Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsunterbrechung bei Geltendmachung von Ansprüchen aus abgetretenem Recht im Mahnbescheidsverfahren. Einziehungsermächtigung
Leitsatz (amtlich)
Ist aus dem Mahnbescheid ersichtlich, dass der Antragsteller aus abgetretenem Recht vorgeht, dann wird die Verjährung auch dann unterbrochen, wenn die sachliche Berechtigung nicht auf einer Abtretung, sondern auf einer Einziehungsermächtigung durch den Gläubiger beruht.
Normenkette
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen 8 U 97/00) |
LG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt v. 25.2.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
I.
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht, hilfsweise in Prozess-Standschaft, Vergütung für Werkleistungen. Der Beklagte bestreitet die Sachbefugnis des Klägers, dessen Prozessführungsbefugnis, und er erhebt die Einrede der Verjährung.
II.
Die Firma H., die im Auftrag des Beklagten Ausbau- und Umbauarbeiten ausgeführt und Gegenstände für die Innenausstattung geliefert hatte, hat ihre Forderung gegen den Beklagten im April 1996 an die Volksbank G./O. abgetreten. Mit Schreiben v. 13.5.1996 zeigte die Volksbank die Abtretung dem Beklagten an und bat um die Übersendung der Drittschuldnererklärung. Am 4.6.1996 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Drittschuldnererklärung und teilte mit, dass Ansprüche der Firma H. gegen den Beklagten nicht bestehen würden.
Am 15.6.1996 trat die Firma H. die Forderung gegen den Beklagten an den Kläger ab.
Die Parteien streiten darüber, ob die Volksbank die Forderung vor dem 15.6.1996 an die Firma H. zurückabgetreten hat.
Mit Schreiben v. 10.12.1998 bestätigte die Volksbank dem Kläger, dass sie im Mai 1996 auf die ihr zur Sicherung abgetretene Forderung verzichtet habe, weil der Drittschuldner das Bestehen der Forderung durch seine Drittschuldnererklärung v. 13.5.1996 verneint habe. Sie erklärte in dem Schreiben, dass sie aus der Forderungsabtretung vom April 1996 keine Rechte mehr beanspruche.
Da der Beklagte die Zahlung verweigerte, hat der Kläger Mahnbescheid beantragt.
III.
Das LG hat nach einer Beweisaufnahme über die streitige Rückabtretung die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die Rückabtretung nicht zu beweisen vermocht. Die Behauptung des Klägers, er sei zur Einziehung der Forderung durch die Volksbank ermächtigt worden, hat das LG als verspätet zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat das Urteil des LG wegen Verfahrensfehlern aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen.
Der BGH hat durch Urteil v. 26.9.2002 (BGH, Urt. v. 26.9.2002 - VII ZR 422/00, MDR 2003, 108 = BGHReport 2003, 151 = BauR 2003, 128 = NJW-RR 2003, 131 = ZfBR 2003, 32) das Berufungsurteil mit der Begründung aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, eine Zurückverweisung an das LG gem. § 539 ZPO hätte nicht erfolgen dürfen, weil das Verfahren des LG nicht an einem erheblichen Verfahrensfehler leide. Nach der Zurückverweisung hat das Berufungsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Forderung sei verjährt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision hat Erfolg, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).
II.
Das Berufungsgericht hat die Verjährung der Forderung wie folgt begründet:
a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Volksbank den Kläger ermächtigt habe, die Forderung im eigenen Namen gegen den Beklagten geltend zu machen.
b) Die Klageforderung sei verjährt. Der Mahnbescheid habe die Verjährung nicht unterbrechen können, weil der Kläger nicht vor Ablauf der Verjährung ggü. dem Beklagten im Prozess offen gelegt habe, dass er die Forderung auf Grund einer Ermächtigung im Wege der Prozess-Standschaft geltend mache. Die vom BGH in seiner Entsch. v. 16.9.1999 (BGH v. 16.9.1999 - VII ZR 385/98, MDR 1999, 1437 = BauR 1999, 1489 = ZfBR 2000, 39 = NZBau 2000, 24) angedeuteten Zweifel an der bisherigen Rechtsprechung würden keinen Anlass bieten, von der bisherigen Rechtsprechung des BGH abzuweichen.
2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Das Berufungsgericht knüpft an die Rechtsprechung des BGH an, dass die Unterbrechung der Verjährung im Falle einer verdeckten Prozess-Standschaft erst eintrete, wenn diese im Rechtsstreit offen gelegt werde (BGH, Urt. v. 30.5.1972 - I ZR 75/71, NJW 1972, 1580). Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist, hat der erk. Senat in Zweifel gezogen (BGH v. 16.9.1999 - VII ZR 385/98, MDR 1999, 1437 = BauR 1999, 1489 = ZfBR 2000, 39 = NZBau 2000, 24). Die Frage kann auch hier offen bleiben, denn sie ist nicht entscheidungserheblich.
b) Der am 20.12.1996 zugestellte Mahnbescheid hat die Verjährung der Klageforderung unterbrochen, weil er die für die Verjährungsunterbrechung erforderlichen Angaben enthält.
Der Mahnbescheid enthält folgenden Hinweis:
"Die Forderung ist seit dem 15.6.1996 an den Antragsteller abgetreten bzw. auf ihn übergegangen. Früherer Gläubiger: Fa.D.H. GmbH in ... M... ."
Ein solcher Hinweis ist auch dann für die Verjährungsunterbrechung ausreichend, wenn die Berechtigung des Antragstellers bei rechtlich zutreffender Betrachtung nicht auf einer Abtretung, sondern auf einer Ermächtigung des Gläubigers beruht, die mit der Einräumung einer Prozess-Standschaft verbunden ist, auf Grund deren der Antragsteller Zahlung an sich selbst verlangen kann. Der Hinweis unterrichtet den Schuldner darüber, dass der Antragsteller eine Forderung geltend machen will, die zunächst für den genannten Gläubiger entstanden war, hinsichtlich deren sich der Antragsteller also auf eine abgeleitete Berechtigung stützt. Damit enthält der Hinweis die für eine Rechtsverteidigung des Schuldners erheblichen Angaben, die ihm durch das Erfordernis der Offenlegung gewährleistet werden sollen.
Dass vorliegend die Einziehungsermächtigung (mit Prozess-Standschaft) des Klägers nicht durch den genannten ursprünglichen Forderungsinhaber,sondern durch die Volksbank, die Sicherungszessionarin der Werklohnforderung, eingeräumt worden ist, steht dem nicht entgegen. Denn auch dieser Umstand ist nicht geeignet, in relevanter Weise den Beklagten in seiner Rechtsverteidigung zu beeinträchtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 1297232 |
BB 2005, 406 |
DB 2005, 1381 |
BGHR 2005, 357 |
BauR 2004, 1977 |
EBE/BGH 2005, 7 |
FamRZ 2005, 430 |
NJW-RR 2005, 504 |
MDR 2005, 442 |
VersR 2005, 991 |
ZfBR 2005, 245 |
BrBp 2005, 78 |
VE 2005, 130 |
ZVI 2005, 74 |
ProzRB 2005, 172 |