Leitsatz (amtlich)
Tritt der Präsident eines Landesrechnungshofs in die Regierung eines anderen Landes ein, ist er aus dem Dienstverhältnis als Präsident des Landesrechnungshofs zu entlassen, sofern nicht die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn und mit Zustimmung des Präsidenten des Landesrechnungshofs die Fortdauer des Dienstverhältnisses neben dem neuen Amtsverhältnis angeordnet hat.
Normenkette
DRiG § 21 Abs. 1; BbgMinG § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Brandenburgischen Dienstgerichtshofs für Richter vom 28.4.2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die geborene Antragsgegnerin war als Beamtin auf Lebenszeit seit 1998 Präsidentin des Landesrechnungshofs. Sie besaß als Mitglied des Landesrechnungshofs richterliche Unabhängigkeit. Für sie galten die Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes für Richter auf Lebenszeit über die Dienstaufsicht, Versetzung in ein anderes Amt, Versetzung in den Ruhestand, Entlassung, Amtsenthebung, vorläufige Untersagung der Amtsgeschäfte, Abordnung, Altersgrenze und das Disziplinarrecht entsprechend (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 LRHG Brandenburg).
[2] Am 23.11.2006 ernannte sie der Regierende Bürgermeister von Berlin zur Senatorin für Justiz des Landes Berlin; dieses Amt übt sie seither aus.
[3] Im Februar 2007 hat der Antragsteller bei dem Brandenburgischen Dienstgericht für Richter (im Folgenden: Dienstgericht) beantragt festzustellen, dass die Antragsgegnerin mit Wirkung vom 23.11.2006 aus dem Dienstverhältnis zum Land Brandenburg entlassen worden ist.
[4] Das Dienstgericht hat dem Antrag mit Urteil vom 6.7.2007 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Dienstverhältnis nach § 5 Abs. 1 LRHG des Landes Brandenburg (im Folgenden: LRHG) i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG lägen vor. Insbesondere werde auch das Amtsverhältnis eines Ministers oder einer Senatorin von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG erfasst; die Antragsgegnerin sei mit ihrer Ernennung zur Senatorin des Landes Berlin in ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn getreten. Eine anderweitige gesetzliche Bestimmung, wonach die Rechtsfolge kraft Gesetzes nicht eintrete, bestehe nicht. § 36 Abs. 2 DRiG stelle keine solche anderweitige Bestimmung dar. Die Rechtsfolge der Entlassung sei auch mit übergeordneten Vorschriften und Verfassungsgrundsätzen vereinbar; sie stehe mit Art. 33 Abs. 5 GG in Einklang und sei weder unverhältnismäßig noch willkürlich.
[5] Die Antragsgegnerin hat gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt. Sie hat dies damit begründet, dass statusrechtliche Unterschiede zwischen dem politischen Amt eines Regierungsmitglieds und dem Verwaltungsamt eines Beamten bestünden. Deshalb sei es nicht richtig, wenn das Dienstgericht die Anwendbarkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG annehme. Entgegen der Auffassung des Dienstgerichts komme in ihrem Fall alleine § 36 Abs. 2 DRiG zur Anwendung. Diese Vorschrift führe zu einem Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Richterverhältnis. Die Anwendung von § 36 Abs. 2 DRiG sei im Verhältnis zur Entlassung das mildere Mittel.
[6] Der Dienstgerichtshof für Richter des Landes Brandenburg (im Folgenden: Dienstgerichtshof) hat mit Urteil vom 28.4.2008 die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und die Begründung des Dienstgerichts im Wesentlichen bestätigt, weil das Dienstgericht zutreffend davon ausgegangen sei, dass § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG auf die Ernennung eines Richters/Beamten zum Minister Anwendung findet. Sowohl nach dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift erstrecke sich diese Regelung (auch) auf den Eintritt in ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis. Hierzu zähle auch der Status eines Ministers. Die Regelung beruhe auf dem dienstrechtlichen Prinzip, dass das Richter(Beamten)verhältnis zum Einsatz der vollen Arbeitskraft und zur vollen Hingabe an den Beruf verpflichte. Die Übernahme weiterer Pflichten aus einem anderen Dienst- oder Amtsverhältnis sei hiermit im Grundsatz unvereinbar. Das Amtsverhältnis einer Senatorin sei zwar rechtlich anders ausgestaltet als das Dienstverhältnis eines Beamten. Dies ändere aber nichts daran, dass auch eine Senatorin in einem Amtsverhältnis zu einem Dienstherrn stehe, der ihr gegenüber die im Senatorengesetz des Landes Berlin vorgesehenen Leistungen zu erbringen habe. Die Entlassung kraft Gesetzes werde auch nicht durch anderweitige gesetzliche Regelungen ausgeschlossen. § 4 Abs. 1 Satz 1 BbgMinG finde keine Anwendung. Diese Vorschrift ordne das Ruhen eines Richter(Beamten)verhältnis nur in den Fällen an, in denen ein Landesbediensteter in die Regierung des Landes eintrete.
