Leitsatz (amtlich)
1. Art. 38 GG schützt die wahlberechtigten Bürger vor einem Substanzverlust ihrer verfassungsstaatlich gefügten Herrschaftsgewalt durch weitreichende oder gar umfassende Übertragungen von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages, vor allem auf supranationale Einrichtungen (BVerfGE 89, 155 ≪172≫; 123, 267 ≪330≫). Die abwehrrechtliche Dimension des Art. 38 Abs 1 GG kommt in Konstellationen zum Tragen, in denen offensichtlich die Gefahr besteht, dass die Kompetenzen des gegenwärtigen oder künftigen Bundestages auf eine Art und Weise ausgehöhlt werden, die eine parlamentarische Repräsentation des Volkswillens, gerichtet auf die Verwirklichung des politischen Willens der Bürger, rechtlich oder praktisch unmöglich macht.
2.
- Die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand
- Als Repräsentanten des Volkes müssen die gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch in einem System intergouvernementalen Regierens die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behalten.
3.
- Der Deutsche Bundestag darf seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen. Insbesondere darf er sich, auch durch Gesetz, keinen finanzwirksamen Mechanismen ausliefern, die – sei es aufgrund ihrer Gesamtkonzeption, sei es aufgrund einer Gesamtwürdigung der Einzelmaßnahmen– zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung führen können.
- Es dürfen keine dauerhaften völkervertragsrechtlichen Mechanismen begründet werden, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden.
- Darüber hinaus muss gesichert sein, dass hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln besteht.
4. Die Bestimmungen der europäischen Verträge stehen dem Verständnis der nationalen Haushaltsautonomie als einer wesentlichen, nicht entäußerbaren Kompetenz der unmittelbar demokratisch legitimierten Parlamente der Mitgliedstaaten nicht entgegen, sondern setzen sie voraus. Ihre strikte Beachtung gewährleistet, dass die Handlungen der Organe der Europäischen Union in und für Deutschland über eine hinreichende demokratische Legitimation verfügen (BVerfGE 89, 155 ≪199 ff.≫; 97, 350 ≪373≫). Die vertragliche Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft ist Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes (BVerfGE 89, 155 ≪205≫).
5. Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, für Gewährleistungen einstehen zu müssen, kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht zu respektieren ist. Entsprechendes gilt auch für die Abschätzung der künftigen Tragfähigkeit des Bundeshaushalts und des wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland.
Tenor
1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen deutsche und europäische Rechtsakte sowie weitere Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Versuchen zur Beilegung der gegenwärtigen Finanz- und Staatsschuldenkrise im Raum der Europäischen Währungsunion stehen.
I.
1. Der Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Maastricht) vom 7. Februar 1992 (ABl Nr. C 191/1; BGBl II S. 1253) sah eine gemeinsame Währungspolitik der Mitgliedstaaten vor, die stufenweise eine Europäische Währungsunion begründen und schließlich die Währungspolitik in der Hand eines Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) vergemeinschaften sollte (vgl. zum folgenden Sachverhalt bereits BVerfGE 125, 385 ff.). In der dritten Stufe wurde 2002 der Euro als einheitliche Währung eingeführt. Um Finanzdisziplin zur Unterstützung der einheitlichen Geldpolitik zu gewährleisten, trat gleichzeitig der Stabilitätsund Wachstumspakt (Entschließung des Europäischen Rates über den Stabilitätsund Wachstumspakt Amsterdam, 17. Juni 1997, ABl Nr. C 236/1) in Kraft, der im Interesse der Stabilität des Euro eine Neuverschuldung von maximal 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einen Schuldenstand von maximal 60 % des BIP vorsieht.
2. Die Hellenische Republik (im Folgenden: Griechenland) ist seit 2001 Mitglied der Gruppe von 16 (seit Januar 2011: 17) der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Entscheidung des Rates 2000/427/EG vom 19. Juni 2000 gemäß Artikel 122 Absatz 2 des Vertrages über die Einführung der Einheitswährung durch Griechenland am 1. Januar 2001, ABl Nr. L 167/19), deren gemeinsame Währung der Euro ist (Euro-Gruppe). Die Angaben zur Größe des griechischen Haushaltsdefizits im Jahr 2009 mussten von 5 % auf knapp 13 % des BIP korrigiert werden; für 2010 wurde mit einem Anstieg der Staatsverschuldung auf 125 % des BIP und damit mehr als das Doppelte des Referenzwerts von 60 % des BIP gerechnet (vgl. Pressemitteilung des Rates für Wirtschaft und Finanzen ≪ECOFIN-Rat≫, 16. Februar 2010).
3. Vor diesem Hintergrund kam der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs am 11. Februar 2010 in Brüssel zusammen, um über mögliche Maßnahmen in Bezug auf Griechenland zu beraten. Der Europäische Rat verkündete bei dieser Gelegenheit, dass er, falls nötig, entschlossene und koordinierte Maßnahmen ergreifen werde, um die finanzielle Stabilität der gesamten Eurozone sicherzustellen (vgl. Statement by the Heads of State or Government of the European Union, 11. Februar 2010). Am 16. Februar 2010 verschärfte der ECOFIN-Rat das bereits im April 2009 in Gang gesetzte Defizitverfahren gegen Griechenland und verlangte, das Defizit innerhalb eines Jahres um 4 Prozentpunkte abzubauen (von 12,7 % im Jahr 2009 auf 8,7 % im Jahr 2010) und bis 2012 weiter auf höchstens 3 % des BIP zurückzuführen (vgl. Pressemitteilung des ECOFIN-Rates, 16. Februar 2010). Nach steigender Unruhe an den Finanzmärkten erklärten die Staats- und Regierungschefs der Euroländer am 25. März 2010 ihre Bereitschaft, Griechenland zusätzlich zu einer Finanzierung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit eigenen bilateralen Darlehen beizustehen (vgl. Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, 25. März 2010). Offenbar konnte auch diese Erklärung die Finanzmärkte nicht nachhaltig überzeugen. Nachdem die Ratingagentur Fitch am 9. April 2010 ihr Rating für Griechenland auf BBB – heruntergestuft hatte und die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen auf Rekordhöhen schnellten, erzielten die Euro-Finanzminister am 11. April 2010 eine Einigung über die Ausgestaltung der in Form von bilateralen Darlehen von Staaten der Eurozone zu gewährenden Hilfe für Griechenland sowie deren Umfang und die Zinshöhe. Um Griechenland Anreize für die Rückkehr zur Marktfinanzierung zu bieten, sollte die Zinsberechnungsformel des IWF mit gewissen Anpassungen als Bezugsgröße für die Festsetzung der Bedingungen für die bilateralen staatlich gewährten Kredite herangezogen werden. Am 12. April 2010 trat die EU-Kommission in Abstimmung mit der Europäischen Zentralbank (EZB) mit dem IWF und Griechenland in Verhandlungen ein, in denen die Bedingungen für das griechische Hilfspaket konkretisiert wurden. Die Unterstützung sollte in dem Augenblick aktiviert werden, in dem sie tatsächlich und vor allem zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der Anleihemärkte benötigt wurde. Die teilnehmenden Staaten sollten dann über die Auszahlungen entscheiden (vgl. Statement on the support to Greece by Euro area Members States, 11. April 2010).
4. Am 23. April 2010 beantragte Griechenland Finanzhilfen der EU und des IWF (vgl. Joint statement by European Commission, European Central Bank and Presidency of the Eurogroup on Greece, IP/10/446, 23. April 2010). Daraufhin erklärten die Staaten der Euro-Gruppe am 2. Mai 2010 ihre Bereitschaft, im Zusammenhang mit einem dreijährigen Programm des IWF mit einem geschätzten Gesamtfinanzierungsbedarf in Höhe von 110 Milliarden Euro bis zu 80 Milliarden Euro als Finanzhilfe an Griechenland in Form von koordinierten bilateralen Krediten bereitzustellen, davon bis zu 30 Milliarden Euro im ersten Jahr (vgl. Statement by the Eurogroup, 2. Mai 2010). Der Anteil der einzelnen Staaten an den Krediten bemisst sich nach dem jeweiligen Anteil der Staaten des Euro-Währungsgebietes am Kapital der EZB. Der Anteil Deutschlands unter den seinerzeit 15 Staaten der Euro-Gruppe (ohne Griechenland) sollte 27,92 % betragen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, BTDrucks 17/1544, S. 4). Der deutsche Anteil an den Krediten belief sich danach bei Teilnahme aller Euro-Gruppe-Staaten (außer Griechenland) auf rund 22,4 Milliarden Euro, davon bis zu 8,4 Milliarden Euro im ersten Jahr. Der IWF sollte einen Anteil von 30 Milliarden Euro übernehmen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, BTDrucks 17/1544, S. 1). Die Finanzhilfe der Euro-Gruppe wird im Rahmen einer strengen Konditionalität zur Verfügung gestellt, die zwischen dem IWF und der EU-Kommission (in Abstimmung mit der EZB) sowie Griechenland vereinbart wurde. Die Absprachen der Staaten der Euro-Gruppe mit Griechenland und untereinander umfassen zwei Vereinbarungen. Einerseits den Darlehensvertrag, in dem im Wesentlichen die Darlehenskonditionen und Voraussetzungen der Darlehensgewährung festgelegt werden („Loan Facility Agreement” zwischen den Staaten der Eurozone und Griechenland) und andererseits eine Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten der Eurozone, in der die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten untereinander bestimmt werden („Intercreditor Agreement”). Beide Vereinbarungen beziehen sich hinsichtlich der finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen Griechenlands auf das mit Griechenland vereinbarte „Memorandum of Understanding” (vgl. Greece: Memorandum of Understanding on Specific Economic Policy Conditionality, 2. Mai 2010), das die Bedingungen der Kreditvergabe festlegt und insbesondere die Auszahlung der Finanzhilfen an bestimmte, strenge Bedingungen hinsichtlich der Haushaltssanierung knüpft. Die Auszahlung der einzelnen Tranchen ist danach an die Einhaltung quantitativer Leistungskriterien gekoppelt. So sind für jedes Quartal detaillierte Einsparungsziele festgelegt, die durch Maßnahmen wie Steuererhöhungen oder Streichung von Gratifikationen im öffentlichen Dienst erreicht werden müssen (vgl. Greece: Memorandum of Understanding on Specific Economic Policy Conditionality, 2. Mai 2010, S. 1). In der Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten ist außerdem ein interner Zins – und Zahlungsausgleich für wirtschaftlich angeschlagene Geberländer geregelt. Danach kann ein Kreditgeber, der höhere Refinanzierungskosten hat als der Zins des Kreditnehmers im Rahmen des Darlehensvertrags, verlangen, dass ihm ein Zinsausgleich gewährt wird, der anteilig aus dem Zinsertrag der anderen Geber finanziert wird. Außerdem kann ein Kreditgeber, falls er höhere Refinanzierungskosten haben sollte als der Zins des Kreditnehmers im Rahmen des Darlehensvertrags, beantragen, an der Auszahlung der nächsten Tranche nicht teilzunehmen. Über diesen Antrag entscheiden die anderen Darlehensgeber mit Zweidrittelmehrheit ihrer Kapitalanteile. Sobald dieser Kapitalgeber wieder niedrigere Refinanzierungskosten hat als der Zins des Darlehensnehmers, ist vorgesehen, seinen Kreditanteil wieder an den im Darlehensvertrag vorgesehenen Anteil anzupassen. Kein Kreditgeber ist verantwortlich für die Verpflichtungen eines anderen Kreditgebers.
5. Um die erforderlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene zu treffen, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 7. Mai 2010 das angegriffene Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz – WFStG, BGBl I S. 537). Die Vorschriften des Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetzes lauten:
§ 1 – Gewährleistungsermächtigung |
(1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, Gewährleistungen bis zur Höhe von insgesamt 22,4 Milliarden Euro für Kredite an die Hellenische Republik zu übernehmen, die als Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik erforderlich sind, um die Finanzstabilität in der Währungsunion sicherzustellen. Die Gewährleistung dient der Absicherung von Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau an die Hellenische Republik, die gemeinsam mit den Krediten der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Währung der Euro ist, und des Internationalen Währungsfonds ausgezahlt werden sollen. Grundlage bilden die zwischen dem Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Hellenischen Republik unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank vereinbarten Maßnahmen. Die Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau sollen im ersten Jahr bis zur Höhe von 8,4 Milliarden Euro ausgezahlt werden.
(2) Eine Gewährleistung ist auf den Höchstbetrag dieser Ermächtigung in der Höhe anzurechnen, in der der Bund daraus in Anspruch genommen werden kann. Zinsen und Kosten sind auf den Ermächtigungsrahmen nicht anzurechnen.
(3) Vor Übernahme von Gewährleistungen nach Absatz 1 ist der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu unterrichten, sofern nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme geboten ist. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist darüber hinaus vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten.
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
6. Der auf Deutschland entfallende Anteil an den Hilfsmaßnahmen wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgereicht, die hierfür eine Bundesgarantie benötigt. § 1 Abs. 1 WFStG ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, entsprechende Gewährleistungen zu übernehmen, die die Ausreichung des Kredits durch die KfW absichern.
