Leitsatz (amtlich)
Die Wirksamkeit des Zustellungsvermerks nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist nicht daran gebunden, dass derselbe Urkundsbeamte, der dem Gerichtswachtmeister das zuzustellende Schriftstück zum Zwecke der Aufgabe zur Post zugeleitet hat, auch den Vermerk beurkundet, dass das Schriftstück vom Gerichtswachtmeister zur Post aufgegeben worden ist.
Normenkette
ZPO § 184 Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des OLG Köln vom 7.7.2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Kläger verlangen von der Beklagten Schadensersatz wegen einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage.
Rz. 2
Nach Eingang der Klage am 25.11.2009 hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Zivilkammer des LG auf rechtliche Bedenken u.a. hinsichtlich der Antragstellung hingewiesen. Die Kläger haben daraufhin im Schriftsatz vom 19.1.2010 die Antragstellung geändert. Durch Verfügung vom 25.1.2010 hat der Vorsitzende in Zusammenhang mit der Zustellung nach § 183 ZPO angeordnet, dass der Beklagten im Hinblick auf das angeordnete schriftliche Vorverfahren eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen gem. § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Auf die anderenfalls eintretenden rechtlichen Folgen der Zustellung von Schriftstücken durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift der Beklagten hat der Vorsitzende hingewiesen. Diese Verfügung, die Klageschrift und der Schriftsatz vom 19.1.2010 sind der Beklagten am 28.4.2010 nach Maßgabe des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl. 1977 II S. 1452, 1453; im Folgenden HZÜ) zugestellt worden. Am 11.10.2010 hat das LG die Beklagte durch Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren antragsgemäß verurteilt und die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt. Das Urteil ist nach dem Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unter der Anschrift der Beklagten am 12.10.2010 zur Post aufgegeben worden. Auf Antrag der Kläger ist das Versäumnisurteil am 10.2.2011 der Beklagten erneut förmlich nach Maßgabe des HZÜ zugestellt worden. Am 3.3.2011 hat die Beklagte Einspruch dagegen eingelegt. Mit Urteil vom 31.3.2011 hat das LG den Einspruch als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil und das Urteil des LG vom 31.3.2010 aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das LG habe den Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu Recht gem. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil er nicht rechtzeitig eingelegt worden sei.
Rz. 4
Nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte das Versäumnisurteil zwei Wochen nach der Aufgabe zur Post am 27.10.2010 als zugestellt. Daher sei die auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist bereits im November 2010 abgelaufen. Die Regelungen in § 184 ZPO seien weder verfassungswidrig noch verletze ihre Anwendung das HZÜ. Sowohl die Klageschrift als auch die vom Vorsitzenden getroffene Anordnung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten nach § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO seien ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Beklagte habe danach mit Zustellungen durch Aufgabe zur Post im weiteren Verfahren rechnen müssen. Sie hätte eine rechtzeitige Kenntnisnahme von beschwerenden Entscheidungen und Rechtsbehelfsmöglichkeiten sicherstellen können.
Rz. 5
Die Anordnung nach § 184 ZPO erfordere nicht zwingend die Form eines Gerichtsbeschlusses. Es genüge die Anordnung des Vorsitzenden. Das Zustellungsreformgesetz vom 25.6.2001 (BGBl. I, 1206), durch das § 184 ZPO an die Stelle des § 174 Abs. 1 ZPO a.F. getreten ist, habe lediglich die in § 20 Nr. 7 RPflG vorgesehene Zuständigkeitsübertragung auf den Rechtspfleger aufgehoben; ein Wille des Gesetzgebers, den gesamten Spruchkörper mit der Entscheidung zu befassen, lasse die Gesetzesbegründung hingegen nicht erkennen. Da der Vorsitzende auch sonst Zustellungen alleine anordne, sei nicht ersichtlich, warum gerade in Fällen des § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Spruchkörper entscheiden müsse. Auch wenn die Anordnung mangels einer Begründung der Ermessensausübung fehlerhaft wäre, sei sie deswegen jedenfalls nicht nichtig.