[7] Auch § 36 Abs. 2 DRiG stelle keine anderweitige gesetzliche Regelung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG dar; diese Vorschrift ziehe nach ihrem Inhalt lediglich die Folgerung aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Sie trage dem Umstand Rechnung, dass die Entlassung aus dem Richterverhältnis bei Eintritt in eine Regierung einer gerichtlichen Feststellung bedürfe. Die Entlassung sei auch verhältnismäßig. Die Antragsgegnerin habe das Amt freiwillig übernommen. Es habe die Möglichkeit einer Anordnung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG bestanden. Schließlich sei der Verlust der Versorgungsbezüge durch den in § 8 SGB VI verankerten Anspruch auf Nachversicherung gemildert, so dass die von der Antragsgegnerin als Beamtin des Landes Brandenburg zurückgelegte Dienstzeit nicht unberücksichtigt bleibe.
[8] Gegen das Urteil des Dienstgerichtshofes vom 28.4.2008 hat die Antragsgegnerin rechtzeitig Revision eingelegt.
[9] Im Rahmen ihrer Revisionsbegründung führt sie aus, der Dienstgerichtshof gehe fehlerhaft davon aus, dass ihre Ernennung zur Senatorin für Justiz des Landes Berlin die Anwendung des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG zur Folge habe. Auch das Berufungsgericht begründe die Anwendung dieser Vorschrift vor allem mit dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Dieser bestehe darin, dass das Richter(Beamten)verhältnis zum Einsatz der vollen Arbeitskraft und zur vollen Hingabe an den Beruf verpflichte und die Übernahme weiterer Pflichten aus einem anderen Dienst- oder Amtsverhältnis hiermit im Grundsatz unvereinbar sei. Der Dienstgerichtshof übersehe dabei aber, dass die Antragstellerin als Senatorin in keinem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zu einem "Dienstherrn" stehe und deshalb die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG keine Anwendung finden könne. Auf den vorliegenden Sachverhalt sei alleine § 36 Abs. 2, Alt. 2 DRiG anzuwenden. Diese Vorschrift stelle eine Sonderreglung dar, die einen Rückgriff auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG ausschließe. Der systematische Normzusammenhang des § 36 Abs. 2 DRiG belege vielmehr, dass die Gründe für die Entlassung aus dem Richterverhältnis abschließend in § 21 DRiG normiert seien, während der Eintritt eines Richters in ein Ministeramt alleine der Regelung des § 36 Abs. 2 DRiG unterfalle.
[10] Darüber hinaus habe der Dienstgerichtshof sich in seinem Urteil nur unzureichend mit den verfassungsrechtlichen Maßgaben auseinandergesetzt. Er habe nicht nur den im Brandenburgischen Landesrecht gegebenen evidenten Verstoß gegen den Gleichheitssatz übersehen. So ruhe das Richter(Beamten)verhältnis, wenn ein Richter bzw. Beamter des Landes Brandenburg zum Mitglied der Landesregierung Brandenburg ernannt werde. Werde ein entsprechender Bediensteter aber zum Mitglied der Regierung eines anderen Landes ernannt, fehle es an einer ausdrücklichen Regelung. Dies verstoße gegen Art. 3 GG, wenn sich diese Lücke nicht im Wege einer Analogie schließen lasse. Der Dienstgerichtshof verkenne auch die Bedeutung des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG i.V.m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn in diesem Zusammenhang seien auch die erheblichen finanziellen Nachteile zu berücksichtigen, die sie mit der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zu erleiden habe. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit sei auch zu berücksichtigen, dass die Anordnung des Ruhens der Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis das deutlich mildere Mittel im Vergleich zur Entlassung sei.
[11] Soweit auch der Dienstgerichtshof davon ausgehe, dass die Verhältnismäßigkeit durch die Möglichkeit einer Anordnung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG gewährleistet sei, gingen die Erwägungen des Gerichts fehl. Vorliegend sei zweifelsfrei eine Fortdauer des Beamtenverhältnisses nicht angeordnet worden. So habe die Entscheidung zur Besetzung des Senatorenpostens äußerst kurzfristig getroffen werden müssen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin habe drei Tage lang versucht, den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg telefonisch zu erreichen, um ihn über die Anfrage an die Antragsgegnerin zu unterrichten. Im Anschluss habe dieser die Antragsgegnerin angerufen, ihr in diesem Gespräch zu der ehrenvollen Anfrage gratuliert und dies mit allen guten Wünschen für die anstehende Ernennung verbunden.
[12] Soweit das Gericht aber davon ausgehe, die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG eröffne die Möglichkeit, dass der Richter frei entscheiden könne, ob und unter welchen Voraussetzungen er ein künftiges Dienstverhältnis antrete, sei dies, bei Lichte betrachtet, keine wirkliche Alternative. Denn die tatsächliche Inanspruchnahme sei davon abhängig, dass zwischen dem alten und dem neuen Dienstherrn Einvernehmen hergestellt werde. Auf dieses Einvernehmen habe der Richter keinen Rechtsanspruch. Damit habe es der bisherige Dienstherr in der Hand, die Anordnung ggf. aus willkürlichen Gründen zu verweigern. Damit gewönne § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG den Charakter einer "politischen Bestrafungsnorm".
[13] Die Antragsgegnerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 28.4.2008 verkündeten und am 2.7.2008 zugestellten Urteils des Brandenburgischen Dienstgerichtshofs für Richter (Az.: DGH 2/07) den Antrag abzuweisen. 2. dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
[14] Der Antragsteller beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[15] Er verteidigt das angegriffene Urteil und tritt der Revision unter Vertiefung seines vorinstanzlichen Vorbringens entgegen.
[16] Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
[17] Die zulässige Revision ist unbegründet.
[18] 1. Die Revision ist zulässig (§ 80 Abs. 2 DRiG, § 80 BbgRiG); sie ist insb. fristgerecht eingelegt und begründet worden.
[19] 2. Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht (§ 80 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 DRiG, § 144 Abs. 2 VwGO). Der Dienstgerichtshof hat zu Recht festgestellt, dass die Antragsgegnerin mit Wirkung vom 23.11.2006 aus dem Dienstverhältnis zum Land Brandenburg entlassen worden ist.
[20] Rechtsgrundlage für die Entlassung der Antragsgegnerin aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ist § 5 Abs. 1 Satz 3 LRHG i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG. Danach ist ein Richter zu entlassen, wenn er in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn tritt, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist und die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn und mit Zustimmung des Richters nicht die Fortdauer des Richterverhältnisses neben dem neuen Dienst- oder Amtsverhältnis angeordnet hat.
[21] a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG auf die Ernennung eines Richters zum Minister Anwendung findet. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, sicherzustellen, dass ein Richter nicht ohne die Zustimmung des Dienstherrn ein neues Dienst- oder Amtsverhältnis begründet. Denn das Richterverhältnis erfordert die volle Arbeitskraft eines Richters (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG 6. Aufl., § 21 Rz. 5). Die Vorschrift sichert daher zum Schutz des jeweiligen Dienstherrn, dass der Richter nicht ohne die Zustimmung des Dienstherrn weitere Dienst- oder Amtsverhältnisse eingehen kann. Die Vorschrift umfasst nach ihrem Wortlaut auch den Eintritt in ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis. Hierzu zählt nach der zutreffenden Würdigung des Berufungsgerichts auch der Status eines Ministers (NK, § 21 DRiG, Rz. 3; ebenso Badura, FS für Quaritsch 2000, S. 295, 296; Köttgen, Gedächtnisschrift für Jellinek 1955, S. 195, 206 u. 220; Pfennig, Der Begriff des öffentlichen Dienstes und seiner Angehörigen, 1960, S. 61). Gerade durch den vom Gesetzgeber gewählten Anwendungsbereich der Regelung des Eintritts "in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis" zu einem anderen Dienstherrn wird deutlich, dass es auf die von der Antragsgegnerin dargelegten grundlegenden statusrechtlichen Unterschiede zwischen dem Ministeramt als Teil eines Staats- und Verfassungsorgans (Amtsverhältnis) einerseits und dem Beamtenverhältnis (Dienstverhältnis) andererseits, gerade nicht ankommen soll. Denn § 21 Abs. 1 Nr. 2 DRiG ordnet nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht nur dem Dienstverhältnis einen Dienstherrn zu, sondern auch dem Amtsverhältnis. Daraus folgt aber, dass der Begriff des Dienstherrn nur in Bezug auf ein bestehendes Dienstverhältnis als spezieller Begriff des deutschen Beamtenrechts zu verstehen ist. In Bezug auf ein bestehendes Amtsverhältnis ist der Begriff des Dienstherrn anders zu bestimmen. Die Auffassung der Antragsgegnerin, der Begriff des öffentlichen Dienstherrn lasse sich auch hier nur nach dem Beamtenrecht bestimmen, lässt den Wortlaut des § 21 Abs. 1 Nr. 2 DRiG außer Acht. Im zu entscheidenden Fall ist es für das Bestehen einer Dienstherreneigenschaft des Landes Berlin im Verhältnis zur Antragstellerin ausreichend, dass dem Land Berlin als juristische Person des öffentlichen Rechts grundsätzlich Dienstherreneigenschaft i.S.d. § 121 BRRG zukommt und die Antragsgegnerin in einem Amtsverhältnis zum Land Berlin (vgl. § 1 Senatorengesetz Berlin) steht, demgegenüber sie zur Tätigkeit verpflichtet ist und der ihr gegenüber die im Senatorengesetz vorgesehenen Leistungen zu erbringen hat. Hierfür spricht auch § 6 Abs. 1 Senatorengesetz Berlin, wonach die Mitglieder des Senats neben ihrem Amt keine Beschäftigung berufsmäßig ausüben dürfen.
[22] b) Die Entlassung der Antragsgegnerin aus dem Dienstverhältnis zum Land Brandenburg ist auch nicht durch eine anderweitige gesetzliche Bestimmung ausgeschlossen.
[23] Das Berufungsgericht stellt zutreffend fest, dass § 36 Abs. 2 DRiG keine anderweitige gesetzliche Bestimmung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG darstellt. Nach dieser Vorschrift enden alleine das Recht und die Pflicht des Richters zur Wahrnehmung des Richteramts ohne gerichtliche Entscheidung. Das heißt, mit der Annahme der Wahl in den Deutschen Bundestag oder in die gesetzgebende Körperschaft eines Landes bzw. mit der Ernennung zum Mitglied der Bundesregierung oder einer Landesregierung darf der Richter seine Dienstgeschäfte nicht mehr wahrnehmen. Es tritt der Vertretungsfall ein und der danach in Betracht kommende gesetzliche Richter bestimmt sich nach dem Geschäftsverteilungsplan. Über den Status bzw. konkret über das Ruhen des Richterverhältnisses wird im Rahmen des § 36 Abs. 2 DRiG gerade nicht entschieden. Dies bedarf einer weiteren Regelung (vgl. Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 21 Rz. 8). Weil diese Vorschrift nicht den Status eines Richters regelt, handelt es sich hierbei auch nicht um eine Sonderregelung, die die Entlassungsnorm des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG verdrängt.
[24] Auch § 4 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Ministergesetzes ist keine anderweitige gesetzliche Regelung i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG. Diese Vorschrift ordnet das Ruhen des Dienstverhältnisses eines Beamten nur für den Fall der Ernennung zum Mitglied der Landesregierung Brandenburg an; die Ernennung zum Mitglied einer Landesregierung eines anderen Landes wird nach dem eindeutigen Wortlaut von dieser Vorschrift nicht erfasst.
[25] Weiterhin ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift verneint. Gegen eine entsprechende Anwendung steht zum einen der eindeutige Wortlaut. Aber auch der Vergleich mit den Regelungen anderer Länder zeigt, dass diese überwiegend nur den Wechsel von einem Landesbediensteten in ein Ministeramt des eigenen Landes gesetzlich regeln wollten. Dass der Wechsel eines Beamten bzw. eines Richters in ein Ministeramt eines anderen Landes nicht im Rahmen einer gesetzlichen Regelung, sondern jeweils im Einzelfall zu regeln ist, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn hierbei die berechtigten Interessen des Bediensteten angemessen berücksichtigt werden.
[26] c) Die auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DRiG gestützte Entlassung ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar, weil diese Regelung dem Richter die Möglichkeit eröffnet, frei zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen er in ein anderes Dienstverhältnis wechseln will. Denn der betroffene Bedienstete kann seine Entscheidung davon abhängig machen, ob die oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem neuen Dienstherrn und mit seiner Zustimmung die Fortdauer des Richter(Beamten)verhältnisses neben dem neuen Dienst- oder Amtsverhältnis anordnet.
[27] Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Anordnung über die Fortdauer des Beamtenverhältnisses der Antragsgegnerin neben dem neuen Amtsverhältnis gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG nicht ergangen ist. Hierzu fehlt es an einem entsprechenden Übereinkommen zwischen dem alten und dem neuen Dienstherrn im Einvernehmen mit der Antragsgegnerin. Diese hat selbst vorgetragen, dass die Entscheidung über ihren Wechsel zum Land Berlin nur von ihr und dem Regierenden Bürgermeister von Berlin getroffen worden ist und der Ministerpräsident des Landes Brandenburg hiervon erst nachträglich in Kenntnis gesetzt wurde. Damit hat die Antragsgegnerin letztlich selbst Tatsachen geschaffen, die ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zu Folge hatte.
[28] Die Auffassung der Antragstellerin, dass es sich bei § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG nur um eine scheinbare Wahlmöglichkeit handelt, kann der Senat nicht teilen. Die Länder haben überwiegend die Folgen gesetzlich geregelt, wenn ein Landesbediensteter in die eigene Landesregierung wechselt. In diesen Fällen wird regelmäßig der Besitzstand der Betroffenen aus dem Richter(Beamten)verhältnis sichergestellt und ein Ruhen des Richter(Beamten)verhältnisses angeordnet. Ein Wechsel eines Bediensteten in die Regierung eines anderen Landes bedarf in den Fällen, in denen hierfür keine gesetzlichen Vorgaben vorgesehen sind, einer Regelung im Einzelfall. Der alte und der neue Dienstherr müssen sich mit Zustimmung z.B. des Richters auf die Fortdauer des Richterverhältnisses verständigen und dies neben dem neuen Dienst- oder Amtsverhältnis anordnen (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG). Ein solches Vorgehen kann schon deshalb sinnvoll sein, weil so die besonderen Umstände eines Einzelfalles geregelt werden können. Die Anordnungsbefugnis selbst kann sich in diesen Fällen alleine darauf beziehen, dass entweder ein Ruhen des Richterverhältnisses angeordnet oder dem Betroffenen Urlaub ohne Bezüge gewährt wird. Denn das Recht und die Pflicht zur Wahrnehmung der richterlichen Dienstgeschäfte endet kraft Gesetzes mit der Wahl zum Minister.
[29] Auch wenn die Länder überwiegend für diese Fälle auf eine gesetzliche Ruhensregelung verzichtet haben, müssen gleichwohl Entscheidungen über die Besetzung von politischen Führungsfunktionen häufig schnell und nach kurzfristiger Abstimmung der maßgeblichen Entscheidungsträger getroffen werden; hierbei müssen auch die berechtigten Interessen der betroffenen Bediensteten gewahrt und unangemessene Nachteile vermieden werden. Die Antragsgegnerin führt insoweit zutreffend aus, dass die Wahrnehmung eines Ministeramtes einen "notwendigen vorübergehenden Einschnitt bildet, und der Inhaber dieses Amtes einer besonderen Sicherung bedarf". Deshalb dürften entsprechende Abstimmungen zur Fortdauer des Richter(Beamten)verhältnisses bei der Besetzung politischer Führungspositionen in der Praxis im Regelfall formlos getroffen werden. Nur so können letztlich auch Nachteile für die Betroffenen vermieden werden. Dem trägt die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 DRiG hinreichend Rechnung, weil eine bestimmte Form für die Zustimmung des Richters und die Anordnung der Dienstbehörde nicht vorgeschrieben ist. Eine mündliche Erklärung hierzu genügt (vgl. Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 21 Rz. 7). Auch § 4 Abs. 4 des BbgMinG hat solche Vereinbarungen im Blick. Nach dieser Vorschrift übernimmt das Land Brandenburg die Verpflichtungen anderer Dienstherrn oder Arbeitgeber für den öffentlichen Dienst für Versorgungsbezüge, die sich aus Vortätigkeiten seiner Minister dort ergeben haben und fortbestehen. Unter diesen Voraussetzungen wäre es der Antragsgegnerin zumutbar gewesen, sich kurzfristig um eine entsprechende Anordnung zu bemühen.
[30] 3. Die Revision der Antragsgegnerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
[31] Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 2224276 |
EBE/BGH 2009 |
MDR 2009, 1367 |