Leitsatz (amtlich)
Der Prüfvermerk eines Architekten auf der Rechnung eines Unternehmers ist eine Wissenserklärung des Architekten seinem Auftraggeber gegenüber, daß die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Der Prüfvermerk ist in der Regel keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers Dritten gegenüber.
a) Aufgrund der Risikoverteilung des Werkvertrages trägt der Unternehmer grundsätzlich das Erfüllungsrisiko für die versprochene Leistung unabhängig von dem dafür erforderlichen Aufwand. Diese Risikoverteilung gilt auch für die Pflicht des Unternehmers zur Nachbesserung einer mangelhaft erbrachten Leistung.
b) Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung ist nur dann gerechtfertigt, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragleistung unter Abwägung aller Umstände ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht, so daß die Forderung auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist.
c) Der Maßstab für das objektiv berechtigte Interesse des Bestellers an einer ordnungsgemäßen Erfüllung, auch durch eine Nachbesserung einer mangelhaft erbrachten Leistung, ist der vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch des Werkes.
Normenkette
BGB vor § 116; BGB § 633 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG |
LG Kiel |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 26. April 2000 insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für Bauarbeiten, die sie im Rahmen eines Umbaus eines landwirtschaftlichen Anwesens in einen Ferienhof erbracht hat.
II.
1. Die Beklagte erteilte der Klägerin insgesamt vier Aufträge. Über den Komplex 1, den Aus- und Umbau des Dachgeschosses des ehemaligen Wohnhauses, und den Komplex 2, die Erstellung einer größeren Garage, schlossen die Parteien je einen schriftlichen VOB/B-Vertrag. Mit den beiden anderen Komplexen, dem Aus- und Umbau einer ehemaligen Stallung und dem Abriß der Scheune, beauftragte die Beklagte die Klägerin mündlich.
2. Nach Abschluß der Arbeiten haben die Architekten der Beklagten die Klägerin Anfang Februar 1997 um die Schlußrechnungen für die Komplexe 1 bis 3 gebeten. Die Architekten der Beklagten prüften die Rechnungen und kürzten die Bruttobeträge.
Die geprüften Rechnungen übersandten die Architekten an die Klägerin am 24. März 1997 mit einer Aufstellung der geleisteten Abschlagszahlungen. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitseinbehalts in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme errechneten sie eine Restvergütung brutto von 33.244,19 DM. Das Anschreiben der Architekten enthielt unter anderem folgenden Passus:
„Anbei (die geprüften Schlußrechnungen) mit der Bitte um Durchsicht und Retournierung der Abrechnungsbestätigung.
An dem o.a. Bauvorhaben wurden optische Mängel festgestellt. Ausblühungen an der Fassade des Wohnhauses, die in ihrer Intensität über das Normalmaß hinausgehen. Wir fordern sie auf, eine Stellungnahme bzw. einen Sanierungsvorschlag abzugeben.”
Die von den Architekten mitübersandten Abrechnungsbestätigungen enthielten unter anderem folgenden Text:
„Der Auftragnehmer erkennt durch Unterschrift die vorstehende Abrechnung an. Weitergehende Forderungen an den Auftraggeber oder dessen Vertreter bestehen nicht.”
Mit Schreiben vom 16. April 1997 an die Architekten der Beklagten stimmten die Kläger der Gesamtzusammenstellung zu mit dem Vorbehalt, daß zwei in der Gesamtabrechnung berücksichtigte Abschlagszahlungen in Höhe von 76.782,18 DM und 15.886,40 DM von der Beklagten bisher nicht bezahlt worden seien.
3. Mit ihrer Klage hat die Klägerin als Restwerklohn im wesentlichen die beiden offenen Abschlagszahlungen sowie den Sicherheitseinbehalt verlangt.
Die Beklagte hat die Abrechnung der Klägerin beanstandet. Sie hat weiterhin Zurückbehaltungsrechte und Minderung wegen Baumängeln an der Fassade des Ferienhofes geltend gemacht.
Mit ihrer in der Berufungsinstanz erhobenen Widerklage hat die Beklagte die Feststellung begehrt, daß die Klägerin verpflichtet sei, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstehen werde, daß die Klägerin einen Entsorgungsnachweis für den angefallenen Bau-Asbest-Schutt beim Abriß der Scheune nicht beigebracht habe.