Rz. 6
Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 8.10.2010, dem Vermerk des Justizwachtmeisters vom 12.10.2010 und der nachgeholten schriftlichen Bestätigung einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ergebe sich, dass das Versäumnisurteil zwecks Übersendung an die Beklagte am 12.10.2010 zur Post aufgegeben worden sei. Der unter diesem Datum nachgeholte Vermerk nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO heile den zunächst bestehenden Mangel der Beurkundung, der von der Beklagten gerügt worden sei. Dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Vermerk unter dem Datum der Aufgabe zur Post aufgenommen habe, obwohl dieser erst nach Einlegung der Berufung durch das Berufungsgericht veranlasst worden sei, mache die Beurkundung nicht unwirksam. Erkenntnisgrundlage für die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle sei der Aktenvermerk des Leiters der Wachtmeisterei über die Übergabe des Schriftstückes an das zuständige Postunternehmen. Der Urkundsbeamte müsse nicht selbst das Schriftstück an die Post übergeben. Er dürfe sich angesichts des Massengeschäfts der Zustellung durch Aufgabe zur Post auf die Erklärung des zuständigen Justizwachtmeisters in Form eines Aktenvermerks genauso verlassen wie auf eigene Wahrnehmungen.
Rz. 7
Die auf Antrag der Kläger erfolgte nochmalige Zustellung des Versäumnisurteils am 10.2.2011 habe die bereits verstrichene Einspruchsfrist nicht erneut in Lauf setzen können. Durch eine wiederholte Zustellung könne ein bereits rechtskräftiges Urteil seine formelle Rechtskraft nicht verlieren. Daran ändere die Rechtsmittelbelehrung nichts, mit der das Versäumnisurteil bei der förmlichen Zustellung versehen gewesen sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil bei der Frage des Verschuldens zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte aufgrund der Zustellung der Klageschrift und der Anordnung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten Kenntnis davon gehabt habe, dass Zustellungen künftig zu erwarten seien.
Rz. 8
Der unzulässige Einspruch nach § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO sei ohne Sachprüfung und ohne Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens des mit dem Einspruch angefochtenen Versäumnisurteils zu verwerfen. Auf die von der Beklagten erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit komme es nicht weiter an.
II.
Rz. 9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Rz. 10
1. Das LG hatte auf den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil gem. § 341 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst nur zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und in der ordnungsgemäßen Form und Frist eingelegt worden ist. Da die Beklagte die Einspruchsfrist nicht gewahrt hat, musste der Einspruch gem. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO ohne Sachprüfung und ohne Rücksicht auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des Versäumnisurteils verworfen werden (BGH, Beschl. v. 5.3.2007 - II ZB 4/06, NJW-RR 2007, 1363 Rz. 9 ff.; Saenger/Pukall, ZPO, 4. Aufl., § 341 Rz. 1).
Rz. 11
2. Das Versäumnisurteil durfte durch Aufgabe zur Post gem. § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO zugestellt werden. Entgegen der Behauptung der Revision ist der Beklagten der Schriftsatz der Kläger vom 19.1.2010 mit der Klageschrift förmlich zugestellt worden. Dies ergibt sich aus dem Zustellungszeugnis vom 7.6.2010 über die förmliche Zustellung vom 28.4.2010 in Verbindung mit dem Antrag auf förmliche Zustellung vom 8.3.2010, in dem der betreffende Schriftsatz unter der Nr. 5 des Verzeichnisses der zu übermittelnden Schriftstücke genannt ist. Darauf weist die Revisionserwiderung zutreffend hin.
Rz. 12
3. Rechtlich ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Zustellung des Versäumnisurteils im Inland durch Aufgabe zur Post für wirksam erachtet hat, obwohl der Vorsitzende und nicht der Spruchkörper der zuständigen Zivilkammer, die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, getroffen hat.
