Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbart eine Gemeinde als Grundstückseigentümerin mit einem Privaten in einem Erbbaurechtsvertrag den Ausschluss der Heimfallvergütung, verstößt dies für sich genommen nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung aus § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB.
2. Der Ausschluss der Heimfallvergütung führt dazu, dass die Geltendmachung des Heimfallanspruchs einer strengen Ausübungskontrolle im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des gemeindlichen Handelns unterliegt. Die Forderung nach der vergütungslosen Rückübertragung des Erbbaurechts kann sich insbesondere dann als unverhältnismäßig darstellen, wenn der Heimfall nicht auf einer schwerwiegenden Vertragsverletzung des Erbbauberechtigten beruht, das Bauwerk ganz oder weitestgehend fertiggestellt ist, der Erbbauberechtigte erhebliche Investitionen getätigt hat und die Gemeinde absehbar in der Lage sein wird, das Bauwerk anderweitig zu nutzen oder zu verwerten.
Normenkette
BauGB § 11 Abs. 2 S. 1; ErbbauV § 32 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart - 10. Zivilsenat - vom 13. September 2022 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin ist eine Stadt in Baden-Württemberg, der Beklagte ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck darin besteht, Menschen islamischen Glaubens soziale, kulturelle und religiöse Dienste anzubieten. Um ihren muslimischen Bürgern die Ausübung ihres Glaubens in einer Moschee zu ermöglichen, vereinbarte die Klägerin mit dem Beklagten, dass dieser ein Grundstück der Klägerin in einem ersten Bauabschnitt mit einer Moschee und einem Kulturhaus und in einem zweiten Bauabschnitt mit einem Schülerwohnheim, einem Bistro, einem Friseur und einem Geschäft für Halal-Produkte bebauen sollte. Die Parteien schlossen am 26. November 2014 eine als Erbbaurechtsvertrag bezeichnete notarielle Vereinbarung (nachfolgend ErbbV), mit der die Klägerin dem Beklagten für die Dauer von 60 Jahren und einer Verlängerungsmöglichkeit von weiteren 30 Jahren ein Erbbaurecht an ihrem Grundstück einräumte. Es wurde ein gestaffelter Erbbauzins vereinbart von anfänglich 35.336 € jährlich ab dem 1. Juli 2017. Der Beklagte verpflichtete sich, den ersten Bauabschnitt innerhalb von vier Jahren ab dem 1. November 2014 fertigzustellen. Nach Abschn. II Ziff. 7 ErbbV kann die Klägerin vor Zeitablauf die Rückübertragung des Erbbaurechts verlangen, unter anderem dann, wenn der Beklagte die Bauverpflichtung nicht erfüllt (Heimfallanspruch). Für diesen Fall ist die Vergütung für das Erbbaurecht ausgeschlossen. Nach Abschn. II Ziff. 7 Abs. 3 ErbbV ist der Beklagte schuldrechtlich verpflichtet, das Bauwerk auf Verlangen der Klägerin auf eigene Kosten zu beseitigen. In dem Vertrag unterbreitete die Klägerin dem Beklagten ein Kaufangebot für das Grundstück, das bis Ende 2023 ausgeübt werden konnte und mit einer gleichlautenden Bauverpflichtung verknüpft war. Mit vollständiger Kaufpreiszahlung sollte der Besitz an dem Grundstück auf den Beklagten übergehen und die Verpflichtung zur Zahlung von Erbbauzinsen enden. Die Klägerin behielt sich für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Bauverpflichtung ein Wiederkaufsrecht vor. Als Wiederkaufspreis wurde der Ankaufpreis von 883.400 € vereinbart zuzüglich des Werts der Verwendungen, insbesondere auf die Gebäude, soweit sie zur Zeit des Wiederkaufs einen Verkaufswert haben. Das Erbbaurecht wurde in das Erbbaugrundbuch eingetragen. Die Baugenehmigung für den ersten Bauabschnitt wurde im Februar 2015 erteilt, Baubeginn und Bauausführung verzögerten sich jedoch. Im Juli 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Frist für die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts nicht werde einhalten können. Im August 2018 nahm der Beklagte das Kaufangebot für das Grundstück an und zahlte den vereinbarten Kaufpreis. Im Dezember 2018 machte die Klägerin den Heimfall geltend und übte das Wiederkaufsrecht aus. Der erste Bauabschnitt war auch im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung im Mai 2022 nicht fertiggestellt.
Rz. 2
Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückübertragung des Erbbaurechts, hilfsweise dessen Aufhebung, ferner die Versicherung der Moschee gegen Brand- und Elementarschäden und die Zahlung von Erbbauzinsen in Höhe von 110.425 € für den Zeitraum 1. Januar 2019 bis 30. Juni 2021. Der Beklagte nimmt die Klägerin widerklagend auf Übereignung des Grundstücks in Anspruch; daneben begehrt er die Feststellung, dass er nicht zur Zahlung von Erbbauzinsen an die Klägerin verpflichtet ist, die Ausübung des Wiederkaufsrechts rechtswidrig und unwirksam ist und die Klägerin ihm den durch die Ausübung des Heimfall- und Wiederkaufsrechts entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen hat. Das Landgericht hat der Klage nur in Bezug auf die Rückübertragung des Erbbaurechts und die Zahlung von 110.425 € und der Widerklage nur in Bezug auf die negative Feststellung einer Erbbauzinspflicht stattgegeben; im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten zusätzlich zur Versicherung der Moschee verurteilt und die Widerklage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und seine Widerklageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in ErbbauZ 2022, 167 veröffentlicht ist, meint, der Klägerin stehe gegen den Beklagten wegen dessen Zuwiderhandlung gegen die Bauverpflichtung ein Anspruch auf Rückübertragung des Erbbaurechts zu. Die Vereinbarung des Heimfallanspruchs sei wirksam. Zwar verstoße der Ausschluss der Heimfallvergütung im Hinblick auf die absehbare Werterhöhung durch die Bebauung gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Dies führe aber nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages. Denn es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien den Vertrag bei Kenntnis der Unwirksamkeit dieser Klausel nicht oder ohne die Heimfallregelung abgeschlossen hätten. An die Stelle der unwirksamen Klausel trete die gesetzliche Regelung, hier § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG, nach der eine angemessene Vergütung für das Erbbaurecht zu gewähren sei. Die Religionsfreiheit aus Art. 4 GG stehe der Wirksamkeit der Heimfallvereinbarung nicht entgegen. Der Beklagte könne aus diesem Grundrecht keinen Anspruch auf Überlassung des Grundstücks herleiten. Zudem seien ihm Rechte von Anfang an nur unter den vereinbarten Bedingungen eingeräumt worden. Auch die Voraussetzungen des Heimfallanspruchs lägen vor; der Beklagte habe den ersten Bauabschnitt nicht fristgerecht fertiggestellt. Mit der Geltendmachung des Heimfallanspruchs verstoße die Klägerin nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Indem sie ihren muslimischen Bürgern zeitnah die Ausübung ihres Glaubens in einer Moschee ermöglichen und eine Bauruine vermeiden wolle, verfolge sie einen legitimen Zweck. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Geltendmachung des Heimfallanspruchs geeignet und erforderlich. Denn nur dann könne die Klägerin das Grundstück einer anderen Person zur Verfügung stellen und weitere Verzögerungen bei der Fertigstellung vermeiden. Die Geltendmachung des Heimfallanspruchs sei auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Insbesondere bedeute sie keine unzumutbare Härte für den Beklagten, da dieser durch die Heimfallvergütung die Möglichkeit habe, an anderer Stelle eine Gebetsmöglichkeit für seine Mitglieder zu schaffen. Die Klägerin nutze mit dem Heimfall schließlich keine ihr nur noch formal zustehende Rechtsposition aus. Denn wegen der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts könne der Beklagte sie nicht mehr auf Übereignung des Grundstücks in Anspruch nehmen.
