Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 29.01.2001; Aktenzeichen 1 Qs 31/01) |
AG Verden (Aller) (Beschluss vom 21.11.2000; Aktenzeichen 4 Gs 1448/2000) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Der Beschluss des Amtsgerichts über die Durchsuchungsgestattung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss hat zwar zur rechtsstaatlichen Eingrenzung des Ermittlungszugriffs den Vorwurf sachangemessen zu konkretisieren und die gesuchten Beweismittel nach Möglichkeit wenigstens ihrer Gattung nach zu umschreiben. Ein auf § 102 StPO gestützter Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem weder die Art noch den denkbaren Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lässt, würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪220 f.≫; 44, 353 ≪371≫).
So liegt der Fall hier aber nicht. Der Vorwurf des Abrechnungsbetruges beim Ausbau einer Bahnstrecke der Deutschen Bahn AG im Rahmen der Tätigkeit der Firma P. ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausreichend umgrenzt. Er ergibt sich aus den beispielhaft angeführten Beweismitteln „Abrechnungen, Aufmasszettel, schriftliche Notizen und allgemeiner Schriftverkehr bezogen auf die Baumassnahmen der Firma P. im Auftrag der Deutschen Bahn AG (…)”). Für Durchsuchungszwecke reichte dieser Hinweis aus. Mag eine größere Sorgfalt bei der Formulierung des Tatvorwurfs im Durchsuchungsbeschluss auch wünschenswert erscheinen (vgl. BVerfGE 20, 162 ≪227≫), so waren im Ausgangsverfahren mehr Detailangaben von Verfassungs wegen aber nicht erforderlich, um den mit der Vollziehung der Anordnung betrauten Beamten aufzuzeigen, worauf sie ihr Augenmerk richten sollten. Eine weitere rechtliche Konkretisierung der mutmaßlichen Straftat nach bestimmten selbständigen Handlungen (§§ 263, 53 StGB) kann und muss im Stadium des Beginns eines Ermittlungsverfahrens auf Grund eines Anfangsverdachts nicht geleistet werden. Die Eingrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses für Zwecke der durch die richterliche Entscheidung begrenzten Vollziehung der Maßnahme (vgl. BVerfGE 42, 212 ≪221≫) ist bereits durch knappe, aber aussagekräftige Tatsachenangaben gewahrt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Umgrenzungsmerkmale des Tatvorwurfs, wie Tatzeit, Tatort oder Handlungsabläufe, von Fall zu Fall unterschiedliches Gewicht haben (vgl. für den auf breiterer Beweisgrundlage zu formulierenden Anklagevorwurf BGHSt 44, 153 ≪155≫). Ist der Vorwurf durch die Benennung eines möglichen Betrugsgeschehens im Zusammenhang mit der Abrechnung von Leistungen beim Ausbau einer Eisenbahnstrecke durch bestimmte Bau- und Bauplanungsfirmen gekennzeichnet, so fehlt es jedenfalls nicht an der rechtsstaatlich gebotenen Mitteilung des Anfangsverdachts in der richterlichen Entscheidung nach § 102 StPO. Die Art der gesuchten Beweismittel ist aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs zu „Baumassnahmen der Firma P. im Auftrag der Deutschen Bahn AG (…)” in der Entscheidung ausreichend umrissen. Dass in Folge eines Versehens im Rahmen der Beschlussgründe „Abrechnungen zum Nachteil der Stadt Rostock” genannt werden, vermag die zuvor im Beschlusstenor enthaltene tatsächliche Umgrenzung auf Beweismittel im Zusammenhang mit einem Auftrag der Deutschen Bahn AG nicht zu entwerten. Die Eingrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses wird vorliegend unabhängig von diesem Versehen durch den Beschlusstenor gewahrt.
b) Die allgemein gehaltene Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts hatte nur die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 105, Rn. 7). Sie war noch keine wirksame Beschlagnahmeanordnung. Der darauf gerichtete Verfassungsbeschwerde-Angriff geht fehl, denn insoweit ist der Rechtsweg noch nicht erschöpft; darauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen.
c) Das Landgericht hat bei der Nachprüfung der Durchsuchungsanordnung zwar einen falschen Prüfungsmaßstab angelegt, indem es eine eigene Entscheidung über die Durchsuchungsanordnung getroffen hat, welche die zuvor erledigte Vollziehung der Maßnahme nicht mehr beeinflussen konnte. Darauf beruht der angegriffene Beschluss aber nicht, da die vom Landgericht aus seiner Sicht noch nachgebesserte ermittlungsrichterliche Durchsuchungsgestattung bereits den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen genügte.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Hassemer, Mellinghoff
Fundstellen
Haufe-Index 1267289 |
NPA 2002, 0 |