Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen § 100c StPO in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1841 ff.).
I.
1. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 3. März 2004 (BVerfGE 109, 279) die Vorschriften der Strafprozessordnung zur Durchführung der akustischen Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung als mit dem Grundgesetz nicht in vollem Umfang vereinbar angesehen. Im Einzelnen erklärte es § 100c Abs. 1 Nr. 3, § 100d Abs. 3, § 100d Abs. 5 Satz 2 und § 100f Abs. 1 StPO für unvereinbar mit Art. 13 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG. § 101 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StPO erklärte es für unvereinbar mit Art. 19 Abs. 4 GG, § 101 Abs. 1 Satz 3 StPO für unvereinbar mit Art. 103 Abs. 1 GG und § 100d Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 100b Abs. 6 StPO für unvereinbar mit Art. 19 Abs. 4 GG.
Soweit die angegriffenen Vorschriften der Strafprozessordnung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wurden, räumte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2005 ein, um einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen. Die mit der hier vorliegenden Verfassungsbeschwerde angegriffenen Bestimmungen des § 100c StPO (BGBl I 2005 S. 1841 ff.) dienen der Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
2. Die angegriffene Regelung in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) lautet – soweit sie für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde von Bedeutung ist – wie folgt:
§ 100c
(1) Ohne Wissen der Betroffenen darf das in einer Wohnung nichtöffentlich gesprochene Wort mit technischen Mitteln abgehört und aufgezeichnet werden, wenn
1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Absatz 2 bezeichnete besonders schwere Straftat begangen oder in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat,
2. die Tat auch im Einzelfall besonders schwer wiegt,
3. auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen des Beschuldigten erfasst werden, die für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Mitbeschuldigten von Bedeutung sind, und
4. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Mitbeschuldigten auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.
(2) […]
(3) […]
(4) Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, soweit auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen. Das Gleiche gilt für Gespräche über begangene Straftaten und Äußerungen, mittels derer Straftaten begangen werden.
(5) Das Abhören und Aufzeichnen ist unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Aufzeichnungen über solche Äußerungen sind unverzüglich zu löschen. Erkenntnisse über solche Äußerungen dürfen nicht verwertet werden. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Ist eine Maßnahme nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf sie unter den in Absatz 4 genannten Voraussetzungen fortgeführt werden. Im Zweifel ist über die Unterbrechung oder Fortführung der Maßnahme unverzüglich eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen; § 100d Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) In den Fällen des § 53 ist eine Maßnahme nach Absatz 1 unzulässig; ergibt sich während oder nach Durchführung der Maßnahme, dass ein Fall des § 53 vorliegt, gilt Absatz 5 Satz 2 bis 4 entsprechend. In den Fällen der §§ 52 und 53a dürfen aus einer Maßnahme nach Absatz 1 gewonnene Erkenntnisse nur verwertet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten steht. Sind die zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten einer Beteiligung oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig, so sind die Sätze 1 und 2 nicht anzuwenden.
(7) Soweit ein Verwertungsverbot nach Absatz 5 in Betracht kommt, hat die Staatsanwaltschaft unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Gerichts über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse herbeizuführen. Soweit das Gericht eine Verwertbarkeit verneint, ist dies für das weitere Verfahren bindend.
II.
1. Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Humanistischen Union, einer unabhängigen Bürgerrechtsinitiative, die sich für den Schutz und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte einsetzt. Außerdem ist er Fraktionsvorsitzender im Stadtrat der Stadt B. Ferner ist er Partner einer mittelgroßen Anwaltskanzlei, der auch ein Fachanwalt für Strafrecht angehört; nach eigenen Angaben übernimmt der Beschwerdeführer auch selbst Wirtschaftsstrafverteidigungen. Er sieht sich durch § 100c StPO in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen.
2. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Vorschrift des § 100c (Absätze 1, 4, 6 und 7) StPO nicht die Voraussetzungen erfülle, die das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 3. März 2004 aufgestellt habe, damit eine Abhörmaßnahme verfassungsgemäß unter Berücksichtigung von Art. 1 und Art. 13 GG durchgeführt werden kann.
a) Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts fehle es nach wie vor an einer gesetzlichen Regelung, in welchen Fällen der absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist bzw. die Vermutung dafür spricht und folglich von vornherein Überwachungsmaßnahmen zu unterbleiben hätten. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich gesetzliche Regelungen gefordert und die Sicherung des absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung gerade nicht den Ermittlungsbehörden oder der Gesetzesauslegung durch die Fachgerichte überlassen wollen. Es fehle eine positiv formulierte Regelung dahingehend, in welchen Fällen vermutlich der absolut geschützte Kernbereich privater Lebensgestaltung tangiert ist und deshalb grundsätzlich keine Überwachungsmaßnahme durchgeführt werden kann. Insbesondere habe der Gesetzgeber entgegen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht festgelegt, dass eine Vermutung für kernbereichsrelevante Gespräche bestehe bei Räumen, denen typischerweise oder im Einzelfall die Funktion als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung zukomme.
b) Die Regelung des § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO stehe zudem im Widerspruch zum Leitsatz 2 des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004, wonach für eine Abwägung zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung und dem Strafverfolgungsinteresse nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kein Raum sei. In direktem Widerspruch hierzu regle § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO, dass Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 52 StPO abgehört werden könnten und eine Verwertung der Erkenntnisse nur von einer Abwägung zwischen dem Interesse an der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten einerseits und der Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses andererseits abhinge.
c) Ferner ziehe das Gesetz den Kreis derjenigen Gesprächspartner, die ebenfalls dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet werden könnten, zu eng. Das Bundesverfassungsgericht habe dargelegt, dass der Schutz des Kernbereichs auch die Kommunikation mit anderen Personen des besonderen Vertrauens umfasse. Der Gesetzgeber habe sich in § 100c Abs. 6 Satz 1 StPO wiederum nur auf Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52, § 53 oder § 53a StPO zusteht, beschränkt.
d) Das Gesetz enthalte zudem keine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass eine räumliche und zeitliche Rundumüberwachung und eine automatische Aufzeichnung der Gespräche generell unzulässig sind.
e) Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht verbindlich festgelegt, dass es “zur Herstellung eines verfassungsgemäßen Zustandes … einer Regelung [bedarf], nach der eine Verwendung von Informationen, die durch eine akustische Wohnraumüberwachung erlangt worden sind, nur dann zulässig ist, wenn die Verwertbarkeit der Informationen zuvor von einer unabhängigen Stelle, …, überprüft worden ist”. Erforderlich sei demnach eine gesetzliche Regelung, wonach alle erlangten Informationen zunächst durch eine unabhängige Stelle auf ihre Verwertbarkeit hin zu überprüfen seien. Das angegriffene Gesetz regele demgegenüber in § 100c Abs. 7 StPO nur, dass die Staatsanwaltschaft selbst darüber entscheide, ob ein Verwertungsverbot in Betracht komme und dass sie nur in diesem Fall zur Einholung einer gerichtlichen Entscheidung verpflichtet sei.
III.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
a) Die Verfassungsbeschwerde beschränkt sich auf die Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der Absätze 1, 4, 6 und 7 des § 100c StPO. Allerdings trägt der Beschwerdeführer nicht vor, inwieweit die Regelung des § 100c Abs. 1 StPO gegen die Verfassung verstoßen könnte. Sein Vorbringen genügt insoweit nicht den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Daher ist im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerde lediglich die Verfassungsmäßigkeit des § 100c Abs. 4, 6 und 7 StPO zu prüfen.
Die Verfassungswidrigkeit der übrigen Vorschriften der Strafprozessordnung zur akustischen Wohnraumüberwachung (§ 100d bis § 100 f StPO) macht der Beschwerdeführer nicht geltend.
b) Der Beschwerdeführer ist beschwerdebefugt. Die Beschwerdebefugnis setzt, wenn sich eine Verfassungsbeschwerde – wie hier – unmittelbar gegen ein Gesetz richtet, voraus, dass der Beschwerdeführer durch die angegriffene Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪101 ff.≫; 109, 279 ≪305≫; stRspr).
aa) Die Voraussetzung der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit ist grundsätzlich erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Vorschriften beruhenden Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪354≫; 109, 279 ≪307 f.≫). Der Beschwerdeführer hat dargelegt, dass er als Anwalt einer mittelgroßen Anwaltskanzlei von Abhörmaßnahmen betroffen sein könnte, zumal er selbst “auch Wirtschaftstrafverteidigungen” übernehme und in seiner Kanzlei ein Fachanwalt für Strafrecht beschäftigt sei. In dieser Eigenschaft fänden zahllose Gespräche in der Kanzlei wie auch in Wohnungen oder Geschäftsräumen von Mandanten statt.
