 27.7.2001 - 18 WF 193/01, KGReport Berlin 2002, 184; OLG München v. 15.10.2001 - 4 UF 122/01, OLGReport München 2002, 67 = MDR 2002, 646 = FamRZ 2002, 1219; i.E. ebenso BSG NJW 1970, 352; m. Anm. Lange NJW 1970, 830; BVerwG FamRZ 1974, 370; Dose, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 2. Aufl., Rz. 107; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6 Rz. 24; Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 5172; Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 4. Aufl., § 115 ZPO Rz. 67; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Teil IV, Rz. 65 f.; FA-FamR/Gerhardt, 5. Aufl., 6. Kap., Rz. 194).
b) Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung.
Auch dem volljährigen Kind steht ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen seine Eltern zu, wenn es sich noch in der Ausbildung befindet und noch keine selbständige Lebensstellung erreicht hat.
Allerdings folgt dieser Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses nicht schon aus § 1610 Abs. 2 BGB, der den Anspruch auf Verwandtenunterhalt nach dem gesamten Lebensbedarf bemisst. Denn auch das Maß des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach § 1578 BGB umfasst grundsätzlich den gesamten Lebensbedarf. Gleichwohl schuldet ein geschiedener Ehegatte nach der Rechtsprechung des Senats seinem früheren Ehegatten keinen Prozesskostenvorschuss (BGH v. 9.11.1983 - IVb ZR 14/83, BGHZ 89, 33 [35 ff.] = MDR 1984, 211). Obwohl auch der Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360a Abs. 1 BGB den gesamten Lebensbedarf umfasst, ist dem Ehegatten in § 1360a Abs. 4 BGB ausdrücklich ein über diesen allgemeinen Lebensbedarf hinausgehender Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenhilfevorschusses zugebilligt worden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist diese Regelung allerdings auf den Familienunterhalt (und durch die Bezugnahme in § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB auf den Trennungsunterhalt) beschränkt. Für den nachehelichen Unterhalt ist § 1360a Abs. 4 BGB auch nicht entsprechend anwendbar, weil diese unterhaltsrechtliche Beziehung nicht in gleichem Umfang Ausdruck einer besonderen Verantwortung des Verpflichteten für den Berechtigten ist, die derjenigen von Ehegatten vergleichbar ist (BGH v. 9.11.1983 - IVb ZR 14/83, BGHZ 89, 33 [39 f.] = MDR 1984, 211).
Dass im Verwandtenunterhalt eine Regelung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses fehlt, schließt allerdings eine entsprechende Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB für solche Fälle nicht aus, die der besonderen Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten vergleichbar ist (BGH v. 9.11.1983 - IVb ZR 14/83, BGHZ 89, 33 [40] = MDR 1984, 211). Das ist nach inzwischen einhelliger Auffassung für die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern der Fall (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004 1633 [1634]; m. Anm. Viefhues, FamRZ 2004, 1635 f.). Die dem gesetzlichen Zweck vergleichbare Situation ist jedoch nicht auf den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder beschränkt, sondern im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Kinder wegen ihres Alters und Ausbildungsbedarfs noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben und sich deswegen noch nicht selbst unterhalten können. Das allerdings gilt für volljährige Kinder vor Erreichen einer eigenen Lebensstellung entsprechend, zumal ihr Unterhaltsanspruch mit dem Anspruch auf Minderjährigenunterhalt identisch ist (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 3 Rz. 17, Rz. 339).
Zwar sind durch die zum 1.7.1998 in Kraft getretene Neuregelung des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nur solche volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres den minderjährigen Kindern völlig gleichgestellt worden, die noch im Haushalt eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Das kann eine Beschränkung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss auf diese privilegierten Volljährigen aber nicht rechtfertigen. Denn § 1603 BGB verhält sich nicht zum Unterhaltsbedarf, sondern betrifft die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und kommt somit erst im Mangelfall zum Tragen (Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 5172).
Das Gesetz enthält deswegen mit der unvollständigen Regelung des § 1610 BGB eine unbewusste Regelungslücke, die durch entsprechende Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB geschlossen werden kann, wenn die Situation des bedürftigen volljährigen Kindes derjenigen eines unterhaltsberechtigten Ehegatten vergleichbar ist. Das ist hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder dann der Fall, wenn sie wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erworben haben und deswegen übergangsweise wie minderjährige Kinder der Unterstützung durch ihre Eltern bedürfen. Das Berufungsgericht hat die noch in Berufsausbildung befindliche volljährige Klägerin somit zu Recht auf einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern verwiesen.
Zwar besteht der Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses, der die Bedürftigkeit der Klägerin entfallen lässt, nur für solche Rechtsstreitigkeiten, die persönliche Angelegenheiten des Unterhaltsberechtigten betreffen (Dose, Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen, 2. Aufl., Rz. 110 f.). Um eine solche Angelegenheit handelt es sich allerdings bei der hier beabsichtigten Klage auf Kindesunterhalt (BGH v. 8.12.1959 - IV ZR 145/59, FamRZ 1960, 130).
c) Auch sonst hält die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs der volljährigen Klägerin den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Ob der Rechtsstreit in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg hat, konnte das OLG hier dahinstehen lassen. Zwar schuldet der Beklagte der Klägerin nur dann einen Prozesskostenvorschuss, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Insoweit entsprechen die Anforderungen an einen Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses denen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO (BGH, Beschl. v. 7.2.2001 - XII ZB 2/01, MDR 2001, 754 = BGHReport 2001, 419 = FamRZ 2001, 1363 [1364]). Fehlt der Hauptsache die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht, entfällt zwar ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses; dann fehlt es aber auch an der hinreichenden Erfolgsaussicht für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe. Liegt hingegen hinreichende Erfolgsaussicht vor, steht der Klägerin ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zu, der die Bedürftigkeit für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfallen lässt.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses ist jedenfalls die Leistungsfähigkeit des Beklagten für einen Prozesskostenvorschuss "zweifelsfrei gegeben". Weil somit der unterhaltsrechtlich geltende angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern gewahrt bleibt (BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 94 = FamRZ 2004 1633 [1634]), entspricht die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses auch der Billigkeit. Der Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfällt aber schon dann, wenn wenigstens ein unterhaltspflichtiger Elternteil des volljährigen Kindes zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses in der Lage ist.
Fundstellen
NJW 2005, 1722 |
NWB 2005, 2112 |
BGHR 2005, 910 |
FamRZ 2005, 883 |
FuR 2005, 327 |
JurBüro 2005, 485 |
JurBüro 2005, 502 |
ZAP 2005, 760 |
MDR 2005, 929 |
AGS 2005, 465 |
FamRB 2005, 200 |
PA 2005, 173 |
ZFE 2005, 247 |
KammerForum 2005, 205 |