Rz. 4
Die Klägerin habe gegen den Beklagten auch einen vertraglichen Anspruch auf Versicherung der Moschee gegen Brand- und Elementarschäden. Die vertragliche Regelung zur Aufrechterhaltung der Versicherung über die Dauer des Erbbaurechts sei dahin auszulegen, dass die Versicherungspflicht nur durch Aufhebung des Erbbaurechts oder Entstehung eines Eigentümererbbaurechts, nicht aber auch durch Besitzübergabe (mit Kaufpreiszahlung) ende. Hier fehle es für die Entstehung eines Eigentümererbbaurechts an einem dinglichen Vollzug des Heimfall- oder Übereignungsanspruchs. Ferner stehe der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Erbbauzinsen in Höhe von 110.425 € für den Zeitraum ab 2019 zu. Die Parteien hätten zwar vereinbart, dass der Beklagte den Erbbauzins nur bis zur Besitzübergabe (mit Kaufpreiszahlung) zu zahlen habe. Eine Auslegung dieser vertraglichen Regelung ergebe aber, dass dies nur gelte, wenn und solange der Kaufvertrag wirksam bestehe und der Beklagte Besitzrechte aus ihm ableiten könne. Dies sei seit der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts im Dezember 2018 nicht mehr der Fall. Die Widerklageanträge seien wegen der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts bzw. mangels Pflichtverletzung der Klägerin unbegründet.
II.
Rz. 5
Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Rz. 6
1. Die Klägerin hat auf der Grundlage von Abschn. II Ziff. 7 ErbbV gegen den Beklagten einen auf Übertragung des Erbbaurechts gerichteten Heimfallanspruch.
Rz. 7
a) Der in Abschn. II Ziff. 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbbV geregelte Heimfallgrund liegt vor. Der Beklagte hat seiner Bauverpflichtung zuwidergehandelt, indem er den ersten Bauabschnitt nicht innerhalb von vier Jahren ab dem 1. November 2014, d.h. bis zum 31. Oktober 2018 fertiggestellt hat. Nach den ausdrücklichen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts beruht die Versäumung der Fertigstellungsfrist auf einem Verschulden des Beklagten. Eine Nachfrist nach Abschn. II Ziff. 2 Abs. 5 ErbbV war ihm somit nicht zu gewähren.
Rz. 8
b) Das Berufungsgericht kommt, wenngleich mit teilweiser unzutreffender Begründung, richtigerweise zu dem Ergebnis, dass die vertragliche Heimfallregelung wirksam ist.
Rz. 9
aa) Dabei legt das Berufungsgericht seiner rechtlichen Prüfung im Ausgangspunkt zutreffend zugrunde, dass die Wirksamkeit der Regelungen des Erbbaurechtsvertrages an dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung zu messen ist. Allerdings bestehen Zweifel, ob - wie das Berufungsgericht meint - der hier zu beurteilende Erbbaurechtsvertrag ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 BauGB ist, auf den § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB unmittelbar anzuwenden wäre. Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu dem für städtebauliche Verträge erforderlichen Zusammenhang mit der gemeindlichen Bauleitplanung (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14, NJW 2015, 3169 Rn. 8; Urteil vom 20. April 2018 - V ZR 169/17, NJW 2018, 3012 Rn. 9; Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 7) getroffen, und nach Darstellung der Revision schreibt der Bebauungsplan für das Erbbaugrundstück die Errichtung einer Moschee nicht vor, sondern schließt diese lediglich nicht aus. Die Anwendbarkeit von § 11 BauGB kann im Folgenden aber unterstellt werden, da das Gebot zur angemessenen Vertragsgestaltung auf dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruht und daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für das gesamte Handeln der öffentlichen Körperschaften im Rechtsverkehr mit Privaten bestimmend ist (Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 37/05, WM 2006, 300, 301; Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 144/14, BGHZ 206, 120 Rn. 17).
Rz. 10
bb) Das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verlangt, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde - hier der klagenden Gemeinde - erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und dass die vertragliche Übernahme von Pflichten auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 144/14, aaO Rn. 19 mwN; zu § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB zuletzt Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 10).
Rz. 11
cc) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die durch den Heimfallanspruch abgesicherte Bauverpflichtung nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verstößt und auch nicht aus anderen Gründen unwirksam ist.
Rz. 12
(1) Die dem Beklagten auferlegte und durch den Heimfall sanktionierte Pflicht, das Grundstück innerhalb von vier Jahren mit einer Moschee und einem Kulturhaus zu bebauen, verstößt nach den dargestellten Maßstäben nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung.
Rz. 13
(a) Nach § 2 Ziff. 1 ErbbauRG gehören zum Inhalt des Erbbaurechts auch Vereinbarungen des Grundstückseigentümers und des Erbbauberechtigten über die Errichtung, die Instandhaltung und die Verwendung des Bauwerks. Diese Regelung erlaubt es, die Errichtung des Bauwerks zur Pflicht zu machen und Sanktionen für die Nichterfüllung dieser Pflicht, etwa den Heimfall oder eine Vertragsstrafe, festzusetzen (vgl. MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl., ErbbauRG § 2 Rn. 9; Erman/Grziwotz, BGB, 17. Aufl., § 2 ErbbauRG Rn. 3; Staudinger/Rapp, ErbbauRG [2021], § 2 Rn. 12). Die Vereinbarung einer Bebauungspflicht in einem von einer Gemeinde mit einem Privaten geschlossenen Erbbaurechtsvertrag stellt sich grundsätzlich nicht als unangemessen dar. Denn die Gemeinde verfolgt mit der Ausgabe eines Erbbaurechts in aller Regel gerade das Ziel, das Grundstück einer Nutzung zuzuführen, die öffentlichen Zwecken dient. Es muss ihr daher im Ausgangspunkt möglich sein, die Bestellung des Erbbaurechts davon abhängig zu machen, dass sich der Erbbauberechtigte zu der Errichtung des Gebäudes verpflichtet, das diese Nutzung ermöglicht. Die Pflicht zur Errichtung des Bauwerks in angemessener Zeit stellt für denjenigen, der ein Erbbaurecht erwerben möchte, regelmäßig auch keine schwerwiegende Belastung dar, denn das Recht, auf dem Grundstück ein Bauwerk zu errichten, ist bei einem unbebauten Grundstück gerade Sinn und Zweck des Erbbaurechts. Auch das eigene Interesse des Erbbauberechtigten geht regelmäßig dahin, den Erbbauzins nicht für ein unbebautes Grundstück zahlen zu müssen.
Rz. 14
(b) So liegt es auch hier.
