Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietsicherheit wird erst fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urt. v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 162, sowie v. 18.1.2006 - VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rz. 9).
Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen des Vermieters sind wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB.
Dem Vermieter ist es deshalb nach § 216 Abs. 3 BGB verwehrt, sich wegen bereits verjährter Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.
Normenkette
BGB §§ 551, 216 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 01.09.2014; Aktenzeichen 9 S 330/13) |
AG Erfurt (Urteil vom 20.11.2013; Aktenzeichen 14 C 3188/12) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Erfurt vom 1.9.2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger war von 2002 bis zum 31.5.2009 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Erfurt. Zu Beginn des Mietverhältnisses hatte der Kläger ein Kautionssparbuch über 695,36 EUR eingerichtet, eine Verpfändungserklärung abgegeben und das Sparbuch an die Beklagte als Mietsicherheit übersandt.
Rz. 2
Die dem Kläger für die Jahre 2006 bis 2009 erteilten Betriebskostenabrechnungen vom 31.8.2007, vom 21.10.2008, vom 3.11.2009 und vom 4.11.2010 wiesen jeweils Nachzahlungsbeträge zugunsten der Beklagten aus, die sich nach Teilzahlungen des Klägers auf 167,77 EUR für das Jahr 2006, 299,26 EUR für das Jahr 2007, 337,62 EUR für das Jahr 2008 und 154,92 EUR für das Jahr 2009 beliefen (insgesamt 959,57 EUR).
Rz. 3
Mit der am 28.12.2012 anhängig gemachten und am 21.2.2013 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Pfandfreigabe und die Rückgabe des Sparbuchs. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf die aus ihrer Sicht bestehenden Nachzahlungsansprüche aus den Betriebskostenabrechnungen i.H.v. insgesamt 959,57 EUR berufen und diesen Betrag gleichzeitig im Wege der Widerklage geltend gemacht.
Rz. 4
Beide Parteien berufen sich wechselseitig auf die Verjährung der gegen sie geltend gemachten Ansprüche.
Rz. 5
Das AG hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte aus der Betriebskostenjahresabrechnung für das Jahr 2009 den Betrag von 128,11 EUR zu zahlen; im Übrigen hat es die Widerklage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sich nur gegen die Abweisung der Klage gewendet hat, ist beim LG ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision hat Erfolg.
Rz. 7
Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 4.4.1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).
I.
Rz. 8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Pfandfreigabe und Rückgabe des als Mietsicherheit verpfändeten Sparbuchs. Grundsätzlich sei der Anspruch auf Freigabe sowie Herausgabe der Mietkaution spätestens nach Ablauf von sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses fällig, hier also Ende November 2009. Zu diesem Zeitpunkt hätten der Beklagten jedoch Zurückbehaltungsrechte für Forderungen aus den Jahren 2006 bis 2008 unverjährt zugestanden. Die später eingetretene Verjährung dieser Ansprüche stehe der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes deshalb gem. § 215 BGB nicht entgegen. Darüber hinaus erstrecke sich die Mietsicherheit auch auf weitere Forderungen aus dem Mietverhältnis, welche erst nach dessen Beendigung durch Erstellung einer entsprechenden Betriebskostenabrechnung entstanden seien.
Rz. 10
§ 216 Abs. 3 BGB hindere die erfolgreiche Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht nicht, da es sich bei Forderungen aus Betriebskostenjahresabrechnungen nicht um wiederkehrende Leistungen im Sinne dieser Vorschrift handele.
II.
Rz. 11
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Bereits die Annahme des Berufungsgerichts, der Freigabeanspruch des Klägers sei nach Ablauf von sechs Monaten seit Mietende, mithin Ende November 2009 fällig geworden, ist von Rechtsirrtum beeinflusst. Zudem handelt es sich bei Betriebskostennachforderungen um wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB mit der Folge, dass die Beklagte vorliegend entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gehindert ist, sich wegen der zwischen den Parteien noch im Streit befindlichen verjährten Betriebskostennachforderungen der Jahre 2006 bis 2008 (804,65 EUR) aus der verpfändeten Sparbuchforderung (695,36 EUR) zu befriedigen.
