Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß des Patentamtes ist ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Bundespatentgerichts nicht statthaft.
Normenkette
PatG 1981 § 84 Abs. 2, § 99 Abs. 2, § 110 Abs. 1; GebrMG § 17 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung gegen das am 23. Oktober 2000 verkündete Urteil des 10. Senats (Juristischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der vom Beklagten wegen Gebrauchsmusterverletzung in Anspruch genommene Kläger beantragte die Löschung des Gebrauchsmusters. Aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs nahmen der Beklagte die Verletzungsklage und der Kläger den Löschungsantrag zurück. Auf Antrag des Beklagten hat das Deutsche Patentamt Kosten in Höhe von 1.940,– DM gegen den Kläger festgesetzt.
Der Kläger ist der Auffassung, nach dem Vergleich stehe dem Beklagten der titulierte Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
Das Bundespatentgericht hat die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß für unzulässig erklärt.
Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der er weiterhin Klageabweisung erstrebt. Der Kläger ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung sind die Parteien nicht erschienen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist in entsprechender Anwendung des § 113 PatG als unzulässig zu verwerfen, wobei das Urteil entsprechend § 118 Abs. 2 PatG auf Grund der Akten ergeht. Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts im Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß des Patentamtes findet kein Rechtsmittel statt.
Nach § 99 Abs. 2 PatG findet eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts nur statt, soweit das Patentgesetz sie zuläßt. Die Vorschrift gilt entsprechend in Gebrauchsmustersachen, wie das Gesetz unmittelbar dadurch bestätigt, daß nach § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2 und 3 PatG im Löschungsverfahren die Vorschriften der ZPO über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend anzuwenden sind, § 99 Abs. 2 PatG jedochunberührt bleibt (allgemein zur entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Patentgesetzes, soweit Besonderheiten des Gebrauchsmusterrechts nicht entgegenstehen, Benkard, PatG GebrMG, 9. Aufl., § 21 GebrMG Rdn. 1; Busse, PatG, 5. Aufl., § 21 GebrMG Rdn. 2).
Zu den nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG entsprechend anwendbaren Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gehören auch die Vorschriften der §§ 794 Abs. 1 Nr. 2, 795, 767 Abs. 1 ZPO über die Vollstreckungsabwehrklage gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse, für die das Bundespatentgericht als „Prozeßgericht des ersten Rechtszuges” zuständig ist (BPatGE 24, 160). Daraus ergibt sich zugleich, daß Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß des Patentamts nicht etwa ungeregelt lassen, wie der Beklagte meint, der daraus ableiten möchte, es handele sich nicht um ein patentgerichtliches Verfahren i.S.d. §§ 73 ff. PatG und es seien daher – lückenfüllend – die Vorschriften der §§ 511 ff. ZPO über die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile entsprechend anzuwenden. Vielmehr sind die Vorschriften der ZPO auf die in Rede stehende Vollstreckungsabwehrklage kraft und im Umfang der Verweisung in § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2 und 3 PatG anwendbar und demgemäß wie auch sonst (§ 99 Abs. 1 PatG) dort nicht, wo Gebrauchsmustergesetz oder Patentgesetz eigene Regelungen enthalten.
Patent- oder Gebrauchsmustergesetz lassen eine Anfechtung des Urteils des Bundespatentgerichts über die Vollstreckungsabwehrklage nicht zu. Die Berufung findet vielmehr nach § 110 Abs. 1 PatG nur statt gegen die Urteile der Nichtigkeitssenate des Patentgerichts (§ 84 PatG). Das sind die Urteile in Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz (§ 81 Abs. 1 Satz 1 PatG) sowie die entsprechenden gebrauchsmusterrechtlichen Zwangslizenzverfahren (§ 20 GebrMG). Zu diesen Urteilen gehört die angefochtene Entscheidung nicht.
§ 110 Abs. 1 PatG kann auch nicht dahin verstanden werden, daß Urteil eines Nichtigkeitssenats im Sinne dieser Vorschrift auch das Urteil des Bundespatentgerichts nach § 84 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 794 Abs. 1 Nr. 2, 795, 767 Abs. 1 ZPO über die Vollstreckungsabwehrklage wäre. Mit „Urteil” meint § 110 Abs. 1 PatG, wie der Klammerzusatz („§ 84”) verdeutlicht, das in § 84 Abs. 1 und 2 PatG allein erwähnte Urteil über eine der in §§ 81 Abs. 1 PatG, 20 GebrMG aufgeführten Klagen. Allein diese sind den Nichtigkeitssenaten zugewiesen (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 PatG). Ein anderes Verständnis widerspräche im übrigen nicht nur dem Zweck des § 110 Abs. 1 PatG, die Berufung gegen Urteile des Bundespatentgerichts nicht schlechthin, sondern nur in den in §§ 81 Abs. 1 PatG, 20 GebrMG bezeichneten Klageverfahren zuzulassen, sondern auch dem Zweck des § 84 Abs. 2 Satz 2 und 3 PatG und führte zu Wertungswidersprüchen im Rechtsmittelsystem. Die Verweisung auf § 84 Abs. 2 PatG in §§ 17 Abs. 4, 18 Abs. 3 Satz 2 GebrMG eröffnet kein ansonsten nicht gegebenes Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts, wie schon § 84 Abs. 2 Satz 3 PatG zeigt, nach dem § 99 Abs. 2 PatG gerade unberührt bleibt. Sie bestimmt vielmehr nur das anwendbare Kostenrecht und das Verfahren bei der Kostenfestsetzung und der Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Eine entsprechende Verweisung fehlt daher in § 62 Abs. 2 PatG für das Einspruchsverfahren ebenso wie in § 80 Abs. 5 PatG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht, da das anwendbare Kostenrecht und das Verfahren bei der Kostenfestsetzung und der Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen in den §§ 62, 80 PatG bereits geregelt sind. Es wäre indessen ersichtlich sachwidrig, in diesen Fällen das Urteil des Bundespatentgerichts über die Vollstreckungsabwehrklage als unanfechtbar anzusehen, in jenen aber die Berufung an den Bundesgerichtshof zu eröffnen.
Aufgrund des Vorrangs des patentgesetzlichen Rechtsmittelrechts kann auch Schulte (Patentgesetz, 5. Aufl., § 80 Rdn. 27) nicht gefolgt werden, der gegen das Urteil des Bundespatentgerichts über die Vollstreckungsabwehrklage die Revision für statthaft hält, sofern sie zugelassen oder die Revisionssumme des § 546 ZPO erreicht sei.
Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt im Ausschluß der Berufung schließlich weder ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz noch gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG oder das Rechtsstaatsprinzip. Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch das allgemeine Rechtsstaatsprinzip gewährleisten einen Instanzenzug (BVerfGE 78, 88, 99; 83, 24, 31; 92, 365, 410; st. Rspr.). Ebensowenig hinderte Art. 3 GG den Gesetzgeber daran, die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels gegen das Urteil über die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß für das Urteil eines Amts- oder Landgerichts anders zu regeln als für das Urteil des Bundespatentgerichts. Denn der sachliche Grund für diese unterschiedliche Regelung ist ohne weiteres darin zu finden, daß die Anfechtung des Urteils über die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß mangels besonderer Bestimmungen denjenigen Regeln folgt, die der Gesetzgeber allgemein für die Anfechtung von Entscheidungen des jeweils zuständigen Gerichts getroffen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Rogge, Scharen, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.05.2001 durch Wermes, Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BGHR 2001, 714 |
GRUR 2002, 52 |
Nachschlagewerk BGH |
InVo 2001, 421 |
WRP 2001, 950 |
BPatGE, 282 |