7. Ebenfalls noch am 7. Mai 2010 kamen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Gruppe erneut in Brüssel zusammen und sprachen sich unter anderem dafür aus, die Wirtschaftsaufsicht im Euro-Währungsgebiet zu verstärken sowie die Finanzmärkte intensiver zu regulieren und die Spekulation zu bekämpfen (vgl. zum folgenden Sachverhalt bereits BVerfGE 126, 158 ≪160 ff.≫). Wiederum bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, alle Mittel auszuschöpfen, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets zu wahren. Hierzu vereinbarten sie unter anderem, dass die EU-Kommission einen europäischen Stabilisierungsmechanismus zur Wahrung der Finanzmarktstabilität in Europa vorschlagen sollte („Euro-Rettungsschirm”). Daraufhin beschloss am 9. Mai 2010 der ECOFIN-Rat die Schaffung eines europäischen Stabilisierungsmechanismus, der sich aus zwei Komponenten zusammensetzt: dem auf eine EU-Verordnung gestützten europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) einerseits und der europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), einer auf zwischenstaatlicher Vereinbarung der Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe beruhenden Zweckgesellschaft zur Gewährung von Darlehen und Kreditlinien, andererseits. Mit diesen Instrumenten sollen Mitgliedstaaten, die aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen, die sich ihrer Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen sind, finanziell unterstützt werden (vgl. die „Konditionsvereinbarung” über die „zentralen Strukturelemente der EFSF”). Auch die EZB ließ sich in den neuen Ansatz einbeziehen, indem sie ein „Programm für die Wertpapiermärkte” beschloss. Unter anderem ermächtigte der EZB-Rat dabei die Zentralbanken des Eurosystems, Schuldtitel, die von Zentralstaaten oder öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten begeben werden, auf dem Sekundärmarkt anzukaufen (ABl Nr. L 124/8).
8. Die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (ABl Nr. L 118/1) stützt sich auf Art. 122 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Danach kann einem Mitgliedstaat, der aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht ist, ein finanzieller Beistand der EU gewährt werden. Der Rat ist der Ansicht, dass die außergewöhnliche Situation darin liege, dass die Verschärfung der weltweiten Finanzkrise für mehrere Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe zu einer gravierenden Verschlechterung der Kreditkonditionen geführt habe, die über das hinausgehe, was sich durch wirtschaftliche Fundamentaldaten erklären lasse. Der europäische Finanzstabilisierungsmechanismus soll so lange in Kraft bleiben, wie es zur Wahrung der Finanzmarktstabilität erforderlich ist und ein Finanzmittelvolumen von bis zu 60 Milliarden Euro umfassen, was eine Kreditaufnahme der EU notwendig macht. Die Verordnung regelt im Einzelnen die Bedingungen und Verfahren, nach denen einem Mitgliedstaat ein finanzieller Beistand der EU gewährt werden kann. Über die Gewährung finanziellen Beistands entscheidet der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission mit qualifizierter Mehrheit.
9. Neben der Einführung des EFSM verpflichteten sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Gruppe, über eine Zweckgesellschaft, die EFSF, finanziellen Beistand zu leisten. Eine Zweckgesellschaft („special purpose vehicle”) ist eine juristische Person oder eine einer juristischen Person gleichstehende Einrichtung ausländischen Rechts, die gewöhnlich für einen ganz bestimmten Zweck gegründet und nach Erreichen dieses Zwecks wieder aufgelöst wird. Beschlossen wurde, dass die teilnehmenden Mitgliedstaaten unter Beachtung ihrer verfassungsrechtlichen Vorschriften entsprechend ihrem Anteil an dem eingezahlten Kapital der EZB für die Zweckgesellschaft bürgen (vgl. Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten vom 9. Mai 2010, Rat-Dok. 9614/10). Die EU-Kommission kann im Rahmen der EFSF von den Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe für die Erledigung von Aufträgen in Anspruch genommen werden (vgl. Beschluss der Vertreter der Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten vom 9. Mai 2010, Rat-Dok. 9614/10).
10. Hinsichtlich dieser Zweckgesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegründet war, wurden zunächst Rahmenbedingungen vereinbart („Konditionsvereinbarung”): Anteilseigner sind alle Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe, jeder Mitgliedstaat der Euro-Gruppe entsendet einen Direktor in den Vorstand der Gesellschaft, in den zudem die EU-Kommission einen Beobachter entsendet. Die Gründung der Zweckgesellschaft soll nach luxemburgischem Recht erfolgen. Ihr Zweck ist die Emission von Anleihen sowie die Gewährung von Darlehen und Kreditlinien zur Deckung des Finanzierungsbedarfs von in Schwierigkeiten befindlichen Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe unter Auflagen. Die Garantien für die Zweckgesellschaft in Höhe von 440 Milliarden Euro werden anteilig unter den Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe entsprechend ihrer Beteiligung am Kapital der EZB aufgeteilt, wobei die Verbindlichkeiten im Rahmen der Garantien der Mitgliedstaaten auf ihren Anteil plus 20 % je Anleiheemission begrenzt sind. Die Erhöhung um bis zu 20 % ergibt sich daraus, dass nicht alle Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe an allen Anleiheemissionen beteiligt sein werden. Die Entscheidungen werden einstimmig getroffen, die Laufzeit der Zweckgesellschaft ist begrenzt auf drei Jahre ab Gründung unbeschadet der Fälligkeit von durch die Zweckgesellschaft gewährten Darlehen oder emittierten Anleihen sowie von durch Mitgliedstaaten der Euro-Gruppe übernommenen Garantien.
11. Zwischen den teilnehmenden Staaten der Euro-Gruppe und der geplanten Zweckgesellschaft sollte zudem eine Rahmenvereinbarung geschlossen werden, die Einzelheiten zur Emission von Anleihen durch die Zweckgesellschaft am Kapitalmarkt, zur Garantieerklärung der Staaten der Euro-Gruppe sowie Modalitäten der Kreditausreichung regelt (vgl. EFSF Framework Agreement, Entwurf vom 20. Mai 2010). Infolge des Anteils Deutschlands am Kapital der EZB sollte sich der deutsche Anteil an dem Garantievolumen auf 123 Milliarden Euro belaufen; für Fälle unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs rechnete man damit, dass der Betrag um 20 % überschritten werden könnte (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, BTDrucks 17/1685, S. 1). Das Gesamtvolumen der Stabilisierungsinstrumente in Höhe von 750 Milliarden Euro errechnet sich aus dem Volumen des EFSM in Höhe von 60 Milliarden Euro, dem Volumen des EFSF in Höhe von 440 Milliarden Euro sowie einer (erwarteten) Beteiligung des IWF in Höhe der Hälfte der genannten Summen, also weiteren 250 Milliarden Euro (vgl. Schlussfolgerungen des ECOFIN-Rates vom 9. Mai 2010, Rat-Dok. SN 2564/1/10 REV 1).
12. Um auf nationaler Ebene die Voraussetzungen für die Leistung finanziellen Beistands über die Zweckgesellschaft (EFSF) zu schaffen, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 21. Mai 2010 das angegriffene Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (im Folgenden: Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz, BGBl I S. 627). Nachdem der Bundesrat noch am selben Tag beschlossen hatte, auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten, wurde das Gesetz am 22. Mai 2010 verkündet. Die Vorschriften des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes lauten:
§ 1 |
Gewährleistungsermächtigung |
(1) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, für Kredite, die eine von den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes gegründete oder beauftragte Zweckgesellschaft zur Finanzierung von Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedstaates des Euro-Währungsgebietes aufnimmt, Gewährleistungen bis zur Höhe von insgesamt 123 Milliarden Euro zu übernehmen, sofern diese Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit des betroffenen Mitgliedstaates erforderlich sind, um die Finanzstabilität in der Währungsunion sicherzustellen. Voraussetzung ist, dass der betroffene Mitgliedstaat mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank ein wirtschafts- und finanzpolitisches Programm vereinbart hat und dass dies von den Staaten des Euro-Währungsgebietes einvernehmlich gebilligt wird. Die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedstaates des Euro-Währungsgebietes ist zuvor durch die Staaten des Euro-Währungsgebietes unter Ausschluss des betroffenen Mitgliedstaates gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank einvernehmlich festzustellen. Gewährleistungen nach Satz 1 können nur bis zum 30. Juni 2013 übernommen werden.
(2) Die Übernahme von Gewährleistungen nach Absatz 1 setzt voraus, dass die Staaten des Euro-Währungsgebietes unter Ausschluss des betroffenen Mitgliedstaates und unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank und im Benehmen mit dem Internationalen Währungsfonds einvernehmlich übereinkommen, dass Notmaßnahmen nach der Verordnung des Rates der EU zur Errichtung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus nicht oder nicht in vollem Umfang ausreichen, um die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Mitgliedstaates des Euro-Währungsgebietes abzuwenden.
(3) Eine Gewährleistung ist auf den Höchstbetrag dieser Ermächtigung in der Höhe anzurechnen, in der der Bund daraus in Anspruch genommen werden kann. Zinsen und Kosten sind auf den Ermächtigungsrahmen nicht anzurechnen.
(4) Vor Übernahme von Gewährleistungen nach Absatz 1 bemüht sich die Bundesregierung, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages herzustellen. Der Haushaltsausschuss hat das Recht zur Stellungnahme. Sofern aus zwingenden Gründen eine Gewährleistung bereits vor Herstellung eines Einvernehmens übernommen werden muss, ist der Haushaltsausschuss unverzüglich nachträglich zu unterrichten; die Unabweisbarkeit der Übernahme der Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens ist eingehend zu begründen. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist darüber hinaus vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten.
(5) Vor Übernahme von Gewährleistungen durch das Bundesministerium der Finanzen muss dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Vertrag über die Zweckgesellschaft vorgelegt werden.
(6) Der Gewährleistungsrahmen nach Absatz 1 kann unter den Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages um bis zu 20 Prozent der in Absatz 1 genannten Summe überschritten werden.
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
13. Unter dem 7. Juni 2010 gründete das Großherzogtum Luxemburg die Zweckgesellschaft zunächst alleine (vgl. European Financial Stability Facility, Société Anonyme, 7. Juni 2010). Noch am selben Tag nahmen die Finanzminister der Euro-Gruppe sowie ein Vertreter der Zweckgesellschaft die Rahmenvereinbarung an (vgl. EFSF Framework Agreement, Execution Version vom 7. Juni 2010). Art. 13 Abs. 8 dieser Rahmenvereinbarung räumt den übrigen Mitgliedstaaten das Recht ein, ihre Anteile an der Zweckgesellschaft zu übernehmen.
II.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer gegen deutsche und europäische Rechtsakte sowie weitere Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Versuchen zur Beilegung der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise im Raum der Europäischen Währungsunion stehen. Alle Beschwerdeführer sehen sich in ihren Grundrechten aus Art. 38 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.
1. Die Beschwerdeführer zu I. sind der Ansicht, Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleiste jedem Bürger ein Recht darauf, dass die Staatsstrukturprinzipien des Grundgesetzes jedenfalls im Kern gewahrt werden. Sie rügen eine Missachtung fundamentaler Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere des Sozialstaatsprinzips, sowie eine Missachtung der Prinzipien der Finanzverfassung, insbesondere eine Verletzung der Grenzen der Kreditaufnahme (Art. 115 GG). Deutschland habe seine Haushaltshoheit weitgehend aufgegeben. Die konvergenz- und damit stabilitätswidrigen Maßnahmen verstießen auch gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.
a) aa) Art. 38 GG gewähre ein subjektives Recht darauf, dass jede Integrationspolitik durch hinreichend bestimmte Beschlüsse des Deutschen Bundestages und des Bundesrates verantwortet werde. Rechtsakte, die die Konzeption der Währungsunion der Europäischen Union verließen, könnten in Deutschland keine Wirkung entfalten, weil eine solche Wirkung mangels parlamentarischer Verantwortbarkeit Art. 38 Abs. 1 GG verletzen würde. Der Deutsche Bundestag habe Verantwortung übernommen für die Währungsunion, dies aber nur unter bestimmten Rahmenbedingungen zur Sicherung der Stabilität der Unionswährung. Die Stabilitätskriterien seien nicht nur als Grenze der übertragenen Hoheitsbefugnisse verbindlich, weil Bundestag und Bundesrat eine Entwicklung der Währungsunion unabhängig von diesen Stabilitätskriterien nicht zu verantworten bereit und berechtigt gewesen seien, sondern auch, weil eine strikt an die Konvergenzkriterien gebundene Stabilitätsgemeinschaft Vertragsgegenstand der Union sei. Die Unionspolitik sei nur in den Grenzen der übertragenen Hoheitsrechte vom Parlament verantwortet und legitimiert. Genauso wie die Politik einer Währungsunion ohne ein Zustimmungsgesetz Deutschlands keine Wirkung in Deutschland entfalten könne, könne sich eine solche Politik auch nicht gegen das Zustimmungsgesetz, das seine Grundlage in dem Vertrag finde, vor dem Grundgesetz behaupten. Sie würde ebenfalls das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 38 Abs. 1 GG verletzen.
