Verfahrensgang
Tenor
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2001 – 8 W 201/2001 –, der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 16. März 2001 – 2 T 45/01 – sowie die Beschlüsse des Amtsgerichts Ravensburg vom 31. Januar 2001 und vom 31. August 2001 – XVI 9/92 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes; sie werden aufgehoben.
- Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu ersetzen.
Tatbestand
I.
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der leibliche Vater eines nichtehelich geborenen Kindes gegen dessen Adoption durch den Ehemann der Kindesmutter. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich mittelbar gegen § 1748 Abs. 4 BGB, soweit danach die Einwilligung eines zu keinem Zeitpunkt sorgeberechtigt gewesenen Vaters des nichtehelich geborenen Kindes unter leichteren Voraussetzungen ersetzt werden kann, als dies bei den übrigen Vätern der Fall ist.
1. Der Beschwerdeführer ist der Vater eines im Januar 1987 nichtehelich geborenen Sohnes. Er erkannte seine Vaterschaft gleich nach der Geburt an. Zu dieser Zeit lebte er mit der Mutter des Kindes in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. 1989 trennte sich die Mutter von ihm. Sie heiratete im Sommer 1990 ihren jetzigen Ehemann. Aus dieser Ehe ist ein im Jahr 1992 geborenes Kind hervorgegangen. Der letzte von der Kindesmutter gebilligte Kontakt des Beschwerdeführers mit seinem Sohn fand im Mai 1990 statt. Weitere Besuche wurden von der Mutter unterbunden. Wiederholte Anträge des Beschwerdeführers auf Regelung des Umgangs blieben erfolglos.
Unter dem 10. April 1992 beantragten die Mutter des Kindes und ihr Ehemann – nach damals gültigem Recht – die Adoption des Sohnes des Beschwerdeführers. Das Amtsgericht sprach die Adoption mit Beschluss vom 20. Mai 1992 aus. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde, der das Bundesverfassungsgericht mit der Senatsentscheidung vom 7. März 1995 (BVerfGE 92, 158) stattgab. Es stellte fest, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 20. Mai 1992 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzte und hob seine Rechtskraft insoweit auf, als sie einer erneuten Prüfung und Entscheidung entgegenstand. Die Sache wurde an das Amtsgericht zurückverwiesen (BVerfGE 92, 158 ≪159 f.≫).
2. Entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., S. 189) setzte das Amtsgericht das Adoptionsverfahren bis zur gesetzlichen Neuregelung durch Beschluss vom 9. August 1995 aus.
Nach Erlass des am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetzes nahm das Amtsgericht das ausgesetzte Verfahren wieder auf. Aufgrund der neuen Rechtslage, die die Adoption eines nichtehelich geborenen Kindes durch seine Mutter nicht mehr vorsieht, hielt die Mutter des Kindes ihren Adoptionsantrag nicht mehr aufrecht. Dementsprechend hob das Amtsgericht im November 1998 die im Jahr 1992 ausgesprochene Adoption des Kindes durch seine Mutter mit Wirkung für die Zukunft auf. Ihr Ehemann verfolgte seinen Antrag auf Annahme des Kindes weiter. Zugleich wurde beantragt, die Zustimmung des Beschwerdeführers als leiblichem Vater des Kindes in die Adoption gemäß § 1748 Abs. 4 BGB zu ersetzen.
Durch mit der jetzigen Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 31. Januar 2001 ersetzte das Amtsgericht die Einwilligung des Beschwerdeführers in die Annahme seines Kindes durch dessen Stiefvater. Die Voraussetzungen des § 1748 Abs. 4 BGB, wonach das Vormundschaftsgericht in den Fällen des § 1626a Abs. 2 BGB die Einwilligung des Vaters zu ersetzen habe, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereichen würde, lägen vor.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Landgericht am 16. März 2001 unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen amtsgerichtlichen Beschlusses zurück. Dabei stellte es klar, dass den Antrag auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption das Kind, vertreten durch seine Mutter, und nicht, wie es in den Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung heiße, der Stiefvater gestellt habe.
