Entscheidungsstichwort (Thema)
Hausverbot für NPD-Vorsitzenden - Störung einer "Oase der Entspannung"
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, §§ 854, 903, 1004
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 22.06.2010; Aktenzeichen 12 O 17/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.6.2010 verkündete Urteil des LG Frankfurt/O. - 12 O 17/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Widerruf eines Hausverbotes in Anspruch.
Der Kläger ist Vorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Die Beklagte betreibt das Hotel ... in B. Die Ehefrau des Klägers buchte im September 2009 bei der M. GmbH für den Zeitraum vom 6. bis zum 10.12.2009 für sich und den Kläger einen Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten, in dem sie sich zuvor bereits vom 19. bis zum 23.8.2007 sowie vom 17. bis zum 20.4.2008 aufgehalten hatten. Die M. GmbH bestätigte die Buchung mit Schreiben vom 23.9.2009. Mit E-Mail vom 19.11.2009 teilte sie dem Kläger und seiner Ehefrau mit, dass eine Unterbringung im Hotel der Beklagten nicht möglich sei, und bot ihnen verschiedene Unterbringungsalternativen oder eine kostenfreie Stornierung an. Auf eine Nachfrage des Klägers erteilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 23.11.2009 ein Hausverbot. Mit Schreiben vom 8.12.2009 begründete sie das Hausverbot wie folgt: "Die politische Überzeugung von Herrn V. ist mit dem Ziel unseres Hauses, jedem Gast nach Möglichkeit eines exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu vereinbaren ...".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 113 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Beklagte aufgrund ihres Hausrechts berechtigt gewesen sei, gegenüber dem Kläger ein Hausverbot zu erteilen. Eine Einschränkung des Hausrechtes ergebe sich weder aus einem Kontrahierungszwang noch aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die Ablehnung des Vertragsschlusses, die in dem erteilten Hausverbot praktisch gesehen werden müsse, stelle sich nicht als widerrechtliche Verletzung des gem. Art. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers dar. Der ebenfalls grundrechtlich geschützte Grundsatz der Privatautonomie erlaube es der Beklagten, den Kläger wegen der polarisierenden Wirkung der NPD in der Bevölkerung zum Schutz des Wohlfühlerlebnisses ihrer Gäste von der Beherbergung auszuschließen. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in Rechte des Klägers sei hiermit nicht verbunden. Ein Zusammenhang mit dem Boykottaufruf des B. verbandes (D.) aus dem Jahr 2007 sei von dem Kläger nicht hinreichend dargelegt worden. Das diesbezügliche Vorbringen in dem Termin vom 26.5.2010 sei verspätet. Auf das AGG könne sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, da die "Weltanschauung" vom zivilrechtlichen Diskriminierungsschutz in § 21 Abs. 1 Satz 1 AGG bewusst nicht erfasst worden sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils begehrt. Eine mögliche Störung der Gäste durch die polarisierende Wirkung der NPD könne das Hausverbot gegenüber dem Kläger nicht rechtfertigen. Gemäß Art. 3 Abs. 3 GG, der mittelbar auch im Privatrechtsverkehr Wirkung entfalte, dürfe niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt werden. Das Vorbringen zu dem Boykottaufruf der D. sei nicht verspätet und daher zu berücksichtigen. Der Boykottaufruf aus dem November 2007 selbst sei unstreitig. Die weitere Information zu der Kooperationsvereinbarung zwischen der D. und dem Land Brandenburg, mit der "Rechtsextreme" aus Hotels und Gaststätten des Landes Brandenburg ferngehalten werden sollen, habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers erst am Tag der mündlichen Verhandlung erhalten. Zu näherem Vortrag habe das Gericht sodann Schriftsatznachlass bis zum 2.6.2010 gewährt, so dass das Vorbringen schon deshalb nicht verspätet sein könne. Ferner sei durch die unterbliebene Aufnahme der "Weltanschauung" als möglichen Diskriminierungsgrund in § 19 AGG eine verfassungswidrige Gesetzeslücke entstanden. In den Fassungen der EU-Richtlinie 200/78/EG vom 27.11.2007 der anderen Mitgliedsstaaten sei zudem der Begriff "Überzeugung" und nicht "Weltanschauung" enthalten. Gemäß Art. 249 EGV hätte die Richtlinie auch für den Zivilrechtsverkehr diesbezüglich umgesetzt werden müssen.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 22.6.2010 verkündeten Urteils des LG Frankfurt/O. - 12 O 17/10 - die Beklagte zu verurt...