bb) Wenn das Stabilitätsprinzip des Vertrages von Maastricht verlassen werde, sei diese Politik nicht vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat verantwortet und verantwortbar, was die Verfassungsrechte des Bürgers verletze. Maßnahmen, wie sie vom Europäischen Rat und dem Rat der Finanzminister beschlossen und durch das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz umgesetzt worden seien, missachteten die Grenzen der Befugnisse der Union und könnten in Deutschland keine Wirkung entfalten. Die Maßnahmen verstießen nicht nur gegen das stabilitätsrechtliche Konvergenzprinzip im engeren Sinne, sondern ließen auch die Voraussetzung der währungsrechtlichen Konvergenz, nämlich die Eigenständigkeit der Haushalte der Mitglieder der Währungsunion, außer Betracht. Einfache Beschlüsse des Deutschen Bundestages könnten die Verantwortung für die Hilfsmaßnahmen der Union und Deutschlands nicht demokratiegerecht übernehmen. Ob die Währungsunion nach dem Stabilitätskonzept des Vertrages die Stabilität der europäischen Währung erwarten lasse, bestimme sich danach, ob die Konvergenz nachhaltig so verwirklicht sei, dass die Währungsunion eine auf Dauer der Stabilität verpflichtete und insbesondere Geldwertstabilität gewährleistende Gemeinschaft sein könne (BVerfGE 89, 155 ≪204≫).
b) Mit der Verpflichtung, anderen Mitgliedern der Euro-Gruppe Finanzhilfen zu gewähren, um deren Haushaltsnotlagen abzuwehren, habe Deutschland seine Haushaltshoheit, die wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftshoheit sei, weitgehend aufgegeben. Damit werde das den demokratischen Parlamentarismus definierende Budgetrecht des Parlaments (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG) in einer Weise eingeschränkt, welche die existenzielle Staatlichkeit demokratiewidrig aus der Hand gebe. Grenzen zulässiger Kreditgewährleistungen fänden sich in dem grundlegenden Haushaltsprinzip des Art. 110 Abs. 1 Satz 2 GG. Es sei ausgeschlossen, dass Deutschland seine Verpflichtungen aus den Gewährleistungen ohne Aufnahme von Krediten werde erfüllen können.
c) Die konvergenz- und damit stabilitätswidrigen Maßnahmen verstießen überdies gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht verbürge das „Grundrecht des Bürgers auf Preisstabilität”. Seine Substanz erhalte es auch durch das Sozialstaatsprinzip. Diese Eigentumsgewährleistung werde durch eine Politik der Instabilität des Geldes verletzt. Inflation schmälere mit dem Geldwert materiell die Geldansprüche. Geldvermögen verliere durch Inflation mehr oder weniger an Wert. Die Eigentumsgewährleistung garantiere zwar nicht allgemein den Wert der Vermögen, aber sie schütze doch gegenüber einer staatlichen Politik, welche die Inflation fördere. Aus Art. 14 Abs. 1 GG folge auch eine Schutzpflicht des Staates zugunsten der Wertbeständigkeit der Vermögen. Die konvergenz- und damit stabilitätswidrige Politik der Union und Deutschlands lasse gegenwärtig und unmittelbar eine Entwertung der persönlichen Vermögenswerte der Beschwerdeführer besorgen. Der Eigentumsschutz gebiete die frühe Abwehr von Inflation. Denn wenn abgewartet werde, bis sich die Inflation entwickelt habe, sei der Schaden bereits eingetreten. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren sei zu prüfen, ob eine Inflationsgefahr durch die Währungspolitik der Union und Deutschlands entstehe.
d) Es gebe keine Befugnisse der Bundesorgane zu Handlungen, die dem Grundgesetz zuwiderliefen; alle Befugnisse endeten ohnehin dort, wo sie gegen den Kern der Verfassungsidentität verstießen, die ausweislich Art. 79 Abs. 3 GG nicht zur Disposition der Politik der Bundesorgane stehe. Der Kern der Verfassungsidentität grenze auch die Befugnisse der Unionsorgane ein. Sowohl die unionale als auch die nationale Politik des Euro-Rettungsschirms missachteten nicht nur das Prinzip der begrenzten Ermächtigung, sondern als Inflationspolitik auch den Kern der Verfassungsidentität Deutschlands, insbesondere das Sozialstaatsprinzip. Sie berge sogar die Gefahr einer sozialstaatswidrigen Währungsreform. Die Europäische Union versuche, Art. 122 Abs. 2 AEUV zu einer Art bundesstaatlichen Notstandsverfassung auszubauen. Dies sei eine Befugnisanmaßung, welche die Qualität eines Umsturzes habe. Der europäische Finanzstabilisierungsmechanismus schaffe die „Finanzunion”, die zugleich eine „Sozialunion” sei. Er schaffe die „Transferunion” und die Haftungsgemeinschaft. Finanzhilfen für notleidende Staatshaushalte seien ein Finanzausgleich, der die Konzeption der Währungsunion verlasse.
2. Auch der Beschwerdeführer zu II. sieht sich in seinen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 38 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Der Euro-Stabilisierungsmechanismus sei unvereinbar mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und habe vertragsändernden Charakter (a). Beides sei von Bedeutung für mehrere Grundrechtsverstöße (b) und (c).
a) Der Euro-Stabilisierungsmechanismus verstoße – wie zuvor schon die Griechenlandhilfe – gegen das Bailout-Verbot des Art. 125 Abs. 1 AEUV, das eine Haftung der Union für Verbindlichkeiten der Mitgliedstaaten sowie eine Haftung der Mitgliedstaaten für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten ausschließe. Zweck dieser Vorschrift sei es, eine umfassende rechtliche Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für eigenes fiskalisches Verhalten sicherzustellen. Nur wenn jedem Mitgliedstaat klar sei, dass weder die Union noch andere Mitgliedstaaten für die eigenen Verbindlichkeiten hafteten oder einständen und daher gegebenenfalls Staateninsolvenz drohte, bestehe ein hinreichender Anreiz, die Stabilitätsanforderungen nachhaltig zu erfüllen und nicht auf Kosten der anderen – die zwar rechtlich nicht verpflichtet seien, aber sich aufgrund des Drucks der ökonomischen Verhältnisse faktisch gezwungen sehen könnten, für die Verbindlichkeiten des unsolide wirtschaftenden Mitgliedstaates einzustehen – eine unverantwortliche Verschuldungspolitik zu betreiben und sich „Wohlstand auf Pump” zu leisten in der Hoffnung, dass die anderen dies letztlich bezahlten.
Eine Rechtfertigung dieses Verstoßes mit einer Notstandslage nach Art. 122 Abs. 2 AEUV komme nicht in Betracht. Die Überschuldung Griechenlands und anderer Staaten sei insbesondere kein einer Naturkatastrophe vergleichbares Ereignis, sondern das Ergebnis einer Finanzpolitik, für die die betreffenden Staaten vertraglich allein verantwortlich seien. Der Staatsbankrott sei im Falle der Überschuldung eine ökonomische Konsequenz eigenen Verhaltens, für die der betreffende Staat nach Sinn und Zweck von Art. 125 AEUV einzustehen habe. Würde man die drohende Zahlungsunfähigkeit eines Mitgliedstaates als außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Art. 122 Abs. 2 AEUV verstehen, hätte das Bailout-Verbot kaum noch einen Anwendungsbereich.
Der Verstoß des Euro-Stabilisierungsmechanismus gegen das Bailout-Verbot sei keine punktuelle Vertragsverletzung; vielmehr werde die vertraglich vorgesehene Konzeption der Stabilitätsunion dauerhaft zerstört und durch die völlig andere Konzeption einer Haftungs- und Transferunion ersetzt. Hinzu komme, dass der Euro-Stabilisierungsmechanismus als solcher die Institutionalisierung fortgesetzter Vertragsverletzungen darstelle. Die Bundesrepublik Deutschland habe mit dem Vertrag von Maastricht der Währungsunion nur mit der Maßgabe zugestimmt, dass die stabilitätssichernden Normen gelten und strikt angewendet würden. Mit jeder Missachtung dieser Normen verlasse die Europäische Union die vertraglichen Grundlagen der Währungspolitik und überschreite den mit den Zustimmungsgesetzen der Mitgliedstaaten bestimmten Kompetenzrahmen. Man könne politisch darüber streiten, ob eine Abkehr von der bisherigen Konzeption sinnvoll sei oder nicht. Rechtlich jedenfalls sei ein so fundamentaler Konzeptionswechsel nur durch eine förmliche Vertragsänderung möglich. Die Beteiligung der Bundesregierung und des Bundestages an der faktischen und gewohnheitsrechtlichen Änderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sei mit dem Demokratieprinzip unvereinbar.
b) Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Lissabon-Urteil ein umfassendes Recht des Einzelnen auf Teilhabe an der demokratischen Legitimation der öffentlichen Gewalt – ein „Recht auf Demokratie” – anerkannt, das sich nicht auf die Legitimation im Zusammenhang mit der Übertragung von Hoheitsrechten beschränke. Inhaltlich sei mit diesem grundrechtsgleichen Recht zwar keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der gesamten Staatstätigkeit verbunden, wohl aber eine „Demokratiekontrolle”. Dieses subjektive Recht aus Art. 38 Abs. 1 GG sei durch die angegriffenen Handlungen und Unterlassungen in mehrfacher Hinsicht verletzt.
aa) Kompetenzwidrige Handlungen der Unionsorgane verstießen gegen das Demokratieprinzip und verletzten den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 38 Abs. 1 GG, weil durch sie Hoheitsgewalt in Deutschland ausgeübt werde, die nicht demokratisch legitimiert sei. Aus Art. 38 Abs. 1 GG folge generell das Recht jedes Bürgers darauf, dass Staatsgewalt beziehungsweise europäische Hoheitsgewalt demokratisch legitimiert sei, soweit nicht die Verfassung selbst – in den Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG – Einschränkungen beziehungsweise Modifikationen des demokratischen Legitimationsprinzips zulasse. Die angegriffenen Handlungen und Unterlassungen der Unionsorgane verstießen als Ultra-vires-Akte gegen Art. 38 Abs. 1 GG. Dies gelte für den Beschluss des Rates vom 9. Mai 2010 zur Einführung eines Euro-Stabilisierungsmechanismus (Verstoß gegen das Bailout-Verbot des Art. 125 Abs. 1 AEUV), für die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (Verstoß gegen das Bailout-Verbot des Art. 125 Abs. 1 AEUV), für den Aufkauf von Staatsanleihen Griechenlands und anderer Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets durch die Europäische Zentralbank (Verstoß gegen Art. 123 Abs. 1 AEUV) sowie für die Koordinierung der „Rettungspakete”, das heißt der Griechenlandhilfe und des Euro-Stabilisierungsmechanismus, durch Rat und EU-Kommission (Verstoß gegen das Bailout-Verbot des Art. 125 Abs. 1 AEUV). Es handele sich um offensichtliche und schwerwiegende Kompetenzüberschreitungen im Sinne der Honeywell-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Anders als für die Grundrechtskontrolle habe das Bundesverfassungsgericht seine Prüfungsbefugnis für die Ultra-vires-Kontrolle von Unionsakten nicht zurückgenommen. Es komme nicht auf eine ständige, gleichmäßige Überschreitung der Unionskompetenzen an, sondern das Bundesverfassungsgericht überprüfe jede einzelne Überschreitung der begrenzten Einzelkompetenzen. Da Unionsakte, die durch die begrenzten Einzelkompetenzen nicht gedeckt seien, in den Mitgliedstaaten keine Rechtswirkung erzeugen könnten, unterlägen sie in vollem Umfang der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht. Der Beschwerdeführer könne deshalb auch rügen, dass die Unionsakte gegen Art. 14 Abs. 1 beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 GG verstießen; die Solange II-Rechtsprechung sei in diesem Fall nicht einschlägig. Kompetenzwidrige Handlungen der Unionsorgane seien aus Sicht des deutschen Verfassungsrechts für die deutsche Staatsgewalt unbeachtlich, weil sie durch das deutsche Zustimmungsgesetz nicht gedeckt seien und somit nicht auf einer wirksamen Übertragung von Hoheitsrechten beruhten. Mit jeder Kompetenzüberschreitung der Unionsorgane sei der auf das Zustimmungsgesetz gestützte demokratische Legitimationszusammenhang durchschnitten.
bb) Art. 38 Abs. 1 GG sei auch durch die Mitwirkung der Bundesregierung an den Ultra-vires-Akten der Unionsorgane verletzt.
cc) Gleiches gelte für die Handlungen der Bundesregierung, die im Zusammenspiel mit den Unionsorganen und den Regierungen der anderen Mitgliedstaaten der Union zu einer grundlegenden Änderung der Stabilitätskonzeption der Europäischen Währungsunion führten. An dieser faktischen Vertragsänderung außerhalb des rechtlichen Vertragsänderungsverfahrens sei nicht nur die Bundesregierung beteiligt, sondern auch Bundestag und Bundesrat durch die Verabschiedung des Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetzes vom 7. Mai 2010 und des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes vom 22. Mai 2010. Zwar könnten im Regelfall Maßnahmen, für die der parlamentarische Gesetzgeber durch Gesetz eine Ermächtigung erteile, nicht an mangelnder demokratischer Legitimation leiden. Zu beachten sei aber, dass das Grundgesetz an die vom Parlamentsgesetz vermittelte demokratische Legitimation unterschiedliche Anforderungen stelle. Eine Änderung des primären Unionsrechts setze, sofern es nicht um einen Fall eines im Unionsrecht vorgesehenen vereinfachten Vertragsänderungsverfahrens gehe, den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrags und ein Zustimmungsgesetz im Sinne des Art. 23 Abs. 1 GG voraus. Vertragsänderungen ohne ein solches Zustimmungsgesetz genügten nicht den grundgesetzlichen Anforderungen an die demokratische Legitimation.