III.
1. Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der Abrechnung hat das Landgericht der Beklagten mit der Begründung versagt, sie habe mit der Klägerin eine Abrechnungsvereinbarung und damit ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vereinbart. Das Landgericht hat lediglich eine Minderung in Höhe von 6.000 DM zugebilligt, weil die Beseitigung eines Teiles der Verunreinigung der Fassade einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Hinsichtlich weiterer Verfärbungen hat das Landgericht die Beklagte in Höhe von 16.000 DM Zug-um-Zug gegen die Beseitigung der Ausblühung verurteilt.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist weitgehend erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat der Klägerin restlichen Werklohn in Höhe von 126.301,67 DM nebst Zinsen zuerkannt, davon 16.000 DM Zug-um-Zug gegen die Beseitigung der Ausblühung am Sichtmauerwerk. Die in zweiter Instanz erhobene Widerklage hat das Berufungsgericht abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage und die mit der Widerklage beantragte Feststellung.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg, sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
II.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit den Einwänden gegen die Schlußrechnung mit folgenden Erwägungen ausgeschlossen:
Die Beklagte sei nicht berechtigt, Einwände gegen die Abrechnung der Klägerin geltend zu machen, weil die von ihr bevollmächtigten Architekten mit der Klägerin einen Abrechnungsvertrag und damit ein kausales Schuldanerkenntnis abgeschlossen hätten.
Der Prüfvermerk eines Architekten auf der Schlußrechnung habe grundsätzlich keine Wirkung gegenüber dem Bauunternehmer, weil ein Architekt seine Leistung seinem Auftraggeber, dem Bauherrn, gegenüber erbringe und nicht dem Unternehmer gegenüber. Der Prüfvermerk der Architekten der Beklagten sei jedoch als Angebot zum Abschluß eines Abrechnungs- und Anerkenntnisvertrages anzusehen, weil die Architekten die geprüfte Rechnung an die Klägerin mit der Bitte übersandt hätten, ihr Einverständnis zu erklären.
Die Übersendung der geprüften Rechnung sei als deklaratorisches Anerkenntnis anzusehen, so daß es auf die von der Beklagten beanstandeten Einzelpositionen nicht mehr ankomme. Die von der Beklagten beanstandeten Positionen hätten von den Architekten im Wege der Rechnungsprüfung beanstandet werden müssen. Da die Positionen nicht beanstandet worden seien, sei davon auszugehen, daß die Leistungen im Einverständnis mit der Beklagten bzw. der Architekten als deren Vertreter erbracht worden seien. Außerdem müsse sich die Beklagte die Tätigkeit ihres Ehemannes, der als Bauleiter tätig gewesen sei, im Wege der Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Soweit von der Beklagten falsches Material, falsche Massen oder falsche Ausführungen gerügt würden, wäre zu erwarten gewesen, daß die Rügen der Architekten sich auch auf diese Positionen bezogen hätten.
Abgesehen davon habe die Beklagte die geprüften Rechnungen der Architekten inzident durch ihr Schreiben vom 1. Juni 1997 anerkannt. Durch ihre unzutreffende Beanstandung, daß ihr die geprüften Rechnungen noch nicht vorlägen, habe die Beklagte inzident zu erkennen gegeben, daß sie sich die Rechnungsprüfung durch die Architekten habe zurechnen lassen wollen.
Das Schreiben der Klägerin vom 16. August 1997 an die Architekten müsse als Zustimmung zur Rechnungsprüfung gewertet werden. Der in dem Schreiben geäußerte Vorbehalt habe sich ausschließlich auf die in der Rechnungsaufstellung der Architekten zu Unrecht nicht berücksichtigten Abschlagszahlungen bezogen. Damit habe die Klägerin die Aufstellung im übrigen nicht beanstandet und ihr Einverständnis zu dem Ergebnis der Rechnungsprüfung erklärt.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht seine Beurteilung, die Parteien hätten die erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen für den Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses oder eines entsprechenden Abrechnungsvertrages mit den vom Berufungsgericht angenommenen Verzichts- und Ausschlußwirkungen abgegeben:
(1) Der Prüfvermerk eines Architekten ist eine Wissenserklärung dem Auftraggeber gegenüber, daß die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Die Wissenserklärung ist grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Architekten namens seines Auftraggebers gegenüber dem Unternehmer und damit kein Angebot zum Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses. Die in den übersandten Abrechnungsbestätigungen enthaltene Aufforderung an die Klägerin, die Abrechnung anzuerkennen mit der Folge, daß ihr keine weiteren Forderungen zustehen, ist kein Angebot zum Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses zu Lasten der Beklagten.
(2) Selbst wenn der Prüfvermerk der Architekten aufgrund der übersandten Abrechnungsbestätigung ein Angebot zum Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisses sein sollte, fehlt es an einer rechtsgeschäftlichen Annahme dieses Angebots durch die Klägerin. Mit ihrem Schreiben vom 16. April 1997 hat die Klägerin ein etwaiges Angebot nicht angenommen. In diesem Schreiben, das eine Zahlungsaufforderung an die Beklagte enthält, hat die Klägerin der Abrechnung unter dem Vorbehalt der bisher nicht bezahlten beiden Abschlagsrechnungen zugestimmt und die endgültige Anerkennung des Abrechnungsbetrages davon abhängig gemacht, daß der Restwerklohn in Höhe von 125.912,67 DM bezahlt wird. Die Zahlung ist nicht erfolgt.
(3) Das Schreiben der Beklagten vom 1. Juli 1997 bietet keine hinreichende Grundlage für ein Angebot oder für die Annahme eines Angebots für den Abschluß eines kausalen Schuldanerkenntnisvertrages. In diesem Schreiben hat die Beklagte lediglich mehrere Mängel gerügt und beanstandet, daß ihr bisher keine prüfbaren Rechnungen vorliegen. Abgesehen davon fehlt es an der für den Vertragsabschluß notwendigen rechtsgeschäftlichen Willenserklärung der Klägerin nach dem Zugang dieses Schreibens.
b) Es fehlen außerdem Feststellungen des Berufungsgerichts zu den weiteren Voraussetzungen eines kausalen Schuldanerkenntnisses. Ein kausales Anerkenntnis setzt voraus, daß die Parteien mit der Vereinbarung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder der Ungewißheit entziehen wollen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 – VII ZR 215/93, BauR 1995, 232 = ZfBR 1995, 82; Urteil vom 24. Juni 1999 – VII ZR 120/98, BauR 1999, 1300 = ZfBR 1999, 337).
c) Folglich stehen der Beklagten Einwände gegen die Schlußrechnung zu. Die Beklagte hat diese Einwände nicht bereits deshalb verwirkt, weil sie nach Ablauf der Prüfungsfrist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B erhoben worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 – VII ZR 416/99, BauR 2001, 784 = ZfBR 2001, 313).
III.
1. Das Berufungsgericht hat der Beklagten den Einwand gegen die Abrechnungen der Klägerin hinsichtlich der Komplexe Umbau des Wohnhauses, Errichtung der Garage und des Ausbaus des Stalles, die Parteien hätten jeweils einen Pauschalpreis vereinbart, versagt. Für den Umbau und die Garagenerrichtung ergebe sich die Vereinbarung eines Einheitspreises aus der Auftragserteilung der Architekten in Verbindung mit der Leistungsbeschreibung. Die Auftragserteilung sei nicht eindeutig, weil von einem „vorläufigen Gesamtpreis” und einer „Pauschalsumme” (Gesamtpreis) die Rede sei. Diese Unklarheit gehe zu Lasten der Beklagten, weil sie die Formulierung durch ihre Architekten verwendet habe. Es handele sich letztlich um Einheitspreisverträge, weil in den Aufträgen Gesamtsummen der Einheitspreise und in der jeweiligen Anlage zur Leistungsbeschreibung unter Ziff. 2 Einheitspreise genannt seien.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die schriftlichen Vertragsunterlagen nur unvollständig und damit rechtsfehlerhaft gewürdigt und die Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast nicht berücksichtigt:
a) Aufgrund der schriftlichen Vertragsunterlagen ist es möglich, daß die Vertragsparteien auf der Grundlage der von der Klägerin in ihrem Angebot aufgeführten Einheitspreise einen Pauschalpreisvertrag abgeschlossen haben:
(1) Im Auftragsschreiben der Beklagten sind zwei Alternativen vorgesehen: zu einem vorläufigen Gesamtpreis/zu einer Pauschalsumme (Gesamtfestpreis). Da nicht gekennzeichnet ist, welche der beiden Alternativen vertraglich vereinbart worden ist, steht nicht fest, ob die Parteien Einheitspreis- oder Pauschalpreisverträge abgeschlossen haben.