Rz. 13
Zur Frage, auf deren Klärungsbedürftigkeit die Zulassung der Revision gestützt worden ist, ob der Vorsitzende der zuständigen Kammer oder der Spruchkörper die Anordnung nach § 184 Abs. 1 ZPO zu treffen habe, hat sich der erkennende Senat zwischenzeitlich in mehreren Urteilen gegen die Beklagte umfassend geäußert (vgl. Urt. v. 26.6.2012 - VI ZR 241/11, WM 2012, 1499v. 3.7.2012 - VI ZR 227/11 und - VI ZR 239/11 sowie v. 17.7.2012 - VI ZR 222/11, - VI ZR 226/11 und - VI ZR 288/11). Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen in den Urteilsgründen (so - VI ZR 226/11, juris Rz. 14 bis 27 und - VI ZR 288/11, juris Rz. 18 bis 27, ebenso Urteil vom heutigen Tag - VI ZR 223/11) zur Vermeidung gleichlautender Wiederholungen Bezug genommen.
Rz. 14
4. Die für den Eintritt der Zustellungsfiktion erforderliche Aufgabe zur Post unter der Anschrift der Partei ist durch den Zustellungsvermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bewiesen. Der Zustellungsvermerk nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO, in dem die Zeit und die Anschrift, unter der das Schriftstück zur Post gegeben wurde, zu vermerken ist, ersetzt die Zustellungsurkunde gem. § 182 ZPO (BGH, Beschl. v. 13.6.2001 - V ZB 20/01, VersR 2003, 345). Ebenso wie die Zustellungsurkunde (vgl. BT-Drucks. 14/4554, 15) ist der Vermerk aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung, sondern dient lediglich deren Nachweis (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2011 - 5 U 166/10, juris Rz. 54; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 45; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rz. 17; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rz. 9). Der Urkundsbeamte muss das Schriftstück nicht selbst zur Post aufgeben; es reicht aus, wenn er aufgrund einer Erklärung des Justizwachtmeisters oder eines sonstigen Gehilfen, der das Schriftstück zur Post aufgegeben hat, das Datum der Aufgabe und die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks beurkundet (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.1953 - IV ZR 180/52, BGHZ 8, 314, 315; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 47; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rz. 18). Er darf den Vermerk nachträglich anfertigen, sofern er die Verantwortung für die Richtigkeit übernimmt. Unerheblich ist, ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, dessen Erfolg durch den Vermerk berührt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.1982 - III ZB 23/82, VersR 1983, 60; v. 24.7.2000 - II ZB 20/99, VersR 2001, 1050; Häublein in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 14; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 49; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rz. 18; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 184 Rz. 12). Auch der Ablauf einer Fünf-Monatsfrist setzt der Nachholung entgegen der Auffassung der Revision keine zeitliche Grenze (vgl. zur Unterschriftsnachholung des Richters BGH, Urt. v. 27.1.2006 - V ZR 243/04, NJW 2006, 1861 Rz. 14). Der Fall der Anfertigung eines Vermerks, für dessen Inhalt sich der Urkundsbeamte auf aktenmäßig niedergelegte tatsächliche Umstände stützt, ist nicht vergleichbar mit dem durch die richterliche Unterschrift gedeckten Inhalt von Urteilsgründen.
