Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Karl-Heinz Christoph und Dr. Ingeborg Christoph |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus dem Altersversorgungssystem der Deutschen Demokratischen Republik in die gesetzliche Rentenversicherung des wiedervereinigten Deutschlands.
I.
1. In der Sache begehrt die im Jahre 1932 geborene Beschwerdeführerin ab Rentenbeginn (1. Februar 1992) anstelle der Altersrente für Frauen nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) eine angemessene Vollversorgung (Gesamtversorgung), bestehend aus den in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüchen der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats (AVSt), der sie seit März 1971 angehört habe.
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat zunächst als Versorgungsträger versorgungsspezifische Daten (Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem, Höhe des dort erzielten Arbeitsentgelts; Summe der Arbeitsausfalltage; vgl. § 8 Abs. 1 bis Abs. 3 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S. 1606, 1677) festgestellt (sog. Entgelt- oder Überführungsbescheide vom 24. August 1993 und 13. Dezember 1993, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 1994). Mit Bescheid vom 20. September 1993 gewährte die BfA als Versicherungsträger Altersrente für Frauen ab 1. Februar 1992.
Widerspruch, Klage und Berufung gegen die Bescheide blieben ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht hat die gegen das Urteil des Landessozialgerichts eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens habe die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160 a Abs. 2 Satz 3 SGG). Wie in zahlreichen anderen Verfahren übernehme der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch im anhängigen Verfahren im wesentlichen wortgleich in Form von Textbausteinen sein Vorbringen aus früheren Verfahren, ohne eine Anpassung an die Besonderheiten des vorliegenden Falles vorzunehmen und im gebotenen Umfang auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung einzugehen. Es sei nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, stets erneut auf ein sich wiederholendes Vorbringen eines Prozessbevollmächtigten einzugehen, ohne dass dieser neue und für die Zulässigkeit der Beschwerde beachtenswerte Aspekte vorgetragen habe.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1, 2, 3, 14, 19, 20 und 72 GG. Sie wendet sich vor allem gegen die so genannte Systementscheidung mit Liquidierung der Zusatzversorgung sowie die Berücksichtigung der Arbeitsentgelte nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil Annahmegründe im Sinne des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫).
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, denn sie ist unzulässig. Die Beschwerdeführerin hat zwar von der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht Gebrauch gemacht; die Beschwerde wurde aber aus formellen Gründen zurückgewiesen (vgl. BVerfGE 1, 12 ≪13≫; 1, 13 ≪14≫; 34, 204 ≪205≫; stRspr).
a) Das Bundessozialgericht hat die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig damit begründet, die Beschwerdebegründung lasse die notwendige Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes durch den Prozessbevollmächtigten und das zu fordernde Mindestmaß an einen geordneten Vortrag nicht erkennen und hat dies anhand des Beschwerdeschriftsatzes der Beschwerdeführerin näher ausgeführt.
b) Die vom Bundessozialgericht an die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde gestellten Anforderungen, die auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen (vgl. BVerwG, NJW 1996, 1554; 1997, 3328), sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist insbesondere mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, wenn das Gericht die Zulassung der Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde von bestimmten formalen Voraussetzungen wie Begründungs-, Darlegungs- und Bezeichnungserfordernissen innerhalb einer bestimmten Frist abhängig macht (vgl. BVerfG, SozR 1500 § 160 a SGG Nr. 48; SozR 3-1500 § 160 a SGG Nr. 7). Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Bundessozialgericht im vorliegenden Fall unzumutbare und willkürliche Anforderungen an die Darlegungspflicht nach § 160 a Abs. 2 Satz 3 SGG gestellt hat. Zu einem ordnungsgemäßen Vortrag gehört allgemein, dass das Gericht dem Vorbringen ohne unangemessenen Aufwand folgen kann (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2000, 1 BvR 142/96, Umdruck S. 9 f. zu Art. 103 Abs. 1 GG). Auch die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ist von einem geordneten Vortrag des Beschwerdeführers abhängig (vgl. BVerfGE 80, 257 ≪263≫; 83, 216 ≪228≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999, 2 BvR 1343/99 und 2 BvR 1355/99).
2. Im Übrigen hätte die Verfassungsbeschwerde auch in der Sache keinen Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass verfassungsmäßige Rechte der Beschwerdeführerin verletzt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass die Schließung der in der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme und die Überführung der darin erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung mit dem Grundgesetz vereinbar war (vgl. BVerfGE 100, 1). Weiter hat es verfassungsrechtlich nicht beanstandet, dass das Bundessozialgericht die Zuständigkeit für die Entscheidung darüber, welche Leistungsansprüche auf Altersversorgung nach dem SGB VI den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten zustehen, ausschließlich beim Rentenversicherungsträger sieht, und dass dazu auch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gehört (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. März 2000, 1 BvR 2216/96, Umdruck S. 3 f.).
Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hoffmann-Riem
Fundstellen
NVwZ 2001, 425 |
SGb 2001, 182 |