Diese Darlegungen genügen zur Annahme einer eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit. Betroffener kann jeder sein, in dessen Persönlichkeitsrechte durch die akustische Wohnraumüberwachung eingegriffen wird, auch wenn er nicht Zielperson der Anordnung ist (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪308≫). Die Möglichkeit, Objekt einer akustischen Wohnraumüberwachung zu werden, besteht praktisch für jedermann (BVerfG, a.a.O.).
bb) Der Beschwerdeführer kann sich auch darauf berufen, von den angegriffenen Regelungen unmittelbar betroffen zu sein. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die angegriffenen Bestimmungen, ohne eines weiteren Vollzugsakts zu bedürfen, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers verändern (vgl. BVerfGE 97, 157 ≪164≫; 102, 197 ≪207≫). Das ist auch dann anzunehmen, wenn dieser gegen einen denkbaren Vollzugsakt nicht oder nicht in zumutbarer Weise vorgehen kann (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪354≫; 109, 279 ≪306 f.≫).
Das Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Worts in Wohnungen ist eine Maßnahme, von der der Betroffene weder vor noch während der Durchführung etwas erfährt, so dass fachgerichtlicher Rechtsschutz insoweit nicht in Anspruch genommen werden kann (BVerfGE 109, 279 ≪307≫). Auch der Umstand, dass § 100d Abs. 8 StPO eine nachträgliche Benachrichtigung der Beteiligten von den getroffenen Maßnahmen vorsieht, steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen (BVerfG, a.a.O. zur damaligen inhaltlich entsprechenden Regelung des § 101 Abs. 1 StPO).
c) Die Verfassungsbeschwerde wurde innerhalb der Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG eingelegt. Das angegriffene Gesetz trat am 1. Juli 2005 in Kraft (Art. 8 des Gesetzes zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004, BGBl I 2005 S. 1846). Die Verfassungsbeschwerde ist am 8. März 2006 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen gesetzlichen Bestimmungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.
a) Maßstab zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in der Strafprozessordnung enthaltenen Ermächtigungen zur akustischen Wohnraumüberwachung sind insbesondere Art. 13 Absätze 1 und 3 sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Art. 13 Abs. 1 GG enthält eine spezielle Gewährleistung des Schutzes vor staatlicher akustischer Überwachung der räumlichen Privatsphäre, die die allgemeinere Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG insoweit verdrängt. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG greift hingegen ein, soweit von der Wohnraumüberwachung Personen betroffen werden, die sich nicht auf Art. 13 Abs. 1 GG berufen können, etwa weil sie sich nur zufällig in einer Wohnung aufhalten, die nach § 100c StPO abgehört wird (BVerfGE 109, 279 ≪325 f.≫).
Der Schutz der räumlichen Privatsphäre und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann im Einzelfall durch andere Grundrechte, wie insbesondere Art. 4 Absätze 1 und 2 sowie Art. 6 Absätze 1 und 2 GG, ergänzt sein. So kann von der Abhörmaßnahme zugleich der Schutz von Gesprächen zwischen Eheleuten in der eigenen Wohnung gemäß Art. 6 GG oder der Schutz von Gesprächen mit einem Geistlichen nach Art. 4 GG betroffen sein (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪326 f.≫).
b) § 100c StPO ermächtigt zum Abhören und Aufzeichnen von Wohnraumgesprächen und damit zu Eingriffen in die Grundrechte aus Art. 13 Abs. 1 und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Ein Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung kann sowohl im physischen Eindringen in den Wohnraum zur Anbringung von technischen Mitteln, als auch im Belauschen der Vorgänge in der Wohnung liegen. Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht liegt vor, soweit von der Maßnahme Personen betroffen sind, die sich zufällig in der überwachten Wohnung aufhalten und nicht durch das speziellere Grundrecht des Art. 13 Abs. 1 GG geschützt sind.
c) Die angegriffenen Regelungen werden den sich unmittelbar aus Art. 13 Abs. 3 GG ergebenden materiellen und formellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Eingriffs in die räumliche Privatsphäre gerecht. Der Gesetzgeber hat die verfassungsrechtlichen Maßstäbe, die der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 3. März 2004 entwickelt hat, beachtet.