Rz. 12
1. Dem Mieter, der eine Mietsicherheit geleistet hat, steht (frühestens) nach Beendigung des Mietverhältnisses und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist des Vermieters (BGH, Urt. v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 162; v. 18.1.2006 - VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rz. 9) ein Anspruch auf Freigabe der Sicherheit zu. Bei Verpfändung einer Sparbuchforderung wie im vorliegenden Fall ergibt sich der Anspruch des Mieters auf Freigabe der Sicherheit und Rückgabe des Sparbuchs sowohl aus §§ 1273, 1223 Abs. 1 BGB (dinglicher Anspruch) sowie aus der regelmäßig stillschweigend abgeschlossenen Sicherungsabrede. Dieser Anspruch wird allerdings erst dann fällig, wenn das Sicherungsbedürfnis entfallen ist, mithin zu dem Zeitpunkt, in dem dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH, Urt. v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97, a.a.O.).
Rz. 13
a) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist der Anspruch des Klägers auf Freigabe der Kaution deshalb nicht mit Ablauf des Monats November 2009 fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt standen der Beklagten nämlich die - vom Berufungsgericht als berechtigt zugrunde gelegten - Betriebskostennachforderungen aus den Abrechnungen für die Jahre 2006 bis 2008 als unverjährte Forderungen zu und hätte sich die Beklagte damals wegen dieser Forderungen (ihren Bestand vorausgesetzt) - unzweifelhaft - noch aus der Sicherheit befriedigen können. Denn der älteste von der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Zahlung restlicher Betriebskosten für das Jahr 2006 verjährte erst mit Ablauf des Jahres 2010, da diese Kosten am 31.8.2007 abgerechnet wurden mit der Folge, dass die dreijährige (regelmäßige) Verjährungsfrist dieses Anspruchs (§ 195 BGB) am 31.12.2007 zu laufen begann (§ 199 Abs. 1 BGB) und am 31.12.2010 endete. Die zeitlich nachfolgenden Ansprüche aus den in den Jahren 2008 und 2009 erfolgten Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 verjährten demgemäß mit Ablauf der Jahre 2011 und 2012; die erst im Jahr 2013 erhobene Widerklage hat die Verjährung wegen der Betriebskostennachforderungen für die Jahre 2006 bis 2008 nicht mehr hemmen und somit den Eintritt der Verjährung nicht verhindern können.
Rz. 14
b) Wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen hat, hängt die Frage, ob sich die Beklagte wegen der vorstehend behandelten Forderungen auch nach dem Eintritt der Verjährung noch aus der Sicherheit befriedigen kann, davon ab, ob diese Forderungen als wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB einzuordnen sind. Allerdings geht es dabei, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht um ein Zurückbehaltungsrecht, das die Beklagte dem Freigabeanspruch des Klägers entgegenhalten könnte, sondern um die Frage, ob dieser Anspruch mangels durch das Pfandrecht gesicherter Forderungen zu diesem Zeitpunkt überhaupt erst entstanden und somit fällig geworden ist.
Rz. 15
aa) Gemäß § 216 Abs. 1 BGB hindert die Verjährung eines Anspruchs, für den ein Pfandrecht bestellt ist, den Gläubiger nicht, seine Befriedigung aus dem belasteten Gegenstand zu suchen. Dieses Verwertungsrecht besteht allerdings, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, nicht uneingeschränkt. Denn § 216 Abs. 1 BGB findet nach § 216 Abs. 3 BGB keine Anwendung auf die Verjährung von Zinsen und anderen wiederkehrenden Leistungen. So verhält es sich, wie die Revision zu Recht rügt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei den hier in Rede stehenden Forderungen der Beklagten auf Betriebskostennachzahlungen.
Rz. 16
Wegen des in § 216 Abs. 3 BGB (früher: § 223 Abs. 3 BGB a.F.) verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs der "wiederkehrende[n] Leistungen" kann auf die Rechtsprechung des BGH zu § 197 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Demnach sind wiederkehrende Leistungen solche, die nach Gesetz oder Parteivereinbarung zu von vorneherein bestimmten regelmäßig wiederkehrenden Terminen erbracht werden müssen. Ob die Leistung, sofern sie in einer Geldzahlung besteht, in der immer gleichen Summe erbracht wird, ist für die Beurteilung ohne Bedeutung; der zu zahlende Betrag kann schwanken oder auch zu manchen Terminen ganz ausbleiben (BGH, Urt. v. 23.9.1958 - I ZR 106/57, BGHZ 28, 144, 150 f.; vom 6.4.1981 - II ZR 186/80, BGHZ 80, 357 f.).
Rz. 17
bb) So verhält es sich grundsätzlich auch bei (Nachzahlungs-) Forderungen aus Betriebskostenjahresabrechnungen. Soweit dies in der mietrechtlichen Literatur teilweise anders gesehen wird (Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 543 Rz. 49; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl., § 543 BGB Rz. 87; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 543 Rz. 23), beziehen sich diese Stimmen auf die - hier nicht zur Entscheidung stehende - Frage, ob Rückstände aus Betriebskostenjahresabrechnungen zum Mietbegriff des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB zählen und deshalb eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses (mit-)begründen können.
