Leitsatz (amtlich)
Es verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Gesetzgeber im Zuge der Wiedervereinigung die Zahlung von Dienstbeschädigungsteilrenten beendet, die den Angehörigen von Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik zum Ausgleich einer durch Dienstunfall oder Diensterkrankung verursachten Beschädigung gewährt wurden, demgegenüber aber die ostdeutschen Unfallrenten in die gesamtdeutsche gesetzliche Unfallversicherung überführt.
Verfahrensgang
Tenor
§ 9 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) vom 25. Juli 1991 (Bundesgesetzblatt I Seite 1606, 1677) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit auf Grund der in der Vorschrift angeordneten Anrechnung die Dienstbeschädigungsteilrente wegfällt.
§ 11 Absatz 2 und Absatz 5 Satz 2 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes sowie § 11 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 5 Satz 2 dieses Gesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz – AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (Bundesgesetzblatt I Seite 1674) sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit danach Dienstbeschädigungsteilrenten nicht gewährt werden.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Mai 1994 – RA 49/93 –, das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 1993 – L 1 An 44/92 –, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. August 1992 – S (KG) 8 An 4/92 – und der Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamtes VII vom 23. Juli 1991 – 67-01-00 – in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Wehrbereichsverwaltung VII in Strausberg vom 3. Dezember 1991 – II B 4 Az 20-01-10 – verletzen den Beschwerdeführer zu 1 in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Urteile des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Mai 1994 – 4 RA 47/93 –, das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. August 1993 – L 1 An 40/92 –, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 30. Juni 1992 – S 5 An 138/92 – und der Bescheid der Bezirksregierung Halle vom 20. September 1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 1992 – 14.P – verletzen den Beschwerdeführer zu 2 in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Urteile des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. September 1994 – 4 RA 7/94 –, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Mai 1993 – S 4 An 9/93 – und der Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamtes VII vom 29. Mai 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Wehrbereichsverwaltung VII in Strausberg vom 18. Dezember 1992 – II B 4.030 Az 20-01-10 – verletzen den Beschwerdeführer zu 3 in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird an das Sozialgericht Halle zurückverwiesen.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 23/94 –, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 20. Januar 1994 – L 2 An 27/93 –, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Juli 1993 – S 3a An 829/92 – und der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes – Außenstelle Berlin-Lichtenberg – vom 31. Juli 1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. November 1991 – IX 4 – verletzen die Beschwerdeführerin zu 4 in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Urteile des Bundessozialgerichts und des Landessozialgerichts werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landessozialgericht für das Land Brandenburg zurückverwiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren betreffen die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig war, Dienstbeschädigungsteilrenten, die neben Alters- oder Invalidenrenten in Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik gewährt wurden, ab 1. August 1991 auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit anzurechnen oder einzustellen. Es geht um die Gesetzeslage zwischen 1991 und 1996.
I.
1. Die Altersversorgung in der Deutschen Demokratischen Republik umfasste eine einheitliche Sozialversicherung und eine am 1. März 1971 eingeführte ergänzende Freiwillige Zusatzrentenversicherung. Daneben bestanden zahlreiche Zusatzversorgungssysteme (vgl. näher BVerfGE 100, 1 ≪3 ff.≫). Ein Teil der Staatsbediensteten gehörte Sonderversorgungssystemen an, die eine eigenständige Sicherung ihrer Mitglieder außerhalb der Rentenversicherung in einer der Beamtenversorgung der Bundesrepublik Deutschland vergleichbaren Weise gewährleisteten (vgl. im Einzelnen BVerfGE 100, 59 ≪62 f.≫; 100, 138 ≪140 f.≫). Dazu zählten die Angehörigen der Nationalen Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Feuerwehr und des Strafvollzugs, der Zollverwaltung und des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS).
Die Sonderversorgungssysteme beruhten auf Versorgungsordnungen. Für die Nationale Volksarmee war dies die amtlich nicht veröffentliche Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Versorgungsordnung) vom 1. September 1982 (im Folgenden: Versorgungsordnung der NVA), für die Deutsche Volkspolizei die amtlich nicht veröffentlichte Ordnung Nr. 11/72 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die soziale Leistungsgewährung – Versorgungsordnung – vom 1. Juli 1954, zuletzt in der Fassung vom 1. Dezember 1985 (im Folgenden: Versorgungsordnung des MdI) sowie für die Angehörigen des MfS/AfNS zuletzt die amtlich nicht veröffentlichte Ordnung Nr. 7/87 über die soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit – Versorgungsordnung – vom 30. September 1987 (im Folgenden: Versorgungsordnung des MfS/AfNS).
Eine Dienstbeschädigungsteilrente erhielten Angehörige der Sonderversorgungssysteme auf Grund der im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschriften nach der Entlassung aus dem aktiven Dienst, wenn infolge einer Dienstbeschädigung ein Körper- oder Gesundheitsschaden von mindestens 20 % vorlag. Die Gewährung einer Teilrente während des Dienstes war nur ausnahmsweise zulässig. Bei mehreren Dienstbeschädigungen wurde eine einheitliche Dienstbeschädigungsteilrente auf der Grundlage des festgestellten Prozentsatzes des Gesamtkörper- oder Gesamtgesundheitsschadens aus allen Dienstbeschädigungen gezahlt. Ebenso konnte ein Gesamtkörperschaden festgesetzt werden, wenn Berechtigte einer Dienstbeschädigungsteilrente während der zivilberuflichen Tätigkeit als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit einen Körper- oder Gesundheitsschaden erlitten hatten. Ein Anspruch auf Unfallrente aus der Sozialversicherung bestand nicht. Begründete die Versorgungsordnung einen Anspruch auf zwei nicht gleichartige Renten, wie zum Beispiel eine Altersrente und eine Dienstbeschädigungsteilrente, so war die höhere Rente voll und die niedrigere Rente zur Hälfte zu gewähren.