aa) (1) Die zur Ausgestaltung des Art. 13 Abs. 3 GG erlassenen Vorschriften müssen hinreichende Vorkehrungen dafür treffen, dass Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung unterbleiben und die Menschenwürde gewahrt wird (vgl. Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004, BVerfGE 109, 279 ≪318 ff.≫). Um eine Kernbereichsverletzung von vorneherein zu vermeiden, sind danach vor Beginn der Maßnahme im Rahmen der von den Strafverfolgungsbehörden vorzunehmenden Prognose mögliche Indikatoren für kernbereichsrelevante Handlungen in der zu überwachenden Wohnung zu beachten. So können die Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und das Verhältnis der anwesenden Personen zueinander Anhaltspunkte dafür liefern, ob durch die Maßnahme Äußerungen erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Es besteht eine Vermutung für Gespräche aus dem unantastbaren Kernbereich, wenn sich jemand allein oder ausschließlich mit Personen in der Wohnung aufhält, zu denen er in einem besonderen, den Kernbereich betreffenden Vertrauensverhältnis steht, etwa mit dem Ehepartner, Geschwistern und Verwandten in gerade Linie, insbesondere wenn sie im selben Haushalt leben, oder sonstigen engsten Vertrauten (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪320 ff.≫). Andererseits ist es gerechtfertigt, bei Gesprächen in Betriebs- und Geschäftsräumen typischerweise von einem Sozialbezug auszugehen. Ebenfalls nicht zum unantastbaren Kernbereich gehören Gespräche, die Angaben über begangene Straftaten enthalten (BVerfGE 109, 279 ≪319≫).
(2) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, den Kernbereich positiv, unter Nennung der in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angeführten Beispiele gesetzlich zu definieren und die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Vermutung für dem unantastbaren Kernbereich zurechenbare Gespräche bei Räumen, denen typischerweise oder im Einzelfall die Funktion als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung zukommt, in den Gesetzestext ausdrücklich aufzunehmen.
Der Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben in § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO für eine so genannte negative Kernbereichsprognose entschieden. Danach darf die Maßnahme nur angeordnet werden, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung kernbereichsrelevante Äußerungen nicht erfasst werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde angesichts der Vielzahl der denkbaren Lebenssituationen, in denen es zu einer Gefährdung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in Wohnräumen kommen kann, davon abgesehen, diesen Kernbereich im Gesetz zu definieren oder anhand von Regelbeispielen zu exemplifizieren (BTDrucks 15/4533, S. 14). Der Kernbereich privater Lebensgestaltung habe bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Konturen erhalten, die eine Auslegung und Anwendung der Vorschrift auf den konkreten Fall ermöglichten. Dies stehe auch im Einklang mit der weiteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Schutzbereich der Menschenwürde stets vom Eingriff her und “nur in Ansehung des konkreten Falles” definiert werden könne (BTDrucks 15/4533, S. 14; zustimmend Löffelmann, NJW 2005, S. 2033 f.).
(3) Das Grundgesetz gebietet den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, gibt aber nicht im Einzelnen vor, wie dieser Schutz zu gewährleisten ist. Die Ausgestaltung im Einzelnen ist Aufgabe des zuständigen Gesetzgebers, dem hierbei ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. Rogall, ZG 2005, S. 164 ≪165, 170≫). Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums darf sich der Gesetzgeber auch unbestimmter, auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe bedienen (vgl. etwa BVerfGE 8, 274 ≪326≫; 13, 153 ≪161≫; 56, 1 ≪12≫).
Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind durch den Bestimmtheitsgrundsatz und das Gebot der Normenklarheit Grenzen gesetzt. Danach muss eine Norm in ihren Voraussetzungen und in ihrer Rechtsfolge hinreichend bestimmt und begrenzt formuliert sein, so dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪79≫; 25, 269 ≪285≫; 87, 287 ≪317 f.≫). Das Gebot der Normenklarheit zwingt den Gesetzgeber aber nicht, Regelungstatbestände für jeden denkbaren Einzelfall mit genau erfassbaren Maßstäben zu schaffen. An die tatbestandliche Fixierung dürfen keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden (BVerfGE 56, 1 ≪12 f.≫). Es ist Aufgabe der Fachgerichte, die bei der Gesetzesanwendung auf den konkreten Einzelfall auftauchenden Rechtsfragen mit Hilfe anerkannter Auslegungsmethoden zu klären. Eine solche Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (vgl. BVerfGE 21, 209 ≪215≫; 79, 106 ≪120≫; 102, 254 ≪337≫).