Rz. 18
(1) Die dispositive Regelung des § 556b Abs. 1 Satz 1 BGB sieht vor, dass die Miete nach bestimmten Zeitabschnitten (periodisch) zu entrichten ist. Die vertraglichen Vereinbarungen über die Mietzahlungspflicht folgen - wie auch im Streitfall - in der Regel dieser gesetzlichen Vorgabe. Es unterliegt keinem Zweifel, dass derartige Mietzahlungen als regelmäßig wiederkehrende Leistungen i.S.d. § 216 Abs. 3 BGB bzw. des § 197 Abs. 2 BGB zu qualifizieren sind. Zu der periodisch zu leistenden Miete zählen indes nicht nur die Grundmiete, sondern - soweit sie aufgrund vertraglicher Vereinbarung gem. § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Mieter umgelegt sind - auch die Vorauszahlungen auf die für das jeweilige Jahr zu erwartenden Betriebskosten nach § 556 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 23.7.2008 - XII ZR 134/06, NJW 2008, 3210 Rz. 31; v. 12.5.2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rz. 41). Darin ähnelt der Anspruch auf Betriebskostenvorauszahlung dem Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf (Voraus-)Zahlung von Wohngeld, der auf gesetzlicher Grundlage (§ 28 Abs. 2 WEG) beruht und der je nach Veranschlagung des jährlich aufzustellenden Wirtschaftsplans der Gemeinschaft in der Höhe schwanken kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2005 - V ZR 350/03, NJW 2005, 3146 unter III 2b).
Rz. 19
(2) Den Charakter als wiederkehrende Leistung verlieren Betriebskostenzahlungen des Mieters indes nicht dadurch, dass sie als Saldo einer Betriebskostenjahresabrechnung verlangt werden, zumal auch die sich daraus ergebenden, üblicherweise von Jahr zu Jahr in der Höhe schwankenden Zahlungen - wenn die Abrechnung einen Saldo zugunsten des Vermieters ergibt - regelmäßig wiederkehrend zu erbringen sind, da der Vermieter über die Betriebskosten jährlich abzurechnen hat (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Rz. 20
Der Abrechnungsvorgang als solcher stellt den Charakter der sich aus ihm (etwaig) ergebenden Zahlung als wiederkehrende Leistung nicht in Frage. Denn der Betriebskostenjahresabrechnung kommt kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu; die Jahresabrechnung ist vielmehr ein reiner Rechenvorgang i.S.d. § 259 BGB, der (lediglich) die Fälligkeit des Nachforderungsanspruchs herbeiführt (BGH, Urt. v. 10.8.2010 - VIII ZR 319/09, NJW-RR 2010, 1598 Rz. 6 m.w.N.; Staudinger/Weitemeyer, a.a.O., § 556 Rz. 82). Die Betriebskostenjahresabrechnung ist somit nicht rechtsbegründend (konstitutiv) für den Leistungsanspruch. Der Anspruch ist vielmehr bereits mit der (regelmäßig zu Mietbeginn getroffenen) vertraglichen Vereinbarung gem. § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Übertragung der Betriebskostenlast auf den Mieter dem Grunde nach entstanden. Darin unterscheidet er sich etwa von dem Anspruch eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf Auszahlung des Gewinnanteils, der keine wiederkehrende Leistung zum Gegenstand hat. Denn letzterer erfordert zu seiner Entstehung einen rechtsbegründenden Akt in Gestalt eines Gesellschafterbeschlusses über die Aufstellung und Feststellung der Bilanz (BGH, Urt. v. 6.4.1981 - II ZR 186/80, a.a.O., S. 358).
Rz. 21
2. Im Ergebnis darf sich die Beklagte daher gem. § 216 Abs. 3, Abs. 1 BGB nicht mehr wegen der Nachforderungen für die Jahre 2006 bis 2008 aus der Sicherheit befriedigen, denn diese Forderungen sind - wie oben ausgeführt - mit Ablauf des Jahres 2012 sämtlich verjährt.