2. Nach der Wende in der Deutschen Demokratischen Republik änderte sich die Rechtslage (siehe im Einzelnen BVerfGE 100, 1 ≪6 ff.≫). Die Gewährung von Dienstbeschädigungsteilrenten wurde davon aber nicht berührt. Das Gesetz über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit vom 29. Juni 1990 (GBl I S. 501; im Folgenden: Aufhebungsgesetz oder AufhebG) hob die Versorgungsordnung des MfS/AfNS ab 1. Juli 1990 auf (vgl. § 1 AufhebG). § 2 Buchstabe d Satz 2 AufhebG sah eine Kürzung der Dienstbeschädigungsteilrenten vor. Für die anderen Sonderversorgungssysteme wurden keine Regelungen getroffen. Sie wurden zunächst fortgeführt und die Leistungen von Mark (DDR) in Deutsche Mark (DM) im Verhältnis der Nominalwerte von 1 zu 1 umgestellt.
3. a) Nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – (im Folgenden: EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) waren die Zusatz- und Sonderversorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen. Neueinbeziehungen waren seit dem 3. Oktober 1990 nicht mehr zulässig (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a EV). In Bezug auf die in den Versorgungssystemen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen hat der Einigungsvertrag in Nr. 9 Buchstabe b Satz 1 und 3 sowie in Nr. 9 Buchstabe e Satz 2 die Grundentscheidung getroffen, die Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine (Voll-)Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder in nur eine hiermit vergleichbare Versorgungsleistung zu überführen. Da die Versorgungsordnungen der Sonderversorgungssysteme die Leistungen bei Krankheit, Dienstunfall, Invalidität, Alter und Tod umfassten, regelt der Einigungsvertrag auch Rentenansprüche, deren Rechtsgrund in einer Dienstbeschädigung lag.
b) Rentenansprüche auf Grund von Dienstbeschädigungen sind im Einigungsvertrag nicht ausdrücklich angesprochen. In Nr. 9 Buchstabe b Satz 1 wird bestimmt, dass Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (vgl. das dem Verfahren 1 BvR 1318/94 zu Grunde liegende, insoweit nicht angegriffene Urteil vom 10. Mai 1994, BSGE 74, 184) sind Dienstbeschädigungsrenten keine Renten „wegen verminderter Erwerbsfähigkeit” im Sinne von Nr. 9 Buchstabe b Satz 1. Die Ansprüche und Anwartschaften wegen vor dem 3. Oktober 1990 eingetretener Arbeitsunfälle hat der Einigungsvertrag demgegenüber in die gesetzliche Unfallversicherung der Bundesrepublik überführt und die Einzelheiten dieser Überführung den Regelungen eines Bundesgesetzes überlassen (vgl. Art. 30 Abs. 5 Satz 1 EV).
4. a) Weitere Schritte zur Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts unternahm der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606). Einen Schwerpunkt bildete die Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme. Das als Art. 3 RÜG verkündete und in wesentlichen Teilen am 1. August 1991 in Kraft getretene Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) bestimmt hierzu das Nähere (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪14≫). Es regelt in § 2 und § 4 die Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik.
b) Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AAÜG werden in Sonderversorgungssystemen erworbene Ansprüche auf Invalidenvollrente, Dienstbeschädigungsvollrente und Altersrente in die Rentenversicherung überführt. Diese Renten galten als Invalidenrenten oder Altersrenten (vgl. § 4 Abs. 3 AAÜG). Nicht in die gesetzliche Rentenversicherung überführt wurden die in § 9 Abs. 1 AAÜG bezeichneten Leistungen, darunter auch die in Nr. 2 Satz 1 genannten Invalidenteilrenten und Dienstbeschädigungsteilrenten. Diese Leistungen werden, sofern auf sie am 31. Dezember 1991 ein Anspruch bestand, als Versorgungsleistungen nach § 9 Abs. 2 AAÜG weitergezahlt, da sie keine Entsprechung in der Rentenversicherung haben. Treffen sie mit Renten- oder Versorgungsleistungen zusammen, fallen sie in Folge von Anrechnung weg oder werden nicht gewährt. Im Einzelnen hat der Gesetzgeber folgende Regelungen getroffen:
aa) § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AAÜG sieht vor, dass Dienstbeschädigungsteilrenten nicht in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden. Auf diese Teilrenten werden ab 1. Januar 1992 die auf Grund des SGB VI gewährten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG).
bb) Neben Versorgungsleistungen nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a AAÜG (Vorruhestandsgeld, Invalidenrente bei Erreichen besonderer Altersgrenzen und befristete erweiterte Versorgung) werden Dienstbeschädigungsteilrenten ab 1. August 1991 nicht mehr gewährt (§ 11 Abs. 2 AAÜG). Das Gesetz weicht hier von den Versorgungsordnungen der Sonderversorgungssysteme ab, nach denen mehrere nicht gleichartige Versorgungsleistungen jedenfalls bis zu einem Höchstbetrag nebeneinander geleistet werden konnten (vgl. Abschnitt 405 Versorgungsordnung der NVA; Teil C Abschnitt XIV Versorgungsordnung des MdI; Teil IV/1 Nr. 101 Versorgungsordnung des MfS/AfNS).
§ 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG bestimmt, dass neben Renten im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AAÜG (Invalidenvollrenten, Dienstbeschädigungsvollrenten, Altersrenten) und Renten im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AAÜG (Invalidenrenten und Altersrenten) Teilrenten ab 1. August 1991 nicht mehr gewährt werden. Die Vorschrift ist auf Vorschlag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages (11. Ausschuss) eingeführt worden, um „eine Besserstellung der Empfänger von Alters- und Invalidenvollrenten aus Sonderversorgungssystemen mit den Empfängern von Dienstbeschädigungsvollrenten auszuschließen” (vgl. BTDrucks 12/826, S. 22).
c) § 9 Abs. 1 AAÜG hat folgenden Wortlaut:
In die Rentenversicherung werden nicht überführt:
- …
- Ansprüche auf Invalidenteilrenten und Dienstbeschädigungsteilrenten. Auf diese Leistungen werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet.
§ 11 Abs. 2 AAÜG lautet:
Neben Versorgungsleistungen nach Absatz 1 Buchstabe a werden vom Ersten des auf die Verkündung dieses Gesetzes folgenden Kalendermonats an Übergangs- und sonstige Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen nicht gewährt.
