Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer Geschäftsnachfolgeklausel in einem Bierlieferungsvertrag.
Normenkette
BGB § 415; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Düsseldorf |
OLG Düsseldorf |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilversäumnisurteil und Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Mai 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Brauerei, gewährte dem (früheren) Beklagten zu 1 und dem Beklagten zu 2 gemäß Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag vom 8. Dezember 1993 ein mit jährlich 9 % zu verzinsendes Darlehen von 46.067,28 DM für die von ihnen betriebene Gaststätte in R., das mit bestehenden Verbindlichkeiten aus dem früher bestehenden Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag vom 5. Oktober 1989 verrechnet wurde und in monatlichen Raten von 913,43 DM zurückzuzahlen war. Als Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens verpflichteten sich die Beklagten gemäß § 2 des Vertrages vom 8. Dezember 1993, ab 1. November 1993 bis zur Abnahme von 900 hl Faßbier, längstens jedoch auf die Dauer von sechs Jahren, den gesamten Bier- und Flaschenbierbedarf von der Klägerin zu beziehen.
Weiter war in dem Vertrag bestimmt:
„§ 4 – Rechts- oder Geschäftsnachfolge
Darlehensnehmer wird der Brauerei von einer beabsichtigten Veräußerung oder sonstigen Überlassung der Absatzstätte oder der Räume an eine andere Person schriftlich Kenntnis geben.
Überläßt der Darlehensnehmer die Absatzstätte oder die Räume durch Veräußerung, Vermietung, Verpachtung, Verzicht auf den Nutzungsvertrag oder in sonstiger Weise Dritten (Geschäfts- oder Rechtsnachfolger), so hat er der Brauerei dies anzuzeigen und den Geschäftsnachfolgern seine Bezugsverpflichtung aus § 2 des vorliegenden Vertrages in der Weise schriftlich aufzuerlegen, daß die Brauerei berechtigt ist, von ihnen unmittelbare Erfüllung zu verlangen. Der Rechts- bzw. Geschäftsnachfolger ist über das ihm nach dem Verbraucherkreditgesetz zustehende Widerrufsrecht zu belehren. …
§ 5 – Pauschalierter Schadensersatz/Kündigung
Der Brauerei soll das Recht zustehen, für jeden hl Bier, den der Darlehensnehmer pflichtwidrig nicht in ihren bzw. von ihr vertriebenen Erzeugnissen auf dem von ihr angegebenen Weg bezieht, – vorbehaltlich des Nachweises eines geringeren Schadens durch den Darlehensnehmer – die sofortige Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe von DM 80 mit der Maßgabe vom Darlehensnehmer zu verlangen, daß der pauschalierte Schadensersatzanspruch für die ganze noch nicht bezogene Menge fällig ist, sobald der Genannte trotz schriftlicher Abmahnung seitens der Brauerei den Fremdbezug fortsetzt oder den Bezug von Bieren der Brauerei einstellt oder die Räume einem Dritten ohne vertragsgemäße Auferlegung der Bezugsverpflichtung überläßt oder die Räume nicht mehr zum Betrieb einer Gaststätte genutzt werden oder deren Charakter verändert wird. … Die Brauerei ist ferner unbeschadet anderweitiger gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten berechtigt, die vollständige oder teilweise (siehe § 2 Abs. 4) Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen zu verlangen, wenn
- der Darlehensnehmer gegen die in diesem Vertrag festgelegten Verpflichtungen nach Abmahnung verstößt,
- der als Grundlage für die Darlehensgewährung angenommen Bierumsatz in der Absatzstätte unter 25,5 hl Faßbier im Kalendervierteljahr sinkt”.
Im Mai 1996 übersandte der Beklagte zu 1 der Klägerin eine schriftliche Vereinbarung vom 2. Mai 1996, wonach I. D. (in Zukunft: D.) ab 1. April 1996 alle Rechte und Pflichten des Beklagten zu 1 bezüglich der Gaststätte übernommen habe. Ausdrücklich erwähnt wurde dabei die Übernahmeverpflichtung hinsichtlich des den Parteien gewährten Darlehens sowie der Getränkeabnahme; ob die der Klägerin überlassene Vereinbarung auch von D. unterschrieben war, ist streitig. In der Folgezeit fanden zwischen einem Vertreter der Klägerin, dem früheren Beklagten zu 1 und D. Besprechungen statt, in deren Verlauf die Klägerin einen Vertragsentwurf vom 17. Mai 1996 vorlegte, nach welchem D. in den Vertrag vom 8. Dezember 1993 im Wege der Schuldmitübernahme eintreten und sich neben beiden Beklagten zur Rückzahlung des Restdarlehens und zur Getränkeabnahme verpflichten sollte. Dieser Vertragsentwurf wurde weder von den Beklagten noch von D. unterschrieben.