Mit Beschluss vom 17. Juli 2001 wies das Oberlandesgericht die gegen den Beschluss des Landgerichts eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet zurück. Im Einzelnen näher bezeichnete verfahrensrechtliche Einwendungen des Beschwerdeführers griffen nicht durch. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, der 1998 neu eingeführte § 1748 Abs. 4 BGB und die darauf gestützten Entscheidungen der Vorinstanzen verstießen gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention, folge das Oberlandesgericht dem nicht. Nach seiner Auffassung entsprächen § 1748 Abs. 4 in Verbindung mit § 1626a Abs. 2 BGB, die in Zusammenhang mit § 1747 Abs. 3 BGB gesehen werden müssten, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 GG, auch wenn andere Lösungen denkbar gewesen seien. Soweit die Anforderungen an die Adoption bei einem unverheirateten Vater, der nie (Mit-)Inhaber des Sorgerechts gewesen sei und nie “Verantwortung für das Kind getragen” habe, geringer als bei anderen Elternteilen sei, erscheine dieser Unterschied nach den typischerweise zugrunde liegenden Lebensverhältnissen sachlich nicht ohne Grund. Der vom Gesetzgeber in der Neuregelung gewählte Weg, der dem Kind, das aus einer nicht durch Eheschluss verfestigten Verbindung der Eltern stamme, in dessen Interesse eine erleichterte Totalintegration in eine später gegründete Familie ermögliche, beruhe auf einer sachgerechten Interessenabwägung. Die vom Amts- und Landgericht vorgenommene Prüfung des “unverhältnismäßigen Nachteils” im Sinne des § 1748 Abs. 4 BGB sei nicht rechtsfehlerhaft. Der langjährige Kampf des leiblichen Vaters um sein Recht habe das Kind und dessen neue Familie in eine Gegnerstellung gedrängt, die es erforderlich mache, im Interesse des Kindes der Adoption den Vorzug zu geben. Es könne nicht außer Betracht bleiben, dass der Beschwerdeführer den letzten von der Kindesmutter gebilligten persönlichen Kontakt mit dem Kind 1990 – im Alter von drei Jahren – gehabt habe. Weitere eigenmächtige Kontaktaufnahmen des Beschwerdeführers hätten bei dem Kind zu Verunsicherung und Abwehr geführt.
3. Am 7. August 2001 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gerügt.
a) Soweit § 1748 Abs. 4 BGB den Fall einer Vergewaltigung mit Kindesfolge nicht anders behandele als Fälle, in denen Väter mit der Mutter des gemeinsamen Kindes in einer Lebensgemeinschaft gelebt hätten und allen väterlichen Verpflichtungen nachgekommen seien, verstoße er gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Art. 6 GG und der “Gleichheitsgrundsatz” seien verletzt, soweit § 1748 Abs. 4 BGB nichteheliche Väter, die vor der Geburt des Kindes mit der Mutter zusammengelebt hätten, rechtlich erheblich ungleich behandele gegenüber Vätern, die von der Kindesmutter geschieden seien. Väter, die vor In-Kraft-Treten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 mit der Kindesmutter in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hätten und deren Trennung von der Mutter vor diesem Datum stattgefunden habe, hätten keine rechtlichen Möglichkeiten gehabt, (Mit-)Inhaber des Sorgerechts zu werden. Der Beschwerdeführer habe jahrelang vor und nach der Geburt seines Sohnes mit dessen Mutter zusammengelebt und sei allen väterlichen Verpflichtungen nachgekommen. Im Übrigen meint der Beschwerdeführer, der Umstand, dass die Annahme des Kindes mit Beschluss vom 20. Mai 1992 ausgesprochen und seine väterliche Zustimmung hierzu neun Jahre später ersetzt worden sei, verstoße gegen das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Willkürverbot und gegen das Recht auf ein faires Verfahren.
b) Mit einer weiteren Eingabe hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde auch gegen einen Beschluss des Amtsgerichts vom 31. August 2001 eingelegt, in dem das Amtsgericht die Annahme des Kindes durch den Ehemann der Kindesmutter auf Antrag bestätigend erneut aussprach.
4. Das Bundesverfassungsgericht hat gemäß § 94 Abs. 3 und Abs. 4, § 77 BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil ihre Annahme zur Durchsetzung des grundrechtlichen Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a, § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Auch steht sie nicht unter dem Senatsvorbehalt des § 93c Abs. 1 Satz 3 BVerfGG, sodass die Verfassungsbeschwerde durch Kammerbeschluss angenommen werden kann.
a) Im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind die verfassungsrechtlichen Fragen bezüglich der Adoption eines Kindes gegen den Willen seines leiblichen Vaters bereits durch die Senatsentscheidung vom 7. März 1995 beantwortet (BVerfGE 92, 158). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere entschieden, dass das Elternrecht eines betroffenen – ehelichen wie nichtehelichen – Vaters eine Berücksichtigung seiner Belange verlangt. Außerdem hat es geklärt, dass eine Adoption des Kindes durch den Stiefvater im Hinblick auf die Rechte des betroffenen leiblichen Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG (nur) unbedenklich wäre, wenn eine Abwägung mit dessen Belangen ergibt, dass das Interesse des Kindes am Ausspruch der Adoption überwiegt (vgl. BVerfGE, a.a.O. ≪182≫).
b) Grundsätzliche Bedeutung hat die Verfassungsbeschwerde auch nicht im Hinblick auf die Frage, ob die in § 1748 Abs. 1 und Abs. 4 BGB vorgenommene Unterscheidung zwischen ehemals sorgeberechtigten und nichtsorgeberechtigten Vätern bei den Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung in die Adoption mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Einer Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt ist. Über die Beantwortung der verfassungsrechtlichen Frage müssen also ernsthafte Zweifel bestehen. Anhaltspunkt für eine grundsätzliche Bedeutung einer verfassungsrechtlichen Frage kann insbesondere sein, dass die Frage in der Fachliteratur kontrovers diskutiert oder in der Rechtsprechung der Fachgerichte unterschiedlich beantwortet wird (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫).
Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der in § 1748 Abs. 1 und Abs. 4 BGB vorgenommenen Unterscheidung zwischen ehemals sorgeberechtigten Vätern und nichtsorgeberechtigten Vätern bei den Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung in die Adoption unterliegt nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. März 2005 (NJW 2005, S. 1781 ff.) keinem ernsthaften Streit mehr. Die besagte Entscheidung des Bundesgerichtshofs lässt eine Vereinheitlichung der fachgerichtlichen Rechtsprechung in dieser Frage erwarten.
aa) Insbesondere ist die Vorschrift des § 1748 Abs. 4 BGB einer Auslegung zugänglich, die eine Ungleichbehandlung der vorgenannten Vätergruppen verhindern kann. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs soll nach der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der Interessen von Vater und Kind das Unterbleiben der Adoption nur dann dem Kind zum unverhältnismäßigen Nachteil gereichen, wenn die Adoption einen so erheblichen Vorteil für das Kind bieten würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestehen würde (vgl. BGH, NJW 2005, S. 1781 ≪1783≫). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf Seiten des Vaters unter anderem zu erwägen sein werde, ob und inwieweit ein gelebtes Vater-Kind-Verhältnis bestehe oder bestanden habe oder welche Gründe den Vater am Aufbau oder an der Aufrechterhaltung eines solchen Verhältnisses gehindert hätten (vgl. BGH, NJW 2005, S. 1781 ≪1783≫). Wie sich aus seinen weiteren Ausführungen ergibt, stellt der Bundesgerichtshof dabei maßgeblich einerseits auf die Beweggründe und Belange des Vaters ab, eine Einwilligung in die Annahme zu versagen, andererseits auf das Verhalten der Kindesmutter. Insbesondere ist danach maßgeblich, ob und inwiefern die Kindesmutter und ihr Ehemann eine Beziehung des Vaters zum Kind zu unterbinden suchen (vgl. BGH, NJW 2005, S. 1781 ≪1783 f.≫). Selbst wenn ein gelebtes Vater-Kind-Verhältnis fehlt, wird danach eine Ersetzung der Einwilligung nach Absatz 4 regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn der Vater selbst durch sein Verhalten das Scheitern eines solchen Verhältnisses zu verantworten hat. Der Sache nach hat der Bundesgerichtshof damit fachgerichtlich geklärt, dass § 1748 BGB in Absatz 4 auch eine Berücksichtigung des Vorverhaltens des Vaters verlangt. Damit ist auch eine einheitliche fachgerichtliche Rechtsprechung dahingehend zu erwarten, dass die Anforderungen der Adoption des § 1748 Abs. 4 BGB den Voraussetzungen für die Annahme nach Maßgabe des § 1748 Abs. 1 bis 3 BGB im Wesentlichen angeglichen werden.
bb) Die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. März 1995 für eine verfassungsgemäße Ausgestaltung des Adoptionsverfahrens festgestellt hat (BVerfGE 92, 158). Nach dieser Entscheidung wäre es in Ansehung der Bedeutung des Elternrechts der Väter nichtehelicher Kinder nicht sachgerecht, nach der Enge der Beziehung des Vaters zum Kind oder zu der Mutter zu differenzieren (vgl. BVerfGE a.a.O. ≪178≫). Allerdings ist die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers umso größer, je weniger von einer Übereinstimmung zwischen den Eltern und von einer sozialen Beziehung zwischen dem einzelnen Elternteil und dem Kind ausgegangen werden kann. Bei der Ausgestaltung der Rechte von Vätern nichtehelicher Kinder im Zusammenhang mit der so genannten Stiefelternadoption darf der Gesetzgeber auch dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht generell vom Bestehen einer sozialen Beziehung auszugehen ist, und berücksichtigen, ob der Vater Interesse an der Entwicklung seines Kindes zeigt (vgl. BVerfGE, a.a.O. ≪179≫). Bei der hiernach anzustellenden umfassenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses zum Vater mit dem Verlust aller sich daraus ergebenden Rechte des Kindes verbunden ist, insbesondere auch seiner Unterhalts- und Erbschaftsansprüche. Im Regelfall dient es überdies nicht dem Wohl des Kindes, dass durch die Adoption Umgangsmöglichkeiten des Vaters für die Zukunft völlig ausgeschlossen werden (vgl. BVerfGE, a.a.O. ≪181≫). Es ist nicht durch überwiegende Belange des Kindes gerechtfertigt, dem Vater bei der Adoption durch den Ehemann der Mutter praktisch keinerlei Rechte einzuräumen. In diesem Fall ändert die Adoption an der tatsächlichen Situation des Kindes wenig, insbesondere wird ihm nicht die Möglichkeit genommen, in einer Familie aufzuwachsen, die ihm gute Entwicklungsbedingungen bietet. Die Adoption soll dann vielmehr dazu dienen, die schon bestehende tatsächliche Situation rechtlich abzusichern. Eine solche Absicherung kann im Interesse des Kindes liegen, ist aber in den Fällen der Stiefkindadoption häufig nicht unproblematisch. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Adoption durch den Stiefvater in aller Regel dem Wohl des Kindes dient (vgl. BVerfGE, a.a.O. ≪181 f.≫). Für die Wahrung des Kindeswohls würde es ausreichen, wenn eine Adoption durch den Ehemann der Mutter ohne Einwilligung des Vaters nur in den Fällen ermöglicht würde, in denen die Abwägung mit den Belangen des Vaters ergibt, dass das Interesse des Kindes am Ausspruch der Adoption überwiegt (vgl. BVerfGE, a.a.O. ≪182≫).
Diese Position hat sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich zu Eigen gemacht (vgl. BGH, NJW 2005, S. 1781 ≪1782 f.≫). Insbesondere mit seiner bereits zitierten Feststellung, dass eine Adoption nur in Betracht komme, wenn sie einen so erheblichen Vorteil für das Kind biete, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestehen würde, hat der Bundesgerichtshof dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer Abwägung zwischen den Interessen des Kindes und denen des Vaters Rechnung getragen. Mit der verfahrensrechtlichen Anforderung, die Ursachen einer fehlenden sozialen Beziehung zwischen Vater und Kind zu erforschen, hat der Bundesgerichtshof überdies den Hinweis des Bundesverfassungsgerichts angemessen berücksichtigt, dass der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen darf, dass nicht generell vom Bestehen einer sozialen Beziehung auszugehen ist und bedeutsam ist, ob der Vater Interesse an der Entwicklung seines Kindes zeigt (vgl. BVerfGE 92, 158 ≪179≫).
c) Weil hiernach eine wesentliche Ungleichbehandlung von ehemals sorgeberechtigten und nichtsorgeberechtigten Vätern vermieden wird, besteht keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung der Verfassungsbeschwerde mehr.