In § 11 Abs. 5 AAÜG ist bestimmt:
Dienstbeschädigungsteilrenten und Invalidenrenten werden begrenzt auf den entsprechenden Vomhundertsatz der Versichertenrente gemäß § 10 Abs. 1 und 2. Neben Renten im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 sowie Abs. 3 Nr. 1 und 2 werden solche Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen nicht gewährt. Besteht für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen, wird als Versorgungsleistung insgesamt höchstens der Betrag gewährt, der sich als Vollrente ergeben würde; § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 findet Anwendung. Der Anspruch auf Versorgungsleistungen nach Satz 1 und 3 entfällt spätestens mit Beginn einer Rente wegen Alters, jedenfalls mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Sätze 1 bis 4 gelten vom Ersten des auf die Verkündung dieses Gesetzes folgenden Kalendermonats an; § 10 Abs. 5 gilt entsprechend.
d) Sofern Dienstbeschädigungsteilrenten nicht mit den genannten Versorgungs- oder Rentenleistungen zusammentreffen, werden sie aus Gründen des Besitzschutzes ab 1. August 1991 weitergezahlt (so genannte isolierte Dienstbeschädigungsteilrenten). Aber auch diese Leistung entfällt beim tatsächlichen Beginn einer Rente wegen Alters, in jedem Falle aber mit Vollendung des 65. Lebensjahres, auch wenn der Berechtigte – etwa mangels Antrags – keine Rente wegen Alters bezieht (vgl. § 11 Abs. 3 und 5 Satz 4 AAÜG).
5. Das Renten-Überleitungsgesetz hat auch für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung das Sozialversicherungsrecht vereinheitlicht. Die Reichsversicherungsordnung (§§ 1150, 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO i.d.F. des Art. 8 RÜG) hat alle Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten und nach dem Sozialversicherungsrecht des Beitrittsgebiets versichert waren, in die gesetzliche Unfallversicherung der Bundesrepublik übernommen, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn es sich nach der Reichsversicherungsordnung nicht um einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit gehandelt hätte (vgl. BTDrucks 12/405, S. 154 zu § 1150 RVO). Das Recht der Deutschen Demokratischen Republik, betreffend die Entschädigung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, war bis 31. Dezember 1991 in Kraft (vgl. Art. 8 EV i.V.m. Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe f sowie Art. 9 Abs. 2 und 4 EV i.V.m. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 4).
6. Das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-Änderungsgesetz – AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl I S. 1674) hat die Regelungen über die Dienstbeschädigungsteilrenten geändert (a) und als neue Leistung den so genannten Dienstbeschädigungsausgleich eingeführt (b).
a) Die Regelungen über die Dienstbeschädigungsteilrenten, die weiterhin für die ehemaligen Angehörigen des Sonderversorgungssystems MfS/AfNS Geltung haben, sind in § 11 AAÜG zusammengefasst. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG wurde gestrichen. Dementsprechend ist § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG geändert worden. Er lautet nunmehr:
Neben Renten im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 sowie Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden solche Teilrenten aus Sonderversorgungssystemen nicht gewährt.
Als Konsequenz aus der Schaffung einer eigenständigen Leistung zum Ausgleich von Dienstbeschädigungen (vgl. BTDrucks 13/4587, S. 11) wurde § 11 Abs. 5 a AAÜG eingefügt. Er lautet:
Der Anspruch auf Dienstbeschädigungsteilrente aus einem Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 1 bis 3 entfällt zum 31. Dezember 1996.
b) Mit Wirkung zum 1. Januar 1997 hat das Gesetz über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet (Art. 3 AAÜG-ÄndG; im Folgenden: Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz oder DienstbeschädigungsausgleichsG) für Angehörige von Sonderversorgungssystemen nach Anlage 2 Nr. 1 bis 3 AAÜG eine eigenständige Leistung zum Ausgleich von Dienstbeschädigungen (Dienstbeschädigungsausgleich) eingeführt (vgl. BTDrucks 13/4587, S. 11 f.). Der Gesetzgeber hat sich dabei von folgendem Grundgedanken bestimmen lassen (vgl. BTDrucks 13/4587, S. 9):
Die sich nach geltendem Recht dadurch ergebenden Härten, daß Dienstbeschädigungsteilrenten neben Altersrenten oder Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht geleistet werden können, werden beseitigt. Da eine Überführung dieser Leistungen in das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zu einer nicht zu rechtfertigenden Besserstellung dieses Personenkreises gegenüber Soldaten, Polizisten und Beamten in den alten Bundesländern führen würde, wird eine eigenständige Leistung zum Ausgleich von Dienstbeschädigungen geschaffen. Die Ausgestaltung lehnt sich an das Unfallfürsorgerecht im Beamten- oder Soldatenrecht an.
Anspruchsberechtigt sind Personen, die am 31. Dezember 1996 Ansprüche auf Dienstbeschädigungsvoll- oder -teilrenten aus einem der Sonderversorgungssysteme nach Anlage 2 Nr. 1 bis 3 AAÜG nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht hatten oder auf Grund der Regelungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz oder nach den Sonderversorgungssystemen wegen des Zusammentreffens mit anderen Leistungen oder wegen der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr hatten (§ 1 Satz 1 Nr. 1 DienstbeschädigungsausgleichsG). Der Dienstbeschädigtenausgleich wird bei einem Körper- oder Gesundheitsschaden, der nach den Regelungen der Sonderversorgungssysteme zu einem Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente geführt hat oder führen würde, in Höhe der für das Beitrittsgebiet geltenden Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DienstbeschädigungsausgleichsG). Die Dienstbeschädigungsteilrenten werden von Amts wegen in den neuen Dienstbeschädigungsausgleich umgewandelt und mindestens besitzgeschützt weitergezahlt (vgl. § 2 Abs. 2 DienstbeschädigungsausgleichsG). Die neue Regelung erfasst nicht die ehemaligen Angehörigen des Sonderversorgungssystems MfS/AfNS nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG. Für diesen Personenkreis verbleibt es – wie bereits erwähnt – bei den Ansprüchen, die sich aus dem bisherigen Recht ergeben.
II.
1. Der 1935 geborene Kläger im Ausgangsverfahren des Normenkontrollverfahrens 1 BvL 19/93 war seit Juli 1955 bei der Feuerwehr beschäftigt und in das Versorgungssystem der Deutschen Volkspolizei einbezogen (vgl. § 1 Abs. 3 i.V.m. Anlage 2 Nr. 2 AAÜG). Wegen eines im Jahre 1974 dienstlich verursachten Körperschadens erhielt er seit 1. November 1980 monatlich 180 Mark (DDR) Dienstbeschädigungsteilrente. Die Zuerkennung der Invalidenrente ab 1. August 1985 in Höhe von monatlich 792 Mark (DDR) führte zur Kürzung der Rente auf 113 Mark (DDR). Mit einem ihm am 21. August 1991 zugegangenen Bescheid stellte die zuständige Behörde die Dienstbeschädigungsteilrente zum 1. August 1991 nach § 11 Abs. 5 AAÜG ein. Mit seiner Klage will er eine Weiterzahlung der Dienstbeschädigungsteilrente erreichen.
2. Das Sozialgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 11 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606, 1677) insoweit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, als Dienstbeschädigungsteilrenten, die neben Invalidenrenten gewährt wurden, ab 1. August 1991 eingestellt worden sind,
und
ob § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG in der Fassung des Art. 3 RÜG insoweit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, als Dienstbeschädigungsteilrenten auf Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet werden.
a) Für die Entscheidung über das Klagebegehren komme es auf die Gültigkeit der Vorschriften des § 11 Abs. 5 Satz 2 und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG an. Erwiesen sich die Vorschriften als verfassungsgemäß, so müsse die Klage abgewiesen werden. Im Falle der Ungültigkeit der Bestimmungen habe die Klage Erfolg, weil es dann an einer Rechtsgrundlage für die zum 1. August 1991 vorgenommene Rentenentziehung fehle. Dem Kläger wäre in diesem Falle nach den Vorschriften der Versorgungsordnung in Verbindung mit dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 2) und mit § 9 Abs. 2 AAÜG die Dienstbeschädigungsteilrente über den 1. August 1991 hinaus weiter zu zahlen. Mit dem In-Kraft-Treten des SGB VI zum 1. Januar 1992 sei die Invalidenrente des Klägers in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewandelt worden, die auf Dienstbeschädigungsteilrenten angerechnet würde, so dass im Falle der Gültigkeit des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG die Dienstbeschädigungsteilrente nicht mehr zur Auszahlung käme. Wegen ihres eindeutigen Wortlauts und des klaren gesetzgeberischen Willens könnten die zur Prüfung gestellten Normen nicht verfassungskonform ausgelegt werden.
b) Nach Auffassung des Sozialgerichts verstoßen § 11 Abs. 5 Satz 2 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Personengruppe, zu der der Kläger gehöre, sei gegenüber den Empfängern von Unfallrenten benachteiligt, die in der Deutschen Demokratischen Republik der allgemeinen Sozialversicherung angehört hätten. Die Unfallrenten seien zum 1. Januar 1992 in die Unfallversicherung nach § 1150 Abs. 2 i.V.m. § 1154 RVO überführt worden. Bei Personen wie dem Kläger hingegen sei die Dienstbeschädigungsteilrente zum 1. August 1991 eingestellt worden.
Hinreichende Gründe für die unterschiedliche Behandlung seien nicht gegeben. Dienstbeschädigungsteilrenten und Unfallrenten hätten die gleiche Funktion, Nachteile wie Verdiensteinbußen oder erhöhte Aufwendungen auszugleichen, die durch Arbeitsunfälle oder Dienstunfälle und ihnen gleichgestellte Ereignisse wie Berufskrankheiten und Diensterkrankungen verursacht worden sind. Berechtigte von Dienstbeschädigungsteilrenten und von Unfallrenten seien in der Deutschen Demokratischen Republik gleich behandelt worden. Sofern ein Geschädigter nicht zu den Anspruchsberechtigten von Versorgungsordnungen gehörte oder die versorgungsrechtlichen Regelungen eine Rentenzahlung nicht zuließen, habe er einen Antrag auf Unfallteilrente nach § 23 Abs. 1 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl I S. 401; im Folgenden: RentenVO) stellen können. Nach § 2 Abs. 2 Buchstabe b RentenVO hätten als versicherungspflichtige Tätigkeit auch Dienstzeiten bei den bewaffneten Organen und bei der Zollverwaltung gegolten. Demgemäß habe § 220 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Juni 1977 (GBl I S. 185; im Folgenden: AGB-DDR) bestimmt, dass durch Ausübung des Dienstes bei den bewaffneten Organen oder bei der Zollverwaltung erlittene Körper- und Gesundheitsschäden als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit gelten.
Auch der Begriff des schädigenden Ereignisses sowie die Berechnung der Renten stimmten überein. Nach allen Versorgungsordnungen hätten Dienstbeschädigungsteilrenten und Unfallrenten als gleichartige Renten gegolten. Zudem sei es nach den Versorgungsordnungen möglich gewesen, einen Gesamtkörperschaden festzusetzen, wenn Personen neben einer Dienstbeschädigung noch einen Arbeitsunfall im zivilen Bereich erlitten haben.
Kein Grund für die Ungleichbehandlung sei die Auffassung, Dienstbeschädigungsteilrenten seien Privilegien und deshalb abzuschaffen. Vielmehr entsprächen die Dienstbeschädigungsteilrenten materiell den Unfallrenten der Sozialversicherung. Der Gefahr, überhöhte Leistungen zu gewähren, sei der Gesetzgeber dadurch begegnet, dass er in § 11 Abs. 5 Satz 1 AAÜG auch Dienstbeschädigungsteilrenten auf die in § 10 AAÜG geltenden Höchstbeträge begrenzt habe.
III.