dd) Darüber hinaus sieht sich der Beschwerdeführer dadurch in Art. 38 Abs. 1 GG verletzt, dass die faktische Abschaffung des Bailout-Verbots in die verfassungsgebende Gewalt des Volkes übergreife. Eine Haftungsgemeinschaft und eine „Transferunion” sowie eine europäische Zentralisierung der Haushaltspolitik dürften nicht einmal durch Vertragsänderung beschlossen werden, wenn nicht die Mitgliedstaaten kompensatorisch andere Kompetenzen von der Union zurückerhielten. Denn mit diesem Zentralisierungsschub wäre die Grenze dessen, was das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil an Übertragung von Hoheitsrechten als noch verfassungsmäßig angesehen habe, klar überschritten. Es habe darin die Bedeutung der Haushaltshoheit der nationalen Parlamente als Kernstück der staatlichen Souveränität hervorgehoben.
ee) Ein Verstoß gegen das durch Art. 38 Abs. 1 GG gewährleistete Demokratieprinzip liege auch deshalb vor, weil die Gewährleistungsermächtigung und die institutionelle Ausgestaltung der Zweckgesellschaft im Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz zu unbestimmt sei sowie parlamentarische Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Umsetzung des Gesetzes fehlten. Welche Anforderungen an das wirtschafts- und finanzpolitische Programm des zu begünstigenden Mitgliedstaats vor Übernahme von Gewährleistungen zu stellen seien und in welcher Weise die tatsächliche Erfüllung dieses Programms kontrolliert und sichergestellt werde, lasse sich dem angegriffenen Gesetz nicht entnehmen. Zwar habe die Bundesregierung ein Vetorecht, weil das Programm von den Mitgliedstaaten einvernehmlich gebilligt werden müsse. Diese Veto-Position werde allerdings angesichts des immensen politischen Drucks relativiert. Hinzu komme, dass die institutionelle Ausgestaltung der Zweckgesellschaft im Gesetz nicht geregelt sei. Den Abgeordneten habe bei Verabschiedung des Gesetzes auch kein Gründungsvertrag der Gesellschaft vorgelegen. Die „Konditionsvereinbarung”, die in einigen Stichworten die „zentralen Strukturelemente der EFSF” skizziere, sei in keiner Weise ausreichend gewesen, um dem Bundestag eine verantwortbare Entscheidung zu ermöglichen.
Hinzu komme, dass sich die Bundesregierung nach § 1 Abs. 4 des EuroStabilisierungsmechanismus-Gesetzes lediglich habe bemühen müssen, vor Übernahme von Gewährleistungen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages Einvernehmen herzustellen. Das reiche nicht aus, da die Bemühensverpflichtung die Entscheidung über ein Finanzvolumen von der Hälfte des Bundeshaushalts im Konfliktfall der Bundesregierung überlasse.
ff) Im Hinblick auf die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages sieht der Beschwerdeführer zu II. einen Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 GG insbesondere darin, dass sich die in § 1 des Euro-StabilisierungsmechanismusGesetzes ausgesprochene Gewährleistungsermächtigung in Höhe von 147,6 Milliarden Euro (123 Milliarden Euro + 20 %) nicht mehr parlamentarischdemokratisch verantworten lasse. Nehme man noch die im Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz beschlossene Gewährleistungsermächtigung zugunsten Griechenlands in Höhe von 22,4 Milliarden Euro hinzu, gehe es um einen Betrag, der insgesamt weit größer sei als der größte Haushaltstitel des Bundes, und der die Hälfte des Bundeshaushalts erheblich überschreite. Es sei zwar nicht wahrscheinlich, dass der Bund für alle Bürgschaften in voller Höhe einstehen müsse, aber es sei auch nicht unrealistisch, mit dieser Möglichkeit zu rechnen. Der Bundestag begebe sich seiner Haushaltsverantwortung und seiner Verantwortung für das Gemeinwohl, wenn er sich für künftige Haushaltsjahre in dieser Größenordnung im Voraus festlege. Das Grundgesetz sehe mit guten Gründen vor, dass über Einnahmen und Ausgaben in jährlichen beziehungsweise auf Jahre bezogenen Haushaltsplänen, die als Haushaltsgesetze beschlossen würden, zu entscheiden sei. Zwar lasse Art. 115 Abs. 1 GG zu, dass der Bundestag durch Gesetz zu Bürgschaften oder sonstigen Gewährleistungen, die in künftigen Rechnungsjahren zu Ausgaben führen könnten, ermächtige. Dies setze aber voraus, dass es sich um Verpflichtungen handele, die im Rahmen der Größenordnung üblicher Haushaltseinzeltitel blieben. Wenn jedoch der halbe Bundeshaushalt auf diese Weise potentiell im Voraus ausgegeben werde, liege ein Quantensprung vor. Der Verfassungsgeber habe bei der Formulierung von Art. 115 GG nicht an derart exorbitante Größenordnungen gedacht. Es widerspreche dem Prinzip der parlamentarischen Haushaltsverantwortung, dass über den ganzen oder – wie im vorliegenden Fall – über den halben Haushalt im Voraus verfügt und somit der Gestaltungsspielraum für die Erfüllung der vielfältigen Staatsaufgaben aufgegeben werde.
gg) Art. 38 Abs. 1 GG sei darüber hinaus auch dadurch verletzt, dass der Beschluss der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten vom 9. Mai 2010 einen völkerrechtlichen Vertrag darstelle und nach Art. 59 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 115 Abs. 1 GG der parlamentarischen Zustimmung in Form eines Zustimmungsgesetzes bedurft habe. Mangels Zustimmungsgesetzes fehle es für den Beschluss an der nach Art. 59 Abs. 2 GG erforderlichen demokratischen Legitimation.
hh) Schließlich sieht der Beschwerdeführer zu II. einen Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 GG darin, dass das Parlament zur Verabschiedung des Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetzes und des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes genötigt worden sei, indem die Bundesregierung eine Zwangslage mit drohenden katastrophalen Folgen behauptet beziehungsweise diese Zwangslage erst durch verschiedene Unterlassungen herbeigeführt habe. Parlamentarische Demokratie sei dadurch gekennzeichnet, dass das Parlament über Entscheidungsalternativen debattiere und die Mehrheit sich für eine der Alternativen entscheide. Wenn das Parlament gezwungen werde, sich für eine Alternative zu entscheiden, weil anderenfalls ein absolut unerträgliches Übel drohe, sei eine demokratische Alternativenwahl aufgrund konkurrierender politischer Konzeptionen nicht möglich. Ob die Griechenland- und die „Eurokrise” tatsächlich lediglich einen einzigen Ausweg offen ließen, sei jedoch fraglich. Angesehene Wirtschaftswissenschaftler meinten, dass sich mit einem „haircut” zulasten der Gläubiger eine wesentlich bessere Lösung erzielen ließe. Wenn es aber realistische Alternativen gebe, sei es undemokratisch, das Parlament dermaßen unter Druck zu setzen.
c) Neben Art. 38 Abs. 1 GG sei auch Art. 14 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Handlungen und Unterlassungen verletzt. Sie brächten die rechtliche Stabilitätskonstruktion des Währungssystems zum Einsturz. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zur Einführung der Unionswährung deutlich gemacht, dass sich die Währungspolitik objektivrechtlich am Ziel der Preisstabilität, das sich aus Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 88 GG ergebe, zu orientieren habe, die Erfüllung dieser Verpflichtung allerdings nicht subjektivrechtlich begehrt werden könne. Dies sei auch richtig, weil und soweit das Recht der Wirtschafts-, Finanz-, Währungs- und Sozialpolitik Gestaltungs- und Prognosespielräume eröffne. Sofern es jedoch bei der Gestaltung von ökonomischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Geldwerts strikte rechtliche Bindungen gebe, sei kein Grund dafür ersichtlich, den subjektivrechtlichen Anspruch aus Art. 14 Abs. 1 GG zu verkürzen. Genau um eine solche Rechtslage gehe es vorliegend. Denn die Politik verstoße gegen Art. 125 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 AEUV und stelle sich damit außerhalb der vertraglich fixierten Grenzen für Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Es sei eine einseitige und unzulässig verkürzende Sichtweise, wollte man Inhalts- und Schrankenbestimmungen nur als Einschränkungen der Eigentümerrechte verstehen. Sie seien zugleich konstituierende Elemente der Eigentümerrechte. Da sich die rechtliche Reichweite der Eigentümerrechte aus der Gesamtheit der gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmungen ergebe, habe der Einzelne gegen die öffentliche Gewalt auch einen Anspruch auf Beachtung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Deutsche Bundestag (1.) und die Bundesregierung (2.) schriftlich Stellung genommen.
1. Der Deutsche Bundestag vertritt die Auffassung, dass die Verfassungsbeschwerden unzulässig (a) und unbegründet (b) sind.
a) Die Grenzen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens wie auch der Jurisdiktion des Bundesverfassungsgerichts würden seitens der Beschwerdeführer außer Acht gelassen. Die auf Individualrechtsschutz ausgerichtete Verfassungsbeschwerde rücke völlig in den Hintergrund, die Beschwerdeführer träten als Sachwalter der Allgemeinheit auf. Die Beschlussfassungen im Rat der Europäischen Union sowie Handlungen und Unterlassungen der EZB und der EU-Kommission lägen außerhalb der Reichweite einer Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 BVerfGG. Auch nach der Solange II-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den im Lissabon-Urteil enthaltenen Aussagen zu europäischen Ultra-vires-Akten ergebe sich nichts anderes. Unabhängig davon fehle eine Beschwerdebefugnis, denn die Beschwerdeführer seien bloßen Reflexwirkungen ausgesetzt, was für die Annahme einer unmittelbaren Betroffenheit nicht genüge.
aa) Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 14 GG sei nicht dargetan. Geschützt seien zwar konkrete vermögenswerte Rechtsgüter und folglich auch das Geldeigentum sowie die grundsätzliche Möglichkeit, Geld gegen Sachgüter eintauschen zu können. Eine Wertgarantie enthalte Art. 14 GG jedoch nicht; der Tauschwert vermögenswerter Rechtsgüter unterfalle nicht der Eigentumsgarantie, soweit die Möglichkeit des Austauschs nicht gänzlich ausgeschlossen werde. Geldwertstabilität sei nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst, so dass es kein Grundrecht auf eine stabile Währung gebe. Im Übrigen dienten die angegriffenen Maßnahmen dem Zweck der Sicherung der Geldwertstabilität des Euro und verstießen auch aus diesem Grund nicht gegen Art. 14 GG.
bb) Ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG komme nicht in Betracht. Nur wenn von einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG auszugehen wäre, läge gleichzeitig ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vor, der dann aber aufgrund dessen Subsidiarität als Auffanggrundrecht verdrängt würde.
cc) Soweit mit objektivem Verfassungsrecht (Sozialstaatsprinzip) argumentiert werde, verfehle dies den Anwendungsbereich einer Verfassungsbeschwerde. Allein aus dem Sozialstaatsprinzip ergäben sich keine subjektiven Rechte. Das Sozialstaatsprinzip umfasse das an den Staat gerichtete Gebot, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein zu schaffen. Darunter falle nicht di e Gewährleistung einer stabilen Währung, weil sich das Sozialstaatsprinzip nicht auf die allgemeinen ökonomischen Umwelt- und Daseinsbedingungen beziehe.
dd) Auch die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 38 GG sei nicht dargelegt. Art. 38 Abs. 1 GG schließe im Anwendungsbereich des Art. 23 GG aus, die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und Einflussnahme auf deren Ausübung durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages so zu entleeren, dass das demokratische Prinzip, soweit es Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG für unantastbar erkläre, verletzt werde (BVerfGE 89, 155 ≪171≫). Diese Gewährleistung sei nicht einschlägig, weil Aufgaben und Befugnisse des Deutschen Bundestages nicht verlagert würden. Eine Preisgabe der Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland erfolge nicht. Die angegriffenen Gesetze seien Äußerungen des deutschen Gesetzgebers und als solche Ausdruck fortbestehender Staatlichkeit. Art. 38 Abs. 1 GG schütze im vorliegenden Kontext nicht vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber.
b) Die Verfassungsbeschwerden seien auch unbegründet. Grundrechte seien nicht verletzt. Auch eine Argumentation, die einen angeblichen Verstoß gegen die Bestimmungen des europäischen Primärrechts in den Mittelpunkt stelle, trage nicht. Soweit die Verfassungsbeschwerden Rechtsverletzungen behaupteten und diese in den Kontext der Ultra-vires-Kontrolle rückten, übersähen sie, dass mi t dem Konzept des Ultra-vires-Aktes keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle jedweder europäischer Real- oder Rechtsakte unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt und darüber hinaus in Ermessensbereiche hinein durch mitgliedstaatliche Gerichte gemeint sei.
aa) Abgesehen davon, dass Verletzungen der europäischen Verträge durch den Bundesgesetzgeber oder durch die Bundesregierung nicht im Wege der Verfassungsbeschwerde gerügt werden könnten, seien die Vorwürfe auch im Hinblick auf Unionshandeln in der Sache unzutreffend.