Rz. 15
(aa) Das Ziel der Klägerin, ihren muslimischen Bürgern die Ausübung ihres Glaubens in einer Moschee zu ermöglichen, rechtfertigte es, die Bestellung des Erbbaurechts davon abhängig zu machen, dass der Beklagte sich verpflichtet, die Moschee in angemessener Zeit zu errichten. Die Bauverpflichtung wäre entgegen der Ansicht der Revision auch dann nicht unangemessen, wenn der Bebauungsplan - was nicht festgestellt ist - die Bebauung mit einer Moschee nicht ausdrücklich vorsehen, sondern nur nicht ausschließen sollte. Denn dieser Umstand ändert nichts daran, dass die Klägerin mit der Ausgabe des Erbbaurechts einen öffentlichen Zweck verfolgte, der sich nur durch die Errichtung der Moschee in angemessener Zeit erreichen ließ.
Rz. 16
(bb) Die Frist von vier Jahren für die Errichtung des Bauwerks stellt sich jedenfalls deshalb als nicht unangemessen dar, weil der Erbbaurechtsvertrag einen Anspruch des Beklagten auf Verlängerung der Bebauungsfrist bei unverschuldeter Verzögerung des Bauvorhabens vorsieht (Abschn. II Ziff. 2 Abs. 5).
Rz. 17
(2) Die Bauverpflichtung ist, anders als die Revision meint, auch nicht wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB unwirksam. Nach dieser Regelung - deren Anwendbarkeit wiederum unterstellt werden kann - ist die Vereinbarung einer vom Vertragspartner der Gemeinde zu erbringenden Leistung unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. Hier hat sich die Klägerin im Gegenzug für die Übernahme der Bauverpflichtung (und weiterer Pflichten) aber lediglich zu einer Leistung verpflichtet, auf die der Beklagte keinen Anspruch hatte, nämlich zur Einräumung eines Erbbaurechts. Eine Pflicht zur Erteilung der Baugenehmigung hat die Klägerin nicht übernommen. Der Vertrag enthält lediglich eine „Soll“-Regelung zum „Wie“ der Baugenehmigungserteilung dahingehend, dass der Bauantrag für beide Bauabschnitte gemeinsam genehmigt werden soll.
Rz. 18
(3) Soweit die Revision meint, die Bauverpflichtung sei gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG nichtig, weil ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, verhilft ihr dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn es liegt bereits kein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54 Satz 2 VwVfG vor. Der Erbbaurechtsvertrag dient zwar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, sein Gegenstand ist aber ganz überwiegend privatrechtlicher Natur (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 96 f. mwN). Die Klägerin hat mit der Einräumung des Erbbaurechts eine privatrechtliche Handlungsform gewählt; auch die Bauverpflichtung, die als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart wurde (§ 2 Nr. 1 ErbbauRG), ist privatrechtlicher Natur.
Rz. 19
(4) Entgegen der Ansicht der Revision verstößt die durch den Heimfallanspruch sanktionierte Bauverpflichtung auch nicht gegen Grundrechte des Beklagten. Vor Vertragsschluss stand dem Beklagten keine von Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV oder Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition an dem Grundstück zu. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit sich der Beklagte auf das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen kann, ließe sich aus diesem kein Anspruch auf Einräumung eines Erbbaurechts ohne Bauverpflichtung herleiten (zum Anspruch auf Bereitstellung eines Kirchengebäudes vgl. BVerwGE 87, 115, 133). Da dem Beklagten vor Vertragsschluss keine grundrechtlich geschützte Rechtsposition an dem Grundstück zustand, hatte er auch keinen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Einräumung eines Erbbaurechts ohne Heimfallregelung.
Rz. 20
dd) Die vertragliche Vereinbarung über den Heimfall ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Vergütung für das Erbbaurecht ausgeschlossen wurde. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Ausschluss der Vergütung verstoße gegen das Angemessenheitsgebot aus § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB, und die Regelung über den Heimfall sei nur mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass die gesetzliche Vergütungsregelung greife, trifft nicht zu.
Rz. 21
(1) Vereinbart eine Gemeinde - wie hier - als Grundstückseigentümerin mit einem Privaten in einem Erbbaurechtsvertrag den Ausschluss der Heimfallvergütung, verstößt dies für sich genommen nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung aus § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB.
Rz. 22
(a) Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigende gesetzliche Regelung über die Vergütung für das Erbbaurecht (sog. Heimfallvergütung) spricht dafür, dass diese auch in Verträgen wirksam ausgeschlossen werden kann, die eine Gemeinde als Grundstückseigentümerin mit einem Privaten als Erbbauberechtigtem schließt.
Rz. 23
(aa) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG hat der Grundstückseigentümer, der von seinem Heimfallanspruch Gebrauch macht, dem Erbbauberechtigten eine angemessene Vergütung „für das Erbbaurecht“ zu gewähren. Die Vergütung ist eine Entschädigung für den Rechtsverlust, den der Erbbauberechtigte durch die Übertragung des Erbbaurechts erleidet, soll also den durch Erfüllung des Heimfallanspruchs eintretenden Vermögensnachteil ausgleichen (vgl. Senat, Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 301/88, BGHZ 111, 154, 155, noch zur ErbbVO). Sie unterscheidet sich insofern von der Entschädigung bei Erlöschen des Erbbaurechts wegen Zeitablaufs nach § 27 ErbbauRG, die nur für das Bauwerk zu zahlen ist. Die Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG umfasst neben der Entschädigung für das Bauwerk - das als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (vgl. § 12 Abs. 1 ErbbauRG) mit dessen Übertragung an den Grundstückseigentümer in Vollzug des Heimfallanspruchs mit übergeht - einen Ersatz für das Nutzungsrecht am Grund und Boden (vgl. Senat, Urteil vom 6. Dezember 1974 - V ZR 95/73, WM 1975, 256 [juris Rn. 26]; Urteil vom 6. Februar 1976 - V ZR 191/74, NJW 1976, 895 jeweils noch zur ErbbVO). Für die Bemessung der gesetzlichen Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG sind der reale Wert des Bauwerks, der Ertragswert des Erbbaurechts und ein gewisser Wert dafür von Bedeutung, dass die Bodennutzung wieder an den Grundstückseigentümer zurückfällt (Senat, Urteil vom 6. Dezember 1974 - V ZR 95/73, aaO).
Rz. 24
(bb) Die Vergütung für den Heimfall kann, wie sich aus § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG ergibt, jedenfalls individualvertraglich ausgeschlossen werden (vgl. zu der insoweit gleichlautenden Regelung in § 27 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG Senat, Urteil vom 23. November 2018 - V ZR 33/18, ZfIR 2019, 489 Rn. 9; zu § 32 ErbbauRG etwa BeckOK BGB/Maaß, ErbbauRG [1.8.2023], § 32 Rn. 2; Erman/Grziwotz, BGB, 17. Aufl., § 32 ErbbauRG Rn. 1; MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl., ErbbauRG § 32 Rn. 10; Staudinger/Rapp, ErbbauRG [2021], § 32 Rn. 3; Winkler/Schlögel, Erbbaurecht, 7. Aufl., § 4 Rn. 116). Umstritten ist lediglich, ob ein solcher Ausschluss auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Verbraucher vereinbart werden kann, oder ob darin eine unzulässige Vertragsstrafe i.S.v. § 309 Nr. 6 BGB liegt (vgl. hierzu BeckOK BGB/Maaß, ErbbauRG [1.8.2023], § 32 Rn. 3; MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl., ErbbauRG § 32 Rn. 13; Staudinger/Rapp, ErbbauRG [2021], § 32 Rn. 5a mit § 27 Rn. 8d-g; Winkler/Schlögel, Erbbaurecht, 7. Aufl., § 4 Rn. 116; zu § 27 ErbbauRG Senat, Urteil vom 23. November 2018 - V ZR 33/18, aaO Rn. 13 ff.). Unzulässig ist der individualvertragliche Vergütungsausschluss nach § 32 Abs. 2 Satz 1 ErbbauRG nur in dem hier nicht gegebenen Fall, dass das Erbbaurecht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt ist, wobei selbst in diesem Fall eine Herabsetzung der Vergütung auf zwei Drittel des gemeinen Wertes des Erbbaurechts zur Zeit der Übertragung noch zulässig ist (§ 32 Abs. 2 Satz 3 ErbbauRG). Die gesetzliche Wertung spricht dafür, dass es einer Gemeinde in anderen Fällen im Grundsatz möglich ist, die Vergütung für das Erbbaurecht beim Heimfall gänzlich auszuschließen.