2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
Den im Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gründenden verfassungsrechtlich gebotenen Auslegungsmaßstäben des § 1748 Abs. 4 BGB genügen die angegriffenen Entscheidungen nicht.
a) Zwar hat das Oberlandesgericht erkannt, dass im Rahmen der Auslegung des § 1748 Abs. 4 BGB eine Abwägung der Interessen des Kindes mit denen des Beschwerdeführers verfassungsrechtlich geboten ist. Das Gericht hat jedoch im Rahmen der Auslegung die grundrechtlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers nicht angemessen gewürdigt.
Nicht den festgestellten Maßgaben zur Auslegung des § 1748 Abs. 4 BGB entspricht bereits die Annahme des Oberlandesgerichts, es sei nicht zu beanstanden, dass die Anforderungen an die Adoption bei einem unverheirateten Vater, der nie Mitinhaber des Sorgerechts gewesen sei und insofern nie “Verantwortung für das Kind getragen hat”, geringer seien als bei anderen Elternteilen. Dabei berücksichtigt das Oberlandesgericht nicht, dass unter anderem gerade diese Tatsache es verlangt, die Einwilligung des leiblichen Vaters in eine Stiefkindadoption nur unter strengeren Voraussetzungen als in Fällen der Drittadoption zu ersetzen (vgl. BGH, NJW 2005, S. 1781 ≪1783≫). Auch das Amtsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass das Interesse des Kindes an der Adoption vorrangig gegenüber den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen sei. Auf Seiten des Beschwerdeführers hat sich das Amtsgericht im Wesentlichen darauf beschränkt festzustellen, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kind seit elf Jahren faktisch keine Vater-Kind-Beziehung mehr bestehe. Die Gerichte – das Landgericht hat sich der Entscheidungsbegründung des Amtsgerichts angeschlossen – haben nicht positiv berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer seinem Vortrag zufolge zumindest einige Zeit mit dem Kind zusammengelebt und seine Elternverantwortlichkeit wahrgenommen hat. Die verfassungsrechtlich gebotene Prüfung, welche Gründe den Vater an der Aufrechterhaltung eines gelebten Vater-Kind-Verhältnisses gehindert haben, haben die Gerichte ersichtlich nicht vorgenommen.
b) Allerdings weist das Oberlandesgericht darauf hin, dass der langjährige Kampf des Beschwerdeführers um sein Recht das Kind und dessen neue Familie in eine Gegnerstellung gedrängt habe, die es erforderlich mache, dem Interesse des Kindes an der Adoption den Vorzug zu geben. Insoweit hat es jedoch ebenfalls die Anforderungen einer das Grundrecht des Beschwerdeführers berücksichtigenden Normanwendung verkannt. Es weist nämlich einseitig dem Beschwerdeführer die Verantwortung für das Nichtbestehen eines Vater-Kind-Verhältnisses zu. Dabei setzt sich das Oberlandesgericht bei seiner Feststellung, der langjährige Kampf des Beschwerdeführers um sein Recht habe das Kind und seine neue Familie in eine Art Gegnerstellung gedrängt, nicht näher mit den Ursachen des Kampfes um das Umgangsrecht auseinander. Wie bereits festgestellt war eine sorgfältige Ermittlung dieser Ursachen jedoch geboten. Bereits aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Kindesmutter den Umgangskontakt des Kindes zum Vater einseitig erst unterbunden hat, nachdem sie ihren jetzigen Ehemann kennen gelernt hat. Das stetige Bemühen des Beschwerdeführers um Umgang war danach nicht notwendig einseitig zu seinen Lasten zu bewerten, selbst wenn der Beschwerdeführer aufgrund seiner Vorgehensweise schließlich vom Umgangsrecht zu Recht ausgeschlossen worden sein mag.
c) Bereits deshalb genügen die Entscheidungen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer umfassenden Interessenabwägung, so dass es auf die Begründetheit weiterer Rügen des Beschwerdeführers nicht ankommt.
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem
Fundstellen
NJW 2006, 827 |
FamRZ 2006, 93 |
FuR 2006, 80 |
MittBayNot 2007, 128 |
ZAP 2006, 9 |
StAZ 2006, 322 |
DVBl. 2006, 179 |
FF 2006, 41 |
FamRB 2006, 41 |
ZFE 2006, 109 |
ZKJ 2006, 365 |