Mit Schreiben vom 8. August 1996 kündigte die Klägerin den Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag gegenüber den Beklagten fristlos mit der Begründung, diese seien ihrer Verpflichtung, die Bezugsverpflichtung an ihren Nachfolger weiterzugeben, nicht nachgekommen. Gleichzeitig verlangte sie die Zahlung ausstehender Darlehensvaluta von 25.405,60 DM sowie Schadensersatz wegen einer nicht abgenommenen Biermenge von 650 hl in Höhe von 52.000 DM. Die Gaststätte wurde von D. lediglich bis Anfang September 1996 betrieben.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagten zunächst auf Zahlung von 77.405,60 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen; nach Verwertung der ihr sicherungsübereigneten Thekenanlage hat sie sodann den Rechtsstreit in Höhe von 11.500 DM für erledigt erklärt. Das Landgericht hat – unter Abweisung eines Teils der Zinsforderung – der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht durch Teilversäumnisurteil zurückgewiesen. Die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage hat es abgewiesen.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Klageantrag weiter. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht, zu dem der Beklagte zu 2 ordnungsgemäß geladen war, ist für diesen niemand erschienen.
Entscheidungsgründe
I. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag vom 8. Dezember 1993 verstoße zwar entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2 nicht gegen die guten Sitten. Der Beklagte zu 2 schulde jedoch weder die Rückzahlung des restlichen Darlehensbetrages noch die Zahlung einer Schadenspauschale, weil die Klägerin die Übernahme der vertraglichen Verpflichtung durch D. treuwidrig verhindert habe. Die Klägerin habe gewußt, daß der Übernahmevertrag vom 2. Mai 1996 auch die Rechte und Pflichten des Beklagten zu 2 habe betreffen sollen. Es sei unstreitig, daß D. bereit gewesen sei, die Bezugsverpflichtung in der Weise zu übernehmen, daß die Klägerin von ihm unmittelbar Erfüllung habe verlangen können. Zwar habe die Klägerin die Möglichkeit gehabt, die in § 4 des Darlehens- und Getränkelieferungsvertrages geregelte Schuldübernahme zu genehmigen oder die Genehmigung abzulehnen (§ 415 BGB). Die Verweigerung der Genehmigung durch die Klägerin sei hier aber treuwidrig gewesen, weil sie ohne berechtigten Grund erfolgt sei. Sie habe die Genehmigung verweigert, weil die Haftung der Beklagten neben derjenigen des neuen Betreibers der Gaststätte habe bestehen bleiben sollen; ein Anspruch hierauf ergebe sich jedoch aus dem Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag nicht. Der Vertrag sehe in § 4 gerade eine Rechts- und Geschäftsnachfolge unter Übernahme der Bezugsverpflichtung und nicht nur die zusätzliche Eintrittsmöglichkeit eines Dritten in das bestehende Vertragsverhältnis und die Pflichten aus der Bezugsvereinbarung vor. Wirtschaftlich sei die Klägerin zudem durch die Sicherungsübereignung des Inventars gesichert gewesen; Bedenken gegen D., dessen Zahlungsfähigkeit und Zahlungswillen habe die Klägerin nicht gehabt. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, die Genehmigung nicht zu erteilen. Dies gelte auch insoweit, als D. zugleich die Darlehensschuld habe übernehmen sollen. Im Hinblick darauf, daß die Bezugsverpflichtung und Darlehensgewährung eine wirtschaftliche Einheit bildeten und vertraglich ausdrücklich die Möglichkeit einer Rechtsnachfolge und Übertragung der Bezugsverpflichtung eingeräumt worden sei, entspreche es Treu und Glauben, daß auch eine Übernahme der Darlehensschuld nicht ohne Grund habe verweigert werden dürfen.
Da die grundlose Verweigerung der Genehmigung der Übernahme der Darlehens- und Bezugsverpflichtung eine Verletzung der vertraglichen Pflichten der Klägerin gegenüber den Beklagten darstelle, könne der Beklagte zu 2 sowohl dem Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens als auch dem Schadensersatzbegehren der Klägerin entgegenhalten, daß ihm die Klägerin die Zahlungen unverzüglich wieder erstatten müsse.
II. Das angefochtene Urteil hält, soweit es die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage abgewiesen hat, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Hierüber war durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte zu 2 trotz rechtzeitiger Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten war; das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis des Beklagten zu 2, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 81 f).
1. Das Berufungsgericht legt § 4 des Darlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 8. Dezember 1993 dahin aus, daß die Beklagten berechtigt gewesen seien, ihre Bezugspflicht sowie die Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens im Wege einer (befreienden) Schuldübernahme gemäß § 415 BGB auf einen Rechts- und Geschäftsnachfolger zu übertragen, und die Klägerin diese Schuldübernahme nicht ohne berechtigten Grund habe verweigern dürfen.
Diese Auslegung, die der Senat in vollem Umfang nachprüfen kann, da es sich bei den fraglichen Vertragsbestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, deren Anwendungsbereich – wovon ausgegangen werden muß – über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausreicht (BGHZ 98, 256, 258; 134, 42, 45; BGH, Urteil vom 30. Mai 1979 – VIII ZR 232/78, NJW 1979, 2199 unter II 1 a, jew. m.w.Nachw.), ist rechtsfehlerhaft.
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach objektiven Maßstäben, das heißt nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften dieser Art normalerweise beteiligten Kreise auszulegen (st.Rspr., vgl. BGHZ 102, 384, 389 f; BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 – IX ZR 24/92, WM 1992, 1444 unter II 2 b; BGH, Urteil vom 15. April 1998 – VIII ZR 377/96, WM 1998, 1587 unter II 2 b bb, jew. m.w.Nachw.).
b) Im Streitfall kann offenbleiben, ob, wie das Berufungsgericht meint, durch § 4 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 den Beklagten die Möglichkeit eingeräumt wurde, ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag dem Geschäftsnachfolger im Wege der befreienden Schuldübernahme gemäß § 415 BGB aufzuerlegen, oder ob nach der vorgenannten Klausel, wie sie von der Revision verstanden wird, die Vertragsverpflichtungen lediglich durch eine kumulative Schuldübernahme übertragen werden durften; daneben kommt als weitere, besonders naheliegende Möglichkeit hinsichtlich des Getränkelieferungsvertrages eine Vertragsübernahme in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1992 – VIII ZR 99/91, WM 1993, 114 unter II 1 a m.w.Nachw.). Jedenfalls ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts § 4 des Vertrages ein Recht des Schuldners, sich der Darlehensverpflichtung im Zuge einer befreienden Schuldübernahme entledigen zu können, nicht zu entnehmen.
Wie die Revision zu Recht rügt, enthält § 4 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 schon nach seinem Wortlaut keine Regelung für eine Übertragung der Darlehensverbindlichkeit, die die Beklagten als frühere Gaststättenbetreiber übernommen hatten, auf einen Dritten. Es widerspricht auch dem erkennbaren Interesse der Klägerin, einer Übernahme der Darlehensschuld durch einen Geschäftsnachfolger bereits dann zustimmen zu müssen, wenn sie gegen diesen nichts vorbringen kann. Bei seiner Entscheidung, ob er die Schuldübernahme genehmigen soll, ist der Gläubiger im Hinblick auf die für ihn möglicherweise nachteiligen Folgen regelmäßig frei. Es ist daher von ihm auch nicht zu verlangen, die Zuverlässigkeit und Bonität des künftigen Vertragspartners überprüfen zu müssen. Mit Rücksicht auf mögliche Risiken einer befreienden Schuldübernahme kann es vom Darlehensgeber grundsätzlich nicht erwartet werden, daß er zugunsten seines bisherigen Vertragspartners auf dessen weitere Haftung verzichtet und einen ihm unbekannten Geschäftsnachfolger als künftigen Darlehensschuldner akzeptiert. Dem steht nicht entgegen, daß im vorliegenden Fall der Klägerin das Gaststätteninventar zur Sicherheit übereignet war. Im Regelfall kann von einer ausreichenden Absicherung des Darlehensgebers durch Sicherungsübereignung von Gaststätteninventar nicht ausgegangen werden. Dementsprechend erhielt die Klägerin durch den Verkauf der sicherungsübereigneten Thekenanlage am 4. Februar 1998 nur noch einen Erlös von 11.500 DM.
Beide Verpflichtungen können auch ohne Schwierigkeiten von verschiedenen Schuldnern erfüllt werden. Es ist anerkannt, daß eine Trennung der zunächst zusammengefaßten darlehens- und bezugsrechtlichen Teile eines Vertrages, wie ihn die Klägerin und die Beklagten am 8. Dezember 1993 geschlossen hatten, ohne weiteres möglich ist (Senatsurteil vom 21. Oktober 1992 aaO unter II 1 b cc bbb). Daran ändert entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Tatsache nichts, daß die Bezugsverpflichtung eine Gegenleistung für die Bereitstellung und Gewährung des Darlehens darstellt und beide Leistungen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Zwar bleibt dann weiterhin der bisherige Darlehensnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, während der Gaststättenübernehmer nunmehr die Bezugsverpflichtung einzuhalten hat. Auch ging die Vorstellung der Vertragspartner mit Sicherheit dahin, daß das gewährte Darlehen, das dem Erwerb von Gaststätteneinrichtungen diente, in erster Linie aus den Erträgnissen der Gaststätte getilgt werden sollte. Andererseits dient schon allein die Übertragung der Bezugsverpflichtung den Interessen des bisherigen Gaststätteninhabers. Durch das Recht zur Übertragung seiner Bezugsverpflichtung wird ihm zumindest die – sonst nicht vorhandene – Möglichkeit eingeräumt, die Absatzstätte zu veräußern oder an Dritte zu überlassen, diese mit der Bezugspflicht zu belasten und sich bei der Brauerei um eine völlige Entlassung aus seiner eigenen Bezugspflicht zu bemühen.
c) Die Klägerin war daher nicht verpflichtet, der ihr vorgelegten Vereinbarung vom 2. Mai 1996 zuzustimmen, weil diese eine befreiende Übernahme der bestehenden Darlehensverbindlichkeit der Beklagten durch den Nachfolger D. vorsah. Ob die vorgelegte Vereinbarung darüber hinaus auch nicht der vertraglich vereinbarten Schriftform sowie dem Formerfordernis des § 34 GWB a.F. (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1985 – KZR 4/85, NJW-RR 1986, 724 unter I 3 a) genügte, weil die beabsichtigte Übernahme der Pflichten des Beklagten zu 2 nicht geregelt war und die Unterschrift des D. – was das Berufungsgericht offengelassen hat – sowie die Belehrung über das diesem nach dem Verbraucherkreditgesetz zustehende Widerrufsrecht fehlten, kann damit offenbleiben.
2. Da die Beklagten trotz mehrfacher Aufforderung der Klägerin ihrer Verpflichtung, die Bezugsverpflichtung aus § 2 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 dem Betriebsnachfolger D. in einer Weise aufzuerlegen, welche die Übernahme der bestehenden Darlehensverpflichtung der Beklagten ausschloß, nicht nachgekommen sind, war die fristlose Kündigung des Vertrages vom 8. Dezember 1993 durch Schreiben der Klägerin vom 8. August 1996 gerechtfertigt.
Die Klägerin war an der fristlosen Kündigung des Vertrages vom 8. Dezember 1993 auch nicht dadurch gehindert, daß sie mit ihrem Vertragsentwurf vom 17. Mai 1996 auf einer Weiterhaftung der Beklagten für sämtliche Verbindlichkeiten aus dem Vertrag vom 8. Dezember 1993 bestand. Selbst wenn – was auch hier offenbleiben kann – die Bezugsverpflichtung nach § 4 des Vertrages dem Geschäftsnachfolger D. im Wege der befreienden Schuldübernahme auferlegt werden konnte, hatte die Klägerin das Recht, die Genehmigung einer solchen Schuldübernahme zu verweigern. Davon hat sie in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Wie sich aus dem Schreiben der Klägerin an den erstinstanzlichen Bevollmächtigten des Beklagten zu 1 vom 15. Oktober 1996 ergibt, hat die Klägerin einer Vertragsübernahme durch D. deshalb nicht zugestimmt, weil seit vielen Monaten aufgrund Minderbezugs nach § 5 Abs. 2 des Vertrages eine Kündigung des Darlehens möglich war, für deren Folgen dann D. hätte einstehen müssen. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen auf einer Fortdauer der Haftung der Beklagten bestand und sich nicht auf eine befreiende Schuldübernahme durch den ihr bisher unbekannten Geschäftsnachfolger D. einließ, stellte dies keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Der Kündigungserklärung der Klägerin steht schließlich nicht entgegen, daß die nach § 5 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 vorgeschriebene schriftliche Abmahnung nicht erfolgt ist. Da die Beklagten im Rahmen der geführten Verhandlungen es endgültig abgelehnt hatten, die Bezugsverpflichtung unter Fortbestand der eigenen Haftung für die Darlehensschuld auf den Geschäftsnachfolger D. zu übertragen, wäre eine nochmalige schriftliche Abmahnung sinnlos gewesen.
3. Nach fristloser Kündigung des Darlehens- und Getränkelieferungsvertrages vom 8. Dezember 1993 ist der Beklagte zu 2 daher verpflichtet, sowohl den restlichen Darlehensbetrag sowie gegebenenfalls den pauschalierten Schadensersatz gemäß § 5 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 zu zahlen. Nachdem das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – zu diesen Ansprüchen keine weiteren Feststellungen getroffen hat, ist dem Revisionsgericht eine eigene Sachentscheidung verwehrt.
a) Zwar ist der restliche Darlehensbetrag, den die Klägerin mit 25.405,60 DM berechnet hat, unbestritten geblieben. In Höhe des durch die Verwertung der Thekenanlage erzielten Erlöses von 11.500 DM ist der Rechtsstreit insoweit, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, in der Hauptsache erledigt. Da der Beklagte zu 1, auf dessen Ausführungen sich der Beklagte zu 2 bezogen hat, in seiner Berufungsbegründung vom 24. November 1998 den vereinbarten Kaufpreis jedoch als unangemessen bezeichnet, somit eine Vertragsverletzung der Klägerin geltend gemacht hat, hierfür Sachverständigenbeweis angeboten sowie die Gutschrift eines weiteren Betrages von 3.250 DM wegen Entfernung von Tischen und Stühlen aus dem Ladenlokal beansprucht hat, ist diesem Vorbringen in der Berufungsinstanz nachzugehen.
b) Soweit die Klägerin weiter gemäß § 5 des Vertrages vom 8. Dezember 1993 pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 52.000 DM (650 hl x 80 DM) verlangt, ist der Rechtsstreit ebenfalls nicht zur Entscheidung reif. Zwar hält die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG stand, da sie dem Gaststättenbetreiber den Nachweis eines geringeren Schadens offenhält (§ 11 Nr. 5 b AGBG i.V.m. § 9 AGBG) sowie ein pflichtwidriges Verhalten voraussetzt, d.h. verschuldensabhängig gestaltet ist (vgl. Paulusch, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 9. Aufl., Rdn. 302 m.w.Nachw.). Daß die vereinbarte Absatzmenge von 900 hl Faßbier, begrenzt auf die Dauer von höchstens sechs Jahren, überhöht wäre, ist von den Beklagten nicht mehr behauptet worden; die Absatzmenge entspricht vielmehr der bereits in § 7 Nr. 2 des früheren Darlehens- und Bierlieferungsvertrages vom 5. Oktober 1989 vereinbarten Hektoliterzahl von halbjährlich wenigstens 75 hl. Der Beklagte zu 2 hat jedoch auch hier unter Bezugnahme auf die Berufungsbegründung des Beklagten zu 1 vorgebracht, die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten pauschalierten Schadensersatzes stehe in keinem Verhältnis zu einem etwaigen, der Klägerin tatsächlich entstandenen Schaden. Demgegenüber hat die Klägerin unter Antritt von Sachverständigenbeweis vorgetragen, daß die Differenz zwischen dem Vertrags- und Herstellerpreis unter Ansatz nur der variablen Kosten bei der Bierherstellung schon im Jahre 1993 und auch in der Folgezeit weit über 80 DM je Hektoliter gelegen habe. Diesem Beweisantrag der Klägerin dafür, daß die Pauschalierung sich im Rahmen des gewöhnlich zu erwartenden Schadens halte, ist daher ebenfalls noch nachzugehen (vgl. BGHZ 67, 312, 319; BGH, Urteil vom 3. November 1999 – VIII ZR 35/99, NJW-RR 2000, 719 unter II 2; MünchKomm-Basedow, 3. Aufl., § 11 Nr. 5 AGBG Rdnr. 67; Paulusch aaO Rdnr. 298).
III. Die Sache war danach im Umfang der Aufhebung zur weiteren Aufklärung zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Aufzuheben war dabei auch die im angefochtenen Urteil hinsichtlich des Beklagten zu 1 getroffene Kostenentscheidung, da über die Kosten des Rechtsstreits grundsätzlich einheitlich zu entscheiden ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 100 Rdnr. 2; Musielak/Wolst, ZPO, 2. Aufl., § 100 Rdnr. 11).
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers, Dr. Wolst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 15.11.2000 durch Zöller, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 519162 |
BGHR 2001, 147 |
NJW-RR 2001, 987 |
EWiR 2001, 309 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 1028 |
MDR 2001, 380 |