(1) Mit Art. 122 AEUV habe eine Rechtsgrundlage für Unionshandeln bestanden. Nach Art. 122 Abs. 2 AEUV könne der Rat einem Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Union gewähren, wenn dieser Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht sei. Eine Naturkatastrophe liege zwar nicht vor. Die Finanzkrise und die Entwicklungen auf den Finanzmärkten seien aber außergewöhnliche Ereignisse im Sinne des Art. 122 Abs. 2 AEUV. Sie entzögen sich auch der Kontrolle der in den Blick genommenen Mitgliedstaaten, namentlich Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland. Die Schwierigkeiten im Sinne des Art. 122 Abs. 2 AEUV müssten nicht insgesamt unverschuldet sein. Selbst wenn Griechenland und andere Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes ihre angespannten Haushaltslagen selbst ausgelöst hätten, hätten doch erst die Finanzkrise, mit ihr verbundene Ansteckungseffekte und die Entwicklungen auf den Finanzmärkten zu Schwierigkeiten beziehungsweise zu der Bedrohung mit gravierenden Schwierigkeiten geführt. Diese Schwierigkeiten im Sinne des Art. 122 Abs. 2 AEUV beständen in einer erheblichen Verschlechterung der Kreditkonditionen einiger Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes, die zur Zahlungsunfähigkeit dieser Mitgliedstaaten hätte führen können, sowie in der Gefahr, dass diese Spannungen vom Markt für Staatsanleihen auf andere Märkte übergreifen und die Funktionsfähigkeit der internationalen Finanzmärkte beeinträchtigen.
(2) Der Ankauf von Staatsanleihen Griechenlands und anderer Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes durch die EZB verstoße nicht gegen Art. 123 AEUV. Diese Bestimmung untersage der EZB nur den unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln von Organen und Einrichtungen des öffentlichen Sektors. Mithin sei nur der Ankauf von Staatsanleihen direkt von staatlichen Emittenten, das heißt den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes, verboten. Nicht untersagt werde der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen durch die EZB vom Sekundärmarkt.
(3) Ein Verstoß gegen Art. 125 AEUV und das dort enthaltene Bailout-Verbot liege nicht vor. Eine völlig andere Konzeption der Währungsunion, weg von der Stabilitäts- hin zur Haftungs- und Transfergemeinschaft, werde nicht angestrebt. Art. 125 AEUV sei insoweit interpretationsoffen, als er schlicht ein „Verbot einer Verpflichtung zur Finanzhilfe” enthalten könnte, so dass die freiwillige Finanzhilfe unberührt bleibe. Nach Art. 125 AEUV hafteten weder die Union noch einzelne Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten hoheitlicher Stellen anderer Mitgliedstaaten und träten nicht für derartige Verbindlichkeiten ein. Damit schließe das Bailout-Verbot aus, dass Gläubiger von Mitgliedstaaten beziehungsweise diese Mitgliedstaaten selbst die Union beziehungsweise andere Mitgliedstaaten gleich einem Bürgen für die Schulden dieser Mitgliedstaaten automatisch heranziehen könnten. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass Art. 125 AEUV finanziellen Beistand an Mitgliedstaaten generell verbiete. Man müsse nicht Beistand leisten – aber man dürfe es. Die von den Mitgliedstaaten ausgehenden Hilfen verstießen aus einem weiteren Grund nicht gegen das Bailout-Verbot. Nach dem Wortlaut des Art. 125 Abs. 1 AEUV – „… Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten …” – sei einem Mitgliedstaat nur der Eintritt in die Schuldbeziehung zwischen einem anderen Mitgliedstaat und seinem Gläubiger untersagt, so dass das Bailout-Verbot gerade kein generelles Verbot einer freiwilligen Hilfeleistung der Mitgliedstaaten untereinander beinhalte. Diese freiwillige Hilfeleistung begründe nämlich eine neue, eigenständige Verbindlichkeit und stelle somit begrifflich keinen Eintritt in eine alte Verbindlichkeit dar.
Der finanzielle Beistand der Union verstoße ferner auch deswegen nicht gegen Art. 125 AEUV, weil Art. 122 Abs. 2 AEUV die Union zur Gewährung finanziellen Beistands ermächtige und dabei gleichzeitig als Rechtfertigungsgrund für eine Abweichung vom Verbot des Art. 125 AEUV angesehen werden könne. Selbst wenn man der Vorschrift ein Verbot der Hilfe entnehmen wollte, könnte sich das Unionsrecht in einer ultima ratio-Situation bei der Wahl zwischen Stabilitätsverfall der Währung und Hilfeleistung letztlich der Hilfeleistung doch nicht in den Weg stellen. Vielmehr müsste es im Wege der teleologischen Reduktion sachgerecht ausgelegt werden. Auf den ultima ratio-Charakter der gegenwärtigen Maßnahme sei im politischen Verfahren mehrfach hingewiesen worden. Es erscheine widersinnig, an einer eng interpretierten Bailout-Klausel festzuhalten, wenn die Hilfeleistung das letzte Mittel sei, um die von einer strikt interpretierten Bailout-Klausel doch gerade bezweckte Stabilität der Währung zu wahren.
bb) Bei allen Rechtmäßigkeitserwägungen sei schließlich zu berücksichtigen, dass es um einen Sachbereich gehe, in dem erhebliche wirtschaftliche und politische Einschätzungs- und Prognosespielräume zu gewähren seien. Verantwortlich für die Währungsstabilität seien Bundestag und Bundesregierung. Das Bundesverfassungsgericht könne den politisch verantwortlichen Akteuren diese Verantwortung nicht durch Auslegung des Verfassungsrechts abnehmen. Würden Teile des „Euro-Rettungsschirms” außer Kraft gesetzt, hätte dies auf den Finanzmärkten eine erhebliche Verunsicherung zur Folge und könnte die zwischenzeitlich erreichte Stabilisierung der Finanzmärkte komplett in Frage stellen. Die Bereitschaft und Fähigkeit Deutschlands zur Verteidigung der erreichten europäischen Integration und der gemeinsamen Währung könnte angezweifelt werden. Abstriche am Stabilisierungspaket wären unmittelbar mit erheblichen Risiken für die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems in der Eurozone verbunden. In der Folge wäre auch eine erhebliche Abwertung des Euro zu vermuten. Die wahrscheinlichen Auswirkungen wären eine erneute akute Finanz- und Wirtschaftskrise in der Eurozone und über sie hinaus, hohe Wohlfahrtverluste in Deutschland und Europa sowie weitere politische Gefahren und Verwerfungen, die weit über den wirtschaftlichen Bereich hinausgingen.
2. Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerden ebenfalls für unzulässig (a), jedenfalls aber für unbegründet (b).
a) Im Hinblick auf die sekundärrechtlichen Maßnahmen und andere, ihnen gleichzustellende Verhaltensweisen der Organe der Europäischen Union seien die Verfassungsbeschwerden schon unzulässig, weil die Voraussetzungen, unter denen solche Akte Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein könnten, nicht vorlägen. Es sei auch nicht ausreichend dargelegt, dass auf Unionsebene der jeweils als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell nicht gewährleistet sei. Überdies seien die Beschwerdeführer durch die angegriffenen Maßnahmen nicht in individueller Weise betroffen. Das Verfassungsbeschwerdeverfahren gebe ihnen kein Recht, sich gegen Normen zu wenden, die nur mittelbare Auswirkungen auf sie als Teil der Allgemeinheit entfalten könnten. Auch im Übrigen fehle es an der Möglichkeit der Verletzung eines Grundrechts oder eines grundrechtsgleichen Rechts.
aa) Art. 38 Abs. 1 GG schütze nur gegen eine Aushöhlung der Kompetenzen des Bundestages durch die Übertragung von Hoheitsrechten oder durch Ultra-vires-Akte der Europäischen Union. Gestützt auf Art. 38 Abs. 1 GG könnten Substanzverluste demokratischer Gestaltungsmacht gerügt werden; dazu zählten auch Eingriffe in die Grundsätze, die Art. 79 Abs. 3 GG als Identität der Verfassung festschreibe. Ein solcher Fall liege aber nicht vor. Die angeblichen Verstöße gegen Art. 123 und 125 AEUV erwiesen sich auch nicht als Ultra-vires-Handeln im Sinne offensichtlich unrechtmäßiger Inanspruchnahme nicht übertragener und damit den Mitgliedstaaten vorbehaltener Kompetenzen. Folglich fehle es auch hinsichtlich der angegriffenen Unionsmaßnahmen an der Möglichkeit einer Verletzung von Art. 38 Abs. 1 GG. Soweit der Beschwerdeführer zu II. geltend mache, Art. 38 Abs. 1 GG sei verletzt, weil ein Gesetz nach Art. 59 Abs. 2 GG fehle, sei ersichtlich keine Verletzung dieses grundrechtsgleichen Rechts möglich. Das ergebe sich schon daraus, dass ein angeblicher Verstoß gegen Art. 59 Abs. 2 GG nicht mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden könne.
bb) Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG komme ebenfalls nicht in Betracht. Das von den Beschwerdeführern zu I. behauptete „Bürgerrecht auf Preisstabilität” gebe es nicht. Selbst wenn sich aus dem Sozialstaatsprinzip oder anderen Vorschriften des Grundgesetzes eine objektivrechtliche Pflicht des Staates zum Schutz des Geldwertes ergeben sollte, sei damit kein Grundrecht des Einzelnen verbunden. Der Beschwerdeführer zu II. könne sich nicht darauf berufen, dass Verstöße gegen strikte rechtliche Bindungen bei der Gestaltung der ökonomischen Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Geldwertes unter Verweis auf Art. 14 Abs. 1 GG mit der Verfassungsbeschwerde rügefähig seien. Die Eigentumsgarantie schütze zwar konkrete vermögenswerte Rechtsgüter und insoweit auch das Geldeigentum, nicht aber den Geldwert. Der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG umfasse nicht die Kaufkraft des Geldes. Gegenstand des Grundrechtsschutzes sei grundsätzlich nur die Substanz konkreter vermögenswerter Rechtspositionen und deren Nutzung. Auch im Hinblick auf Geld seien nur dessen Bestand und die Möglichkeit der Nutzung als Zahlungsmittel, nicht aber der Tauschwert gewährleistet. Zudem könnten die angegriffenen Maßnahmen – selbst wenn ein Grundrecht auf Geldwertstabilität existierte – nicht gegen ein solches Grundrecht verstoßen, weil sie dazu dienten, die Euro-Währung und damit auch die Geldwertstabilität des Euro zu sichern.
b) Jedenfalls seien die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Die gerügten Verhaltensweisen von deutschen Verfassungsorganen und Organen der Europäischen Union beeinträchtigten die Beschwerdeführer nicht in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten (aa). Selbst wenn sonstiges deutsches Verfassungsrecht (bb) sowie das Recht der Europäischen Union (cc) Prüfungsgegenstände einer Verfassungsbeschwerde sein könnten, läge kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor.
aa) (1) Art. 38 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, denn es habe keine Übertragung von Hoheitsrechten auf der Basis von Art. 23 Abs. 1 GG stattgefunden, die zu einer Aushöhlung der Kompetenzen des Bundestages hätte führen können. Der Handlungsspielraum des Deutschen Bundestages sei rechtlich in keiner Weise eingeschränkt worden. Mit dem Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und dem Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus habe der Bundestag von seinen Kompetenzen Gebrauch gemacht. Die angegriffenen Mitwirkungshandlungen der Bundesregierung im Kreise der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten und bei der Beschlussfassung im Rat sowie diese Beschlüsse selbst verletzten ebenfalls nicht das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 38 GG. Die politische Einigung auf bilaterale Maßnahmen habe unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen gestanden. Für die Beschlussfassung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 9. Mai 2010 gelte nichts anderes. Der Beschluss des Rates zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, durch den er die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 erließ, sei auf der Basis von Art. 122 Abs. 2 AEUV erfolgt und stelle keine kompetenzerweiternde Maßnahme dar, die Rechte des Bundestages aushöhlen könnte. Die Mitwirkungshandlungen des jeweiligen deutschen Vertreters hätten daher keine Verletzungen von Art. 38 GG sein können.
(2) Art. 14 Abs. 1 GG, dessen Schutzbereich schon nicht eröffnet sei, sei ebenfalls nicht verletzt. Die getroffenen Maßnahmen dienten dem Schutz der Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet, der Euro-Währung als solcher und damit auch der Geldwertstabilität. Deshalb könnten sie nicht gegen die Eigentumsgarantie verstoßen. Selbst wenn man unterstelle, von den angegriffenen Maßnahmen gingen Gefahren für die Stabilität des Euro aus, sei auf den jedenfalls anzuerkennenden wirtschaftlichen und politischen Einschätzungs- und Prognosespielraum des Gesetzgebers zu verweisen.
bb) (1) Die Unterstützungsmaßnahmen in Form von Gewährleistungen für Kredite an bedrohte Mitgliedstaaten verletzten nicht Art. 115 GG und verstießen auch nicht gegen sonstiges Haushaltsverfassungsrecht. Der Grundsatz des Haushaltsausgleichs (Art. 110 Abs. 1 Satz 2 GG) fordere nur einen formalen Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben, verbiete jedoch weder Gewährleistungen noch eine Kreditaufnahme. Gewährleistungen bedürften wie die Kreditaufnahme nach Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz. Der Gesetzgeber habe die ihm vom Grundgesetz zur Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts zugewiesene Verantwortung wahrgenommen. Darüber hinaus seien dem Haushaltsausschuss nach § 1 Abs. 4 und Abs. 5 des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus umfangreiche Beteiligungs- und Kontrollrechte gesichert worden, die über das bei der Übernahme von Gewährleistungen ansonsten übliche reine Unterrichtungsrecht (vgl. § 3 Abs. 8 und Abs. 9 des Haushaltsgesetzes 2010) hinausgingen. Eine betragsmäßige Obergrenze für Gewährleistungen sehe Art. 115 GG nicht vor. Eine Begrenzung des Gewährleistungsumfangs auf die Größenordnung „üblicher” Haushaltseinzeltitel finde im Grundgesetz keine Grundlage.
