Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. Dezember 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Mit notariellem Vertrag vom 28. August 1997 verkaufte die Klägerin dem Beklagten verschiedene unbebaute Flächen in einer Gesamtgröße von ca. 5.060 qm. Der Kaufpreis von 185.000 DM war am 30. November 1997 fällig. Der Beklagte, der als Architekt auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück schon einen ALDI-Markt mit einer Verkaufsfläche von ca. 600 qm geplant und errichtet hatte, beabsichtigte den Bau eines Verbrauchermarktes auf den Kaufflächen. In § 8 Nr. 1 des Vertrages heißt es:
„Die Verkäuferin räumt dem Käufer ein Rücktrittsrecht von diesem Vertrage bis zum 30. November 1997 unter der Voraussetzung ein, daß bis zu diesem Zeitpunkt noch kein positiver Bauvorbescheid zu dem geplanten Bauvorhaben (Errichtung einer Betriebsstätte für einen Verbrauchermarkt) vorliegt.”
Mit Schreiben vom 2. September 1997 stellte der Beklagte bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für den „Neubau eines Geschäftshauses, Lebensmittelmarkt, Getränkemarkt, Back-Shop, Blumen, Reinigung, Foto”. Aus einem dem Antrag beigefügten Vorentwurfgrundriß ging hervor, daß die Verkaufsfläche des geplanten Lebensmittelmarktes 800 qm und die des Getränkemarktes 400 qm betragen sollte und eine Anbindung des Grundstücks an die vorbeiführende Landesstraße über zwei Straßen geplant war. Mit Bauvorbescheid vom 21. November 1997 wurde die Baugenehmigung für den beantragten Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 800 qm „unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt, daß bei einer noch durchzuführenden raumordnerischen Beurteilung keine Bedenken seitens der beteiligten Träger öffentlicher Belange vorgetragen” und mehrere im einzelnen aufgeführte Auflagen erfüllt werden. Weiter war in dem Bescheid bestimmt, daß die Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes ohne raumordnerische Beurteilung 700 qm nicht überschreiten dürfe und die Erschließung der für das geplante Bauvorhaben vorgesehenen Einstellplätze ausschließlich über die vorhandene Zufahrt des ALDI-Marktes zu erfolgen habe.
Mit Schreiben vom 27. November 1997 erklärte der Beklagte den Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag mit der Begründung, daß der ihm erteilte Bauvorbescheid die Errichtung einer Betriebsstätte für den geplanten Verbrauchermarkt nicht zulasse.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung des Kaufpreises zuzüglich zuletzt 6,75 % Zinsen. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hält den von der Klägerin geltend gemachten Kaufpreisanspruch für begründet, weil dem Beklagten kein Rücktrittsrecht zustehe. Zwar sei bis zum 30. November 1997 kein positiver Bauvorbescheid für das vom Beklagten geplante Bauvorhaben erteilt worden. Aber der Beklagte habe den Eintritt dieser Bedingung für das Rücktrittsrecht entgegen Treu und Glauben herbeigeführt, so daß nach § 162 Abs. 2 BGB der Eintritt der Bedingung als nicht erfolgt gelte.
II.
Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Fehlerhaft ist bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach die in § 8 Nr. 1 des Vertrages vereinbarte Rücktrittsvoraussetzung, daß kein positiver Bauvorbescheid erteilt sei, vorliege. Denn die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hat es nicht getroffen. Es hat insbesondere nicht festgestellt, daß die Bauvoranfrage sich überhaupt auf das „geplante” Bauvorhaben im Sinne des Vertrages bezogen hat. Nur in diesem Fall läge nämlich ein negativer Bauvorbescheid vor. Hätte er dagegen nicht das geplante, sondern ein anderes Bauvorhaben zum Gegenstand, wäre für das geplante Bauvorhaben ein Bescheid überhaupt nicht erteilt worden. Das Berufungsgericht hätte also erst einmal ermitteln müssen, was im Sinne der Klausel als „geplantes Bauvorhaben” anzusehen ist. Ging es den Parteien darum, ob der Beklagte auf dem Grundstück überhaupt einen Verbrauchermarkt errichten darf, wäre kein negativer, sondern ein positiver Bauvorbescheid ergangen. Sollte der Beklagte dagegen nur dann verpflichtet bleiben, wenn er das konkret geplante und zum Inhalt der Bauvoranfrage vom 2. September 1997 gemachte Bauvorhaben auch verwirklichen konnte, läge ein negativer Bauvorbescheid vor. Ob das eine oder andere gemeint war, hängt davon ab, was die Parteien mit der fraglichen Rücktrittsklausel zum Ausdruck bringen wollten.
Soweit das Berufungsgericht bei seinen Überlegungen zu § 162 Abs. 2 BGB die Klausel dahin versteht, daß der Beklagte nur dann zurücktreten durfte, wenn „eine auf die Errichtung eines den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Verbrauchermarktes gerichtete Bauvoranfrage” negativ beschieden würde, läßt diese Auslegung sowohl den Wortlaut der Vereinbarung als auch die Interessenlage der Parteien außer acht. Da die Parteien die Rücktrittsberechtigung von der Genehmigung des „geplanten” Bauvorhabens abhängig gemacht haben, ist nach dem objektiven Erklärungswert der Inhalt der Planung für die Befugnis zum Rücktritt ohne Bedeutung. Außerdem läuft die Auslegung darauf hinaus, daß sich die Klausel als sinnlos erweist. Denn wenn das Bauvorhaben ohnehin den örtlichen Verhältnissen entsprechen mußte, war es planungsrechtlich unbedenklich; damit konnte das vereinbarte Rücktrittsrecht nicht entstehen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber anzunehmen, daß eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben soll; deshalb ist bei mehreren an sich möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (BGH, Urt. v. 18. Mai 1998, II ZR 19/97, WM 1998, 1535). Deswegen liegt die Annahme nahe, daß mit dem „geplanten” Bauvorhaben auf ein bestimmtes Bauvorhaben abgestellt werden sollte, so daß es nur noch darauf ankommt, ob damit pauschal die „Errichtung einer Betriebsstätte für einen Verbrauchermarkt” oder konkret das fünf Tage nach Vertragsschluß zum Inhalt der Bauvoranfrage gemachte Bauvorhaben gemeint war.
2. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht ferner an, der Beklagte habe den Bedingungseintritt für das Rücktrittsrecht entgegen Treu und Glauben herbeigeführt (§ 162 Abs. 2 BGB). Auch hierzu fehlen die erforderlichen Feststellungen.
a) An der Anwendbarkeit der Vorschrift bestehen allerdings keine Zweifel. Bei der Regelung in § 8 Nr. 1 des Kaufvertrages handelt es sich um eine rechtsgeschäftlich gesetzte Bedingung, für die § 162 BGB gilt. Selbst wenn der Erlaß eines Bauvorbescheids als Vorstufe der Baugenehmigung ein gesetzliches Erfordernis für die Durchführung des Bauvorhabens darstellt, wird die Vertragsklausel nicht zur Rechtsbedingung, für die der Rechtsgedanke des § 162 BGB nur ausnahmsweise gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) herangezogen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 25. September 1996, VIII ZR 172/95, NJW 1996, 3338, 3340).
b) Treuwidrig im Sinne des § 162 Abs. 2 BGB handelt, wer in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Art und Weise Einfluß auf den Kausalverlauf nimmt, indem er bewußt pflichtwidrig in den Gang der Bedingung eingreift und damit den Bedingungseintritt treuwidrig herbeiführt (vgl. BGH, Urt. v. 13. Februar 1989, II ZR 110/88, NJW-RR 1989, 802). Ein solches Verhalten kann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden. Der Vortrag der Parteien gibt nichts her für die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte hätte eine Bauvoranfrage für ein Bauvorhaben gestellt, welches sich wegen der geplanten Größe des Lebensmittelmarktes nicht in die nähere Umgebung einfügte, und es sei für den Beklagten voraussehbar gewesen, daß deshalb das geplante Bauvorhaben nicht ohne weiteres genehmigt werden würde. Die allgemeine Sachkunde des Beklagten, die er als Architekt besitzt, sowie seine spezielle Kenntnis von dem Baugebiet rechtfertigen diese Auffassung nicht. Denn das geplante Bauvorhaben wurde nicht generell abgelehnt; vielmehr wurde die Erteilung der Baugenehmigung unter einer Bedingung und mit einer Auflage in Aussicht gestellt. Somit war die Bauvoranfrage nicht von vornherein aussichtslos. Ein treuwidriges Verhalten könnte dem Beklagten nur dann vorgehalten werden, wenn er gar keine oder schuldhaft eine Bauvoranfrage mit einer von vornherein nicht genehmigungsfähigen Planung gestellt hätte. Dies hat er jedoch nicht getan.
3. Mit Erfolg rügt die Revision schließlich, daß das Berufungsgerichts der Klägerin einen Anspruch auf 6,75 % Zinsen zugesprochen hat. Ein entsprechender Antrag wurde von ihr in der Berufungsinstanz nicht wirksam gestellt. Sie hätte ihren gegenüber der ersten Instanz erhöhten Zinsanspruch im Wege der Anschlußberufung geltend machen müssen. Dies hat die Klägerin nicht getan.
Die Einlegung der Anschlußberufung geschieht durch einen von dem Prozeßbevollmächtigten des Berufungsbeklagten unterzeichneten bestimmenden Schriftsatz; die in der mündlichen Verhandlung abgegebene und dort protokollierte Erklärung, es werde Anschlußberufung eingelegt, genügt nicht (vgl. BGHZ 33, 169, 173; BGH, Urt. v. 29. September 1992, VI ZR 234/91, NJW 1993, 269, 270). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Einlegung der Anschlußberufung zuvor in einem Schriftsatz vorbehalten war (vgl. BGHZ, aaO, S. 174). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 6,75 % Zinsen erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beantragt. Dabei hat sie nicht einmal zum Ausdruck gebracht, Anschlußberufung einlegen zu wollen. Deshalb kommt es auf die auch vertretene Auffassung, die Anschlußberufung könne in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Berufungsgerichts eingelegt werden (BSGE 28, 31; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, § 522 a Rdn. 5), nicht an.
III.
Nach allem hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Es ist deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es muß aufgeklärt werden, was die Parteien in der Rücktrittsklausel unter dem „geplanten Bauvorhaben” verstanden haben.
Unterschriften
Wenzel, Lambert-Lang, Tropf, Schneider, Lemke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.01.2000 durch Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen