Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird der Beklagte in Abänderung des Urteils der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mannheim vom 3. März 1997 verurteilt, an den Kläger 678.555,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. November 1994 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war Vergleichsverwalter der P. GmbH (künftig: P. GmbH) und nimmt als Treuhänder der Vergleichsgläubiger den Beklagten aus abgetretenem Recht der Gesellschaft gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG auf Erstattung von Gewinnausschüttungen in Höhe von zusammen 678.555,40 DM in Anspruch, die dieser im Jahre 1990 erhalten hat.
Der Beklagte war bis ins Jahr 1990 mit einem Anteil von zuletzt 949.000,– DM an der P. GmbH beteiligt, deren Stammkapital sich damals auf 20 Mio. DM belief. Im März 1990 erhielt er aufgrund eines entsprechenden Gewinnverwendungsbeschlusses für das Jahr 1989 von der Gesellschaft 246.240,– DM. Weiterhin beschloß die Gesellschafterversammlung am 5. und am 18. Juli 1990 zwei Vorabausschüttungen auf das Geschäftsjahr 1990, die durch den Gewinnverwendungsbeschluß für das Jahr 1990 im März 1991 bestätigt wurden und aufgrund derer der Beklagte von der Gesellschaft 26.982,07 DM und 405.333,33 DM erhielt. Im August 1990 veräußerte der Beklagte seinen Geschäftsanteil für 5.694.000,– DM. Im August 1994 wurde über das Vermögen der P. GmbH das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet und der Kläger zum Vergleichsverwalter bestellt. Dem lag folgendes Geschehen zugrunde:
Geschäftsgegenstand der P. GmbH war der Ankauf von Forderungen im Wege des Factoring. Größter Kunde der Gesellschaft waren die B. AG und deren Tochtergesellschaften, die weltweit im Sportplatz- und Stadionbau tätig waren. Der Factoring-Umsatz zwischen der P. GmbH und der B.-Gruppe steigerte sich in den Jahren 1985 bis 1993 um das Fünfzehnfache. Im Jahre 1994 stellte sich heraus, daß es sich bei den seit 1983/84 erworbenen Forderungen der B.-Gruppe in zunehmendem Maße und zuletzt zum ganz überwiegenden Teil um nicht existierende, von der B.-Gruppe erfundene „Luftforderungen” handelte, deren Existenz der P. GmbH mit Hilfe gefälschter Unterlagen vorgetäuscht wurde. Die Täuschungen blieben lange Zeit verborgen, weil die B.-Gruppe nach den bestehenden Vereinbarungen weiterhin den Einzug der Forderungen bei den Schuldnern übernehmen sollte (sog. stilles Factoring) und es ihr somit möglich war, an die P. GmbH Gelder als angebliche Erlöse aus dem Forderungseinzug abzuführen, die in Wirklichkeit aus den eigenen Mitteln der P. GmbH stammten, die von dieser für den Ankauf immer weiterer Luftforderungen an die B.-Gruppe gezahlt wurden. Zur Verheimlichung der Täuschungen erfand die B.-Gruppe in ständig steigendem Umfang weitere Forderungen, so daß der Bestand an Luftforderungen sich mit „Schneeballeffekt” kontinuierlich vergrößerte. Nach der Aufdeckung der Täuschungen und dem Konkurs der B. AG stand 1994 fest, daß die P. GmbH wegen der Wertlosigkeit der aufgekauften Forderungen in ganz erheblichem Umfang überschuldet war.
Im März 1995 schloß der Kläger mit den Gläubigern der P. GmbH einen Liquidationsvergleich, wonach die Gläubigerforderungen bis 100.000,– DM voll, die darüber hinausgehenden Forderungen zu 35 % erfüllt werden sollten. Im übrigen wurden die Forderungen erlassen, soweit sie nicht durch die Verwertung des Vermögens der P. GmbH gedeckt würden. Dieses Vermögen wurde auf den Kläger als Treuhänder der Gläubiger übertragen, der es verwerten und die Erlöse an die Gläubiger auskehren sollte. Der Abschluß und die Erfüllung dieses Vergleichs waren dem Kläger möglich, weil einerseits die Gläubigerbanken auf Forderungen in Höhe von 600 Mio. DM verzichteten und andererseits die zu 50 % an der P. GmbH beteiligte Hauptgesellschafterin, die A. AG (künftig: A. AG), an die Gesellschaft 220 Mio. DM zahlte. Die eine Hälfte dieses Betrages wurde gegen einen Verzicht der P. GmbH auf alle denkbaren Ansprüche gegen die A. AG, insbesondere solche wegen Kapitalaufbringung und -erhaltung, geleistet; die anderen 110 Mio. DM waren die Gegenleistung der A. AG dafür, daß die übrigen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorhandenen sieben Gesellschafter ihre Anteile über den Kläger auf die A. AG übertrugen. Auch ihnen gegenüber verzichtete der Kläger durch Vergleich auf die Geltendmachung jedweden Anspruchs der P. GmbH wegen Kapitalaufbringung und -erhaltung. Die Vereinigung der Anteile der P. GmbH in der Hand der A. AG erfolgte in der Absicht, dadurch den enormen steuerlichen Verlustvortrag der P. GmbH in Höhe von ca. 1,7 Mrd. DM nutzen zu können. Dies geschah in der Folge durch die Veräußerung der P.-Anteile an die R.-Unternehmensgruppe, die schließlich den Verlustvortrag realisieren konnte. Das gerichtliche Vergleichsverfahren über das Vermögen der P. GmbH wurde nach Erfüllung des Vergleichs im Oktober 1995 aufgehoben. Die Gesellschaft hat inzwischen ihre Firma geändert.
Der Kläger verlangt als Inhaber des im Zusammenhang mit dem Liquidationsvergleich auf ihn als Treuhänder der Vergleichsgläubiger übergegangenen früheren Vermögens der P. GmbH vom Beklagten die Erstattung der im Jahre 1990 von der Gesellschaft ausgeschütteten Beträge. Er hat vorgetragen, die Gesellschaft sei wegen des Erwerbs einer großen Zahl wertloser Luftforderungen schon in den Jahren 1989 und 1990 mit über 500 Mio. DM überschuldet gewesen, so daß die Ausschüttungen gegen das Verbot der Auszahlung des Stammkapitals gemäß § 30 GmbHG verstoßen hätten. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten. Der Kläger hat gegen den Beklagten in Höhe von 678.555,40 DM einen Erstattungsanspruch gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit § 398 BGB.
I.
Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage in erster Linie damit begründet, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, daß das Stammkapital der P. GmbH im Zeitraum der Auszahlungen des Jahres 1990 nicht gedeckt war. Insbesondere seien Zeitpunkt und Umfang der angekauften Luftforderungen ungewiß und habe der Kläger möglicherweise bestehende Ersatzansprüche gegen die B. AG, deren Organmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder der P. GmbH aufklären und in die vorgelegten Bilanzen einbeziehen müssen.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Vielmehr ist es der Beklagte, der sich gegenüber dem schlüssigen und detaillierten Vortrag des Klägers zur Überschuldung der Gesellschaft nicht ausreichend erklärt hat (§ 138 Abs. 2 ZPO), so daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO eintritt. Der Senat kann daher ohne Zurückverweisung an das Berufungsgericht in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast überspannt und wesentlichen Sachvortrag des Klägers übergangen hat.
Der Kläger hat schon mit der Klageschrift die Jahresabschlüsse der P. GmbH für die Jahre 1985 bis 1993 vorgelegt und vorgetragen, daß sämtliche darin aktivierten abgetretenen B.-Forderungen aus dem sogenannten „Stadionbereich” nicht existierten, also Luftforderungen waren und daß bereits der Abzug dieser angekauften Forderungen die fortwährend vorhandene Überschuldung der P. GmbH ergibt. In Anlage K 3 zur Klageschrift ist der überbewertete Forderungsbereich des Aktivvermögens eindeutig gekennzeichnet, indem der Stadionbereich ziffernmäßig für die einzelnen Jahresabschlüsse herausgezogen worden ist; die Übersicht im Anschluß daran enthält sogar die jeweiligen Auslandsfirmen der B.-Gruppe, die von den Luftforderungen erfaßt werden. Darüber hinaus hat der Kläger den Bericht des als Zeugen benannten Konkursverwalters der B. AG vorgelegt, in dem dieser unmißverständlich dargelegt hat, daß aufgrund seiner Recherchen, die von dem im Strafverfahren vor dem Landgericht Bi. geständigen „Erfinder” des B.-Betrugssystems bestätigt wurden, das Stadiongeschäft insgesamt nicht existierte, sondern eine reine Erfindung und Fälschung war, um im „Schneeballsystem” den Ankauf durch die P. GmbH im Wege des stillen Factoring herbeizuführen. Entsprechendes hat der Kläger als Vergleichsverwalter bei der P. GmbH ermittelt und durch einen ebenfalls im Rechtsstreit vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KP. bestätigen lassen. Der Kläger hat dann schließlich sogar nach dem abweisenden landgerichtlichen Urteil noch die vom Landgericht geforderten Stichtagsbilanzen für die Auszahlungszeitpunkte von der erwähnten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellen lassen. Dem Vortrag des Klägers läßt sich insgesamt mit aller wünschenswerten Klarheit entnehmen, daß bei der P. GmbH im Jahre 1990 nicht nur durchgängig eine Unterbilanz vorhanden war, sondern daß sich die Gesellschaft sogar bereits im Stadium der Überschuldung befunden hat. Soweit das Berufungsgericht Vortrag über den Zeitpunkt des Ankaufs der Luftforderungen vermißt, ist nicht erfindlich, inwieweit dies entscheidungserheblich sein könnte. Ebenso ist der vom Berufungsgericht mit „möglicherweise nur 58 %” angenommene Anteil der B.-Forderungen am Gesamtumsatz der P. GmbH hier insoweit nicht von Interesse, als nach dem schlüssigen Vortrag des Klägers bereits der Wegfall der Luftforderungen aus dem Stadionbereich zu einer Überschuldung der P. GmbH geführt hat.
2. Das Berufungsgericht geht auch fehl, soweit es beanstandet, der Kläger habe eventuelle Regreßansprüche der P. GmbH gegen die B. AG sowie deren Vorstand und Aufsichtsrat nicht in seine Berechnungen einfließen lassen. Zwar mögen der P. GmbH Schadensersatzforderungen wegen des Verkaufs der Luftforderungen zugestanden haben. Der Kläger hat aber insbesondere durch die Bezugnahme auf die Ausführungen im Bericht des Konkursverwalters der B. AG schlüssig dargetan, daß diese seit ihrer Gründung bereits überschuldet war und deshalb solche Forderungen nicht werthaltig gewesen sein können. Demgegenüber verkennt das Berufungsgericht die Verteilung der Darlegungslast, wenn es dem Klägervortrag zur Überschuldung der B. AG entgegenhält, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Gesellschaft die vorhandene Überschuldung zu den jeweiligen Stichtagen mit Gewinnen aus Devisengeschäften hätte ausgleichen können. Sofern der Beklagte sich gegenüber der vom Kläger dargelegten Vermögenssituation der B. AG darauf beruft, daß weitere Vermögenspositionen als Aktiva hätten berücksichtigt werden müssen, gehört es zu seinen prozessualen Obliegenheiten, diese Vermögenspositionen konkret darzulegen. Daran fehlt es hier aber; denn es handelt sich bei den angeblichen Devisengewinnen ersichtlich um eine bloße Vermutung des Beklagten. Das Berufungsgericht zeigt auch keinen begründeten Anlaß für den Kläger auf, Schadensersatzansprüche gegen den eigenen Aufsichtsrat und gegen Organpersonen der B. AG sowie gegen die Hauptgesellschafterin A. AG zu aktivieren. Der Beklagte hat keine ausreichend konkreten und werthaltigen Schadensersatzansprüche der B. AG oder der P. GmbH dargetan und insbesondere auch nicht dargelegt, inwiefern aus dem Bestehen solcher Ansprüche tatsächlich auf eine realistische Verwertungsmöglichkeit zugunsten der P. GmbH geschlossen werden könnte. Immerhin hätten die Ersatzansprüche so umfangreich und werthaltig sein müssen, daß sie die bei der P. GmbH vorhandene Überschuldung vom mehreren hundert Millionen DM ausgeglichen und zudem noch das Stammkapital gedeckt hätten.
3. Gegenüber dem schlüssigen Vortrag des Klägers zur bestehenden Unterbilanz hat sich der Beklagte nicht ausreichend erklärt.
Die Anforderungen an die Erklärungslast des Gegners der darlegungspflichtigen Partei sind abhängig von der Substanz des Vortrags der Gegenseite (Sen.Urt. v. 20. Mai 1996 – II ZR 301/95, NJW-RR 1996, 1211). Trägt der Darlegungspflichtige einen konkreten und detaillierten Sachverhalt vor, muß der Gegner sich hierzu grundsätzlich ebenfalls substantiiert äußern (Zöller/Greger, ZPO 21. Aufl. § 138 Rdn. 8 a). Daran fehlt es hier seitens des Beklagten. Der Beklagte hat sich gegenüber dem zuvor geschilderten konkreten und detaillierten Klägervortrag zum Ausmaß der Überschuldung der P. GmbH nicht im einzelnen eingelassen. Die Überlegung des Beklagten, die ausgebuchten Forderungen könnten nicht alle wertlos sein, weil die B. AG später Zahlungen darauf geleistet habe, geht fehl, weil sie die Wirkungsweise des von der B. AG betriebenen „Schneeballsystems” verkennt. Dieses System bestand darin, daß die Bezahlung der Luftforderungen durch die B. AG jeweils mit eigenen Mitteln der P. GmbH erfolgte, die die B. AG sich jeweils durch weitere Betrugsvorgänge erschlichen hatte. Aus dem Umstand späterer Zahlungen kann deshalb nicht auf die Werthaltigkeit der Forderungen geschlossen werden. Nachdem der Kläger konkret und detailliert den zu den Auszahlungsstichtagen jeweils vorhandenen Bestand an Luftforderungen aus dem Stadionbereich und das bei Weglassung dieser Forderungen aus der Bilanz vorhandene Ausmaß der Überschuldung der P. GmbH vorgetragen hat, oblag es dem Beklagten, zumindest Anhaltspunkte dafür zu benennen, daß der Kläger auch werthaltige Forderungen ausgebucht haben könnte. Der Beklagte hat dem jedoch nur ganz allgemein entgegengesetzt, die Bilanzen seien nicht unterschrieben, nicht testiert, verstießen gegen anerkannte Bilanzierungsgrundsätze und stammten gar nicht von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KP.. In welchen einzelnen Punkten die Bilanzen inhaltlich unzutreffend sein sollen, geht aus dem Beklagtenvortrag jedoch nicht hervor. Insgesamt genügt der diesbezügliche Beklagtenvortrag somit nicht den Anforderungen an seine Erklärungslast, so daß die Darlegungen des Klägers über die im Jahre 1990 bestehende Überschuldung der P. GmbH als zugestanden anzusehen sind.
II.
Auch soweit das Berufungsgericht die Abweisung der Klage unter Berufung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 11. Mai 1987 (II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1114 m. Anm. Westermann) zusätzlich damit begründet, ein Erstattungsanspruch des Klägers aus § 31 Abs. 1 GmbHG wäre zwischenzeitlich wegen Zweckerreichung entfallen, weil die P. GmbH mittlerweile saniert und die Erstattung deshalb zur Auffüllung des Stammkapitals nicht mehr erforderlich sei, begegnet das Berufungsurteil durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Für das Bestehen der Klageforderung ist eine nachträgliche Besserung der Vermögenssituation der P. GmbH ohne Bedeutung. Ein einmal wegen Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG entstandener Erstattungsanspruch der Gesellschaft gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG entfällt nicht von Gesetzes wegen, wenn das Gesellschaftskapital zwischenzeitlich anderweit bis zur Höhe der Stammkapitalziffer nachhaltig wiederhergestellt ist. An der im Urteil vom 11. Mai 1987 (aaO) geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung hält der Senat nicht fest. Ein solcher Fortfall des Erstattungsanspruchs ist rechtssystematisch kaum zu begründen und führt in der Anwendungspraxis nicht stets zu sachgerechten Ergebnissen.
a) Die von der Revision im Anschluß an große Teile des Schrifttums (vgl. Brandner, FS Fleck S. 23, 32; Hommelhoff, FS Kellermann S. 165 ff.; Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz S. 363, 385 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG 16. Aufl. § 31 Rdn. 6; Scholz/Westermann, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 7; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 31 Rdn. 11; Rowedder, GmbHG 3. Aufl. § 31 Rdn. 10) vorgetragenen Bedenken in bezug auf die rechtliche Konstruktion eines Erlöschens des Erstattungsanspruchs durch „Zweckerreichung” sind berechtigt. § 31 Abs. 1 GmbHG setzt ausschließlich die Verletzung des § 30 Abs. 1 GmbHG im Zeitpunkt der Auszahlung voraus und ordnet generell die Erstattung der unter Verstoß gegen diese Kapitalerhaltungsvorschrift erbrachten Leistungen an. Daß der weitere Bestand des Erstattungsanspruchs gleichsam auflösend bedingt vom Fortbestand der Unterbilanz abhängig sein soll, kann weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung entnommen werden. Der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG dient der Wiederaufbringung des durch die verbotene Auszahlung verletzten Stammkapitals der Gesellschaft und ist deshalb funktional mit dem Einlageanspruch der Gesellschaft zu vergleichen (Baumbach/Hueck aaO, § 31 Rdn. 3; Hommelhoff aaO, S. 175 ff.), für dessen Bestand es wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung keine Rolle spielt, ob das Stammkapital der Gesellschaft möglicherweise bereits auf andere Weise gedeckt ist. Für eine davon abweichende Behandlung des Erstattungsanspruchs ist kein Grund ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere auch die Vorschrift des § 31 Abs. 2 GmbHG, wonach der Anspruch nur entfallen soll, wenn der Auszahlungsempfänger gutgläubig war und außerdem die Erstattung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht erforderlich ist. Würde man darüber hinaus den Fortbestand der Erstattungsforderung auch noch von einer weiter bestehenden Unterbilanz abhängig machen, würden diese gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für einen Wegfall des Anspruchs unterlaufen.