(2) Die Maßnahmen missachteten auch nicht den Kern der Verfassungsidentität in Form des Sozialstaatsprinzips. Zu der von Art. 79 Abs. 3 GG festgelegten Verfassungsidentität gehöre zwar der Kern des Sozialstaatsprinzips. Geldwertstabilität zähle jedoch nicht zu den Elementen, die diesen sozialstaatlichen Kern ausmachten.
(3) Art. 59 Abs. 2 GG sei nicht verletzt. Verstöße gegen Art. 59 Abs. 2 GG könnten schon nicht zulässigerweise mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden, ein Verstoß liege auch weder im Hinblick auf die Vereinbarungen der im Rat vereinigten Regierungsvertreter noch hinsichtlich des EFSF-Rahmenvertrags vor. Das ergebe sich zum einen schon daraus, dass es sich nicht um völkerrechtliche Verträge handele. Zum anderen fehle es selbst dann, wenn man von völkerrechtlichen Verträgen ausgehen wollte, an den in Art. 59 Abs. 2 GG genannten Voraussetzungen für die Erforderlichkeit eines Zustimmungsgesetzes.
cc) Art. 38 Abs. 1 GG könne auch nicht unter dem Aspekt verletzt sein, dass die angegriffenen Maßnahmen gegen Unionsrecht verstießen oder zu einer Änderung oder gar Zerstörung der Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft führten. Vielmehr verfolgten sie gerade das Ziel, die Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft zu erhalten.
(1) Die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 stütze sich zulässigerweise auf Art. 122 Abs. 2 AEUV. Nach dieser Vorschrift könne der Rat einen finanziellen Beistand der Union gewähren, wenn ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht sei. Die weltweite Finanzkrise und die negativen Entwicklungen auf den Finanzmärkten, die durch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten allein nicht erklärbar seien, stellten solche außergewöhnlichen Ereignisse dar. Art. 122 Abs. 2 AEUV ermächtige nur zu Notfallmaßnahmen. Dies belege, dass der Finanzstabilisierungsmechanismus nur eine Notfallmaßnahme, nicht aber eine Dauereinrichtung darstelle, die zu der von den Beschwerdeführern befürchteten „Haftungs- und Transfergemeinschaft” führen könnte. Gegen die Annahme einer Dauereinrichtung spreche die generelle Beschränkung auf befristete Maßnahmen und die Überprüfungspflicht, die sicherstellen solle, dass die Verordnung nur so lange gelte, wie die außergewöhnlichen Umstände, die die Finanzstabilität de r Europäischen Union insgesamt bedrohten, weiterhin beständen (Art. 9 der Verordnung ≪EU≫ Nr. 407/2010).
(2) Art. 125 AEUV stehe der Zusage von Hilfeleistung über den Finanzstabilisierungsmechanismus nicht entgegen, denn Art. 122 Abs. 2 und Art. 125 AEUV seien Teil eines einheitlichen und gleichzeitig eingeführten Regelungssystems. Art. 125 AEUV bezwecke zwar die Einhaltung der Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten durch den Zwang, Kredite zu Marktkonditionen aufzunehmen. Eine enge Auslegung des Art. 125 AEUV könne deshalb für einen Verzicht auf unterstützende Maßnahmen selbst bei drohenden Gefahren für die Finanzstabilität sprechen. Hätten die Mitgliedstaaten jedoch auf die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Maßnahmen verzichtet, seien gravierende Folgen nicht allein für das Euro-Währungsgebiet zu befürchten gewesen. Jede mechanische Anwendung von Art. 125 AEUV hätte die Wirtschaft und auch die Währung in der Eurozone und darüber hinaus erheblich gefährdet. Die Norm sei auf den Fall einer bereits bestehenden akuten Gefahr für die Finanzstabilität des Euro-Systems nicht zugeschnitten. Die Mitgliedstaaten hätten zur Abwehr dieser Gefahr handeln dürfen, weil Art. 125 AEUV für den Fall der durch eine Finanzkrise entstehenden Belastungen von Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets jedenfalls eine Regelungslücke enthalte, soweit eine Gefahr für die Wirtschafts- und Währungsunion insgesamt drohe. Diese Lücke im Sinne des Fehlens einer notwendigen Einschränkung lasse sich im Wege der teleologischen Reduktion mit dem Ergebnis schließen, dass Art. 125 AEUV nicht anwendbar sei, wenn ansonsten die Währungsunion gefährdet wäre. Bei der Entscheidung über die Notmaßnahmen stehe dem Bundesgesetzgeber nach Ansicht der Bundesregierung ein Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum zu. Dass sich der Gesetzgeber auf der Basis von Beratungen im Kreis der Finanzminister und von Stellungnahmen der Europäischen Zentralbank für diesen Schutzschirm entschieden habe, um die befürchteten weitreichenden Marktreaktionen zu verhindern, überschreite jedenfalls nicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum. Dabei sei wesentlich, dass es sich bei den Maßnahmen lediglich um situationsbezogene und dementsprechend zeitlich befristete Notfallreaktionen handele.
(3) Die Bundesregierung habe auch im Übrigen nicht an einer außervertraglichen Änderung der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Konzeption zur Sicherung der Preisstabilität des Euro mitgewirkt. Die angegriffenen Maßnahmen stellten keine faktische Änderung der Unionsverträge dar. Die Union maße sich keine ihr bisher nicht übertragenen Hoheitsrechte an, die die Kompetenzen des Deutschen Bundestages aushöhlen und dadurch gegen Art. 38 GG verstoßen könnten.
Die bilateralen Hilfen und die durch das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus vorgesehenen deutschen Notfallmaßnahmen seien keine Elemente einer auf die Errichtung einer Haftungs- und Transfergemeinschaft zielenden Gesamtstrategie. Sie etablierten auch keinen dauerhaften Finanzausgleich. Dass es sich um Notfallmaßnahmen und nicht um auf Dauer angelegte Finanztransfers handele, ergebe sich einerseits aus den strengen Anforderungen, die das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus festlege, und zum anderen aus der Befristung sowohl des Gesetzes als auch der Maßnahmen der die nationalen Hilfen koordinierenden Zweckgesellschaft (Art. 2 Abs. 5 lit. b, Art. 10, Art. 11 des EFSF-Rahmenvertrags). Sollte sich die bestehende außergewöhnliche Situation in einer Weise zum Positiven wenden, dass die Notfallmaßnahmen nicht mehr nötig seien, stünde ihrem vorzeitigen Ende nichts entgegen. Gerade deshalb sei die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus, die die den bilateralen Hilfen vorgehenden Maßnahmen der Europäischen Union regele, mit einer Pflicht zur halbjährlichen Überprüfung der Notwendigkeit ihres Fortbestandes versehen worden. Die Bundesregierung werde sich weiterhin für den Erhalt der Preisstabilität in der Währungsunion und ebenso für eine Verbesserung der einschlägigen Verfahren zum Schutz der Stabilität der Euro-Währung einsetzen. In diesem Zusammenhang habe der Rat, nicht zuletzt auf deutsche Initiative, seine volle Entschlossenheit bekräftigt, die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen und Pläne zur Haushaltskonsolidierung und zu Strukturreformen zu beschleunigen. Der Rat habe auch seine Entschlossenheit bekräftigt, mit großer Dringlichkeit Reformen zur Stärkung des Rahmens der Währungsunion voranzubringen, um die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen zu sichern. Die Bundesregierung unterstütze diese Maßnahmen, weil sie der Stabilität der Euro-Währung dienten. Sie würde sich Bestrebungen, aus dem Stabilisierungsmechanismus eine der Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft widersprechende dauerhafte Einrichtung im Sinne einer Transferunion zu entwickeln, widersetzen und faktische Vertragsänderungen nicht zulassen.
(4) Schließlich sei der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB nicht unionsrechtswidrig, denn Art. 123 AEUV verbiete nur den unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln staatlicher Emittenten, nicht jedoch den Ankauf am Sekundärmarkt.
IV.
Als sachkundige Dritte (§ 27a BVerfGG) haben die Deutsche Bundesbank (1.) und die Europäische Zentralbank (2.) Stellung genommen.
1. Nach Auffassung der Deutschen Bundesbank sind die Beschlüsse vom Mai 2010 aus ökonomischer Sicht alles in allem vertretbar (a). Sie strapazierten allerdings die Fundamente der Währungsunion ganz erheblich (b). Die künftige Absicherung der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft erfordere zusätzliche Reformschritte, um auch für finanzpolitische Schieflagen von Mitgliedsländern gewappnet zu sein (c).
a) Die jüngsten Entwicklungen hätten grundlegende Schwachstellen des bisherigen finanzpolitischen Regelwerks offengelegt und die wirtschaftspolitischen Konsequenzen langjährig divergierender Wettbewerbspositionen in der Währungsunion zutage treten lassen. Die im Mai 2010 von den Finanzministern der Europäischen Union gefassten Beschlüsse seien angesichts der Risiken für die Stabilität der Europäischen Währungsunion aus ökonomischer Sicht alles in allem vertretbar. Sie beseitigten zwar nicht die tieferen Ursachen für die Verschärfung der Krise, nämlich die bedrohliche Lage der Staatsfinanzen sowie die mit einem anhaltend hohen Bedarf an Kapitalimporten einhergehenden makroökonomischen Fehlentwicklungen der Vergangenheit in einigen an der Währungsunion teilnehmenden Ländern. Eine Berichtigung dieser Fehlentwicklungen erfordere vielmehr umfassende finanz- und wirtschaftspolitische Korrekturen, deren Umsetzung Zeit benötige und die ihre volle Wirkung häufig erst mittelfristig entfalteten. Angesichts der insgesamt noch fragilen Situation des stark vernetzten Finanzsektors im EuroRaum sei aber im Mai 2010 eine kurzfristige Korrektur nicht ohne das Risiko massiver wirtschaftlicher Verwerfungen im gesamten Euro-Raum möglich gewesen. Um die nötige Zeit zu gewinnen und vor dem Hintergrund der Gefährdungslage sei die Schaffung einer streng konditionierten befristeten Unterstützungsmöglichkeit ein geeignetes Mittel.
b) Die Beschlüsse strapazierten allerdings die Fundamente der Währungsunion ganz erheblich. Vor dem Hintergrund der spätestens im Zuge der Krise offen zutage getretenen Lücken und Schwächen des bestehenden Regelwerks komme es mittlerweile darauf an, einen Rahmen für die Währungsunion zu schaffen, der zukünftig eine stabilitätskonforme Politik und insbesondere solide öffentliche Finanzen in den Mitgliedstaaten besser gewährleiste. Das bisherige finanzpolitische Regelwerk der Währungsunion sei nicht ausreichend gewesen, um die Zuspitzung der Lage im Mai 2010 zu verhindern, und sei zudem durch die Rettungsmaßnahmen zusätzlich geschwächt worden. Deshalb sei es jetzt erforderlich, diese Rettungsmaßnahmen wie vorgesehen mit einer Härtung der Fiskalregeln und einer Verbesserung der statistischen Grundlagen zu verbinden. Die Bundesbank habe wiederholt darauf hingewiesen, dass dem Schuldenstandskriterium für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik eine besondere Bedeutung zukomme. Ihm sollte zukünftig mehr Gewicht beigemessen werden. Für Schuldenstandsquoten über 60 % sollte festgelegt werden, wie schnell sie reduziert werden müssen und welche Sanktionen anderenfalls drohten. Das Defizitkriterium könne gestärkt werden, indem mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gelockerte Ausnahmebestimmungen wieder enger gefasst würden und vor allem schon im vorbeugenden Teil des Paktes größerer Druck erzeugt werde, falls die Vorgaben nicht eingehalten würden. Insgesamt bedürfe es einer schnelleren Reaktion auf Fehlentwicklungen und damit einer Beschleunigung des bisherigen Verfahrens. Zentral sei, die unzureichende Umsetzung der Regeln zu verbessern. So sollte das Verhängen von Sanktionen weniger dem politischen Verhandlungsprozess unterliegen, sondern stärker regelgebunden erfolgen. Auch eine Verpflichtung zur stärkeren Verankerung der europäischen Fiskalregeln – und insbesondere der mittelfristigen Haushaltsziele – im nationalen Haushaltsrecht, wie etwa mit der deutschen Schuldenbremse, sei zielführend. Im Falle offensichtlicher gravierender Fehlentwicklungen sei auch eine verstärkte makroökonomische Überwachung auf europäischer Ebene erforderlich. Allerdings sei dabei neben der Unabhängigkeit der Geldpolitik im bestehenden Rahmen das Subsidiaritätsprinzip zu beachten; eine grundsätzliche Tendenz zur Zentralisierung der Wirtschaftspolitik und zur Feinsteuerung des Wirtschaftsprozesses sei nicht sinnvoll.