(2) Zusätzliche Angaben in den Auftragsschreiben zur Preisvereinbarung, die das Berufungsgericht nicht berücksichtigt hat, bieten keine Grundlage für eine eindeutige Vereinbarung. Denn die Auftragsschreiben verweisen unter Ziff. 2.2 auf die besonderen Vertragsbedingungen, die in Ziff. 21 regeln, daß die Auftragssumme nicht überschritten werden dürfe. Die Bezugnahme in den Auftragsschreiben unter Ziff. 2.1 und Ziff. 3 auf die Angebote der Klägerin, die nach Einheitspreisen kalkuliert worden sind, führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
b) Im Hinblick auf die unklare Vertragssituation ist die Behauptung der Beklagten erheblich, die Parteien hätten keinen Einheitspreisvertrag, sondern einen Pauschalpreisvertrag abgeschlossen.
Bei einer streitigen Einheitspreisvereinbarung muß der Auftragnehmer die Behauptung des Auftraggebers, es handele sich um einen Pauschalpreisvertrag widerlegen, und die Einheitspreisvereinbarung beweisen (BGH, Urteil vom 9. April 1981 – VII ZR 262/80, BGHZ 80, 257).
IV.
1. Das Berufungsgericht hatte der Beklagten hinsichtlich der Verunreinigung der Fassade lediglich eine Minderung in Höhe der Hälfte der Nachbesserungskosten mit der Begründung zuerkannt, die verlangte Nachbesserung sei unverhältnismäßig:
Die Verunreinigung der Garagenfassade mit Mörtelresten sei ein Werkmangel, der nur durch einen Austausch der betroffenen Steine beseitigt werden könne.
Der Nachbesserungsaufwand von über 30.000 DM sei unverhältnismäßig, weil die Verunreinigungen das Erscheinungsbild des Gesamtobjektes nicht wesentlich beeinträchtigten. Die Garage liege im rückwärtigen Grundstücksteil. Die Lichtbilder des Garagenbaus sprächen dafür, daß keine besonders gravierende optische Einschränkung hinsichtlich des gesamten Grundstücks gegeben sei.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand:
Das Berufungsgericht hat die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung nicht berücksichtigt und erheblichen Sachvortrag der Beklagten übergangen.
a) Der Unternehmer kann die Beseitigung eines Mangels verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert:
(1) Eine Nachbesserung ist unverhältnismäßig, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes steht (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 367 = BauR 1973, 112 = NJW 1973, 130; Urteil vom 4. Juli 1996 – VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313; Urteil vom 24. April 1997 – VII ZR 110/86, BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249). Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist (BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 – VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313 m.w.N.).
Eine Unverhältnismäßigkeit liegt danach in aller Regel nur vor, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Nachbesserung nicht verweigern.
(2) Ohne Bedeutung für die erforderliche Abwägung sind das Preis-/Leistungsverhältnis und das Verhältnis des Nachbesserungsaufwands zu den zugehörigen Vertragspreisen (BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 – VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313; Urteil vom 24. April 1997 – VII ZR 110/96, BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249).
(3) Im Rahmen der Abwägung ist zu Lasten des Auftragnehmers auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (BGH, Urteil vom 23. Februar 1995 – VII ZR 235/93, BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197; Urteil vom 4. Juli 1996 – VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313).
(4) Dieses Verständnis der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung ergibt sich aus der Risikoverteilung des Werkvertrages. Der Unternehmer trägt grundsätzlich das Erfüllungsrisiko für die versprochene Leistung, und zwar ohne Rücksicht auf den dafür erforderlichen Aufwand. Er kann dagegen nicht einwenden, dieser sei höher oder unverhältnismäßig höher als der vereinbarte Preis. Vielmehr ist er grundsätzlich zu jedem erforderlichen Aufwand verpflichtet. Diese Risikoverteilung wird nicht dadurch verändert, daß der Unternehmer mangelhaft leistet (BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 – VII ZR 24/95, BauR 1996, 858 = ZfBR 1996, 313). Der Maßstab für das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung ist der vertraglich vereinbarte oder der nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch des Werkes.
b) Das Berufungsgericht hat die nach diesen Grundsätzen erforderliche Abwägung nicht vorgenommen, das Interesse der Beklagten an der vertragsgemäßen Erfüllung unzutreffend bewertet und nicht gewürdigt, ob und in welchem Ausmaß die Klägerin den Mangel verschuldet hat.