Rz. 15
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Tatsache der Aufgabe zur Post, an welche die Zustellungsfiktion geknüpft ist, durch den nachgeholten Vermerk der Urkundsbeamtin erwiesen. Die Nachholung der Beurkundung der Zustellung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist unter den gegebenen Umständen rechtlich unbedenklich. Diese hat durch schriftliche Verfügung vom 8.10.2010 die Ausfertigung des Urteils an den/die Leiter/in der Wachtmeisterei zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post zugeleitet. Der beauftragte Justizwachtmeister hat am 12.10.2010 die Sendung bei dem zuständigen Postunternehmen zum Zwecke der Zustellung aufgegeben und diesen Umstand in einem schriftlichen Vermerk vom gleichen Tag bestätigt. Er hat allerdings irrigerweise an Stelle der hierfür zuständigen Urkundsbeamtin auch den Beurkundungsvermerk vom 12.10.2010 unterzeichnet. Auf der Grundlage der aktenmäßigen Niederlegung des Gangs der Zustellung konnte die Urkundsbeamtin diesen Beurkundungsvermerk nachholen. Dass die Urkundsbeamtin den Vermerk unter dem Datum des 12.10.2010 nachgeholt hat, berührt dessen Beweiskraft nicht, weil der Vermerk nicht datiert zu sein braucht (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.1982 - III ZB 23/82, VersR 1983, 60; Rohe in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 46; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rz. 18). Mit der Beurkundung hat die Urkundsbeamtin die Verantwortung für die Erklärung übernommen. Dafür ist unschädlich, dass es sich nicht um ein und dieselbe Beamtin handelte, die dem Leiter der Wachtmeisterei das Schriftstück zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post zugeleitet hatte. Dass eine Ausfertigung des Versäumnisurteils am 12.10.2010 unter der Anschrift der Beklagten zur Post aufgegeben worden ist, ergibt sich jedenfalls aus dem unterzeichneten Vermerk des das Schriftstück aufgebenden Justizwachtmeisters. Dieser Vorgang wird durch die Urkundsbeamtin, die aufgrund des Vermerks die Verantwortung für diese Erklärung übernimmt, beurkundet. Ein grundsätzlich möglicher Gegenbeweis (vgl. §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 Abs. 2 ZPO) ist nicht geführt worden.
Rz. 16
5. Die erneute förmliche Zustellung am 10.2.2011 vermag die bereits im November 2010 eingetretene Rechtskraft des Versäumnisurteils nicht zu durchbrechen. Die Anordnung der erneuten Zustellung lässt die Wirkung der zuvor erfolgten Zustellung gem. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO unberührt; sie setzt nicht nochmals eine Frist in Lauf (BGH, Beschl. v. 20.10.2005 - IX ZB 147/01, NJW-RR 2006, 563, 564; vom 20.11.2006 - NotZ 35/06, juris Rz. 7; Urt. v. 15.12.2010 - XII ZR 27/09, NJW 2011, 522 Rz. 20; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.5.2011 - 5 W 8/11, NJW-RR 2011, 1631, 1632; OLG Hamm, Urt. v. 10.8.2011 - I-8 U 3/11, juris Rz. 40 und 8 U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64).
Rz. 17
6. Der Beklagten ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO zu gewähren. Sie hat keine die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgetragen. Solche sind auch nicht in der Weise offenkundig, dass von Amts wegen Wiedereinsetzung gem. § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO gewährt werden müsste (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.2010 - XII ZB 334/10, NJW-RR 2011, 568 Rz. 6 f.).
Rz. 18
Zwar kann grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden nicht bereits aus dem Verstoß gegen die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hergeleitet werden (BGH, Beschl. v. 24.7.2000 - II ZB 20/99, VersR 2001, 1050). Mit dem im Rechtsstaatsgebot wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es unvereinbar, einer im Ausland wohnenden Partei, die ein nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als zugestellt geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes auf dem Postweg überhaupt nicht erhält, den Rechtsbehelf des Einspruchs endgültig allein deshalb abzuschneiden, weil sie keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 24.7.2000 - II ZB 20/99, a.a.O.; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 233 Rz. 40). So liegt der Fall allerdings hier nicht.
Rz. 19
Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet zum Einen mangels eines Wiedereinsetzungsantrags aus, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stets die Auffassung vertreten hat, die Zustellung durch Aufgabe zur Post sei aus Rechtsgründen unwirksam und der Einspruch rechtzeitig eingelegt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.9.1952 - III ZB 13/52, BGHZ 7, 194, 198). Die Regelung in § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfordert außerdem, dass alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlich sind, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen werden (BGH v. 29.1.2002 - VI ZB 28/01, juris Rz. 4; v. 13.11.2007 - VI ZB 19/07, juris Rz. 6; BGH, Beschl. v. 19.4.2011 - XI ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284 Rz. 7). Solchen Vortrag zeigt die Revision nicht auf.
Fundstellen
Haufe-Index 3424230 |
NJW 2012, 8 |
EBE/BGH 2012 |
NJW-RR 2012, 1459 |
ZAP 2013, 12 |
JZ 2013, 8 |
MDR 2012, 1306 |
Rpfleger 2013, 104 |