c) Die künftige Absicherung der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft erfordere zusätzliche Reformschritte über die Härtung des bestehenden Regelwerks hinaus, um auch für eine gleichwohl auftretende finanzpolitische Schieflage von Mitgliedsländern gewappnet zu sein. Diesbezüglich seien zuletzt verschiedene Instrumente in die Diskussion eingebracht worden. So sei beispielsweise die Einführung einer staatlichen Insolvenzordnung als ein wesentliches Element eines reformierten Rahmenwerks vorgeschlagen worden. Ein solches Verfahren trüge dem Prinzip des no-bailout gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen Rechnung. So würden auch die Gläubiger der Staatsschuldtitel zur Lösung der Schuldenkrise herangezogen. Sie hätten dann schon im Vorfeld einen stärkeren Anreiz, risikoadäquate Zinsen zu verlangen, und würden tendenziell auch Fehlentwicklungen einbeziehen, die sich noch nicht unmittelbar in finanzpolitischen Kennziffern niedergeschlagen hätten, etwa nicht nachhaltige Wirtschaftsstrukturen oder künftige Belastungen der öffentlichen Haushalte. Eine derartige Nutzung der Disziplinierungsfunktion der Finanzmärkte hätte den Vorteil, dass die Sorge für solide öffentliche Finanzen in einzelnen Mitgliedstaaten zumindest nicht allein vom politischen Entscheidungsprozess auf europäischer Ebene abhängen würde, der sich in der Vergangenheit häufig als unzulänglich erwiesen habe. Solche oder weiterreichende Vorschläge als Ergänzung des existierenden Rahmenwerks seien zu prüfen, wenn sich der vorhandene Sanktionsmechanismus als unzureichend erweise. Kritisch zu sehen sei es, wenn die gegenwärtig befristete europäische Finanzstabilisierungsfazilität in eine dauerhafte Unterstützungsfazilität überführt werden würde. Dadurch solle aus Sicht der Befürworter eines solchen Vorschlags der Tatsache besser Rechnung getragen werden, dass die Verflechtung der Kapitalmärkte seit Verabschiedung des Vertrags von Maastricht deutlich gestiegen sei und sich damit die wirtschaftlichen Ansteckungseffekte, die von dem Zahlungsausfall eines Landes der Währungsunion auf die übrigen Mitgliedstaaten ausgingen, erhöht hätten. Gleichzeitig würde aber mit einem solchen Vorgehen die Eigenverantwortlichkeit der nationalen Finanzpolitiken zusätzlich geschwächt und ein weiterer Schritt in Richtung einer Haftungs- und Transfergemeinschaft gegangen. Das Ausfallrisiko für Staatsanleihen einzelner Mitgliedstaaten würde auf alle an der Währungsunion teilnehmenden Staaten verteilt und damit die disziplinierende Wirkung der Finanzmärkte weitgehend ausgeschaltet. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei unsolider Finanzpolitik die Gläubiger des betreffenden Landes adäquate Risikoprämien verlangten, würde verringert und damit der Anreiz zu einer vorsichtigen Haushaltspolitik geschwächt. Auch wäre die an der gegenwärtig befristeten Finanzierungsfazilität vorgesehene Beteiligung des Internationalen Währungsfonds, die für die Glaubwürdigkeit der Konsolidierungspakete aus Sicht der Märkte eine wichtige Rolle spiele, bei einer dauerhaften europäischen Stabilisierungsfazilität wohl nur schwerlich sicherzustellen. Das Euro-System sei im Rahmen der gemeinsamen Geldpolitik dem Ziel verpflichtet, stabile Preise in der Währungsunion zu gewährleisten. In einer auf Stabilität fußenden Währungsunion sei es aber eine zentrale Aufgabe der Finanzpolitik, mit soliden Staatsfinanzen und einem geeigneten institutionellen Rahmenwerk für eine angemessene Flankierung der Geldpolitik zu sorgen. Für die langfristige Stabilität der Währungsunion werde es entscheidend darauf ankommen, das Zeitfenster für Reformen zur Stärkung des finanzpolitischen Rahmenwerks und der Wachstumskräfte in den Mitgliedsländern nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.
2. Die Europäische Zentralbank weist darauf hin, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage und die darauf basierenden wirtschafts- und währungspolitischen Entscheidungen im Zusammenhang mit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise stünden. Die Krise habe mit Turbulenzen auf den Finanzmärkten im August 2007 begonnen und sich im September 2008 drastisch verschärft, als der Zusammenbruch von Lehman Brothers dazu geführt habe, dass die Finanzmärkte in den Industrieländern praktisch ausgetrocknet seien; dies habe beträchtliche Auswirkungen für die Realwirtschaft in den betroffenen Ländern gehabt. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten und die Verschärfung der Krise hätten zu jener Zeit entschiedene und energische Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger, einschließlich der EZB, erfordert, um die Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet zu gewährleisten. In den Wochen und Monaten danach sei erneut eine drastische und abrupte Verschärfung der Situation auf den Finanzmärkten zu verzeichnen gewesen. Das Epizentrum der Spannungen habe in den europäischen Märkten für Schuldverschreibungen gelegen, insbesondere in den Märkten für Staatsanleihen. Diese äußerst gravierenden Spannungen auf den Finanzmärkten hätten das gesamte Euro-Währungsgebiet einschließlich des Interbankenmarktes, des Aktienmarktes und des Devisenmarktes betroffen und auf die globalen Finanzmärkte überzugreifen gedroht. Die Entwicklungen an den Märkten für Staatsanleihen hätten sich rasch auf die Geldmärkte ausgewirkt und für eine deutliche Zunahme der Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Adressatenausfallrisiko gesorgt. Quotierungen, die dieses Ausfallrisiko abbilden, seien auf 12-Monats-Höchststände gestiegen. Auch auf den Interbankenmärkten sei es zu einer Liquiditätsverknappung gekommen. Die Liquiditätslage im Bereich der ungesicherten Kredite habe sich nicht nur für Termin-, sondern auch für Tagesgeld verschlechtert. Im EuroTagesgeldmarkt sei die Liquidität auf den niedrigsten Stand seit dem Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion im Januar 1999 gefallen. Die globale Wirtschaftsund Finanzkrise habe zu beispiellosen Herausforderungen für politische Entscheidungsträger geführt, insbesondere in den Industrieländern, die am stärksten betroffen gewesen seien. Die jüngsten Entwicklungen im Hinblick auf die zunehmend schwierigere Situation auf den Märkten für Staatsanleihen hätten das Potential gehabt, die Risiken für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt beträchtlich zu erhöhen, wobei die Finanzstabilität eine Grundvoraussetzung für die Gewährleistung der Preisstabilität sei.
V.
Anträge der Beschwerdeführer zu I. und zu II. auf Erlass einstweiliger Anordnungen lehnte das Bundesverfassungsgericht mit Beschlüssen vom 7. Mai und 9. Juni 2010 ab (BVerfGE 125, 385; 126, 158).
VI.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 5. Juli 2011 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Beteiligten ihre Rechtsstandpunkte erläutert und vertieft haben.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden gegen das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und gegen das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus sind zulässig, soweit sie auf der Grundlage von Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG eine Verletzung der dauerhaften Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages rügen (I.). Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden unzulässig (II.).
I.
1. Das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus können als Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt Beschwerdegegenstände im Verfassungsbeschwerdeverfahren sein.
2. Die Beschwerdeführer legen hinreichend substantiiert dar, dass sie in einem nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG und § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähigen Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht selbst, gegenwärtig und unmittelbar verletzt sein können (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG).
a) Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das Gesetz zu r Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus geltend machen, kommt es für die Beschwerdebefugnis auf den Inhalt der einzelnen Rügen an (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪329≫). Die Verfassungsbeschwerden sind im Hinblick auf die behauptete Aushöhlung der Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages zulässig.
aa) Die Beschwerdeführer legen mit ihrer Rüge, die nachhaltige (dauerhafte) Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages sei unter dem Aspekt der Aushöhlung seiner Kompetenzen verletzt, die Möglichkeit einer Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG hinreichend substantiiert dar.
(1) Art. 38 Abs. 1 und Abs. 2 GG gewährleistet das subjektive Recht, unter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze an der Wahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages teilzunehmen (vgl. BVerfGE 47, 253 ≪269≫; 89, 155 ≪171≫; 123, 267 ≪330≫). Dabei erschöpft sich der Wahlakt nicht in einer formalen Legitimation der Staatsgewalt auf Bundesebene nach Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Vom Wahlrecht mit umfasst ist auch der grundlegende demokratische Gehalt des Wahlrechts, mithin die Gewährleistung wirksamer Volksherrschaft. Art. 38 GG schützt die wahlberechtigten Bürger insoweit vor einem Substanzverlust ihrer im verfassungsstaatlichen Gefüge maßgeblichen Herrschaftsgewalt durch weitreichende oder gar umfassende Übertragungen von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages, vor allem auf supranationale Einrichtungen (BVerfGE 89, 155 ≪172≫; 123, 267 ≪330≫). Nichts anderes gilt jedenfalls für vergleichbare völkervertraglich eingegangene Bindungen, die im institutionellen Zusammenhang mit der supranationalen Union stehen, wenn dadurch die demokratische Selbstregierung des Volkes dauerhaft derart eingeschränkt wird, dass zentrale politische Entscheidungen nicht mehr selbstständig getroffen werden können.
(2) Aus diesem materiellen Schutzgehalt des Art. 38 GG folgt regelmäßig kein Recht der Bürger, demokratische Mehrheitsentscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit hin durch das Bundesverfassungsgericht kontrollieren zu lassen. Das Wahlrecht dient nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet. Als Grundrecht auf Mitwirkung an der demokratischen Selbstherrschaft des Volkes verleiht Art. 38 Abs. 1 GG daher grundsätzlich keine Beschwerdebefugnis gegen Parlamentsbeschlüsse, insbesondere Gesetzesbeschlüsse.
(a) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat das Bundesverfassungsgericht seit dem Urteil zum Maastrichter Unionsvertrag anerkannt, wenn aufgrund völkervertraglich vereinbarter Verlagerungen von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages eine Entleerung der von der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung gewährleisteten politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Parlaments zu befürchten ist (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪172≫). Das durch das Wahlrecht geschützte Prinzip der repräsentativen Volksherrschaft kann danach verletzt sein, wenn die Rechte des Bundestages wesentlich geschmälert werden und damit ein Substanzverlust demokratischer Gestaltungsmacht für dasjenige Verfassungsorgan eintritt, das unmittelbar nach den Grundsätzen freier und gleicher Wahl zustande gekommen ist (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪341≫). Eine solche Rügemöglichkeit beschränkt sich auf Strukturveränderungen im staatsorganisationsrechtlichen Gefüge, wie sie etwa bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union eintreten können.
Diese über die Grundrechtsrüge eines jeden Bürgers eröffnete Kontrolle der öffentlichen Gewalt hat bereits anlässlich des Maastricht-Urteils Kritik erfahren (Tomuschat, EuGRZ 1993, S. 489 ≪491≫; Bryde, Das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts – Konsequenzen für die weitere Entwicklung der europäischen Integration, 1993, S. 4; König, ZaöRV 54 ≪1994≫, S. 17 ≪27 f.≫; Bieber, NJ 47 ≪1993≫, S. 241 ≪242≫; Gassner, Der Staat 34 ≪1995≫, S. 429 ≪439 f.≫; Cremer, NJ 49 1≪1995≫, S. 5 ff.). Entsprechende Stimmen wurden auch im Anschluss an das Lissabon-Urteil laut (Schönberger, Der Staat 48 ≪2009≫, S. 535 ≪539 ff.≫; Nettesheim, NJW 2009, S. 2867 ≪2869≫; Pache, EuGRZ 2009, S. 285 ≪287 f.≫; Terhechte, EuZW 2009, S. 724 ≪725 f.). Der Senat hält indes an seiner Auffassung fest. Der letztlich in der Würde des Menschen wurzelnde Anspruch des Bürgers auf Demokratie (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪341≫) wäre hinfällig, wenn das Parlament Kernbestandteile politischer Selbstbestimmung aufgäbe und damit dem Bürger dauerhaft seine demokratischen Einflussmöglichkeiten entzöge. Das Grundgesetz hat den Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Staatsgewalt in Art. 79 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG für unantastbar erklärt (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪182≫; 123, 267 ≪330≫). Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat bei der Neufassung des Art. 23 GG deutlich gemacht, dass der Auftrag zur Entwicklung der Europäischen Union an die dauerhafte Einhaltung bestimmter verfassungsrechtlicher Strukturvorgaben gebunden ist (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG) und dass hier durch Art. 79 Abs. 3 GG eine absolute Grenze zum Schutz der Identität der Verfassung gesetzt ist (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), die jedenfalls insoweit nicht etwa erst in Fälle n einer drohenden totalitären Machtergreifung überschritten ist. Gegen eine mit Art. 79 Abs. 3 GG unvereinbare Entäußerung von Kompetenzen durch das Parlament muss sich der Bürger verfassungsgerichtlich zur Wehr setzen können. Ein weitergehendes Rügerecht sieht das Grundgesetz nicht vor.
