Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Richtervorlage zum Umfang der Kostenfreiheit gem § 2 GNotKG. unzureichende Vorlagebegründung
Normenkette
GNotKG § 2 Abs. 1; GNotKG Anl 1 Nr. 11101; BVerfGG §§ 81a, 80 Abs. 2 S. 1; GG Art. 100 Abs. 1 S. 1, Art. 3 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Aue-Bad Schlema (Vorlegungsbeschluss vom 21.03.2024; Aktenzeichen Z XVII 1/96) |
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Gründe
Rz. 1
Die Vorlage betrifft die Frage, ob Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gebietet, die Kostenfreiheit bei Gerichtskosten gemäß § 2 - der Sache nach: § 2 Abs. 1 - des Gesetzes über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG) auf Gerichtskosten im Betreuungsverfahren zu erstrecken, wenn der Betroffene wegen einer Behinderung die Betreuung nicht durch Erteilung einer Vorsorgevollmacht vermeiden konnte.
A.
I.
Rz. 2
Die Vorschrift lautet in ihrer vorgelegten und derzeit gültigen Fassung:
§ 2 GNotKG - Kostenfreiheit bei Gerichtskosten
(1) Der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen sind von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Bei der Vollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.
(2) Sonstige bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften, die eine sachliche oder persönliche Befreiung von Gerichtskosten gewähren, bleiben unberührt.
(3) Soweit jemandem, der von Gerichtskosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, außer in Grundbuch- und Registersachen, soweit ein von der Zahlung der Kosten befreiter Beteiligter die Kosten des Verfahrens übernimmt.
(4) Die persönliche Kosten- oder Gebührenfreiheit steht der Inanspruchnahme nicht entgegen, wenn die Haftung auf § 27 Nummer 3 beruht oder wenn der Kostenschuldner als Erbe nach § 24 für die Kosten haftet.
(5) Wenn in Grundbuch- und Registersachen einzelnen von mehreren Gesamtschuldnern Kosten- oder Gebührenfreiheit zusteht, so vermindert sich der Gesamtbetrag der Kosten oder der Gebühren um den Betrag, den die befreiten Beteiligten den Nichtbefreiten ohne Berücksichtigung einer abweichenden schuldrechtlichen Vereinbarung aufgrund gesetzlicher Vorschrift zu erstatten hätten.
II.
Rz. 3
1. Der Vorlage liegt eine Kostenerinnerung in einem Betreuungsverfahren zugrunde.
Rz. 4
Im Ausgangsverfahren hat der Betroffene, vertreten durch seine Betreuer, Erinnerung gegen den Ansatz einer Jahresgebühr für Dauerbetreuung gemäß KV-GNotKG 11101 eingelegt. Der Betroffene verfügte laut Vorlagebeschluss über ein Vermögen von mehr als 25.000 Euro. Er ist wegen einer seit Geburt bestehenden Behinderung nicht fähig, wirksam Vollmachten zu erteilen.
Rz. 5
2. Mit Beschluss vom 21. März 2024 hat das Amtsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht sinngemäß die Frage vorgelegt, ob Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gebiete, die Kostenfreiheit bei Gerichtskosten gemäß § 2 Abs. 1 GNotKG oder gemäß den in § 2 Abs. 2 GNotKG genannten Tatbeständen auf den Fall zu erstrecken, dass ein von einem Betreuungsverfahren Betroffener wegen einer Behinderung nie die Möglichkeit hatte, eine Vorsorgevollmacht zu erteilen.
B.
Rz. 6
Die Vorlage ist unzulässig. Das vorlegende Gericht hat sie nicht hinreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
I.
Rz. 7
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss ein vorlegendes Gericht im Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG angeben, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist (BVerfGE 141, 143 ≪160 Rn. 34≫). Diesem Begründungserfordernis genügt ein Vorlagebeschluss nur, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 ≪355 f.≫; 136, 127 ≪141 Rn. 43≫; 159, 149 ≪170 Rn. 57≫).
Rz. 8
Was die verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung gestellten Norm angeht, muss das vorlegende Gericht von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein und die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. BVerfGE 131, 88 ≪117 f.≫; 136, 127 ≪142 Rn. 45≫; 141, 1 ≪11 Rn. 23≫; 159, 149 ≪171 Rn. 59≫). Der Vorlagebeschluss muss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben, die naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erörtern, sich eingehend sowohl mit der fachrechtlichen als auch mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, dabei die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen und insbesondere auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen (vgl. BVerfGE 131, 88 ≪117 f.≫; 136, 127 ≪142 Rn. 45≫; 141, 1 ≪11 Rn. 22 f.≫; 159, 149 ≪170 f. Rn. 58 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. August 2023 - 1 BvL 4/22 -, Rn. 7).
II.
Rz. 9
Diesen Anforderungen wird die Vorlage nicht gerecht.
Rz. 10
Das Amtsgericht stellt nicht hinreichend dar, weshalb es von der Entscheidungserheblichkeit und von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm überzeugt ist. Es hat weder den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angegeben noch sich hinreichend mit dem anwendbaren Fachrecht auseinandergesetzt.
Rz. 11
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI16469855 |