Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichartige Versorgungsverhältnisse nach § 2 Abs. 2 S. 2 AVBFernwärmeV. Keine gerichtliche Billigkeitskontrolle bezüglich der Ausgangspreise
Leitsatz (amtlich)
a) Als "gleichartige Versorgungsverhältnisse" i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV kommen in erster Linie die von dem Fernwärmeversorger in dem Versorgungsgebiet geschlossenen Fernwärmelieferungsverträge mit anderen Endabnehmern in Betracht (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, WuM 2006, 207).
b) Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV bestimmte Preise für die Lieferung von Fernwärme unterliegen nicht der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB.
Normenkette
AVBFernwärmeV § 2 Abs. 2 S. 2; BGB § 315 Abs. 3
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 02.09.2011; Aktenzeichen 6 U 151/10) |
LG Berlin (Entscheidung vom 21.10.2010; Aktenzeichen 20 O 248/07) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des KG vom 2.9.2011 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung von gelieferter Fernwärme.
Rz. 2
Der Beklagte erwarb aufgrund Kaufvertrags vom 17. April/31.5.2001 von der G. GmbH (im Folgenden: die Verkäuferin) die zum damaligen Zeitpunkt noch zu errichtende Eigentumswohnung Nr. im sog. Sch. V. in B. . In seinem Kaufangebot vom 17.4.2001 hatte er sich dazu verpflichtet, mit der G. GmbH oder einem anderen Unternehmen der G. einen Wärmelieferungsvertrag für die zu erwerbende Immobilie abzuschließen. Die Verkäuferin hatte bereits unter dem 26.11.2000 mit der Klägerin einen Wärmelieferungs- und Projektrealisierungsvertrag geschlossen, wonach die Klägerin die Versorgung sämtlicher Wohneinheiten des zukünftigen Sch. V. mit Heizwärme und Warmwasser im direkten Verhältnis mit den Erwerbern übernehmen sollte.
Rz. 3
Der Beklagte zog am 1.8.2002 in die Wohnung ein. Seit diesem Zeitpunkt entnimmt und verbraucht er die von der Klägerin gelieferte Fernwärme. Mit Schreiben vom 2.9.2002 übersandte die Klägerin dem Beklagten ein vorformuliertes Vertragsformular für den Bezug von Heizwärme und Warmwasser, wonach der Beklagte bei jährlicher Abrechnung Abschlagszahlungen i.H.v. monatlich 117,98 EUR leisten sollte. Der Beklagte unterzeichnete den Vertrag nicht, da er die von der Klägerin verlangten Preise für unangemessen hoch hielt.
Rz. 4
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 5.960,58 EUR nebst Zinsen für die in den Jahren 2002 bis 2005 gelieferte Fernwärme verklagt. Das LG hat den Beklagten zur Zahlung von 3.382,91 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des LG teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin weitere 1.054,26 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 7
Der Beklagte sei gem. § 433 Abs. 2 BGB grundsätzlich verpflichtet, den Kaufpreis für die von der Klägerin gelieferte Fernwärme zu bezahlen. Denn zwischen den Parteien sei durch die faktische Entnahme der Energie ab dem 1.8.2002 gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 AVBFernwärmeV ein konkludenter Wärmelieferungsvertrag zustande gekommen. Da die Parteien mangels ausdrücklichen Vertragsschlusses keinen konkreten Preis vereinbart hätten, sei die Belieferung ab dem 1.8.2002 gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV durchgehend "zu den für vergleichbare Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen" erfolgt. Welche Versorgungsverhältnisse konkret vergleichbar seien, regele die Vorschrift nicht. Ausgehend von der Bedeutung des Wortes "gleichartig" könnten damit Versorgungsverhältnisse gemeint sein, die unter gleichen oder zumindest annähernd gleichen Vorbedingungen geschlossen worden seien, weil nur dann auch die Preisgestaltung und -bestimmung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten vergleichbar sei. Lege man diese Definition zugrunde, seien die etwa 400 bis 600 Vertragsverhältnisse, die die Klägerin mit den übrigen Bewohnern des Sch. V. abgeschlossen habe, zweifellos vergleichbar mit dem Versorgungsverhältnis, das zwischen der Klägerin und dem Beklagten zustande gekommen sei. Nicht nur die zunächst erbrachten Anschubinvestitionen des Fernwärmeanbieters seien identisch, sondern auch die laufenden Aufwendungen für die Instandhaltung der Anlage und die Erfüllung der Lieferpflichten im jeweiligen Zeitraum. Würde man im Rahmen der Ermittlung der vergleichbaren Versorgungsverhältnisse den Kreis - wie vom Beklagten vorgesehen - auf Gebiete erweitern, in denen andere Wärmeanbieter die Versorgung übernommen hätten, würde der Begriff der Vergleichbarkeit aufgeweicht, denn jedes Fernwärmenetz weise abweichende, bei der Preisbildung nicht zu vernachlässigende Besonderheiten auf, die eine Vergleichbarkeit in Frage stellen könnten. Für eine solche Aufweichung des Begriffs bestehe auch keine Notwendigkeit. Denn selbst wenn die Klägerin den Nutzern des Sch. V. die Preise einseitig vorgegeben hätte und diese unangemessen hoch wären, würden die Interessen der Kunden auch im Rahmen des § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV durch die sog. Monopol-Rechtsprechung des BGH ausreichend geschützt, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine angemessene Herabsetzung des einseitig festgesetzten Preises über § 315 Abs. 3 BGB zu erwägen sei.
