Entscheidungsstichwort (Thema)
Anträge auf Erstattung der notwendigen Auslagen und Festsetzung des Gegenstandswertes
Verfahrensgang
LG Dresden (Beschluss vom 03.08.2007; Aktenzeichen 43 T 0022/06) |
AG Dresden (Beschluss vom 10.07.2006; Aktenzeichen HRB 22808) |
Tenor
Die Anträge des Beschwerdeführers auf Erstattung seiner notwendigen Auslagen für die Durchführung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens und auf Festsetzung des Gegenstandswertes werden abgelehnt.
Tatbestand
I.
Die vom Beschwerdeführer für erledigt erklärte Verfassungsbeschwerde betrifft ein Ordnungsgeldverfahren, in dem gegen den Beschwerdeführer als Liquidator einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wegen der Nichteinreichung von zwei Jahresabschlüssen ein Ordnungsgeld verhängt worden war. Eine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das Landgericht zunächst zurück. Daraufhin erhob der Beschwerdeführer eine Anhörungsrüge. Er beanstandete unter anderem, das Landgericht habe bei der Entscheidung über die sofortige Beschwerde seinen Vortrag zur Erforderlichkeit eines Verschuldens an der Pflichtverletzung zum Zeitpunkt der Verhängung des Ordnungsgeldes übergangen.
Vor der Entscheidung über die Anhörungsrüge legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein und stützte diese – wie von ihm parallel im Anhörungsrügeverfahren vorgetragen – auch darauf, dass die Entscheidung über die sofortige Beschwerde von der Kammer für Handelssachen des Landgerichts unter Mitwirkung der beiden Handelsrichter getroffen worden sei. Das verletze Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil das Gesetz eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden der Kammer vorsehe. Das Landgericht änderte auf die Anhörungsrüge hin seine Entscheidung ab und hob den Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts auf. Darauf erklärte der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt. Er begehrt nunmehr die Erstattung seiner Auslagen durch den Freistaat Sachsen sowie die Festsetzung des Gegenstandswertes.
Entscheidungsgründe
II.
Aufgrund der Erledigungserklärung ist über die Verfassungsbeschwerde nicht mehr zu entscheiden (vgl. BVerfGE 85, 109 ≪113≫).
Der Antrag des Beschwerdeführers, die Erstattung der notwendigen Auslagen anzuordnen, hat keinen Erfolg. Über die Auslagenerstattung ist gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (vgl. BVerfG 85, 109 ≪114 ff.≫; 91, 146 ≪147≫). Eine Auslagenerstattung entspricht vorliegend nicht der Billigkeit. Die Verfassungsbeschwerde war hier von Anfang an unzulässig, weil der Beschwerdeführer den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht erschöpft hatte.
Die Anhörungsrüge gemäß § 29a FGG gehört jedenfalls in Bezug auf die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 – 1 BvR 644/05 –, NJW 2005, S. 3059). Eine Entscheidung über die vom Beschwerdeführer zulässig erhobene Anhörungsrüge lag bei der Einlegung der Verfassungsbeschwerde noch nicht vor. Daher bestand zu diesem Zeitpunkt die später tatsächlich ergriffene Möglichkeit für das Fachgericht, einen etwaigen Verfassungsverstoß zu beseitigen. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG) waren nicht hinreichend substantiiert dargetan.
Soweit der Beschwerdeführer meint, jedenfalls im Blick auf seine Rüge aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei der Rechtsweg erschöpft gewesen, geht er daran vorbei, dass die Frage der Rechtswegerschöpfung bezogen auf die gegen eine bestimmte Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde nur einheitlich beurteilt werden kann. Mit dem Zweck des Subsidiaritätsgrundsatzes vertrüge es sich nicht, für unterschiedliche Verfassungsrechtsverletzungen verschiedene parallel einzulegende Rechtsbehelfe mit unterschiedlichen Fristen vorzusehen und das Bundesverfassungsgericht bereits in einem frühen Stadium mit einem Verfahren zu befassen, dessen Ausgang vor den Fachgerichten noch unklar ist (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 3059 ≪3060≫).
Mit der Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der Auslagenerstattung erübrigt sich eine Festsetzung des Gegenstandswertes. Dafür besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, weil für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren der Mindestwert nach § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG maßgebend ist (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪369≫).
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen