Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsverwalter. Mieter. Mietkaution. Mietsicherheit. Keine Ausfolgung der Mietkaution vom Vermieter. Herausgabe. Eintrittspflicht in Kautionsabrede. Erhalt der Haftungsmasse. Sonderstellung des Mieters. Ausgabe der Verwaltung
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass der Zwangsverwalter einer Mietwohnung dem Mieter ggü., wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, zur Herausgabe einer von diesem an den Vermieter geleisteten Kaution verpflichtet ist, selbst wenn der Vermieter dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgefolgt hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 11/03, BGHReport 2003, 1390 = MDR 2003, 1409 = NJW 2003, 3342).
Normenkette
BGB § 566a; ZVG §§ 148, 152 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 04.09.2003; Aktenzeichen 62 S 135/03) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 23.04.2003) |
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 62 des LG Berlin v. 4.9.2003 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses v. 2.10.2003 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg v. 23.4.2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger begehren von dem Beklagten als Zwangsverwalter die Rückzahlung einer Mietkaution.
Mit Mietvertrag v. 20.6.1991 mieteten die Kläger eine Wohnung in B., W. straße. Zu Beginn des Mietverhältnisses zahlten die Kläger an den Vermieter, G. M., unter teilweiser Anrechnung eines Guthabens aus einem Vorvertrag eine Kaution i.H.v. 2.710 DM (= 1.385,60 EUR).
Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat mit Beschluss v. 2.11.1994 die Zwangsverwaltung für das Grundstück W. straße angeordnet und den Beklagten zum Zwangsverwalter bestellt. Die von den Klägern gestellte Kaution übergab M. dem Beklagten nicht. Zum 30.4.2002 kündigten die Kläger das Mietverhältnis.
Das AG hat der auf Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen gerichteten Klage i.H.v. 1.365,60 EUR stattgegeben. Das LG hat auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter. Zwar sei gem. § 152 Abs. 2 ZVG der Mietvertrag auch ggü. dem Zwangsverwalter wirksam. Dies bedeute jedoch nicht, dass der Verwalter ausnahmslos in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eintrete. Die Pflichten des Zwangsverwalters aus dem Mietverhältnis hätten dort ihre Grenze, wo die Interessen der Gläubiger an einem ungeschmälerten Erhalt der Zwangsverwaltungsmasse berührt seien. Die Gefahr der Aushöhlung der Haftungsmasse sei gegeben, wenn der Zwangsverwalter auch solche Verbindlichkeiten begleichen sollte, denen keine an ihn zu erbringenden, in das Sondervermögen fließenden Gegenleistungen gegenüberständen. Eine Privilegierung des Mieters ggü. anderen Gläubigern des Zwangsverwaltungsschuldners sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.
II.
Die Revision der Kläger hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des Urteils des AG.
Die Kläger haben nach Beendigung des Mietvertrages gegen den Beklagten als Zwangsverwalter einen Anspruch aus § 152 Abs. 2 ZVG i.V.m. der zwischen den Klägern und ihrem damaligen Vermieter getroffenen Sicherungsabrede auf Rückzahlung der Mietsicherheit (Kaution) in Höhe des verlangten Betrages von 1.365,60 EUR nebst Zinsen. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die Kaution von dem Vermieter nicht erhalten.
Der Zwangsverwalter einer Mietwohnung ist dem Mieter gegenüber, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, zur Herausgabe einer von diesem geleisteten Kaution verpflichtet, selbst wenn der Vermieter dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgefolgt hat (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 11/03, BGHReport 2003, 1390 = MDR 2003, 1409 = NJW 2003, 3342; so auch OLG Hamburg ZMR 2002, 194; LG Berlin GE 2001, 698; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III, Rz. 239; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 566a Rz. 4; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VII A, Rz. 151 f.; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 566a Rz. 19 f.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 566 Rz. 10; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 566a Rz. 21; Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl., § 551 Rz. 32; Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 572 Rz. 11; Herrmann in Bamberger/Roth, BGB, § 566a Rz. 7; Staudinger/Emmerich, BGB, 2003, § 566a Rz. 6; Gather, GE 2002, 651 [652]; Derleder, DWW 2002, 150 [156, 157]; Geldmacher, DWW 2002, 182 [197]; a.A. LG Mannheim NZM 2000, 656; LG Krefeld v. 15.12.1993 - 2 S 184/93, Rpfleger 1994, 224; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., Vor § 535 Rz. 206; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 566a Rz. 24; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Teil B, Rz. 115 f.; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 152, Anm. 9.14.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der hieran geübten Kritik von Teilen des Schrifttums (Erckens/Tetzlaff, ZfIR 2003, 981; Alff/Hintzen, Rpfleger 2003, 635; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rz. 496; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 155 Rz. 10 f.; Walke, WuM 2004, 185; vgl. aber auch zustimmend Eckert in Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 1429 f.; Berger, LMK 2003, 203) fest.
1. Nach § 152 Abs. 2 ZVG ist ein Mietvertrag auch dem Zwangsverwalter ggü. wirksam, wenn das Grundstück - wie hier - vor der Beschlagnahme einem Mieter überlassen worden ist.
a) Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass eine Pflicht des Zwangsverwalters zur Rückzahlung einer Kaution an den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses davon abhängt, ob der Vermieter die Kaution dem Zwangsverwalter übergeben hat oder nicht. Hat der Zwangsverwalter die Kaution vom Zwangsverwaltungsschuldner erhalten, ist er - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - nach allgemeiner Ansicht gem. § 152 ZVG zur Rückzahlung der Kaution an den Mieter verpflichtet (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 152, Anm. 9.14.; Alff/Hintzen, Rpfleger 2002, 217 [218]). Anhaltspunkte dafür, dass diese Verpflichtung die tatsächliche Auskehrung der Kaution an den Zwangsverwalter voraussetzt, sind aus der Bestimmung des § 152 Abs. 2 ZVG nicht ersichtlich.
b) Zwar ist die Vorschrift anders gefasst als die gesetzlichen Bestimmungen, die für den rechtsgeschäftlichen Erwerb des vermieteten Wohnraums gelten. In einem solchen Fall tritt der Erwerber nach § 566 Abs. 1 BGB in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten, zu denen nach § 566a BGB auch die aus der Kautionsabrede begründeten gehören, ein. Demgegenüber heißt es in § 152 Abs. 2 ZVG, dass der Mietvertrag "dem Verwalter gegenüber wirksam" ist. Jedoch kann die sprachliche Abweichung der Voraussetzungen nicht für oder gegen die Begründung einer Rückzahlungspflicht des Zwangsverwalters herangezogen werden. Die Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist mit dessen rechtsgeschäftlichem Erwerb nicht vergleichbar. Durch die Beschlagnahme nach § 148 Abs. 2 ZVG finden, anders als bei der Zwangsversteigerung, kein Eigentumswechsel und kein Rechtsübergang statt, sondern dem Eigentümer wird lediglich die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen. Der Zwangsverwalter handelt zwar in eigenem Namen, aber doch für Rechnung des Schuldners/Vermieters und hat dessen Rechte wahrzunehmen und Verpflichtungen zu erfüllen (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 11/03, BGHReport 2003, 1390 = MDR 2003, 1409 = NJW 2003, 3342, unter II 1). Damit ist - wie auch die Revisionserwiderung einräumt - der voneinander abweichende Wortlaut in beiden Vorschriften lediglich Ausdruck der nicht vergleichbaren Situation in der Zwangsverwaltung einerseits und beim rechtsgeschäftlichen Erwerb andererseits.
2. Die systematische Stellung des § 152 Abs. 2 ZVG ist für dessen Auslegung im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Zwar verweist § 146 Abs. 1 ZVG nur hinsichtlich der Anordnung der Zwangsverwaltung auf die entsprechenden Vorschriften der Zwangsversteigerung in §§ 15 bis 27 ZVG. § 57 ZVG, der seinerseits u.a. auf § 566a BGB Bezug nimmt, findet damit in der Zwangsverwaltung weder kraft gesetzlicher Verweisung noch im Wege der Analogie (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 11/03, BGHReport 2003, 1390 = MDR 2003, 1409 = NJW 2003, 3342, unter II 1 zu § 572 S. 2 BGB a.F.) entsprechende Anwendung. Jedoch kann daraus nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, in der Zwangsverwaltung setze ein Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution voraus, dass der Zwangsverwalter - anders als der Erwerber nach § 566a BGB - die Kaution auch tatsächlich vom Schuldner erhalten habe. Denn die Stellung des Zwangsverwalters kann nicht mit der des Erwerbers verglichen werden, so dass aus der Anordnung einer Rückzahlungspflicht in dem einen Fall (§ 566a BGB) nicht geschlossen werden kann, in dem anderen Fall (§ 152 Abs. 2 ZVG) sei mangels ausdrücklicher Bestimmung eine derartige Pflicht gerade nicht gegeben. Allerdings ist der Meinung, die in analoger Anwendung des § 572 S. 2 BGB a.F. eine Verpflichtung des Zwangsverwalters zur Zahlung des Kautionsbetrages abgelehnt hatte (LG Berlin NJW 1978, 1633; LG Mannheim NZM 2000, 656; Kinne, NZM 1998, 986 [990]; Kinne, GE 1999, 359 [363]; Reismann, MM 1998, 159 [162]), durch die neue Regelung des § 566a BGB die Grundlage entzogen.
3. Die Verpflichtung des Verwalters zur Rückzahlung einer Kaution, die dieser nicht vom Vermieter erhalten hat, ergibt sich aus seiner Stellung und den ihm nach § 152 ZVG obliegenden Aufgaben.
a) Grundsätzlich ist der Zwangsverwalter weder an die vom Schuldner abgeschlossenen Verträge gebunden noch verpflichtet, in solche Verträge einzutreten. Etwas anderes gilt nur für Miet- und Pachtverträge. Nach § 152 Abs. 2 ZVG hat er anstelle des Schuldners dessen Vermieterrechte zu verfolgen und seine Pflichten zu erfüllen, weil diese Aufgaben vom Schuldner auf Grund der Beschlagnahme nicht mehr wahrgenommen werden können, da ihm die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen ist (§ 148 Abs. 2 ZVG). Dabei handelt es sich, wie bereits unter 1b ausgeführt, nicht um einen Rechtsübergang, sondern lediglich um eine Änderung der Verwaltungsbefugnis (Börstinghaus, NZM 2004, 481 [489]).
b) Der Zwangsverwalter wird in allen Fällen, in denen Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis berührt sind, wie ein Vermieter behandelt. Der zuvor abgeschlossene Mietvertrag bindet den Zwangsverwalter mit seinem gesamten Vertragsinhalt (RGZ 142, 85 [89]; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VII A, Rz. 152).
(1) Daraus folgt zum einen, dass der Zwangsverwalter alle Rechte aus dem bestehenden Mietverhältnis geltend machen kann (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 152, Anm. 9.3.; Mohrbutter/Drischler/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, 7. Aufl., Bd. 2, Muster 154 Anm. 5 S. 884; Steiner/Riedel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 8. Aufl., § 152 Rz. 8). So kann und muss er die fälligen Mieten einziehen (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 6 ZwVerwV Rz. 2) und diese - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - erhöhen (Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rz. 491), eine Kündigung aussprechen (Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rz. 489) oder ausstehende Schönheitsreparaturen einfordern (Staudinger/Emmerich, BGB, 2003, § 566a Rz. 6; Kinne, NZM 1998, 986 [990]; Reismann, MM 1998, 159 [162]). Der Mieter seinerseits muss die Kündigung des Mietvertrages dem Zwangsverwalter und nicht dem Eigentümer ggü. erklären (Reismann, MM 1998, 159 [163]).
(2) Andererseits erfordert die Stellung des Zwangsverwalters, dass dieser auch in alle Pflichten des Vermieters aus dem Mietvertrag eintritt. Der Zwangsverwalter übernimmt die Pflicht zur Gebrauchsgewährung und -erhaltung (§ 535 Abs. 1 BGB) ggü. dem Mieter, denn der Schuldner ist nach Beschlagnahme zur Erfüllung dieser Pflicht nicht mehr imstande. Darüber hinaus ist ein Zwangsverwalter den Gewährleistungsrechten des Mieters ausgesetzt (Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rz. 497; Reismann, MM 1998, 159 [162]; Kinne, GE 1999, 359 [364]) und hat Vorauszahlungen für Betriebskosten abzurechnen und dem Mieter einen Überschuss zu erstatten (BGH, Urt. v. 26.3.2003 - VIII ZR 333/02, MDR 2003, 893 = BGHReport 2003, 780 = NJW 2003, 2320; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 6 ZwVerwV Rz. 19).
c) Grundsätzlich umfasst die Eintrittspflicht auch die bestehende Kautionsabrede (so auch Alff, Rpfleger 2002, 217 [218]). Dabei kann dahinstehen, ob die Verpflichtung zur Rückgabe der vom Mieter geleisteten Sicherheit aus dem Mietvertrag selbst oder aus der im Zusammenhang damit getroffenen und allein durch den Mietvertrag veranlassten Sicherungsabrede folgt (BGH v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160 [166] = MDR 1999, 988, m. Anm. Börstinghaus). Jedenfalls kann der Verwalter die Leistung einer vereinbarten, aber vom Mieter noch nicht gezahlten Kaution verlangen (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 152, Anm. 9.13.; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., Vor § 535 Rz. 205). Hat der Mieter hingegen die Kautionsabrede ggü. dem Vermieter erfüllt, so kann der Verwalter keine (nochmalige) Zahlung fordern, auch wenn der Vermieter die Kaution nicht dem Verwalter übergeben hat; der Mieter kann sich dem Verwalter ggü. auf die frühere Zahlung an den Vermieter berufen. Ist das Mietverhältnis beendet und stehen noch Ansprüche gegen den Mieter offen, für die die Kaution gegeben wurde, kann der Verwalter auf die Kaution zurückgreifen. Dann ist es aber auch gerechtfertigt, dass der Verwalter die Kautionszahlung an den Vermieter gegen sich gelten lassen muss, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Rückzahlung dieser Sicherheit begehrt. Dies entspricht einhelliger Meinung für die Fälle, in denen der Zwangsverwalter die Sicherheit von dem Schuldner erhalten hat. Dass von der Bindung des Zwangsverwalters an den Mietvertrag und an die Kautionsabrede allein die Pflicht zur Abrechnung und Rückzahlung der Kaution ausgenommen sein soll, wenn der Vermieter diese dem Zwangsverwalter nicht übergeben hat, findet im Gesetz keine Stütze und ist mit Sinn und Zweck des § 152 Abs. 2 ZVG nicht vereinbar.
d) Demgegenüber wird teilweise die Ansicht vertreten, der Zwangsverwalter trete bei einem bestehenden Mietverhältnis nicht vollständig in die Rechtsstellung des Vermieters ein, sondern nur insoweit, als hierdurch nicht Gläubigerinteressen berührt würden (Alff/Hintzen, Rpfleger 2003, 635 [636]; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 155 Rz. 10, 11). Eine solche Bevorzugung der Interessen der Gläubiger ggü. denen des Mieters ist weder auf Grund einer wertenden Betrachtung geboten (dazu nachstehend unter 4.) noch der gesetzlichen Bestimmung des § 152 Abs. 2 ZVG zu entnehmen. Es würde dem in § 152 ZVG beschriebenen Aufgabenkreis des Zwangsverwalters nicht gerecht werden, wenn dieser zwar alle Rechte, aber nicht alle Pflichten aus dem Mietvertrag und der damit zusammenhängenden Sicherungsabrede übernimmt.
Nach der gesetzlichen Wertung des § 152 Abs. 2 ZVG soll der Mieter nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass das vermietete Grundstück beschlagnahmt und die Zwangsverwaltung angeordnet wird. Eine Schlechterstellung wäre aber im Einzelfall gegeben, wenn - obwohl die Voraussetzungen der §§ 392, 1124, 1125 BGB vorlägen - der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses ggü. denjenigen Ansprüchen des Verwalters wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen, die nunmehr fällig geworden sind, oder einer entsprechenden anteiligen Abgeltungsforderung nicht mehr mit seinem gleichfalls fälligen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufrechnen und der Zwangsverwalter ihn wegen der Kaution an den Vermieter verweisen könnte.
4. Der Ansicht der Revisionserwiderung, die Interessen der das Verfahren betreibenden Gläubiger erforderten es, die Haftungsmasse nicht zu schmälern und den Zwangsverwalter entgegen § 152 Abs. 2 ZVG hinsichtlich der Rückzahlung der Kaution besser zu stellen als den Vermieter, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
a) Könnte der Zwangsverwalter die Rückzahlung der vom Vermieter einbehaltenen Kaution verweigern, käme dies zwar der Haftungsmasse und damit den das Verfahren betreibenden Gläubigern zugute. Dieses Ergebnis widerspräche jedoch den Mieterinteressen, denen in § 152 Abs. 2 ZVG ein besonderes Gewicht verliehen wird. Die Sonderstellung des Mieters kommt darin zum Ausdruck, dass der Zwangsverwalter im Gegensatz zu allen anderen Verträgen, die der Schuldner zuvor abgeschlossen hat, an einen Mietvertrag gebunden bleibt. Diese Besserstellung des Mieters ist vom Gesetzgeber so gewollt (BGH, Urt. v. 16.7.2003 - VIII ZR 11/03, BGHReport 2003, 1390 = MDR 2003, 1409, unter II 2b; OLG Hamburg ZMR 2002, 194 [195 f.]; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VII A, Rz. 151 f.; a.A. Erckens/Tetzlaff, ZfIR 2003, 981 [983]). Sie findet ihre Rechtfertigung darin, dass andererseits auch nur der Mieter nach Anordnung der Zwangsverwaltung aus einem zuvor abgeschlossenen Vertrag verpflichtet bleibt und den Vertrag in vollem Umfang weiterhin zu erfüllen hat. Im Unterschied zu den übrigen am Verfahren Beteiligten ist nur der Mieter vertraglich gebunden. Dies liegt letztlich im Interesse der Gläubiger. Der Fortbestand der Mietverträge und die daraus zu erzielenden Mieteinnahmen sind in vielen Fällen Grundlage dafür, dass eine Zwangsverwaltung überhaupt wirtschaftlich sinnvoll und eine Befriedigung der Gläubiger aus der durch die Mieteinnahmen entstehenden Haftungsmasse möglich ist.
b) Ohne entscheidende Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das vorgebrachte Argument, der Zwangsverwalter sei ggü. den Gläubigern verpflichtet, den möglichst ungeschmälerten Erhalt der Haftungsmasse zu gewährleisten (Alff/Hintzen, Rpfleger 2003, 635 [636]). Hierbei wird übersehen, dass der Zwangsverwalter nicht allein im Interesse der Gläubiger tätig wird (so aber anscheinend Erckens/Tetzlaff, ZfIR 2003, 981 [983]), sondern sich seine Pflichten in erster Linie aus § 152 ZVG ergeben. Nach den obigen Ausführungen ist die den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse von vornherein mit dem aufschiebend bedingten Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses belastet. Als Ausgleich dazu hat der Zwangsverwalter seinerseits einen Anspruch gegen den Schuldner auf Auskehrung der Kaution (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 152 Anm. 9.13.), den er im Interesse der Gläubiger ggf. auch geltend zu machen hat. Übergibt der Vermieter daraufhin dem Verwalter die Kaution, steht diese zur Sicherung der Ansprüche gegen den Mieter zur Verfügung. Kann der Verwalter seine Forderung gegen den Vermieter nicht durchsetzen, wird die Haftungsmasse bei Rückzahlung der Kaution an den Mieter zwar geschmälert. Dies stellt jedoch keine Besonderheit des vorliegenden Falles dar. Vielmehr geht es auch stets zu Lasten der Haftungsmasse, wenn der Verwalter offene Forderungen gegen Dritte nicht einziehen kann. Hingegen dürfen die Rechte des Mieters nicht von dem Umstand abhängen, ob der Zwangsverwalter den Anspruch gegen den Vermieter auf Aushändigung der Kaution geltend gemacht hat und ob der Vermieter seiner nach § 551 Abs. 3 BGB zwingenden Verpflichtung zur Sicherung des Kautionsbetrages nachgekommen ist.
c) Eine Einschränkung der Eintritts- und Erfüllungspflicht des Zwangsverwalters ist auch nicht mit Rücksicht auf die §§ 392, 1124 Abs. 2, 1125 BGB geboten. Diese Vorschriften geben keine Antwort auf die Frage, ob der Zwangsverwalter für die Rückgewähr der Kaution haftet, wenn er die Kaution nicht erhalten hat; denn sie greifen auch dann ein, wenn dem Zwangsverwalter die Kaution ausgehändigt worden ist. Daraus ergibt sich, dass Zweck der §§ 392, 1124 Abs. 2, 1125 BGB lediglich der Erhalt der Haftungsmasse ist, diese Vorschriften aber nicht den Umfang der Erfüllungspflicht des Zwangsverwalters ggü. dem Mieter regeln (OLG Hamburg ZMR 2002, 194; Belz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VII A, Rz. 151 f.).
5. Schließlich überzeugt die Ansicht des Beklagten nicht, ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der Kaution könne im vorliegenden Fall schon deshalb nicht bestehen, da ein solcher Anspruch bei den Regeln über die Verwendung und Verteilung der Einnahmen in §§ 155 ZVG, 9 ZwVerwV nicht vorgesehen sei (so aber Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 2. Aufl., Rz. 496; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl., § 155 Rz. 14). Ausgaben der Verwaltung i.S.d. § 155 Abs. 1 ZVG sind sämtliche Verwaltungskosten, die der Zwangsverwalter aufbringen muss, um seine Verpflichtungen nach § 152 ZVG zu erfüllen (Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 155, Anm. 4.2.; Steiner/Riedel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 8. Aufl., § 155 Rz. 3). Nach den obigen Ausführungen unter 3. ergibt sich die Verpflichtung des Verwalters zur Rückzahlung der Kaution aus § 152 ZVG. Die Auskehrung der Kaution an den Mieter ist damit als Ausgabe der Verwaltung nach § 155 Abs. 1 ZVG vorweg zu bestreiten.
Fundstellen
Haufe-Index 1375050 |
DB 2005, 2353 |
NJW 2005, 2926 |
NWB 2005, 3197 |
BGHR 2005, 1174 |
DWW 2005, 388 |
NJW-RR 2005, 1029 |
NZM 2005, 596 |
ZAP 2005, 999 |
ZMR 2005, 603 |
InVo 2005, 378 |
MDR 2005, 980 |
Rpfleger 2005, 460 |
WuM 2005, 460 |
Info M 2006, 65 |
RdW 2005, 546 |
MK 2005, 138 |