Nach dem Vortrag der Beklagten, der in der Revision als richtig zu unterstellen ist, beeinträchtigen die grauen Mörtelreste auf dem dunkelroten Ziegelverblendmauerwerk den optischen Gesamteindruck der Anlage, vor allem des Innenhofes erheblich. Die Garage bildet nach dem Vortrag der Beklagten mit dem Wohnhaus und dem ehemaligen Stallgebäude eine geschlossene Umrandung des Innenhofes. Dieser Vortrag der Beklagten wird durch die Feststellung des Sachverständigen, die das Berufungsgericht nicht gewürdigt hat, bestätigt. Der Sachverständige hat ausgeführt, daß die optische Beeinträchtigung erheblich sei.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte die Steinoberfläche nach der Beendigung der Fugenarbeiten in einem bestimmten Verfahren gereinigt werden müssen, weil der abgebundene Mörtel nicht mehr von den Steinen entfernt werden kann. Die Klägerin hat dadurch, daß sie die notwendige Reinigung nicht durchgeführt hat, schuldhaft gegen eine anerkannte Regel der Technik verstoßen. Das Berufungsgericht hätte im Hinblick auf diesen unstreitigen Sachverhalt den Grad des Verschuldens feststellen und bei der Abwägung zu Lasten der Klägerin berücksichtigen müssen.
c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf einem Verstoß gegen die §§ 371, 284 ZPO. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung den erheblichen Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Dieser Antrag war ein Gegenbeweisantrag, weil der Bauunternehmer für die Voraussetzungen der Unverhältnismäßigkeit darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. Staudinger/Peters (2000) § 633 Rdn. 191).
V.
1. Das Berufungsgericht hat Gewährleistungsansprüche der Beklagten bezüglich der beanstandeten Durchfeuchtungen mit folgenden Erwägungen verneint:
Die Durchfeuchtungen an der Westseite seien möglicherweise vorhanden. Sie würden nach den Ausführungen des Privatsachverständigen E. nicht auf einem Ausführungsfehler, sondern auf einem Planungsfehler beruhen. Der Gutachter habe die zu flach eingebrachten Giebelfenstersohlbänke als Ausführungsfehler bezeichnet. Ob dieser Mangel eine Verantwortlichkeit der Klägerin begründe, sei ungeklärt. Es fehle am Vortrag der Beklagten, daß die Klägerin hier abweichend von den architektonischen Planungen gearbeitet habe und daß die zu flach eingebauten Fenstersohlbänke für sich allein zu den Durchfeuchtungen geführt hätten.
Hinsichtlich der Feuchtigkeit am westlichen Giebelmauerwerk habe der Sachverständige E. nicht klären können, wer für die Mängel verantwortlich sei, und er habe ausgeführt, daß der Bauleiter, der Zeuge R., die Mängel hätte ohne weiteres erkennen können. Folglich könne die Beklagte aus diesen Mängeln keine Rechte herleiten.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegung eines Werkmangels verkannt. Außerdem hat es eine etwaige Verletzung der Hinweispflicht der Klägerin nach § 4 Nr. 3 VOB/B nicht berücksichtigt:
a) Der Besteller genügt den Darlegungsanforderungen, wenn er die Mangelerscheinung (Symptom) vorträgt, aus der er die Mangelhaftigkeit des Werkes herleitet. Er ist nicht verpflichtet, den Mangel selbst oder die Ursachen des Mangels vorzutragen (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 115/97, BauR 2000, 261 = ZfBR 2000, 116). Die Frage, ob die Ursache der Mangelerscheinung auf einem Ausführungs- oder Planungsfehler beruht, ist Gegenstand des Beweises und kein Erfordernis des Sachvortrags (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 – VII ZR 185/97, BauR 1999, 899 = ZfBR 1999, 55).