Rz. 25
(b) Dies erscheint auch sachgerecht. Denn der Heimfall tritt, anders als der Fall des Erlöschens durch Zeitablauf (§ 27 Abs. 1 ErbbauRG), nach den vertraglichen Regelungen regelmäßig nur ein, wenn der Erbbauberechtigte gegen seine vertraglichen Pflichten verstößt. Dass in diesen Fällen jedenfalls die Begrenzung der Vergütung auf eine Entschädigung für das Bauwerk möglich sein muss, liegt auf der Hand, denn es wäre nicht einzusehen, weshalb dem Erbbauberechtigten bei einem auf seinem Vertragsverstoß beruhenden Heimfall daneben zwingend auch noch ein Ersatz für das Nutzungsrecht am Grund und Boden gezahlt werden müsste. Der Umstand, dass der Heimfall regelmäßig durch einen Vertragsverstoß des Erbbauberechtigten ausgelöst wird, spricht aber darüber hinaus auch für die Zulässigkeit des vollständigen Ausschlusses der Heimfallvergütung in Verträgen von Gemeinden als Grundstückseigentümern. Denn der Erbbauberechtigte hat es bei einer solchen vertraglichen Gestaltung selbst in der Hand, den entschädigungslosen Heimfall zu vermeiden, und kann sich darauf einstellen, dass er keine Vergütung für seine Investitionen erhält, wenn er seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt. Dies lässt den entschädigungslosen Heimfall im Grundsatz als ein dem Erbbauberechtigten zumutbares Ergebnis seines eigenen Handelns erscheinen. Die Gemeinde hingegen kann sich, anders als beim Erlöschen des Erbbaurechts wegen Zeitablaufs, auf den vorzeitigen Heimfall regelmäßig nicht langfristig einstellen. Sie könnte daher, wäre die Vergütung nicht ausschließbar, gezwungen sein, sehr kurzfristig erhebliche Haushaltsmittel für das Bauwerk bereitzustellen, oder auf die Geltendmachung des Anspruchs zu verzichten, weil entsprechende Mittel im Haushalt nicht zur Verfügung stehen. Zudem müsste die Gemeinde, wäre sie vergütungspflichtig, eine neue Verwendung für das Bauwerk finden. Dies kann insbesondere dann zu Schwierigkeiten führen, wenn es infolge der Marktentwicklung oder seines Zustands nicht nachgefragt ist oder wenn es sich - wie hier - um ein Bauwerk handelt, das aufgrund seines besonderen Zwecks von vornherein nicht marktgängig ist. Zwar werden sich ungünstige Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten des Bauwerks regelmäßig bei der Verkehrswertermittlung niederschlagen, die Grundlage der Berechnung der Heimfallvergütung ist. Das Risiko, den ermittelten Verkehrs- bzw. Ertragswert zu realisieren, ginge aber letztlich auf die Gemeinde über, obwohl sie weder ein eigenes Interesse an dem Bauwerk noch Einfluss auf seine Gestaltung hat und auch keine Verantwortung für das Vorliegen des Heimfallgrundes trägt. Es erscheint daher nicht als unangemessen, wenn eine Gemeinde als Grundstückseigentümerin in einem Erbbaurechtsvertrag mit einem Privaten die Heimfallvergütung ausschließt (so im Ergebnis auch Nagel, ErbbauZ 2022, 181, 183; Schlögel, MittBayNot 2023, 525, 528; Grziwotz, NotBZ 2023, 116).
Rz. 26
(c) Die theoretische Möglichkeit, dass die Gemeinde bei Geltendmachung des Heimfallanspruchs das Gebäude nicht vergüten muss, anschließend aber gewinnbringend veräußert oder bei erneuter Vergabe eines Erbbaurechts einen im Hinblick auf das Gebäude höher bemessenen Erbbauzins erhält, führt nicht dazu, dass der Ausschluss der Vergütung von vornherein als unangemessen anzusehen wäre. Vielmehr ist einem solchen Umstand, wenn er im Einzelfall tatsächlich gegeben ist, bei der Ausübungskontrolle Rechnung zu tragen, d.h. bei der Prüfung, ob sich die Geltendmachung des vergütungslosen Heimfallanspruchs durch die Gemeinde in der konkreten Situation als verhältnismäßig darstellt (zutreffend Grziwotz, NotBZ 2023, 116, 118).
Rz. 27
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Ausschluss der Vergütung verstoße gegen das Angemessenheitsgebot aus § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB, und die Regelung über den Heimfall sei nur mit der Maßgabe aufrecht zu erhalten, dass die gesetzliche Vergütungsregelung greife, stellt sich somit als rechtsfehlerhaft dar. Dieser Rechtsfehler wirkt sich aber nicht aus, weil es für den von der Klägerin mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Rückübertragung des Erbbaurechts allein auf die von dem Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend bejahte Wirksamkeit der Regelung über den Heimfallanspruch ankommt.
Rz. 28
c) Mit der Geltendmachung des Heimfallanspruchs verstößt die Klägerin, die ungeachtet der Nutzung zivilrechtlicher Formen bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist (vgl. BVerfGE 128, 226, 244; Senat, Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 176/17, NJW 2019, 2016 Rn. 20 mwN; BGH, Urteil vom 7. Februar 1985 - III ZR 179/83, BGHZ 93, 372, 381 mwN), nicht gegen Grundrechte des Beklagten.
Rz. 29
aa) Die Klägerin greift mit der Geltendmachung des Heimfallanspruchs nicht in den Schutzbereich der Kirchengutsgarantie aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV ein.
Rz. 30
(1) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Erbbaurecht an einem Grundstück, das mit einer Moschee bebaut werden soll, bereits vor Fertigstellung des Bauwerks - also ohne eine Widmung oder Nutzung zu religiösen Zwecken - von dem Schutzbereich der Kirchengutsgarantie umfasst ist (zur Zweckbestimmung vgl. BVerfGE 99, 100, 120; Kästner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz [April 2010], Art. 140 Rn. 629 mwN; Korioth in Dürig/Herzog/Scholz, GG [Januar 2023], Art. 138 WRV Rn. 18; Mager in Münch/Kunig, GG, 7. Aufl., Art. 140 Rn. 90; Ehlers in Sachs, GG, 9. Aufl., Art. 140 GG, Art. 138 WRV Rn. 8; Kästner in Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts I, 2. Aufl., S. 899 mwN). Denn Art. 138 Abs. 2 WRV schützt das Vermögen der Religionsgesellschaften - ob es sich bei dem Beklagten um eine solche handelt, kann hier offenbleiben - nur in dem Umfang, wie es nach Maßgabe des einschlägigen zivilen oder öffentlichen Rechts begründet ist. Es gewährleistet kirchliche Vermögensrechte in ihrem Bestand und nach Maßgabe ihrer vorhandenen rechtlichen Qualitäten, erweitert sie aber nicht. Deshalb berührt es den Gewährleistungsgehalt der Kirchengutsgarantie nicht, wenn ein Recht untergeht, weil sich eine ihm immanente Beschränkung aktualisiert hat. Räumt der Staat einer Religionsgesellschaft eine Rechtsposition nur unter bestimmten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Voraussetzungen ein, so ist es für den Schutzbereich des Art. 138 Abs. 2 WRV nicht maßgeblich, in welcher Weise der Bestand des Rechts rechtstechnisch an diese Voraussetzungen gebunden wird. Es macht keinen Unterschied, ob das Recht im Sinne einer Bedingung mit Wegfall der Voraussetzungen von selbst erlischt oder ob es dazu noch einer Erklärung als formeller Voraussetzung bedarf. Unterliegt das Recht einer ursprünglichen Beschränkung, weil es an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, und zielt die Erklärung darauf, die mit Wegfall der Voraussetzungen akut gewordene Beschränkung formal umzusetzen, greift sie nicht in den Schutzbereich ein (vgl. BVerfGE 99, 100, 121 ff.).
Rz. 31
(2) So liegt es auch hier. Die Klägerin hat dem Beklagten das Erbbaurecht an ihrem Grundstück nur unter der - verfassungsrechtlich wie gezeigt nicht zu beanstandenden (Rn. 19) - Voraussetzung eingeräumt, dass dieser das Grundstück innerhalb von vier Jahren mit einer Moschee bebaut, und sich für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen diese Bauverpflichtung den Heimfallanspruch vorbehalten. Mit dem durch den Verstoß des Beklagte gegen die Bauverpflichtung eingetretenen Heimfall hat sich also lediglich eine von Anfang an vorhandene Beschränkung des Erbbaurechts aktualisiert.
Rz. 32
bb) Die Geltendmachung des Heimfallanspruchs verletzt den Beklagten - seine Grundrechtsträgerschaft insoweit unterstellt - auch nicht in seiner Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG oder in seiner Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Für den Heimfall des Erbbaurechts entfaltet die Religionsfreiheit keine über die Kirchengutsgarantie hinausgehenden Schutzwirkungen; Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV konkretisiert den Schutz der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG im Hinblick auf kirchliches Eigentum und andere Rechte (vgl. BVerfGE 99, 100, 119, 127). Entsprechendes gilt für die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 99, 100, 127). Dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft verkennt, dass nicht nur das Eigentum an dem Grundstück, sondern auch das Erbbaurecht - mit dem Bauwerk als wesentlichem Bestandteil (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) - von der Eigentumsgarantie umfasst ist (vgl. BVerfGE 79, 174, 191), hat sich daher nicht ausgewirkt.
Rz. 33
d) Die Geltendmachung des Heimfallanspruchs hält auch der Ausübungskontrolle stand.
Rz. 34
aa) Die Klägerin ist nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Sie hat daher im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob die Geltendmachung des Heimfallanspruchs im Interesse der Sicherung des mit ihm verfolgten Zwecks geboten ist oder eine vermeidbare Härte darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn. 18; Urteil vom 29. Oktober 2010 - V ZR 48/10, NJW 2011, 515 Rn. 16; Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 144/14, BGHZ 206, 120 Rn. 36; Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 33; jeweils mwN).
Rz. 35
bb) Das Berufungsgericht nimmt im Ergebnis rechtsfehlerfrei an, dass die Entscheidung der Klägerin, den Heimfallanspruch geltend zu machen, nach diesem Maßstab nicht zu beanstanden ist. Die Klägerin verfolgt mit der Geltendmachung des Heimfallanspruchs nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weiterhin den der Bestellung des Erbbaurechts zugrunde liegenden Zweck, ihren muslimischen Bürgern die Ausübung ihres Glaubens in einer Moschee zu ermöglichen, und will zudem - was ebenfalls legitim ist - eine Bauruine vermeiden. Die Revision äußert zwar Zweifel an dieser Motivation, greift die Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht mit einer Verfahrensrüge an. Da die Verzögerungen bei der Bauausführung auf einem Verschulden des Beklagten beruhen (vgl. Rn. 7) und sich die Klägerin nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts berechtigterweise darauf beruft, sie habe das Vertrauen in den Beklagten verloren, war die Klägerin auch nicht gehalten, ihn zunächst durch Geltendmachung einer Vertragsstrafe zu einem zügigeren Weiterbau anzuhalten.
Rz. 36
cc) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich die Geltendmachung des Heimfallrechts als im engeren Sinne verhältnismäßig, d.h. als angemessen darstellt, ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 37
(1) Allerdings führt der Ausschluss der Heimfallvergütung dazu, dass die Geltendmachung des Heimfallanspruchs einer strengen Ausübungskontrolle im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des gemeindlichen Handelns unterliegt. Der Heimfall darf im Ergebnis nicht dazu führen, dass der private Erbbauberechtigte für seinen Verstoß gegen vertragliche Pflichten übermäßig sanktioniert wird, weil sich der vergütungslose Heimfall dann der Sache nach als unangemessene Vertragsstrafe darstellen würde. Somit hat die Gemeinde bei der Ausübung ihres Ermessens einerseits Art und Bedeutung des Heimfallgrundes in den Blick zu nehmen, namentlich die Schwere des Vertragsverstoßes des Erbbauberechtigten, und andererseits die Folgen, die der vergütungslose Heimfall für den Erbbauberechtigten hätte. Beides muss in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die Forderung nach der vergütungslosen Rückübertragung des Erbbaurechts kann sich insbesondere dann als unverhältnismäßig darstellen, wenn der Heimfall nicht auf einer schwerwiegenden Vertragsverletzung des Erbbauberechtigten beruht, das Bauwerk ganz oder weitestgehend fertiggestellt ist, der Erbbauberechtigte erhebliche Investitionen getätigt hat und die Gemeinde absehbar in der Lage sein wird, das Bauwerk anderweitig zu nutzen oder zu verwerten. Ersichtlich unverhältnismäßig wäre es etwa, wenn der Erbbauberechtigte allein aufgrund eines Verstoßes gegen eine Nebenpflicht, etwa die Pflicht, das Bauwerk in stets gutem Zustand zu erhalten - deren Verletzung vorliegend ebenfalls einen Heimfallgrund darstellt (Abschn. II Ziff. 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbbV) -, getätigte Investitionen in Millionenhöhe entschädigungslos verlöre, ohne dass zuvor auf andere Weise, etwa durch die Geltendmachung einer Vertragsstrafe, versucht worden wäre, ihn zur Wahrnehmung seiner Pflichten anzuhalten. Andererseits ist die Gemeinde nicht verpflichtet, auch schwere und/oder andauernde Vertragsverletzungen des privaten Erbbauberechtigten hinzunehmen, nur weil dieser erhebliche Summen in das Bauwerk investiert hat und die Vergütung für das Erbbaurecht beim Heimfall zulässigerweise (hierzu oben Rn. 20 ff.) ausgeschlossen wurde.