Rz. 22
Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, folgt auch aus § 215 BGB nichts Abweichendes. Nach dieser Vorschrift schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Wie bereits ausgeführt, wird der Anspruch auf Freigabe der Sicherheit jedoch erst fällig, wenn keine gesicherten Forderungen mehr vorhanden sind; die Frage eines Zurückbehaltungsrechts stellt sich somit gegenüber dem Freigabeanspruch nicht (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.1999 - XII ZR 124/97, a.a.O.). Im Übrigen ist die Frage, ob der Gläubiger sich wegen eines verjährten Anspruchs noch aus der Sicherheit befriedigen kann, in § 216 Abs. 1, 3 BGB abschließend geregelt. Der mit dieser Regelung verfolgte Zweck besteht darin, dass hinsichtlich wiederkehrender Leistungen für die Befriedigung des Gläubigers aus einer Sicherheit nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung stehen soll, so dass der Schuldner nach Ablauf dieses Zeitraums und Eintritt der Verjährung der gesicherten Forderung die Verwertung der Sicherheit wegen derartiger Ansprüche verhindern und somit die Sicherheit zurückerhalten kann, wenn keine sonstigen gesicherten Forderungen mehr bestehen. Dieser Zweck würde indes vereitelt, wenn der Gläubiger in einem solchen Fall die Rückgabe einer Sicherheit unter Verweis auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen verjährter wiederkehrender Leistungen verweigern könnte.
Rz. 23
3. Obwohl sämtliche Betriebskostennachforderungen für die Jahre 2008 und früher mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt waren, ist der Freigabeanspruch des Klägers zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig geworden. Denn der Beklagten stand jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung vom 3.11.2010 für das Jahr 2009 zu. Die Verjährungsfrist für diese Forderung lief noch bis Ende 2013 und wurde durch die Erhebung der Widerklage im März 2013 gehemmt.
Rz. 24
Wie durch das insoweit rechtskräftige Urteil des AG vom 20.11.2013 feststeht, belief sich diese Nachforderung der Beklagten indes auf (nur) 128,11 EUR, da das AG der Widerklage nur in Höhe dieses Betrages stattgegeben und sie wegen des weitergehenden Betrages abgewiesen hat, wobei auch die (Teil-)Abweisung in Rechtskraft erwachsen ist. Wann und ob der Anspruch des Klägers auf Freigabe der sich auf 695,36 EUR belaufenden verpfändeten Forderung überhaupt fällig geworden ist, hängt somit davon ab, ob der Beklagte die titulierte Forderung im Laufe des Rechtsstreits bezahlt hat.
Rz. 25
Das Berufungsgericht hatte angesichts seiner Rechtsauffassung, die Beklagte könne sich ohnehin wegen der verjährten, den Sparbuchbetrag übersteigenden Forderungen aus der Sicherheit befriedigen, keinen Anlass, hierzu Feststellungen zu treffen oder auch nur im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage auf das Einlösungsrecht des Verpfänders nach § 1223 Abs. 2 BGB hinzuweisen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 22.4.1999 - I ZR 37/97, NJW 1999, 3716 unter II 3b; RGZ 92, 280, 281 f.; Staudinger/D. Wiegand, BGB, Neubearb. 2009, § 1223 Rz. 10, § 1273 Rz. 21). Dies drängt sich nun aber auf, nachdem durch die vorliegende Entscheidung des Senats geklärt ist, dass die verpfändete Sparbuchforderung allenfalls noch die Widerklageforderung sichert, die nur einen Bruchteil des als Sicherheit dienenden Guthabens ausmacht.
III.
Rz. 26
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf die oben dargestellte Sach- und Rechtslage ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu gewähren. Dabei wird das Berufungsgericht sich auch mit dem nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung im Schriftsatz vom 18.7.2014 gehaltenen Vortrag des Klägers zu befassen haben, er habe die titulierte Widerklageforderung inzwischen beglichen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Rz. 27
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem BGH, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Fundstellen
Haufe-Index 9702149 |
DB 2016, 7 |
NJW 2016, 3231 |
NJW 2016, 8 |
DWW 2016, 291 |
NZM 2016, 762 |
ZAP 2016, 1214 |
ZMR 2016, 768 |
JZ 2016, 680 |
JuS 2017, 264 |
MDR 2016, 1323 |
WuM 2016, 620 |
GK/BW 2018, 117 |
InsbürO 2016, 467 |
MietRB 2016, 311 |
NJW-Spezial 2016, 675 |
RÜ 2017, 7 |
RdW 2017, 28 |
BBB 2016, 60 |
BBB 2016, 68 |
GK/Bay 2017, 187 |
HRN 2016, 151 |
HRN 2018, 51 |
IWR 2016, 58 |
JM 2017, 186 |
LL 2017, 25 |
MK 2016, 207 |
immobilienwirtschaft 2024, 108 |