Die erforderliche Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht nicht durchgeführt. Es hat vielmehr, ohne die eigene Sachkunde darzulegen, hinsichtlich des Neigungswinkels der Giebelsohlbänke einen Planungsmangel angenommen.
b) Unter der Voraussetzung, daß die Mangelerscheinungen auf einem Planungsfehler beruhen sollten, würde die Klägerin für derartige Mängel haften, wenn sie zu einem Hinweis der Beklagten gegenüber nach § 4 Nr. 3 VOB/B verpflichtet gewesen wäre. Da das Berufungsgericht zu den Voraussetzungen der Hinweispflicht keine Feststellungen getroffen hat, ist in der Revision zugunsten der Beklagten zu unterstellen, daß die Klägerin als Fachfirma die fehlerhafte Planung hätte erkennen können. Einen Hinweis nach § 4 Nr. 3 VOB/B hat die Klägerin unstreitig nicht gegeben. Die Vermutung des Berufungsgerichts, der Bauleiter der Beklagten hätte die Ursachen der Feuchtigkeit am westlichen Giebelmauerwerk erkennen müssen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der Umstand, daß der Bauleiter die Mangelursache möglicherweise hätte erkennen können, entlastet diejenigen, die für die Mängel verantwortlich sind, nicht von der Verpflichtung zur Gewährleistung.
VI.
1. Das Berufungsgericht hat der Beklagten Ansprüche hinsichtlich des fehlenden Nachweises für die Entsorgung der Asbestplatten mit folgenden Erwägungen verneint:
Der Beklagten stehe hinsichtlich der von der Klägerin nicht vorgelegten Entsorgungsbescheinigung kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die mit der Widerklage verfolgte Feststellung, daß ihr die Klägerin zukünftigen Schaden zu ersetzen habe, der ihr aus der fehlenden Entsorgungsbescheinigung entstehen könne, sei unbegründet.
Es sei ausreichend, daß die Klägerin eine Bescheinigung der von ihr als Subunternehmerin beauftragten Fachfirma vorgelegt habe, in der die Fachfirma mitgeteilt habe, daß sie die Dacheindeckung einschließlich der Asbestwellplatten abgefahren und entsorgt habe. Diese Bescheinigung sei für die Beklagte derzeit ausreichend, weil keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, daß die Fachfirma die Asbestplatten nicht ordnungsgemäß entsorgt habe. Die Beklagte habe weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, daß die Bescheinigung der Fachfirma dem Kreisbauamt nicht genügen würde.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand:
a) Die Erwägung des Berufungsgerichts hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts verstößt gegen das Verbot der reformatio in peius. Das Landgericht hat der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des fehlenden Entsorgungsnachweises in Höhe von 500 DM zuerkannt. Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil kein Rechtsmittel eingelegt.
b) Unter der Voraussetzung, daß die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf einen Entsorgungsnachweis hat, begründet der fehlende Entsorgungsnachweis einen Werkmangel, für den die Klägerin haftet. Die Mitteilung der Fachfirma ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, daß ein Schaden in Zukunft nicht zu erwarten sei, sind Spekulationen ohne tatsächliche Beurteilungsgrundlage. Es ist nicht ausgeschlossen, daß öffentlichrechtliche Sanktionen drohen.
VII.
1. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte könne keine Rechte daraus herleiten, daß die Klägerin den Baucontainer mehrfach umgestellt habe. Ihr Bauleiter hätte die Umstellung des Containers bemerken und nötigenfalls durch die Ausübung seines Weisungsrechts verhindern können.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Beklagte hat keine Ansprüche geltend gemacht, sie hat sich gegen einen Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 596,16 DM gewandt, den die Klägerin für das Umsetzen der Container geltend macht.
Unterschriften
Ullmann, Thode, Hausmann, Wiebel, Bauner
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.12.2001 durch Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 675339 |
BB 2002, 753 |
DB 2002, 1884 |
BGHR 2002, 366 |
BauR 2002, 613 |
NJW-RR 2002, 661 |
EWiR 2002, 465 |
IBR 2002, 124 |
IBR 2002, 128 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 2002, 484 |
MDR 2002, 450 |
ZfBR 2002, 345 |
NZBau 2002, 338 |
FSt 2003, 109 |
IWR 2002, 71 |
JbBauR 2003, 298 |
JbBauR 2003, 316 |