Rz. 8
Entgegen der Ansicht des Beklagten komme vorliegend eine Reduzierung der Preise über § 315 Abs. 3 BGB weder in direkter noch in analoger Anwendung in Betracht. Eine direkte Anwendung scheide schon deshalb aus, weil es an einer Vereinbarung der Parteien fehle, die der Klägerin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräume. Auch eine analoge Anwendung scheide aus, da weder ein Anschluss- und Benutzungszwang bestehe noch die sich aus der Monopol-Rechtsprechung ergebenden Voraussetzungen vorlägen. Bei einer rein formalen Betrachtungsweise müsse eine Monopolstellung der Klägerin, die eine Billigkeitsprüfung entsprechend § 315 Abs. 3 BGB eröffnete, bereits deshalb verneint werden, weil die Klägerin als private Versorgerin die Preise für ihre Wärmelieferung im Sch. V. nicht einseitig festgesetzt, sondern im Rahmen der Wärmelieferungsverträge mit den jeweiligen Nutzern vereinbart habe. Auch bei einer wertenden Betrachtung komme der Klägerin keine Monopolstellung zu. Zwar sei die Klägerin im Bereich des Sch. V. seit dem Abschluss des Wärmelieferungs- und Projektrealisierungsvertrages mit der Verkäuferin die einzige Anbieterin, von der die Bewohner die Fernwärme beziehen konnten, und somit keinem unmittelbaren Wettbewerb ausgesetzt. Sie stehe aber - wie alle Fernwärmelieferanten - auf dem Wärmemarkt in einem (Substitutions-)Wettbewerb mit Anbietern konkurrierender Heizenergieträger wie Heizöl, Gas, Strom und Kohle. Unabhängig davon habe der Beklagte - wie alle übrigen Erwerber im Sch. V. - bei Abgabe seines Angebots zum Erwerb der Eigentumswohnung gewusst, dass diese mittels Fernwärme beheizt werden müsse und er zu diesem Zweck einen Wärmelieferungsvertrag mit einer zur Unternehmensgruppe der Verkäuferin gehörenden Gesellschaft werde abschließen müssen. Insoweit sei die Situation mit derjenigen, die der Monopolrechtsprechung des BGH zugrunde gelegen habe, nicht zu vergleichen. Denn dem Beklagten sei bei der Kaufentscheidung zumindest bewusst gewesen, dass er ein Risiko eingehe in Bezug auf die Bedingungen der Wärmelieferung, da ihm diese bis dahin nicht offengelegt worden seien.
II.
Rz. 9
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Rz. 10
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Bezahlung der gelieferten Fernwärme zu den mit den übrigen Bewohnern des Sch. V. vereinbarten Preisen gem. § 433 Abs. 2 BGB, § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV.
Rz. 11
1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Vertrag über die Lieferung von Fernwärme dadurch zustande gekommen ist, dass der Beklagte ab dem 1.8.2002 Fernwärme aus dem Leitungsnetz der Klägerin entnommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, WuM 2006, 207 Rz. 14 ff.; v. 6.4.2011 - VIII ZR 66/09, WM 2011, 1042 Rz. 14).
Rz. 12
In diesem Fall erfolgt die Versorgung gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen. Das Berufungsgericht hat die 400 bis 600 Vertragsverhältnisse, die die Klägerin mit den übrigen Bewohnern des Sch. V. abgeschlossen hat, zu Recht als gleichartig angesehen und die in diesen Verträgen vereinbarten Preise auch dem Versorgungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zugrunde gelegt.