1. a) Der im Mai 1933 geborene Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 1318/94 diente seit 1950 in der kasernierten Volkspolizei, der späteren „Nationalen Volksarmee”, ab 1983 als Berufsoffizier in der Zivilverteidigung. Durch Befehl des Leiters der Zivilverteidigung der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. September 1990 wurde er mit Wirkung vom 30. September 1990 wegen Erfüllung der Dienstzeit „im Zusammenhang mit strukturellen Veränderungen” aus dem Dienst entlassen. Zugleich wurde ihm eine befristete erweiterte Versorgung im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a AAÜG in Höhe von 67 % der Bruttodienstbezüge und -zulagen bewilligt. Die zuständige Behörde setzte den ab 1. Dezember 1990 monatlich zu zahlenden Betrag auf 1.445 DM fest. Seit Juli 1994 beläuft sich die Leistung auf 1.858,62 DM. Auf Grund zweier Dienstunfälle bewilligte die zuständige Stelle eine Dienstbeschädigungsteilrente ab 1. Oktober 1990 in Höhe von 324 DM. Ihre Zahlung wurde zum 1. August 1991 auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 AAÜG eingestellt.
b) Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Revision wies das Bundessozialgericht zurück (BSGE 74, 184). Die Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente bei gleichzeitigem Anspruch auf eine Rente wegen Alters oder auf eine befristete erweiterte Versorgung sei rechtmäßig. Ansprüche auf Dienstbeschädigungsteilrente stünden nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, weil ein entsprechendes inhaltsbestimmendes Bundesgesetz nicht vorliege. Die Zahlbetragsgarantie der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 4 und 5 EV greife für Dienstbeschädigungsrenten nicht. Nicht einschlägig sei Nr. 9 Buchstabe b Satz 1, da diese Regelung nur für echte Rentenversicherungsansprüche und -anwartschaften gelte. Vielmehr gelte Nr. 9 Buchstabe e Satz 2 Halbsatz 2. Diese Regelung verweise auf die Anpassungs- und Umgestaltungsregelung nach Nr. 9 Buchstabe b Satz 2 und 3, nicht aber auf die Zahlbetragsgarantie nach Satz 4 und 5. Wegen des Anpassungsvorbehalts sei im Übrigen auch ein schutzwürdiges Vertrauen nicht verletzt.
Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Dieser gebiete nicht zwingend, dienstunfallverletzten Bestandsrentnern aus dem engeren Staatsdienst der Deutschen Demokratischen Republik neben einer Vollrente oder diese erhöhend eine Unfallentschädigung zu gewähren. Der an den Gleichheitssatz und das Sozialstaatsgebot gebundene Gesetzgeber habe zwar bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten und Pflichten das Ziel der Gleichheit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet zu berücksichtigen und bei der Verfolgung seiner Zwecke sachgerecht und verhältnismäßig zu differenzieren. Vor diesem Hintergrund sei es verfassungsrechtlich bedenklich, wenn der Bundesgesetzgeber im Vergleich zu allen anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft im Bundesgebiet nur den dienstunfallverletzten Angehörigen eines Sonderversorgungssystems keine eigene Unfallentschädigung zuerkenne. Insofern hätte es den sozialstaatlichen Gleichheitsgrundsätzen eher entsprochen, wenn sich der Gesetzgeber dazu entschlossen hätte, eine Unfallentschädigung nach dem Modell der so genannten Eigenunfallversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung oder eine an das Beamtenversorgungsgesetz, das Soldatenversorgungsgesetz oder wenigstens an das Bundesversorgungsgesetz angelehnte Entschädigung vorzusehen. Auf Grund von funktions- und kompetenzrechtlichen Erwägungen sei das Gericht jedoch nicht im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG überzeugt, dass der Bundesgesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen sei, für die Sonderversorgungsberechtigten eine eigenständige Unfallentschädigung neben oder zusätzlich zur Alters- und Invaliditätssicherung vorzusehen.
2. a) Der im Februar 1928 geborene Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 1513/94 erlitt als Obermeister der Volkspolizei 1977 einen Dienstunfall. Das Ministerium des Innern bewilligte ihm eine Dienstbeschädigungsteilrente ab Oktober 1978 in Höhe von 240 Mark (DDR) nach einem Körperschaden von 40 %. Nach Ausscheiden aus dem aktiven Dienst zum 30. September 1986 bezog der Kläger neben einer Invalidenvollrente von 743 Mark (DDR) eine Dienstbeschädigungsteilrente in Höhe von 131 Mark (DDR). Durch Bescheid vom 20. September 1991 entzog die zuständige Behörde unter Berufung auf § 11 Abs. 5 AAÜG die Dienstbeschädigungsteilrente zum 1. August 1991.
b) Die Rechtsbehelfe blieben im Wesentlichen ohne Erfolg. Die Revision des Klägers wies das Bundessozialgericht aus den oben genannten Gründen (vgl. unter 1 b) zurück. Die Entziehung einer Dienstbeschädigungsteilrente bei gleichzeitigem Anspruch auf eine Rente wegen Alters oder eine befristete erweiterte Versorgung sei rechtmäßig.
3. a) Der im März 1929 geborene Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 2358/94 erlitt als Offizier der Nationalen Volksarmee im Oktober 1957 einen Dienstunfall. Ein Erwerbsminderungsgrad von 60 % ist anerkannt. Die Sozialversicherung der Deutschen Demokratischen Republik gewährte ihm ab September 1959 eine Unfallteilrente, die auf seinen im Juni 1972 gestellten Antrag rückwirkend zum Juni 1968 in eine Dienstbeschädigungsteilrente nach der Versorgungsordnung der NVA umgewandelt wurde. Seit Februar 1990 bezog der Beschwerdeführer eine Invalidenrente. Zum 1. Juni 1992 wurde die Zahlung der Dienstbeschädigungsteilrente auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG eingestellt.
b) Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht stellte fest, dass es für die Sonderversorgungsberechtigten ausschließlich eine Voll-Leistung aus der Rentenversicherung oder – bei Nichtüberführbarkeit – eine weitergeführte Versorgungsleistung gebe (BSG SozR 3-8570 § 11 Nr. 3). Diese Leistungen entfielen bei Vollendung des 65. Lebensjahres mit Gewährung einer Altersrente sowie einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Dienstbeschädigungsteilrente dürfe nur isoliert oder als Bestandteil einer Zusammenrechnung von Teilrenten gewährt werden. § 4 Abs. 2 und 3 AAÜG habe die Dienstbeschädigungsvollrente als eigenständige Unfallentschädigung abgeschafft. Wegen der Ähnlichkeit mit einer Invalidenrente der allgemeinen Sozialpflichtversicherung der Deutschen Demokratischen Republik sei durch Fiktion eines anderen Rechtsgrundes (Invalidität statt Dienstbeschädigung) diese Rente in die gesetzliche Rentenversicherung „überführt” worden. Schon aus § 4 AAÜG ergebe sich, dass neben einer Voll-Leistung aus der gesetzliche Rentenversicherung eine eigenständige Dienstunfallentschädigung nicht mehr gewährt werde. Dementsprechend habe § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG die Dienstbeschädigungsteilrente grundsätzlich abgeschafft. Sofern eine Dienstbeschädigungsteilrente überhaupt noch möglich sei, würden Bedingungen aufgestellt (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 und 3 bis 5 AAÜG) und Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit angerechnet (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AAÜG). Wenn in Ausnahmefällen eine Dienstbeschädigungsteilrente gewährt werde, um eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben zu erleichtern, sei dies wegen dienstbedingter Gesundheitsschäden sachgerecht.
4. Der im September 1921 geborene und am 22. Mai 1994 verstorbene Kläger des Ausgangsverfahrens im Verfahren 1 BvR 308/95 erlitt im Juni 1980 im Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit einen Dienstunfall. Nach Ausscheiden aus dem Dienst erhielt er ab 1. November 1981 eine Dienstbeschädigungsteilrente. Ab 1. Januar 1982 gewährte das Ministerium unter Kürzung der Dienstbeschädigungsteilrente eine monatliche Invalidenrente von 1.522 Mark (DDR), die ab September 1986 in eine Altersrente umgewandelt wurde. Die Zahlung der Dienstbeschädigungsteilrente wurde zum 1. August 1991 auf Grund von § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG eingestellt. Die dagegen eingelegten Rechtsbehelfe, von denen die Revision nach dem Tode des Klägers durch dessen Witwe, die Beschwerdeführerin, fortgeführt wurde, blieben im Ergebnis ohne Erfolg.
5. Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer unmittelbar gegen die sie beschwerenden Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen und mittelbar gegen § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG. Sie rügen vor allem eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und aus Art. 14 GG. Die auf § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG beruhende Entziehung der Dienstbeschädigungsteilrente verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zumindest könnten sich die Betroffenen auf Vertrauensschutz berufen. Wie der Gesetzgeber das berufliche Unfallrecht, das seit etwa 100 Jahren eine Säule des Sozialstaats und in diesem Sinne eine gemeindeutsche Rechtstradition darstelle, weiterführen wolle, stehe zwar in seinem Ermessen. Die ersatzlose Abschaffung der Dienstbeschädigungsteilrente stelle jedoch Bürger des Beitrittsgebiets willkürlich schlechter.
IV.
Zur Vorlage und zu den Verfassungsbeschwerden hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, zu den Verfassungsbeschwerden das Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium hält in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die zur Prüfung gestellten Vorschriften für verfassungsgemäß. Es hat Fragen zur Anzahl der Anspruchsberechtigten und der Zahlungsempfänger und zum Gesamtbetrag der ausgezahlten Dienstbeschädigungsteilrenten sowie der Leistungen des Dienstbeschädigungsausgleichs beantwortet.
2. Nach Ansicht des Landesministeriums sind die angegriffenen Vorschriften verfassungswidrig. Der Auffassung des Bundessozialgerichts könne nicht gefolgt werden. Zwar könnten auf der Grundlage des Einigungsvertrages überhöhte Leistungen abgebaut werden. Für einen vollständigen Entzug der Dienstbeschädigungsteilrenten gebe es jedoch keinen sachlichen Grund. Die ehemaligen Angehörigen der Sonderversorgungen seien die einzige Personengruppe, denen ein Anspruch auf eine eigenständige, neben der Altersrente gewährte Berufsunfallentschädigung entzogen worden sei. Die Entschädigung von Arbeits- und Dienstunfällen müsse gleich behandelt werden.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage und die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Vorlage und die Verfassungsbeschwerden ist für die Zeit vom 1. August 1991 bis 31. Dezember 1996 nicht durch das Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz entfallen. Dieses Gesetz ist zum 1. Januar 1997 in Kraft getreten und hat sich keine Rückwirkung beigelegt. Für Dienstbeschädigungen, die Angehörige von Sonderversorgungssystemen nach Anlage 2 Nr. 4 AAÜG (Angehörige des MfS/AfNS) erlitten haben, sind die Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes zur Dienstbeschädigungsteilrente ohnehin über den 1. Januar 1997 hinaus anwendbar (vgl. oben unter A I 6 b).
C.
Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und des § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG sind mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Sie verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Verfassungsbeschwerden sind begründet.
I.
1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 102, 41 ≪54≫ stRspr).
2. Auf Grund des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und des § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG sind die auf einem Dienstunfall beruhenden Dienstbeschädigungsteilrenten, die Berechtigten neben Alters- oder Invalidenrenten oder Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in den Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik gewährt wurden, ab August 1991 beziehungsweise ab 1. Januar 1992 durch Anrechnung weggefallen oder eingestellt worden. Dies benachteiligt die von diesen Regelungen Betroffenen gegenüber Personen, die in der Deutschen Demokratischen Republik eine Unfallrente erhalten haben; deren Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten werden seit 1. Januar 1992 in der gesetzlichen Unfallversicherung der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und entschädigt.
3. Hinreichend gewichtige Gründe für die Ungleichbehandlung liegen nicht vor. Sie sind weder im Gesetzgebungsverfahren hervorgetreten noch sonst ersichtlich.
a) Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages hat seinen Vorschlag zur Einfügung des § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG damit begründet, der Wegfall von Teilrenten bei gleichzeitigem Bezug einer Alters- und Invalidenvollrente vermeide eine Besserstellung der Empfänger solcher Vollrenten aus Sonderversorgungssystemen gegenüber den Empfängern von Dienstbeschädigungsvollrenten (vgl. BTDrucks 12/826, S. 22 und oben unter A I 4 b bb). Es kann hier offen bleiben, ob wirklich regelmäßig eine solche Besserstellung eingetreten wäre, hätte man den Beziehern von Alters- und Invalidenrente die Teilrente aus Dienstbeschädigung belassen. Die Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG, durch die der Gesetzgeber Gleichheit herstellen wollte, hat jedenfalls im Verhältnis zu den Beziehern von Unfallrenten eine nachteilige Ungleichbehandlung zur Folge (siehe oben unter 2.), für deren Rechtfertigung sich im Gesetzgebungsverfahren Gründe nicht finden. Die sich aus der Anwendung der Vorschrift ergebenden Härten haben den Gesetzgeber veranlasst, im Jahre 1996 tätig zu werden und eine eigenständige Leistung zum Ausgleich von Dienstbeschädigungen zu schaffen (vgl. BTDrucks 13/4587, S. 9, 11).
b) Der Gesetzgeber kann sich nicht darauf berufen, er habe nur an eine Unterscheidung angeknüpft, die schon im Recht der Deutschen Demokratischen Republik vorhanden gewesen sei.
Die Unfallrente aus der Sozialversicherung der Deutschen Demokratischen Republik und die Dienstbeschädigungsteilrente der Sonderversorgungssysteme beruhten auf gleichartigen Lebenssachverhalten. Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, ist den Leistungen gemeinsam, dass sie dem Ausgleich von Nachteilen dienen sollten, die durch berufsbedingte Unfälle sowie ihnen gleichgestellte Erkrankungen verursacht worden sind. Unfallrente wurde gewährt, wenn ein durch einen in § 220 Abs. 1 AGB-DDR definierten Arbeitsunfall verursachter Körperschaden von mindestens 20 % vorlag (vgl. § 23 Abs. 1 RentenVO). Entsprechende Regelungen sahen die Versorgungsordnungen der jeweiligen Sonderversorgungssysteme für Dienstunfälle oder Dienstbeschädigungen vor. Wie in der Unfallversicherung (vgl. § 25 Abs. 1 RentenVO) wurde die Dienstbeschädigungsteilrente von der Dienstbeschädigungsvollrente abgeleitet und entsprechend dem Prozentsatz des Körperschadens berechnet. Nach allen Versorgungsordnungen galten Dienstbeschädigungsteilrente und Unfallrente als gleichartige Renten mit der Folge, dass nur die höhere Rente gezahlt wurde. Dagegen wurde bei ungleichartigen Renten, wie zum Beispiel Dienstbeschädigungsvollrenten einerseits und Alters- oder Invalidenrenten andererseits, die höhere Rente voll, die andere in Höhe von 50 % gewährt. Die gleiche Funktion von Dienstbeschädigungsteilrente und Unfallrente wird auch dadurch bestätigt, dass nach den Versorgungsordnungen ein Gesamtkörperschaden festgesetzt wurde, wenn zur Dienstbeschädigung noch ein Arbeitsunfall im zivilen Bereich hinzukam (vgl. etwa Abschnitt 423 Nr. 6 Versorgungsordnung der NVA).
Dieser Funktionsgleichheit entspricht es, dass seit den 60er Jahren viele Unfallteilrenten aus der allgemeinen Sozialversicherung in die Versorgungsordnung des Ministeriums des Innern „überführt” wurden. Sofern der Unfallgeschädigte nicht zu den Anspruchsberechtigten einer Versorgungsordnung gehörte oder die versorgungsrechtlichen Regelungen eine Rentenzahlung nicht zuließen, konnte er andererseits einen Antrag auf Unfallrente nach § 23 RentenVO stellen. Dementsprechend galten als versicherungspflichtige Tätigkeiten auch Dienstzeiten bei den bewaffneten Organen oder bei der Zollverwaltung der Deutschen Demokratischen Republik (§ 2 Abs. 2 Buchstabe b RentenVO). Zusätzlich bestimmte § 220 Abs. 4 AGB-DDR, dass die durch die Ausübung des Dienstes bei den bewaffneten Organen oder der Zollverwaltung erlittenen Körper- und Gesundheitsschäden als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit gelten. Es konnte damit – worauf das vorlegende Gericht zutreffend hinweist – vom Zufall abhängen, ob ein Unfallbeschädigter im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Anwartschafts- und Anspruchsüberführungsgesetzes eine Unfallrente oder eine Dienstbeschädigungsteilrente erhielt, wie der Sachverhalt zeigt, der der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2358/94 zu Grunde liegt. Der Beschwerdeführer in diesem Verfahren bezog zunächst ab September 1959 eine Unfallteilrente der Sozialversicherung der Deutschen Demokratischen Republik. Diese Rente wurde später in eine Dienstbeschädigungsteilrente nach der Versorgungsordnung der NVA umgewandelt. Ab 1. Juni 1992 wurde die Zahlung auf Grund des § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG eingestellt. Hätte der Beschwerdeführer weiterhin Unfallrente bezogen, wäre diese gemäß § 1150 Abs. 2 in Verbindung mit § 1154 RVO ab 1. Januar 1992 in die gesetzliche Unfallversicherung überführt und weitergezahlt worden.
c) Die Regelung ist auch nicht durch den weiten Gestaltungsspielraum gerechtfertigt, den der Gesetzgeber bei der Harmonisierung der Rentensysteme im wiedervereinigten Deutschland, bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und insbesondere bei der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften hatte (vgl. BVerfGE 95, 143 ≪157 f.≫; 100, 1 ≪38 f.≫). Es war ihm verfassungsrechtlich zwar nicht verwehrt, die Entschädigung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in die gesetzliche Unfallversicherung überzuleiten, bei den Dienstunfallentschädigungen der Sonderversorgungsberechtigten dagegen davon abzusehen. Er durfte ohne Verstoß gegen das Grundgesetz die Dienstbeschädigungsvollrente in eine Invalidenrente und ab 1. Januar 1992 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit überführen (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 AAÜG, § 302 a SGB VI), auch wenn dabei der Charakter dieser Leistung als Entschädigung für eine dienstlich erbrachte Aufopferung der Gesundheit an Bedeutung verlor. Entscheidet er sich aber dafür, die ostdeutschen Unfallrenten in das System der gesamtdeutschen gesetzlichen Unfallversicherung zu überführen, so liegt es nicht mehr innerhalb seines Gestaltungsspielraums, eine im Zusammenhang mit einem Dienstunfall oder einer Diensterkrankung entstandene Beschädigung der Gesundheit bei der Gruppe der Sonderversorgten dagegen überhaupt nicht zu berücksichtigen, soweit die zum Ausgleich des Schadens gewährte Teilrente mit bestimmten Versorgungs- und Rentenleistungen zusammentrifft. Er verletzt, wenn er so unterscheidet, Art. 3 Abs. 1 GG. Von der verfassungsrechtlich unbedenklichen Möglichkeit des Einigungsvertrages, die Dienstbeschädigungsteilrente zu kürzen oder abzuerkennen, wenn der Unfall sich im Zusammenhang mit einer dienstlichen Handlung ereignet hat, bei der der Beschädigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 3 Nr. 2 EV), hat der Gesetzgeber bei der hier überprüften Regelung keinen Gebrauch gemacht.
d) Auch unter dem Gesichtspunkt des Abbaus überhöhter Leistungen ist es nicht zu rechtfertigen, Sonderversorgte vollkommen anders zu behandeln als Rentenbezieher aus der allgemeinen Sozialversicherung sowie aus der Zusatzversorgung der Deutschen Demokratischen Republik, soweit ein Dienst- oder Arbeitsunfall entschädigt wird. Der Abbau überhöhter Leistungen aus den Versorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik zum Zwecke der Angleichung des Niveaus gleichartiger Sozialleistungen ist zwar als legitimes gesetzgeberisches Anliegen anerkannt (vgl. BVerfGE 100, 59 ≪92 f.≫). Solche überhöhten Leistungen liegen jedoch im Falle der Gewährung einer Dienstbeschädigungsteilrente im Allgemeinen nicht vor. Bei dieser handelt es sich nicht um einen Sondervorteil für Staatsbedienstete der Deutschen Demokratischen Republik. Dienstbeschädigungen und Arbeitsunfälle wurden dort nach den gleichen Grundsätzen entschädigt.
e) Die Regelungen können vor Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, angesichts der Ausnahmesituation der Wiedervereinigung müsse dem Gesetzgeber eine ausreichende Übergangszeit zur Bereinigung der verschiedenen in das Recht der Bundesrepublik Deutschland überführten Systeme der sozialen Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik eingeräumt werden. Während einer solchen Anpassungsperiode sind gewisse Unstimmigkeiten, insbesondere eine vorübergehende Schlechterstellung bestimmter Personengruppen, zwar hinzunehmen (vgl. BVerfGE 3, 288 ≪348≫; 49, 192 ≪210≫; 95, 267 ≪308 f.≫). Vorliegend hat der Gesetzgeber jedoch die Überführung von Entschädigungen für Arbeitsunfälle von Anfang an umfassend geregelt. Eine besondere Anpassungszeit für die Überführung von Entschädigungen aus Dienstunfällen hat er damit selbst nicht für erforderlich gehalten.
II.
Verstoßen § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 sowie § 11 Abs. 2 und 5 Satz 2 AAÜG gegen Art. 3 Abs. 1 GG und sind sie deshalb verfassungswidrig, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Regelungen auch am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG zu prüfen sind.
D.
I.
1. Die Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften führt im Regelfall zwar zu deren Nichtigkeit (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 Satz 1, § 95 Abs. 3 BVerfGG). Da dem Gesetzgeber hier aber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die mit dem Wegfall der Dienstbeschädigungsteilrenten aufgetretenen Härten durch Einführung des Dienstbeschädigungsausgleichs ab 1. Januar 1997 zu beseitigen. Wird das bis dahin geltende Recht für verfassungswidrig erklärt, ist der Gesetzgeber nicht gehindert, diese Regelung auch auf den Zeitraum davor zu erstrecken; durch eine Nichtigerklärung der Ausschluss- und Anrechnungsvorschriften würde die Dienstbeschädigungsteilrente dagegen zunächst in ihrer ursprünglichen, vor dem In-Kraft-Treten des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes bestehenden Form wieder aufleben. Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob der Verfassungsverstoß auf diese oder andere Weise bereinigt werden soll.
2. Nach § 78 Satz 2 BVerfGG, der auch im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (§ 82 Abs. 1 BVerfGG) und im Verfahren der Verfassungsbeschwerde entsprechend anwendbar ist, wird im Interesse der Rechtsklarheit auch § 11 Abs. 2 Satz 1 und § 11 Abs. 5 Satz 2 AAÜG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 11. November 1996 für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt (vgl. BVerfGE 94, 241 ≪265 f.≫).
3. Die auf der Grundlage der verfassungswidrigen Vorschriften ergangenen und im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftigen Bescheide bleiben von der Entscheidung für die Zeit vor der Bekanntgabe unberührt. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu nicht (vgl. BVerfGE 100, 1 ≪58 f.≫).
II.
Soweit die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Urteile auf den verfassungswidrigen Vorschriften beruhen, sind sie nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sachen an das Landessozialgericht oder – im Verfahren 1 BvR 2358/94 – an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die Ausgangsverfahren sind auszusetzen, damit die Beschwerdeführer die Möglichkeit erhalten, aus
der vom Gesetzgeber zu treffenden Neuregelung Nutzen zu ziehen (vgl. BVerfGE 99, 202 ≪216≫).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Papier, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde
Fundstellen