(4) Den aus der Verfassung unmittelbar folgenden Grundsatz, dass Eingriffe durch die akustische Überwachung von Wohnungen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu unterbleiben haben, hat der Gesetzgeber in § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO festgeschrieben. Ferner haben die vom Bundesverfassungsgericht identifizierten Indikatoren für kernbereichsrelevante Gespräche – die Art der zu überwachenden Räume sowie der beteiligten Personen – Eingang in die Neuregelung des § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO gefunden. Durch die Regelvermutungen in § 100c Abs. 4 Sätze 2 und 3 StPO für Gespräche in Büro- und Geschäftsräumen sowie für Gespräche über Straftaten erfährt der unbestimmte Gesetzesbegriff des “Kernbereichs privater Lebensgestaltung” weitere Konkretisierung (siehe auch Löffelmann, NJW 2005, S. 2033 ≪2034≫).
Damit hat sich der Gesetzgeber an den zentralen Aussagen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 orientiert und die gesetzlichen Vorschriften an dem Schutz der Privatsphäre ausgerichtet. Wann ein Sachverhalt dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen ist und wann er lediglich den unter bestimmten Voraussetzungen dem staatlichen Zugriff offen stehenden Bereich betrifft, lässt sich nur schwer umschreiben. Diese Frage kann nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung seiner Besonderheiten entschieden werden (vgl. BVerfGE 34, 238 ≪248≫; 80, 367 ≪374≫; 109, 279 ≪314≫). In Anbetracht dessen, dass eine abstrakte, alle denkbaren Sachverhaltskonstellationen konkret umschreibende Definition des Kernbereichs privater Lebensgestaltung nur schwer möglich sein wird, steht es dem Gesetzgeber offen, ob er eine allgemeine, auslegungsfähige Formulierung wählt, oder aber mittels der Konstruktion von nicht abschließenden Regelbeispielen eine noch weitergehende Konkretisierung vornimmt (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪79≫). Eine ausdrückliche Verpflichtung, den Kernbereich privater Lebensgestaltung durch weitergehende gesetzliche Normierung zu konkretisieren, enthält die Verfassung nicht.
Vorliegend ist eine Auslegung und Anwendung der angegriffenen Vorschrift, die den Anforderungen des Grundgesetzes genügt, ohne weiteres möglich. Die Gesetzesbegründung (BTDrucks 15/4533), Literatur und Rechtsprechung und insbesondere die Ausführungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 ermöglichen eine Handhabung der Vorschrift, die den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung sicherstellt. Schon der Gesetzeswortlaut ordnet unmissverständlich an, dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu achten ist. Darüber hinaus darf davon ausgegangen werden, dass sich die Strafverfolgungsbehörden an die gesetzlichen Regelungen halten und dementsprechend die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Grundsätze in ihre Überlegungen einbeziehen. Das Grundgesetz fordert hingegen nicht, dass der Schutz des unantastbaren Bereichs privater Lebensgestaltung durch umfangreiche, detailfreudige Regelungen geregelt wird. Entscheidend ist, dass dem Gesetz hinreichend deutlich zu entnehmen ist, welche Grenzen den Ermittlungsbehörden bei der Wohnraumüberwachung gesetzt sind. Schließlich ist auch zweifelhaft, ob eine Regelung, die anhand von Regelbeispielen bestimmte Situationen beschreibt, in denen eine Vermutung für einen absoluten Schutz der Privatsphäre besteht, einen wirksameren Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung gewährleistet. Zwar ergeben sich für den Rechtsanwender Anhaltspunkte dafür, in welchen Fällen der Gesetzgeber eine kernbereichsrelevante Situation annimmt. In allen anderen Fällen besteht aber dann die Gefahr, dass die Überwachung wegen Fehlens eines Regelbeispiels fortgesetzt wird, auch wenn die Situation darauf hindeutet, dass möglicherweise der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist. Im Hinblick auf die vielfältigen Situationen, in denen eine Wohnraumüberwachung stattfinden kann, genügt eine Regelung, die dem Rechtsanwender hinreichend deutlich vorgibt, dass die Überwachung zu beenden ist, wenn die Gefahr besteht, den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu verletzen.
Darüber hinaus ist eine weitere Konkretisierung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung durch die Fachgerichte – auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 – möglich und zu erwarten (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05 –, NJW 2005, S. 3295 ff.).
bb) (1) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 3. März 2004 klargestellt, dass zur Wahrung der Menschenwürde ein absoluter Schutz des Verhaltens in den Räumen der Privatwohnung erforderlich ist, soweit sich dieses Verhalten als individuelle Entfaltung im Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt (BVerfGE 109, 279 ≪314≫). Dieser absolute Schutz darf nicht durch Abwägung mit den Strafverfolgungsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden (BVerfGE 109, 279 ≪314≫ unter Bezugnahme auf BVerfGE 34, 238 ≪245≫).
(2) In Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 bestimmt § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO, dass die Maßnahme nur angeordnet werden darf, soweit auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Ergänzend hierzu bestimmt § 100c Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 StPO, dass in den Fällen des § 53 StPO (Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 StPO, z.B. Geistliche, Verteidiger eines Beschuldigten, Ärzte) eine Abhörmaßnahme grundsätzlich unzulässig ist. Außerdem regelt § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO, dass in den Fällen der §§ 52 und 53a StPO (Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 52, § 53a StPO, z.B. Ehegatte, Lebenspartner, Verwandte in gerade Linie) die aus einer Abhörmaßnahme gewonnenen Erkenntnisse nur verwertet werden dürfen, wenn dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten steht.
(3) Der Beschwerdeführer sieht in der Regelung des § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass bei Eingriffen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung für eine Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kein Raum ist. § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO sehe in verfassungswidriger Weise eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zwischen der Unverletzlichkeit der Wohnung und dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse vor.
(4) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schreibt § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO lediglich hinsichtlich der Frage nach der Verwertbarkeit von durch eine zulässige Abhörmaßnahme gewonnenen Erkenntnissen eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor. Von Verfassungs wegen ist bei der Frage nach der Zulässigkeit der Anordnung einer Abhörmaßnahme und damit auf der Ebene der Beweiserhebung eine Abwägung nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit nicht vorgesehen. § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO gewährleistet die Unantastbarkeit des Kernbereichs privater Lebensgestaltung uneingeschränkt und sieht nicht vor, dass die Ermittlungsbehörden bei der Durchführung der Maßnahme in eine Abwägung eintreten, ob ein Fall besonders gravierender Kriminalität vorliegt. § 100c Abs. 5 StPO ordnet darüber hinaus an, dass das Abhören und Aufzeichnen unverzüglich zu unterbrechen ist, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Auch hier ist eine Abwägung nicht vorgesehen.
Kernbereichsrelevante Gespräche mit nahen Angehörigen, die zugleich Zeugnisverweigerungsberechtigte nach § 52 StPO sind, dürfen bereits wegen § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO nicht abgehört werden (Wolter, in: Systematischer Kommentar zur StPO, Loseblatt, Stand: Oktober 2006, § 100c Rn. 6). § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO soll – eine zulässige Abhörmaßnahme vorausgesetzt – zusätzlich den Interessen der durch Zeugnisverweigerungsrechte geschützten Personen Rechnung tragen (BTDrucks 15/4533, S. 15). Das Zeugnisverweigerungsrecht von Angehörigen nach § 52 StPO dient der Rücksichtnahme auf die Zwangslage eines Zeugen, der zur Wahrheit verpflichtet ist, aber befürchten muss, dadurch einem Angehörigen zu schaden (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪322≫; BGHSt 2, 351 ≪354≫; 22, 35 ≪36 f.≫; 27, 231 ≪232≫). Mit der akustischen Wohnraumüberwachung läuft dieses Zeugnisverweigerungsrecht ins Leere, weil der Zeugnisverweigerungsberechtigte, dessen Aussagen im Rahmen der Abhörmaßnahme bereits aufgenommen wurden, keine Möglichkeit zur Verweigerung seines Zeugnisses hat. Dem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 und § 53a StPO wird durch § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO bei der Entscheidung über die Verwertung von gewonnenen Erkenntnissen aus einer zulässigen Abhörmaßnahme Rechnung getragen. Die Verwertung eines Gesprächs zwischen dem Beschuldigten und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 52, § 53a StPO als Beweismittel ist verboten, wenn die Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten steht.
cc) (1) Der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung umfasst auch die Kommunikation mit anderen Personen des besonderen Vertrauens (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪322≫ unter Hinweis auf BVerfGE 90, 255 ≪260≫). Deren Kreis deckt sich nur teilweise mit den in § 52, § 53 und § 53a StPO genannten Zeugnisverweigerungsberechtigten.
(2) Die Regelung des § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO genügt auch mit Blick auf den Kreis der im Rahmen des Kernbereichs privater Lebensgestaltung zu berücksichtigenden Personen den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 100c Abs. 4 StPO auf eine weitergehende gesetzliche Normierung des Personenkreises, für den eine Vermutung für kernbereichsrelevante Gespräche besteht, verzichtet. Die Neuregelung stellt vielmehr generell auf den Begriff des “Kernbereichs privater Lebensgestaltung” sowie allgemein auf das “Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander” ab. Der Kreis der Personen, bei denen eine Vermutung für kernbereichsrelevante Gespräche besteht, wird damit offen gelassen und ist der Auslegung zugänglich. Eine Beschränkung des Beweiserhebungsverbots auf Zeugnisverweigerungsberechtigte nach §§ 52 ff. StPO sieht die Neuregelung – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – gerade nicht vor.
Darüber hinaus gehend stellt § 100c Abs. 6 Satz 1 StPO ein generelles Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot für Gespräche mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 StPO auf. Die Nennung der Zeugnisverweigerungsberechtigten in § 100c Abs. 6 Satz 2 StPO ermöglicht nicht generell die Überwachung von Gesprächen des Verdächtigen mit diesen Personen. Vielmehr regelt diese Vorschrift ein Beweisverwertungsverbot. Dieses Beweisverwertungsverbot lässt das offen formulierte Beweiserhebungsverbot des § 100c Abs. 4 Satz 1 StPO unberührt.
dd) (1) Das Abhören von Privatwohnungen, selbst wenn es grundsätzlich zulässig ist, hat sich nach Auffassung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 3. März 2004 auf Gesprächssituationen zu beschränken, die mit Wahrscheinlichkeit strafverfahrensrelevante Inhalte umfassen. Eine zeitliche und räumliche “Rundumüberwachung” verletzt die Menschenwürde, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und derart umfassend ist, dass nahezu lückenlos alle Bewegungen und Lebensäußerungen des Betroffenen registriert werden können (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪323≫).
Ferner kann es der Schutz der Menschenwürde erforderlich machen, bei dem Abhören einer Privatwohnung auf eine nur automatische Aufzeichnung der abgehörten Gespräche zu verzichten, um jederzeit die Ermittlungsmaßnahmen unterbrechen zu können. Dies ermöglicht den sofortigen Abbruch der Überwachung, sobald im Rahmen der Überwachung einer Privatwohnung eine Situation eintritt, die dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen ist (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪324≫).
(2) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedurfte es keiner gesonderten gesetzlichen Regelung, in der das Verbot einer Rundumüberwachung ausgesprochen wird. Der Gesetzgeber hat durch vielfältige Regelungen deutlich gemacht, dass eine von Verfassungs wegen stets unzulässige Rundumüberwachung, mit der ein umfassendes Persönlichkeitsprofil eines Beteiligten erstellt werden könnte, durch allgemeine verfahrensrechtliche Sicherungen auch ohne spezifische gesetzliche Regelung grundsätzlich ausgeschlossen sein soll (BVerfGE 112, 304 ≪319≫; Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl. 2006, § 100c Rn. 2).
§ 100c Abs. 5 Satz 1 StPO sieht vor, dass das Abhören und Aufzeichnen unverzüglich zu unterbrechen ist, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass kernbereichsrelevante Äußerungen erfasst werden. Darüber hinaus enthalten § 100d Abs. 1 Sätze 4 und 5 StPO Regelungen zur zeitlichen Begrenzung der Maßnahme. Gemäß § 100d Abs. 4 Satz 1 StPO ist das anordnende Gericht über den Verlauf und die Ergebnisse der Maßnahme zu unterrichten. Das Gericht hat gemäß § 100d Abs. 4 Satz 2 StPO den Abbruch der Maßnahme anzuordnen, sobald die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen.
Darüber hinaus ist es nicht erforderlich, die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Durchführung einer Maßnahme ausdrücklich und für alle Fälle gesetzlich anzuordnen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Ermittlungsbehörden den erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers und die verfassungsrechtlichen Maßstäbe bei ihren Maßnahmen beachten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass im Anschluss an die durchgeführte Wohnraumüberwachung der Betroffene gemäß § 100d Abs. 8 StPO zu benachrichtigen und auf den nachträglichen Rechtsschutz hinzuweisen ist. Hierdurch werden die Ermittlungsbehörden verpflichtet, auch den Umfang der Wohnraumüberwachung offen zu legen, so dass etwaige Verfassungsverstöße festgestellt werden könnten. Von Verfassungs wegen besteht jedenfalls keine Verpflichtung zu einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, solange keine Erkenntnisse vorliegen, dass die Ermittlungsbehörden gegen das verfassungsrechtliche Verbot einer absoluten Rundumüberwachung verstoßen.
(3) Der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht entnehmen, dass eine automatische Aufzeichnung in jedem Fall von Verfassungs wegen zwingend unzulässig ist. Der Senat hat vielmehr dargelegt, dass auch im Fall der zulässigen Überwachung einer Privatwohnung größtmögliche Zurückhaltung geboten ist. So kann es der Schutz der Menschenwürde erforderlich machen, bei dem Abhören einer Privatwohnung auf eine nur automatische Aufzeichnung der Gespräche zu verzichten, um jederzeit die Ermittlungsmaßnahme unterbrechen zu können (BVerfGE 109, 279 ≪324≫). Ein generelles Verbot automatischer Aufzeichnungen ist hingegen nicht ersichtlich, soweit keine Gefahr der Erfassung kernbereichsrelevanter Gespräche besteht.
Auch die Entscheidung darüber, ob eine Abhörmaßnahme mit Blick auf den absolut geschützten Kernbereich mittels einer automatischen Aufzeichnung durchgeführt werden kann, ist jeweils für den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu treffen. Ein generelles gesetzliches Verbot von automatischen Aufzeichnungen ist dagegen nicht erforderlich. Der Gefahr von Kernbereichsverletzungen im Zusammenhang mit der Aufzeichnung ist der Gesetzgeber begegnet, indem er in § 100c Abs. 5 Satz 1 StPO den unverzüglichen Abbruch des Abhörens und Aufzeichnens anordnet, soweit sich während der Überwachung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass kernbereichsrelevante Äußerungen erfasst werden.
ee) (1) Art. 13 Abs. 3 GG verlangt gesetzliche Regeln darüber, dass Daten nicht verwertet werden dürfen, die aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung stammen (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪331≫). Es ist – auch verfahrensrechtlich (vgl. BVerfGE 109, 279 ≪333≫) – sicherzustellen, dass die durch den Eingriff erlangten Erkenntnisse keinerlei Verwendung im weiteren Ermittlungsverfahren oder in anderen Zusammenhängen finden. Erforderlich ist eine eindeutige Regelung, wer die gerichtliche Entscheidung im vorbereitenden Verfahren über die Verwertbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse zu beantragen hat und dass eine Verpflichtung zur Einschaltung des Gerichts besteht.
(2) § 100c Abs. 7 Satz 1 StPO genügt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Diese Regelung sieht nunmehr vor, dass die Staatsanwaltschaft unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Gerichts über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse herbeizuführen hat, soweit ein Verwertungsverbot nach § 100c Abs. 5 StPO in Betracht kommt. Es ist damit sowohl festgelegt, welche Behörde die gerichtliche Entscheidung zu beantragen hat, als auch, dass eine Verpflichtung hierzu besteht.
Von Verfassungs wegen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Staatsanwaltschaft ein Beurteilungsspielraum dahingehend eingeräumt wird, ob ein Verwertungsverbot in Betracht kommt. Kommt ein Verwertungsverbot ersichtlich nicht in Betracht, wäre auch die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung über die Verwertbarkeit der Erkenntnisse eine bloße Förmelei (vgl. auch Rogall, ZG 2005, S. 164 ≪176≫). Der Staatsanwaltschaft kann es auf Grund ihrer eigenen Kompetenz anvertraut werden, selbst zu entscheiden, ob ein Verwertungsverbot überhaupt in Betracht kommt. Allein die bloße Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft die Grenze ihres Beurteilungsspielraums überschreiten könnte, führt nicht bereits zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Der Gesetzgeber durfte jedenfalls davon ausgehen, dass die Staatsanwaltschaft gerade auch mit Blick auf den Grundrechtsschutz in verantwortungsbewusster Weise mit ihrem Beurteilungsspielraum umgehen wird.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Broß, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen