Verfahrensgang
OLG Koblenz (Beschluss vom 22.10.2008; Aktenzeichen 2 Ws 414/08 (Vollz)) |
OLG Koblenz (Beschluss vom 08.09.2008; Aktenzeichen 2 Ws 414/08 (Vollz)) |
LG Koblenz (Beschluss vom 31.07.2008; Aktenzeichen 7 StVK 308/08) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
1. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) ist nicht dadurch verletzt, dass ihm die Versäumung der Frist des § 112 Abs. 1 Satz 1 StVollzG zur Last gelegt und eine Wiedereinsetzung in diese Frist versagt worden ist, obwohl keine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden war.
Nach herrschender Auffassung ist die Erteilung einer solchen Belehrung im Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz im Hinblick auf die jedem Gefangenen zu erteilende allgemeine Belehrung nach § 5 Abs. 2 StVollzG nicht geboten; das bloße Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung führt – anders als nach § 44 Satz 2 StPO, der wegen der für Strafvollzugssachen vorgesehenen allgemeinen Belehrung nicht über § 120 Abs. 1 StVollzG ergänzend heranzuziehen ist – nicht dazu, dass die Versäumung einer Rechtsmittelfrist als unverschuldet anzusehen wäre (vgl. nur OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 28. Oktober 1988 – 3 Ws 906/88 StVollzG –, juris, und vom 31. Januar 1978 – 3 Ws 808/77 (StVollz) –, ZfStrVo SH 1978, S. 44; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25. Januar 1990 – 1 Vollz (Ws) 10/89 –, ZfStrVo 1990, S. 307; KG, Beschluss vom 15. März 2002 – 5 Ws 138/02 Vollz –, juris; Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 9; Calliess/Müller-Dietz, StVollZG, 11. Aufl. 2008, § 112 Rn. 3; Kammann/Volckart, in: AK-StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 112 Rn. 14, jew. m.w.N.). Etwas anderes gilt nur, soweit auch die allgemeine Belehrung de facto unterblieben ist (vgl. Schuler, a.a.O., Rn. 9; Calliess/Müller-Dietz, a.a.O., Rn. 3; Kammann/Volckart, a.a.O., Rn. 14, jew. m.w.N.).
Die dem entsprechende Fallbehandlung durch Landgericht und Oberlandesgericht verletzt keine Grundrechte des Beschwerdeführers. Die Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung im Einzelfall ist von Verfassungs wegen nicht geboten, wenn der Betroffene über den in derartigen Fällen gegebenen Rechtsbehelf in allgemeiner Form belehrt wurde (vgl. BVerfGE 40, 237 ≪258 f.≫). Dass eine solche allgemeine, das Rechtsmittel des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 ff. StVollzG) einschließende Belehrung im vorliegenden Fall unterblieben wäre, hat der Beschwerdeführer weder mit der Verfassungsbeschwerde noch, wie es ihm gegebenenfalls oblegen hätte, bereits im fachgerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten war (vgl. Schuler, a.a.O., Rn. 9).
2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn einem Gefangenen hinsichtlich der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Stellung eines Antrages nach § 112 Abs. 1 StVollzG ein Säumnisverschulden seines Prozessbevollmächtigten zugerechnet wird (vgl. BVerfGE 60, 253 ≪266 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2006 – 1 BvR 2558/05 –, NJW 2006, S. 1579; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. März 2003 – 2 BvR 1540/01 –, NJW 2003, S. 3545 ≪3546≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Juni 2000 – 2 BvR 1989/97 –, NVwZ 2000, S. 907; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Oktober 1999 – 2 BvR 1940/99 –, juris; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Dezember 1992 – 2 BvR 1471/92 –, juris; BVerfG, Vorprüfungsausschuss, Beschluss vom 14. März 1984 – 2 BvR 249/84 –, NStZ 1984, S. 370 ≪371≫; HOLG Hamburg, Beschluss vom 17. Oktober 1977 – Vollz (Ws) 12/77 –, ZfStrVo SH 1978, S. 52; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Mai 1981 – 3 Ws 63/81 –, NStZ 1981, S. 408; OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. April 1982 – 3 Ws 179/82 –, NStZ 1982, S. 351; Arloth, StVollzG, 2. Aufl. 2008, § 112 Rn. 5; Schuler, in: Schwind/Böhm/Jehle, StVollzG, 4. Aufl. 2005, § 112 Rn. 8; a.A.: Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 112 Rn. 3, jew. m.w.N.). Im Übrigen legt der Beschwerdeführer auch nicht dar, inwiefern das Landgericht von einem dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Verschulden des Prozessbevollmächtigten überhaupt ausgegangen ist. Nach der Begründung des angegriffenen Beschlusses hat das Gericht angenommen, dass der Beschwerdeführer die Fristversäumung durch das Unterlassen rechtzeitiger Rücksprache mit dem Bevollmächtigten selbst verschuldet habe.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Voßkuhle, Mellinghoff, Lübbe-Wolff
Fundstellen