Rz. 38
(2) Der Beklagte hat insoweit geltend gemacht, dass die Moschee bereits zu 90 % fertiggestellt sei, er insgesamt 2,6 Mio. € in das Gebäude investiert habe und ihm die Insolvenz drohe, wenn die Klägerin ihren Heimfallanspruch ausübe und keine Entschädigung für die bisher errichteten Teile des Gebäudes leiste. Sollten diese Angaben zutreffen - wozu das Berufungsgericht, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen getroffen hat -, könnten Zweifel bestehen, ob sich die Geltendmachung des Heimfallanspruchs durch die Klägerin ohne Zahlung einer Vergütung für das Bauwerk noch als verhältnismäßig darstellte. Dies bedarf indes keiner Entscheidung, weil das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend annimmt, dass dem Beklagten eine solche Vergütung zusteht.
Rz. 39
(a) Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung einer Vergütung für die im Bau befindliche Moschee allerdings nicht bejahen. Das Berufungsgericht meint, der Ausschluss der Vergütung für das Erbbaurecht bei Ausübung des Heimfallanspruchs sei unwirksam, sodass die gesetzliche Vergütungsregelung in § 32 Abs. 1 ErbbauRG greife und der Beklagte unter Rückgriff auf die in Abschn. VII B Ziff. 9 Buchst. b) ErbbV zum Wiederkaufspreis geregelte Berechnung den Verkehrswert für das teilweise fertiggestellte Gebäude erhalte. Dies trifft nicht zu, da der Vergütungsausschluss wirksam ist (siehe oben Rn. 20 ff.). Der Beklagte erhält somit keine Heimfallvergütung für das Bauwerk nach § 32 Abs. 1 ErbbauRG.
Rz. 40
(b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber insoweit im Ergebnis gleichwohl als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn der Beklagte erhält die in Abschn. VII B Ziff. 9 Buchst. b) ErbbV vorgesehene Vergütung für das Gebäude als Teil des Wiederkaufspreises, den die Klägerin ihm aufgrund der wirksamen (hierzu sogleich Rn. 46 ff.) Ausübung des Wiederkaufsrechts für das Grundstück zu zahlen hat.
Rz. 41
(aa) Nach Abschn. VII B Ziff. 9 ErbbV besteht der Wiederkaufspreis aus der Summe a) des vereinbarten Kaufpreises und b) des Werts der Verwendungen auf den Vertragsgegenstand, insbesondere auf die Gebäude, soweit sie zur Zeit des Wiederkaufs einen Verkaufswert haben. Falls sich die Beteiligten nicht einigen können, ist der durch den örtlichen Gutachterausschuss auf den Tag der Ausübung des Wiederkaufsrechts festzustellende Verkehrswert maßgebend. Allerdings führten die von dem Beklagten aufgebrachten Kosten für die teilweise Errichtung der Moschee bei einer allein am Wortlaut orientierten Auslegung dieser Regelung nicht zur Erhöhung des Wiederkaufspreises. Denn sie stellen sich bei Fortbestand des Erbbaurechts als Verwendungen auf dieses (§ 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) und nicht als Verwendungen auf das Grundstück als Vertragsgegenstand des Wiederkaufs dar, zu dessen Bestandteil das Gebäude erst mit Erlöschen des Erbbaurechts wird (§ 12 Abs. 3 ErbbauRG). Unmittelbare Verwendungen auf das Grundstück wären die für die Errichtung der Moschee aufgewandten Kosten bei wortlautgetreuer Auslegung der Regelung nur gewesen, wenn der Beklagte das Bauwerk nach Erwerb des Eigentums an dem Grundstück und Löschung des (Eigentümer-)Erbbaurechts errichtet hätte.
Rz. 42
(bb) Das Berufungsgericht legt die Regelung aber ersichtlich dahin aus, dass jedenfalls in der hier gegebenen Situation, dass die Klägerin zugleich das Wiederkaufsrecht ausübt und den Heimfallanspruch geltend macht, die für das Gebäude aufgewendeten Kosten im Sinne von Abschn. VII B Ziff. 9 Buchst. b) ErbbV als Verwendungen auf das Grundstück anzusehen sind, soweit sie einen Verkaufswert haben, d.h. den Verkehrswert des Grundstücks erhöhen. Dies folgt daraus, dass das Berufungsgericht die Regelung über den Wiederkauf mit der Begründung für wirksam erachtet, dass - abweichend von der Regelung zum Heimfall - ein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich für die Verwendungen des Beklagten vorgesehen sei. Zu diesem Ergebnis hätte das Berufungsgericht nicht widerspruchsfrei kommen können, wenn es der Ansicht wäre, dass gerade in dem zur Entscheidung stehenden Fall Verwendungen nicht als Teil des Wiederkaufspreises zu ersetzen sind. Der Annahme, dass das Berufungsgericht die Regelung zum Wiederkauf auf diese Weise auslegt, steht nicht entgehen, dass es auf die dann naheliegende Frage der Konkurrenz zwischen dem Anspruch auf Verwendungsersatz als Teil des Wiederkaufspreises einerseits und als Heimfallvergütung andererseits nicht eingeht. Denn darauf kam es für das Berufungsgericht nicht an, weil keiner dieser möglichen Ansprüche Gegenstand des Verfahrens ist. Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Auslegung unterliegt, weil es sich um eine rein schuldrechtliche Regelung handelt, nur einer eingeschränkten Überprüfung im Revisionsverfahren (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 271/20, NJW-RR 2022, 349 Rn. 17 mwN). Sie ist vertretbar und Rechtsfehler werden weder von der Revision aufgezeigt noch sind sie sonst ersichtlich.
Rz. 43
(cc) Der Beklagte erhält somit im Ergebnis den Betrag, der sich aus der Berechnung gem. Abschn. VII B Ziff. 9 Buchst. b) ErbbV ergibt. Da das Berufungsgericht diesen Betrag im Rahmen tatrichterlicher Würdigung als angemessenen Ausgleich für die aufgrund der Geltendmachung des Heimfallanspruchs durch die Klägerin von dem Beklagten geschuldete Rückübertragung des Erbbaurechts ansieht, kann der Senat ausschließen, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es - zutreffend - von der Wirksamkeit des Vergütungsausschlusses beim Heimfall ausgegangen wäre.
Rz. 44
Auf die Frage, ob der Anspruch auf den verwendungsbezogenen Teil des Wiederkaufspreises entfällt - wovon das Berufungsgericht für den vom ihm (zu Unrecht) angenommenen Anspruch auf die Heimfallvergütung ausgeht (aA aber insoweit Schlögel in seiner Anmerkung zu dem hiesigen Berufungsurteil, MittBayNot 2023, 525, 528 Fn. 29) -, wenn die Klägerin ihren vertraglich vereinbarten Anspruch auf Beseitigung des Bauwerks geltend macht, kommt es insoweit nicht an. Der Wegfall des Verwendungsersatzes wäre allenfalls ein Umstand, der bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eines bislang nicht geäußerten Beseitigungsverlangens zu berücksichtigen wäre, führte aber nicht (nachträglich) zur Unverhältnismäßigkeit der Geltendmachung des Heimfallanspruchs.
Rz. 45
(3) Insgesamt, insbesondere unter Berücksichtigung des schuldhaften Verstoßes des Beklagten gegen die Bauverpflichtung und der ihm für das nicht fertiggestellte Gebäude zustehenden Vergütung, erweist sich die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Heimfall für den Beklagten keine unzumutbare Härte darstellt, als rechtsfehlerfrei, auch wenn der Beklagte hierdurch (zunächst) die Möglichkeit verliert, auf dem Grundstück und - wie die Revision meint - unter Umständen auch auf dem gesamten Stadtgebiet der Klägerin, eine Moschee zu betreiben.
Rz. 46
e) Die Geltendmachung des Heimfallanspruchs ist schließlich nicht gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Insbesondere nutzt die Klägerin damit keine ihr nur noch formal zustehende Rechtsposition aus. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin mit der wirksamen Ausübung des Ankaufsrechts durch den Beklagten und Zahlung des Ankaufspreises die Rechte und Ansprüche als Grundstückseigentümerin aus dem Erbbaurechtsvertrag nur noch formal zustanden, weil sie verpflichtet war, dem Beklagten das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen. Denn jedenfalls ist dies - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - seit dem Zeitpunkt nicht mehr der Fall, in dem die Klägerin das ihr vertraglich eingeräumte Wiederkaufsrecht wirksam ausgeübt hat.
Rz. 47
aa) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass die Parteien in dem Erbbaurechtsvertrag ein Wiederkaufsrecht der Klägerin i.S.v. § 456 BGB vereinbart haben, denn der Anspruch der Klägerin auf Rückübereignung des Grundstücks gegen Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises sollte mit dem Verlangen der Klägerin entstehen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 5). Die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts im Sinne dieser Norm stellt eine neben den eigentlichen - hier der mit Annahme des im Erbbaurechtsvertrag von der Klägerin abgegebenen Kaufangebots durch den Beklagten zustande gekommenen - Kaufvertrag tretende Rückkaufabrede dar, die dem Verkäufer einen aufschiebend bedingten Anspruch auf (Rück-) Übereignung des Kaufgegenstands gewährt. Durch die Wiederkaufserklärung wird der bereits bedingt abgeschlossene Wiederkaufvertrag mit dem Eintritt der Bedingung wirksam (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1958 - V ZR 51/57, BGHZ 29, 107, 110 ff.; Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 386/98, NJW 2000, 1332 [juris Rn. 5]). Solange der Wiederkaufvertrag Geltung beansprucht, steht einem Rückgriff auf den ursprünglichen Kaufvertrag der Einwand des Wiederkaufs entgegen (Senat, Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 386/98, aaO [juris Rn. 10]).
Rz. 48
bb) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts in Abschn. VII B Ziff. 9 ErbbV wirksam ist.
Rz. 49
(1) Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf die von ihm bejahte Frage an, ob eine solche Vereinbarung gemäß § 2 Nr. 7 ErbbauRG dinglicher Inhalt des Erbbaurechts sein kann (vgl. hierzu Dieckmann, BWNotZ 2023, 121 ff.). Denn das Wiederkaufsrecht wurde vorliegend rein schuldrechtlich vereinbart, wie sich zweifellos aus dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Erbbaurechtsvertrag ergibt.
Rz. 50
(2) Eine Unwirksamkeit folgt auch nicht aus der Verknüpfung mit der Vereinbarung zu den Rechtsfolgen. Die vertragliche Regelung, nach der der Beklagte bei einer Ausübung des Wiederkaufsrechts alle Lasten zu beseitigen hat, ist nicht unwirksam. Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 ErbbauRG darf sich der Erbbauberechtigte zwar nicht zur Aufgabe des Erbbaurechts verpflichten. Das Berufungsgericht legt die vertragliche Regelung aber rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet dahin aus, dass zu den zu beseitigenden Lasten nicht das Erbbaurecht gehört.
Rz. 51
(3) Die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts verstößt ferner nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung, da die Klägerin dem Beklagten mit dem Wiederkaufspreis einen angemessenen Ausgleich zu gewähren hat.
Rz. 52
(4) Schließlich ist die Vereinbarung weder mit einer unwirksamen Bauverpflichtung verknüpft noch verstößt sie gegen Grundrechte. Vor Vertragsschluss stand dem Beklagten keine grundrechtlich geschützte Rechtsposition an dem Grundstück zu; er hatte auch keinen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Einräumung eines Kaufrechts ohne Wiederkaufsrecht.
Rz. 53
cc) Mit der Zuwiderhandlung des Beklagten gegen die Bauverpflichtung sind auch die Voraussetzungen des Wiederkaufsrechts erfüllt. Die Ausübung dieses Rechts verletzt den Beklagten nicht in seinen Grundrechten. Auch insoweit hat sich lediglich eine von Anfang an vorhandene (immanente) Beschränkung seines Kaufrechts aktualisiert (zum Eigentumsschutz von schuldrechtlichen Forderungen vgl. BVerfGE 112, 93, 107; vgl. Rn. 19, 28 ff.). Entgegen der Ansicht der Revision ist die Ausübung des Wiederkaufsrechts auch verhältnismäßig. Aus den o.g. Gründen musste die Klägerin insbesondere nicht zunächst eine Vertragsstrafe geltend machen (vgl. Rn. 35).
Rz. 54
dd) Somit stand dem Rückgriff auf den Ankaufvertrag ab dem Zeitpunkt der Ausübung des Wiederkaufsrechts der Einwand des Wiederkaufs entgegen und war die Klägerin nicht (mehr) verpflichtet, dem Beklagten das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. Sie hatte keine lediglich formale Rechtsposition hinsichtlich der Rechte und Ansprüche aus dem Erbbaurecht und der Erbbaurechtsvereinbarung inne, als sie - zeitgleich - das Wiederkaufsrecht ausübte und den Heimfallanspruch geltend machte.
Rz. 55
2. Da die Klage hinsichtlich des Hauptantrages auf Rückübertragung des Erbbaurechts Erfolg hat, ist die innerprozessuale Bedingung für die Entscheidung über den Hilfsantrag nicht eingetreten.
Rz. 56
3. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht weiter an, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Versicherung der Moschee gegen Brand- und Elementarschäden aller Art zum Neuwert sowie Vorlage des Versicherungsscheins aufgrund von Abschn. II Ziff. 5 ErbbV zusteht. Entgegen der Ansicht der Revision ist dieser Anspruch nicht durch Besitzübergabe (mit vollständiger Kaufpreiszahlung) erloschen.
Rz. 57
a) Das Berufungsgericht legt die Vereinbarung, nach der die Versicherung über die Dauer des Erbbaurechts aufrechtzuerhalten ist, dahin aus, dass die Versicherungspflicht nur durch Aufhebung des Erbbaurechts gemäß § 26 ErbbauRG oder Entstehung eines Eigentümererbbaurechts, und nicht auch durch Besitzübergabe (mit vollständiger Kaufpreiszahlung) endet. Diese Auslegung unterliegt, weil die Vereinbarung Bestandteil des dinglichen, von der Eintragungsbewilligung gedeckten Inhalts des Erbbaurechts ist (vgl. § 2 Nr. 2 ErbbauRG), der uneingeschränkten Nachprüfung durch den Senat. Dabei ist auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen, wie er sich aus der Grundbucheintragung und der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (st. Rspr. des Senats, vgl. Urteil vom 28. September 1984 - V ZR 135/83, NJW 1985, 1464, 1465; Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 56/02, WM 2004, 230; Urteil vom 6. November 2015 - V ZR 165/14, BGHZ 207, 334 Rn. 37; jeweils mwN).
Rz. 58
b) Nach diesem Maßstab erweist sich die Auslegung als zutreffend, weil ein Erlöschen der Versicherungspflicht mit Übergang des Besitzes an dem Grundstück auf den Beklagten in Vollzug des Ankaufs weder im Erbbaurechtsvertrag angelegt ist noch interessengerecht wäre.
Rz. 59
aa) Wortlaut und Systematik des Vertrages sprechen gegen einen dahingehenden Parteiwillen. Ein Erlöschen der Versicherungspflicht für das Gebäude mit Besitzübergang an dem Grundstück auf den Beklagten ist in dem Erbbaurechtsvertrag nicht vorgesehen. Insoweit unterscheidet sich die Regelung in Abschn. II Ziff. 5 von der in Abschn. VII B Ziff. 4 ErbbV, wonach der Erbbauzins bei Annahme des Kaufangebots der Klägerin durch den Beklagten (nur) bis zur Besitzübergabe (mit vollständiger Kaufpreiszahlung) zu zahlen sein soll. Dies spricht entgegen der Ansicht der Revision nicht für, sondern gerade gegen die Annahme, dass die Parteien auch die Versicherungspflicht mit Besitzübergabe enden lassen wollten.
Rz. 60
bb) Der Fortbestand der Versicherungspflicht nach Übergang des Besitzes an dem Grundstück entspricht auch den objektiven Interessen beider Vertragsparteien. Denn der Beklagte ist vertraglich bei Beschädigung oder Zerstörung des Bauwerks durch Brand oder andere Einwirkungen zum Wiederaufbau verpflichtet. Es entspricht somit nicht nur dem für die Dauer ihres Eigentums an dem Grundstück fortbestehenden Interesse der Klägerin, sondern auch dem objektiven Interesse des Beklagten, das Gebäude gegen Beschädigung oder Zerstörung zu versichern.
Rz. 61
cc) Soweit die Revision meint, nur eine Versicherungspflicht des unmittelbaren Besitzers (mit entsprechender Einwirkungsmöglichkeit) sei interessengerecht, überzeugt dies nicht. Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat und der Beklagte keinen Vortrag dazu aufzeigt, wer derzeit unmittelbarer Besitzer des Gebäudes ist, erscheint auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Abschluss einer Gebäudeversicherung dem unmittelbaren Besitzer - etwa einem Mieter - besser oder leichter möglich sein soll als dem Grundstückseigentümer. Wäre dies richtig, könnte sich der Beklagte überdies durch die Vermietung des Gebäudes seiner Versicherungspflicht gegenüber der Klägerin als Grundstückseigentümerin entledigen, was ersichtlich nicht beiderseits interessengerecht wäre.
Rz. 62
dd) Auch die hypothetische Vergleichsüberlegung, dass eine Versicherungspflicht des Beklagten nicht vereinbart worden wäre, wenn nicht ein Erbbaurecht bestellt worden wäre, sondern der Beklagte unmittelbar das Grundstück gekauft hätte, lässt, anders als die Revision meint, nicht den Schluss zu, dass eine solche Versicherungspflicht in der vorliegenden Konstellation des Ankaufs durch den Beklagten als Erbbauberechtigtem vor Übergang des Eigentums an dem Grundstück nicht interessengerecht ist. Selbst wenn man dies unterstellte, wäre aber jedenfalls davon auszugehen, dass es dem Interesse beider Parteien entspricht, wenn die Versicherungspflicht mit der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts wiederauflebt.
Rz. 63
c) Somit besteht die Versicherungspflicht des Beklagten solange, wie das Erbbaurecht weder aufgehoben wird noch ein Eigentümererbbaurecht (vgl. § 889 BGB) in der Person des Beklagten durch Erwerb des Grundstückseigentums - was durch Ausübung des Wiederkaufsrechts inzwischen ausgeschlossen ist - oder in der Person der Klägerin - durch dinglichen Vollzug des Heimfallanspruchs - entsteht.
Rz. 64
4. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung in Höhe von 110.425 €. In dem streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 1. Januar 2019 - nach Ausübung des Wiederkaufsrechts - ist der Beklagte wieder gemäß Abschnitt III Ziff. 11 ErbbV zur Zahlung des Erbbauzinses verpflichtet.
Rz. 65
a) Das Berufungsgericht legt die Vereinbarung in Abschnitt VII B Ziff. 4 ErbbV, nach der der Beklagte den Erbbauzins (nach Annahme des Kaufangebots) nur bis zur Besitzübergabe, die mit vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgt, zu zahlen hat, dahin aus, dass ein die Erbbauzinspflicht ausschließender Besitz nur vorliegt, wenn und solange der Kaufvertrag wirksam besteht und der Beklagte Besitzrechte aus ihm ableiten kann.
Rz. 66
b) Ob diese Auslegung vollends überzeugt (aA Schlögel, MittBayNot 2023, 525, 526 Fn. 2), kann dahinstehen. Sie ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar, da die Regelung über den Wegfall der Erbbauzinspflicht mit Besitzübergang eindeutig nicht Bestandteil des dinglichen, von der Eintragungsbewilligung gedeckten Inhalts des Erbbaurechts ist, und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.
Rz. 67
c) Da der Beklagte seit der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts im Dezember 2018 keine Besitzrechte mehr aus dem Kaufvertrag herleiten kann, ist er nach dieser Auslegung jedenfalls seit 2019 wieder zur Zahlung von Erbbauzinsen an die Klägerin verpflichtet.
Rz. 68
5. Auch hinsichtlich der Widerklage hat die Revision keinen Erfolg.
Rz. 69
a) Den Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte nicht zur Zahlung von Erbbauzinsen an die Klägerin verpflichtet ist, hält das Berufungsgericht zu Recht für unbegründet, weil der Beklagte nach der soeben gegebenen Begründung jedenfalls seit dem 1. Januar 2019 wieder gemäß Abschnitt III Ziff. 11 ErbbV zur Zahlung des Erbbauzinses verpflichtet ist (siehe oben Rn. 64 ff.).
Rz. 70
b) Zutreffend verneint das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Übereignung des Grundstücks. Wegen der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts kann der Beklagte aus dem Kaufvertrag keine Rechte mehr herleiten.
Rz. 71
c) Den Antrag auf Feststellung, dass die Ausübung des Wiederkaufsrechts rechtswidrig und unwirksam ist, legt das Berufungsgericht zutreffend dahin aus, dass festgestellt werden soll, dass zwischen den Parteien kein Wiederkaufvertrag zustande gekommen ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 2016 - V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404 Rn. 9 ff. mwN). Mit diesem Inhalt ist der Antrag auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet und somit gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, wegen der wirksamen Ausübung des Wiederkaufsrechts (siehe hierzu Rn. 46 ff.) aber unbegründet.
Rz. 72
d) Der Antrag auf Feststellung einer Ersatzpflicht der Klägerin für bereits entstandene und künftige Schäden ist ebenfalls unbegründet, denn die Ausübung des Heimfallanspruchs und des Wiederkaufsrechts war rechtmäßig und stellt somit weder eine (Amts-) Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG noch einen rechtswidrigen (enteignungsgleichen) Eingriff dar.
III.
Rz. 73
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner |
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Haberkamp |
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|
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Malik |
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Schmidt |
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Fundstellen
Haufe-Index 16184013 |
NJW 2024, 8 |
NJW-RR 2024, 506 |
NZM 2024, 201 |
ZAP 2024, 163 |
ZfIR 2024, 152 |
ZfIR 2024, 3 |
DNotZ 2024, 263 |
JZ 2024, 115 |
NJW-Spezial 2024, 258 |
NZBau 2024, 148 |
NZBau 2024, 5 |
RNotZ 2024, 315 |
BBB 2024, 48 |
FSt 2024, 617 |
ImmWert 2024, 37 |