b) Eine Abhängigkeit der Erstattungsforderung vom Fortbestand der Unterbilanz würde es der Gesellschaft – wie der vorliegende Fall zeigt – zudem faktisch unmöglich machen, die Erstattungsforderung durch Veräußerung an Gesellschaftsgläubiger oder sonstige Dritte zu verwerten. Der Erstattungsschuldner könnte dem Erwerber der Forderung in diesem Falle entgegenhalten, daß die Forderung inzwischen aufgrund der Zahlung des Veräußerungsentgelts oder der Tilgung der Gesellschaftsverbindlichkeit als Gegenleistung für die Übertragung der Forderung – und einer damit verbundenen Wiederauffüllung des Stammkapitals – erloschen sei. Die Gesellschaft wäre dann zur Rückzahlung des erhaltenen Entgelts an den Forderungserwerber verpflichtet, so daß das Stammkapital wieder angegriffen wäre. Ein solches Ergebnis wäre wirtschaftlich ohne Sinn und ginge an den Erfordernissen der Geschäftspraxis vorbei, in der es für ein Unternehmen zur Vermeidung eines Liquidationsengpasses durchaus sinnvoll und notwendig sein kann, eine Forderung durch Veräußerung alsbald zu verwerten, anstatt sie selbst einzuziehen.
2. Der Beklagte kann der Klageforderung etwaige Erfüllungsansprüche aus den den Auszahlungen zugrundeliegenden Gewinnverwendungsbeschlüssen nicht im Wege der Aufrechnung oder der Erhebung des dolo-petit-Einwandes entgegenhalten, denn das widerspräche dem Gebot der realen Kapital(wieder)aufbringung. § 31 GmbHG gebietet dem Empfänger der verbotenen Auszahlung – mit der einzigen Ausnahme des in seinem Absatz 2 geregelten Falles – uneingeschränkt die Rückzahlung des Betrages an die Gesellschaft. Es ist den Gesellschaftern vorbehalten, über die Verwendung der Rückzahlung nach Maßgabe der inneren Verhältnisse der Gesellschaft und etwa bestehender Verpflichtungen zu entscheiden.
III.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Klageanspruch auch nicht der Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 2 GmbHG entgegen.
Das Berufungsgericht hält die Inanspruchnahme des Beklagten zur Befriedigung der Gläubiger der P. GmbH nicht mehr für erforderlich, weil den Vergleichsgläubigern nach der Beendigung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens keine Ansprüche mehr gegen die Gesellschaft zustünden. Diese Beurteilung trifft nicht zu. Das Vermögen der P. GmbH ist im Rahmen des Liquidationsvergleichs – einschließlich der streitgegenständlichen Erstattungsforderung – zum Zwecke der Verwertung und Befriedigung auf die Gläubiger, vertreten durch den Kläger, übertragen worden; die Gläubiger haben nur insoweit auf ihre Forderungen gegen die P. GmbH verzichtet, als sie aus diesem Vermögen keine Befriedigung mehr erlangen können. Kann die Erstattungsforderung also gegen den Beklagten beigetrieben werden, dient dies der Befriedigung bestehender, nicht vom Forderungsverzicht umfaßter Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger. Es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern das Berufungsgericht in der Inanspruchnahme des Beklagten durch den Kläger als Treuhänder der Vergleichsgläubiger ein widersprüchliches Verhalten der Vergleichsgläubiger sieht, die sich nicht im Vergleichsverfahren „als befriedigt erklären” und zugleich außerhalb dieses Verfahrens bestimmte Restforderungen aus der Vergleichsmasse verfolgen könnten. Sinn und Zweck des Liquidationsvergleichs gemäß § 7 Abs. 4 VerglO ist gerade die bestmögliche Befriedigung der Vergleichsgläubiger aus dem zur Verwertung übertragenen Vermögen des Vergleichsschuldners.
IV.
Die Inanspruchnahme des Beklagten scheitert entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht an einem Verstoß gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Inanspruchnahme des Beklagten in Anbetracht des vom Kläger mit den bei Durchführung des Vergleichsverfahrens noch vorhandenen Gesellschaftern der P. GmbH vereinbarten Verzichts auf die Geltendmachung von Kapitalerhaltungsansprüchen eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung im Vergleich zu diesen Gesellschaftern dar. Die Vereinbarung des Verzichts auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen verstoße im übrigen gegen § 31 Abs. 4 GmbHG. Der Umstand, daß die begünstigte Gesellschaftergruppe im Gegenzug ihre Gesellschaftsanteile dem Kläger zur Verfügung gestellt haben, sei kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung, weil die Veräußerung der Gesellschaftsanteile an Dritte nicht das Gesellschaftsverhältnis als solches betreffe, sondern einen außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten liegenden Vergleichsmaßstab darstelle.
Auch diese Argumentation des Berufungsgerichts wird der besonderen Situation nicht gerecht, in der sich die P. GmbH und der Kläger als Vertreter der Gläubigerinteressen im Vergleichsverfahren befanden. Der Umstand, daß die Gesellschafter, denen gegenüber der Kläger auf die Geltendmachung der Erstattungsansprüche verzichtet hat, für diesen Verzicht eine – gleichwertige – Gegenleistung erbracht haben, indem sie die ihnen zu diesem Zeitpunkt noch gehörenden P.-Geschäftsanteile dem Kläger zur Veräußerung an Dritte überlassen und die ihnen aus dieser künftigen Veräußerung zustehenden Kaufpreisansprüche an die Gesellschaft abgetreten haben, ist durchaus ein sachlich gerechtfertigter Grund für eine differenzierte Behandlung. Aus der Veräußerung der Anteile an die Mitgesellschafterin A. AG wurde ein Betrag von 110 Mio. DM erlöst, der infolge der Abtretung an die P. GmbH geflossen ist. Dieser Zufluß ist auch als ein zumindest äquivalenter Gegenwert für den Verzicht auf die Geltendmachung der Erstattungsansprüche anzusehen und rechtfertigt damit diese Maßnahme. Ohne die Veräußerung der Gesellschaftsanteile an den vom Kläger zu bestimmenden Dritten wäre eine Verwertung des steuerlichen Verlustvortrags – und damit die erfolgreiche Durchführung des Vergleichsverfahrens – nicht möglich gewesen. Im übrigen ist es auch unter Kapitalerhaltungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, daß die Vergleichsgläubiger sich dadurch einen Vorteil verschafft haben, daß die Gesellschaftsanteile der noch vorhandenen Gesellschafter gegen einen Verzicht auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zugunsten des Gesellschaftsvermögens weiterveräußert werden konnten. Die Kapitalerhaltungsregeln sind in erster Linie Gläubigerschutzvorschriften, die durch eine von den Gläubigern selbst vorgenommene und dazu für alle Gläubiger gleichmäßig günstige Disposition nicht beeinträchtigt werden. Ein willkürliches Handeln kann in der Inanspruchnahme des Beklagten nach allem nicht gesehen werden. Bedenkt man schließlich, daß der Beklagte im Jahre 1990 – als die Gesellschaft bereits überschuldet war – für die Veräußerung seines P.-Anteils immerhin noch mehr als 5,6 Mio. DM erlöst hat, dann geschieht ihm im Verhältnis zu den verbliebenen Gesellschaftern durch die jetzige Inanspruchnahme auf Erstattung kein Unrecht.
V.
Schließlich fehlt es dem Kläger auch nicht an der erforderlichen Aktivlegitimation zur Geltendmachung des Klageanspruchs. Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob die Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Kläger als Treuhänder der Vergleichsgläubiger wirksam war, ist zu bejahen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Abtretung der Erstattungsforderung an einen Gesellschaftsgläubiger gegen volles Entgelt in Form eines Forderungserlasses bestehen keine Bedenken (Senat, BGHZ 69, 274, 283). Entscheidend für die Vollwertigkeit der Gegenleistung der Gläubiger ist im vorliegenden Fall, daß sie in einem weitaus höherem Maße auf Forderungen gegenüber der P. GmbH verzichtet haben, als ihnen durch Übertragung des Gesellschaftsvermögens an Werten zugeflossen ist.
Unterschriften
Röhricht, Hesselberger, Goette, Kurzwelly, Kraemer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.05.2000 durch Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 541250 |
NZG 2000, 888 |