Rz. 13
a) Bei der Gleichartigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV ist zunächst darauf abzustellen, ob die Klägerin dem Vertragsverhältnis mit dem Beklagten vergleichbare Versorgungsverhältnisse mit anderen Kunden in nennenswertem Umfang unterhält oder unterhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, a.a.O., Rz. 29; Wollschläger/Meyer, IR 2009, 82, 84). Nur wenn dies nicht der Fall ist, müssen in die Betrachtung ergänzend die in gleichartigen Versorgungsverhältnissen zwischen anderen Fernwärmeversorgern im Versorgungsgebiet und Endabnehmern geltenden Preisregelungen einbezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, a.a.O.). Die Feststellung der Gleichartigkeit bereitet dabei in der Regel bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und Wohnungsanlagen ähnlicher Struktur keine Schwierigkeiten (Danner/Theobald/Wollschläger, Energierecht, Stand 2012, § 2 AVBFernwärmeV Rz. 12).
Rz. 14
Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, sind bei den Versorgungsverhältnissen im Sch. V. die Anschubinvestitionen sowie die laufenden Aufwendungen der Klägerin für die Instandhaltung der Anlage und die Erfüllung der Lieferpflichten im jeweiligen Abrechnungszeitraum identisch. Das Berufungsgericht ist zudem rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass in den übrigen Versorgungsverhältnissen dieselben Preiskonditionen gelten, die den streitgegenständlichen Abrechnungen zugrunde liegen.
Rz. 15
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV nicht entnehmen, dass die Versorgung nur dann zu den Preisen aus gleichartigen Versorgungsverhältnissen erfolgt, wenn diese ortsüblich und angemessen sind.
Rz. 16
aa) Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass es in der Fernwärmeversorgung - anders als bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas - an einer verbindlichen Bundestarifordnung sowie allgemeinen Tarifpreisen und der normativ vorgegebenen Unterscheidung zwischen Tarif- und Sonderkunden fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, a.a.O., Rz. 16). Das ist der Grund, warum § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV auf die für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preise abstellt (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, a.a.O.). Dadurch wird sichergestellt, dass das Versorgungsunternehmen auch beim Fehlen einer verbindlichen Preisabsprache zu den üblichen Versorgungsbedingungen abzurechnen hat (LG Arnsberg, CuR 2007, 26, 28 m.w.N.). Der Kunde, der allein durch die Entnahme von Fernwärme den Vertrag mit dem Unternehmen schließt, soll weder schlechter noch besser stehen als die Kunden, mit denen das Vertragsverhältnis schriftlich abgeschlossen worden ist (vgl. Wollschläger/Meyer, a.a.O., S. 85).
Rz. 17
bb) Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV knüpft an die Bestimmung in Satz 1 an, die der Tatsache Rechnung trägt, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden. Dabei soll ein vertragsloser Zustand bei Energielieferungen vermieden werden (BGH, Urt. v. 15.2.2006 - VIII ZR 138/05, a.a.O., Rz. 15; v. 18.7.2012 - VIII ZR 337/11, juris, Rz. 23). § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV regelt, welchen Inhalt ein auf diese Weise geschlossener Vertrag hat. Er schafft Rechtssicherheit für die Parteien, da er etwaige Zweifel, zu welcher Gegenleistung der Kunde verpflichtet ist, ausräumt. Ergänzt wird dies durch § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV, welcher das Fernwärmeversorgungsunternehmen verpflichtet, jedem Neukunden bei Vertragsabschluss sowie den übrigen Kunden auf Verlangen die dem Vertrag zugrunde liegenden allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich der dazugehörenden Preisregelungen und Preislisten unentgeltlich auszuhändigen. Die Bestimmungen verfolgen somit ersichtlich das Ziel, dem Kunden Klarheit über seine Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis zu verschaffen und ihn entsprechend zu informieren (vgl. BR-Drucks. 90/80, 36). Anforderungen an die Wirksamkeit der Versorgungsbedingungen und der dazugehörenden Preisregelungen enthalten sie nicht. Diese können sich aus anderen Vorschriften ergeben und von allen Kunden - unabhängig davon, wie der Vertragsschluss erfolgt ist - in gleicher Weise geltend gemacht werden.
Rz. 18
2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Ausgangspreise der Klägerin nicht der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegen.
Rz. 19
a) Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist (BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 Rz. 16; v. 28.3.2007 - VIII ZR 144/06, BGHZ 171, 374 Rz. 13 ff.). Entsprechendes gilt, wenn bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung der Preis nach gesetzlichen Vorgaben bestimmt ist. So liegt es hier. Zwar haben die Parteien keine ausdrückliche Preisvereinbarung getroffen. Allerdings ist die Lücke im Vertrag nicht durch eine einseitige Preisbestimmung der Klägerin, sondern durch § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV geschlossen worden, wonach die Versorgung zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen erfolgt. Diese wurden mit Vertragsschluss zum vereinbarten Preis.
Rz. 20
b) Auch eine Billigkeitskontrolle der von den Parteien bei Vertragsschluss vereinbarten Preise in entsprechender Anwendung von § 315 BGB wegen des Bestehens eines Anschluss- und Benutzungszwangs oder einer Monopolstellung der Klägerin scheidet aus.
Rz. 21
Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfalle angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und entsprechend § 315 BGB einer Billigkeitskontrolle unterworfen sind (BGH, Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 unter II 1a m.w.N., insoweit in BGHZ 163, 321 ff. nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 28.3.2007 - VIII ZR 144/06, a.a.O., Rz. 17 m.w.N.). Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden, gilt aber auch für den Fall des Anschluss- und Benutzungszwangs (BGH, Urt. v. 28.3.2007 - VIII ZR 144/06, a.a.O.). Denn in diesen Fällen muss der Kunde, wenn er die Leistung in Anspruch nehmen will, mit dem Unternehmer kontrahieren, auch wenn er mit dem vorgeschriebenen Preis oder Tarif nicht einverstanden ist (BGH, Urt. v. 4.12.1986 - VII ZR 77/86, NJW 1987, 1828 unter II 2b; v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, a.a.O.). An beiden Voraussetzungen fehlt es im Streitfall.
Rz. 22
Ein öffentlich-rechtlicher Anschluss- und Benutzungszwang besteht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Auch die Tatsache, dass die Klägerin im Bereich des Sch. V. die einzige Anbieterin von Fernwärme ist, führt nicht dazu, dass die von der Klägerin verlangten Preise der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterlägen.
Rz. 23
Entgegen der Auffassung der Revision liefe eine umfassende gerichtliche Kontrolle der Preise eines Fernwärmeversorgungsunternehmens der Intention des Gesetzgebers zuwider, der eine staatliche Prüfung und Genehmigung dieser Tarife abgelehnt hat. Auch bei der gerichtlichen Kontrolle der Billigkeit der Ausgangspreise fände für das betroffene Fernwärmeunternehmen eine Preisregulierung statt, wenn der Preis nach Auffassung des Gerichts unbillig überhöht und deshalb durch Urteil zu bestimmen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2008 - VIII ZR 138/07, a.a.O., Rz. 18).
Rz. 24
Der Gesetzgeber hat auf die Einführung eines Regulierungsrechts verzichtet, obwohl er davon ausging, dass einem Fernwärmeversorgungsunternehmen eine faktische Monopolstellung zukommt. Die amtliche Begründung zur AVBFernwärmeV nimmt die Zielvorstellung einer "möglichst kostengünstigen, zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Versorgung" auf, wobei einerseits die "rechtliche, zumindest aber faktische Monopolstellung der Unternehmen" und andererseits "die Leitungsgebundenheit und der damit verbundene Zwang zu hohen Investitionen" zu berücksichtigen seien (BR-Drucks. 90/80, 32; BGH, Urt. v. 28.1.1987 - VIII ZR 37/86, BGHZ 100, 1, 9 f.). Aus der monopolartigen Stellung der Fernwärmeversorgungsunternehmen und der dadurch bedingten Abhängigkeit der Verbraucher ergäben sich spezifische Regelungsbedürfnisse (BR-Drucks. 90/80, a.a.O.). Dies hat den Gesetzgeber aber nicht veranlasst, eine Genehmigungspflicht für Fernwärmepreise einzuführen; eine solche bestand für Fernwärmepreise noch nie, während sie für Gaspreise bis 1959 und für Strompreise bis zum 30.6.2007 galt (Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2946). Soweit in der amtlichen Begründung zur AVBFernwärmeV auf die Preisgestaltung des Versorgungsunternehmens eingegangen wird, wird nur auf die Missbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden hingewiesen. Es sei deren Aufgabe, darauf zu achten, dass die Unternehmen bei Vertragsanpassungen ihre Befugnis zu anderweitiger Preisgestaltung nicht missbrauchten (BR-Drucks. 90/80, 37). Auch hätten sie dafür zu sorgen, dass das Verhältnis zwischen Baukostenzuschüssen und allgemeinen Fernwärmepreisen nicht missbräuchlich ausgestaltet werde (BR-Drucks. 90/80, 44 f.). Im Rahmen der kartellbehördlichen Aufsicht werde darauf geachtet, dass die Unternehmen Preisgestaltungsspielräume nicht missbräuchlich ausschöpften (BR-Drucks. 90/80, 56).
Fundstellen
Haufe-Index 3551649 |
BGHZ 2013, 144 |