Die abwehrrechtliche Dimension des Art. 38 Abs 1 GG kommt daher in Konstellationen zum Tragen, in denen offensichtlich die Ge fahr besteht, dass die Kompetenzen des gegenwärtigen oder künftigen Bundestages auf eine Art und Weise ausgehöhlt werden, die eine parlamentarische Repräsentation des Volkswillens, gerichtet auf die Verwirklichung des politischen Willens der Bürger, rechtlich oder praktisch unmöglich macht. Die Antragsbefugnis ist folglich nur dann gegeben, wenn substantiiert dargelegt wird, dass das Wahlrecht entleert sein könnte.
(b) Die Beschwerdebefugnis über Art. 38 Abs. 1 GG kann auch dann gegeben sein, wenn, was hier allein in Rede steht, Gewährleistungsermächtigungen gemäß Art. 115 Abs. 1 GG, mit denen völkervertragliche Vereinbarungen umgesetzt werden, nach Art und Umfang zu massiven Beeinträchtigungen der Haushaltsautonomie führen können.
Die Grundentscheidungen über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand zählen zum Kern der parlamentarischen Rechte in der Demokratie. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG schließt es aus, die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und Einflussnahme auf deren Ausübung durch Fesselung des Haushaltsgesetzgebers so zu entleeren, dass das Demokratieprinzip verletzt wird (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪172≫; 123, 267 ≪330≫ jeweils zur Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages auf die europäische Ebene). Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat durch die tatbestandliche Konkretisierung und sachliche Verschärfung der Regeln für die Kreditaufnahme von Bund und Ländern (insbesondere Art. 109 Abs. 3 und Abs. 5, Art. 109a, Art. 115 GG n.F., Art. 143d Abs. 1 GG, BGBl I 2009 S. 2248) klargestellt, dass eine verfassungsrechtliche Bindung der Parlamente und damit eine fühlbare Beschränkung ihrer Handlungsfähigkeit notwendig ist, um langfristig die demokratische Gestaltungsfähigkeit für das Gemeinwesen zu erhalten. Der Wahlakt wäre entwertet, wenn der Deutsche Bundestag nicht länger über diejenigen Gestaltungsmittel zur Erfüllung ausgabenwirksamer Staatsaufgaben und zum Gebrauch seiner Befugnisse verfügte, für deren Inanspruchnahme seine Handlungsmacht durch die Wähler legitimiert wird.
Während herkömmliche Gewährleistungsermächtigungen im Sinne von Art. 115 Abs. 1 GG, wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung gezeigt hat, keine außergewöhnlichen Risiken für die Haushaltsautonomie mit sich bringen und daher das Grundgesetz insoweit keine Begrenzungen vorsieht, haben Gewährleistungsermächtigungen zur Umsetzung von Verbindlichkeiten, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen internationaler Übereinkünfte zur Erhaltung der Liquidität von Staaten der Währungsunion eingeht, durchaus das Potential, die Möglichkeiten politischer Gestaltung des Bundestages in verfassungsrechtlich unzulässigem Umfang einzuschränken. Ein solcher Fall wäre etwa zu besorgen, wenn die Bundesregierung ohne konstitutive Zustimmung des Bundestages in erheblichem Umfang Gewährleistungen, die zur direkten oder indirekten Vergemeinschaftung von Staatsschulden beitragen, übernehmen dürfte, bei denen also der Eintritt des Gewährleistungsfalls allein vom Verhalten anderer Staaten abhängig wäre.
(3) Das Vorbringen der Beschwerdeführer genügt unter den hier gegebenen Umständen den strengen Anforderungen an die Darlegung einer Grundrechtsverletzung.
Im vorliegenden Fall geht es um gesetzliche Ermächtigungen für eine außerstaatlich wirksame Gewährleistungsübernahme sowie für die Schaffung eines als vorübergehend angelegten internationalen Mechanismus zur Erhaltung der Liquidität von Staaten der Währungsunion. Im Hinblick auf das davon betroffene Budgetrecht des Deutschen Bundestages handelt es sich um die Begründung von Verbindlichkeiten, die in ihren Auswirkungen einer Übertragung von Hoheitsrechten gleichkommen können, wenn der Bundestag nicht mehr in eigener Verantwortung über sein Budget disponieren kann. Da in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen in einer derartigen Konstellation das Recht aus Art. 38 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG verletzt sein kann, genügt insoweit der Vortrag, bei den angegriffenen Gesetzen handele es sich nur um erste Schritte in einen sich verfestigenden und in der Summe stetig ausdehnenden Haftungsautomatismus historisch beispielloser Art, der tatsächlich der Ausgestaltung oder Umformung übertragener Hoheitsrechte im Sinne des Art. 23 Abs. 1 GG entspreche und jedenfalls auf eine solche angelegt sei.
bb) Soweit der Beschwerdeführer zu II. auf der Grundlage von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG auch eine außervertragliche Änderung der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Konzeption zur Sicherung der Preisstabilität des Euro rügt, ist seine Verfassungsbeschwerde unzulässig.
Zwar binden der Grundsatz der Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪354≫; 126, 286 ≪303≫) und die verfassungsrechtlich geschützte Funktionsfähigkeit der Unionsrechtsordnung (vgl. BVerfGE 37, 271 ≪284≫; 73, 339 ≪387≫; 102, 147 ≪162 ff.≫; 123, 267 ≪399≫) deutsche Stellen dort, wo sie im institutionellen Gefüge der Europäischen Union funktional für diese tätig werden und verpflichten sie dabei auch verfassungsrechtlich zur Einhaltung des Unionsrechts. Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Der Beschwerdeführer zu II. hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, inwieweit innerstaatliche Anforderungen an die besondere Verantwortung deutscher gesetzgebender Körperschaften im europäischen Integrationsprozess (Integrationsverantwortung) nicht gewahrt sein könnten. Es kann daher offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen Verfassungsbeschwerden gegen außervertragliche Änderungen des primären Unionsrechts auf Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gestützt werden können (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪351≫; dort zur Änderung des Vertragsrechts durch Organe der Union ohne Ratifikationsverfahren). Insbesondere bedarf es keiner Entscheidung darüber, wann Maßnahmen der deutschen öffentlichen Gewalt, die außervertraglich auf das primäre Unionsrecht einwirken beziehungsweise dieses materiell oder institutionell ergänzen, im Verfahren der Verfassungsbeschwerde einem Zustimmungsgesetz zu völkerrechtlichen Verträgen entsprechend angefochten werden können. Dahinstehen kann ferner, ob Verletzungen des Demokratieprinzips – jedenfalls in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip – prinzipiell auch insoweit rügefähig sind. Denn der Beschwerdeführer zu II. hat jedenfalls keinen konkreten Zusammenhang dargelegt, der auf eine außervertragliche Änderung des primären Unionsrechts derart, dass eine Verletzung des Wahlrechts möglich erscheint, hindeutet. Namentlich legt er nicht hinreichend substantiiert dar, dass eine außervertragliche Änderung des primären Unionsrechts in Zusammenhang stehen könnte mit dem Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz oder dem Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus.
b) Unzulässig sind die Verfassungsbeschwerden gegen das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und gegen das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus auch insoweit, als die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG geltend machen.
aa) Ob und, wenn ja, unter welchen näheren Umständen die Kaufkraft des Geldes vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG mit umfasst ist (vgl. BVerfGE 97, 350 ≪370 f.≫), muss hier nicht entschieden werden. Dasselbe gilt im Hinblick auf den grundrechtlichen Schutz gegenüber eindeutig staatlich induzierten inflatorischen Wirkungen, die möglicherweise konjunkturpolitisch erwünscht sind (vgl. Herrmann, Währungshoheit, Währungsverfassung und subjektive Rechte, 2010, S. 338 ff.). Dahinstehen kann insbesondere die Frage, inwiefern die staatsorganisationsrechtliche Bestimmung des Art. 88 Satz 2 GG durch die objektivrechtliche Unabhängigkeitsanforderung und durch die Verpflichtung auf Preisstabilität auch dem Ziel des subjektiven Eigentumsschutzes dient (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪174≫; 97, 350 ≪376≫).
bb) Die Beschwerdeführer legen jedenfalls eine inflatorische Wirkung weder im Sinne einer entsprechend intentionalen staatlichen Konjunkturpolitik substantiiert dar, noch tragen sie hinreichend Tatsachen vor, die eine von den angegriffenen Maßnahmen ausgehende objektive Beeinträchtigung der Kaufkraft des Euro von erheblichem Umfang belegen könnten. Der Umstand, dass die angegriffenen Ermächtigungen zur Übernahme von Gewährleistungen – ihrem Volumen nachbudgetpolitisch für die Bundesrepublik Deutschland beträchtliche Herausforderungen mit sich bringen, ändert nichts daran, dass die Beträge, um die es bislang geht, gerade auch nach dem Vortrag der Beschwerdeführer noch keine so massiven Auswirkungen auf die Geldwertstabilität erkennen lassen, dass eine justiziable Verletzung der Eigentumsgarantie in Betracht käme. Es ist regelmäßig nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen auf negative Folgewirkungen für die Geldwertstabilität zu überprüfen. Eine solche Kontrolle kommt allenfalls in – hier nicht hinreichend dargelegten – Grenzfällen einer evidenten Minderung des Geldwertes durch Maßnahmen der öffentlichen Gewalt in Betracht. Es bleibt auch im Hinblick auf die vorliegend angegriffenen Stützungsmaßnahmen bei dem allgemeinen Befund, dass der Geldwert in besonderer Weise gemeinschaftsbezogen und gemeinschaftsabhängig ist (vgl. BVerfGE 97, 350 ≪371≫).
II.
Hinsichtlich der übrigen Beschwerdegegenstände sind die Verfassungsbeschwerden insgesamt unzulässig.
1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen die Mitwirkung der Bundesregierung an den intergouvernementalen Beschlüssen der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten und der Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten vom 10. Mai 2010 (Rat-Dok. 9614/10) sowie gegen die Mitwirkung der Bundesregierung an dem Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 9. Mai 2010, einen europäischen Stabilisierungsmechanismus zu schaffen (Schlussfolgerungen des Rates ≪Wirtschaft und Finanzen≫ vom 9. Mai 2010, Rat-Dok. SN 2564/1/10 REV 1 vom 10. Mai 2010, S. 3), und gegen die Mitwirkung der Bundesregierung an dem Beschluss des Rates über die Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus vom 10. Mai 2010 (Rat-Dok. 9606/10) richten, sind die Beschwerdeführer nicht unmittelbar beschwert (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Mai 1989 – 2 BvQ 3/89 –, NJW 1990, S. 974; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Juli 1992 – 2 BvR 1096/92 –, NVwZ 1993, S. 883; BVerfGK 2, 75 ≪76≫).
Die jeweiligen Mitwirkungshandlungen der Bundesregierung sind keine mit der Verfassungsbeschwerde angreifbaren Akte öffentlicher Gewalt gegenüber den Beschwerdeführern. Insoweit gilt ungeachtet der zwischen Völkervertragsrecht und supranationalem Recht bestehenden Unterschiede nichts anderes als für Mitwirkungshandlungen deutscher Organe an völkerrechtlichen Verträgen (vgl. BVerfGE 77, 170 ≪209 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Mai 1989 – 2 BvQ 3/89 –, a.a.O.).
2. Die Rügen der Beschwerdeführer, ihre Grundrechte würden unmittelbar durch die intergouvernementalen Beschlüsse der im Rat der Europäischen Union vereinigten Vertreter der Regierungen der dem Euro-Währungsgebiet angehören den Mitgliedstaaten und der Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten vom 10. Mai 2010 (Rat-Dok. 9614/10), den Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 9. Mai 2010, einen europäischen Stabilisierungsmechanismus zu schaffen (Schlussfolgerungen des Rates ≪Wirtschaft und Finanzen≫ vom 9. Mai 2010, Rat-Dok. SN 2564/1/10 REV 1 vom 10. Mai 2010, S. 3), den Beschluss des Ratesüber die Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus vom 10. Mai 2010 (Rat-Dok. 9606/10) und den Aufkauf von Staatsanleihen Griechenlands und anderer Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes durch die Europäische Zentralbank verletzt, sind unzulässig, weil ihnen keine tauglichen Beschwerdegegenstände zugrunde liegen. Bei den angegriffenen Akten handelt es sich – unbeschadet anderweitiger Überprüfungsmöglichkeiten auf ihre Anwendbarkeit in Deutschland hin (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪175≫; 126, 286 ≪302 ff.≫) – nicht um von den Beschwerdeführern angreifbare Hoheitsakte deutscher öffentlicher Gewalt im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG und § 90 Abs. 1 BVerfGG.
3. Soweit sich der Beschwerdeführer zu II. mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen ein vermeintliches Unterlassen der EU-Kommission richtet, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Maßna hmen gegen die Überschuldung von Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets zu ergreifen sowie gegen deren Missachtung der im Vertrag vorgeschriebenen Haushaltsdisziplin vorzugehen und auf diese Weise die Entstehung einer Zwangslage zu verhindern, mit der jetzt die mit dem Vertrag unvereinbaren „Rettungspakete” („Griechenland-Rettungspaket” und europäischer Stabilisierungsmechanismus) gerechtfertigt würden, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer zu II. ein Unterlassen der Bundesregierung rügt, Maßnahmen gegen diejenigen Spekulanten zu ergreifen, die nach Darstellung der Bundesregierung gegen den Euro beziehungsweise gegen bestimmte Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes derart aggressiv spekulierten, dass zur Rettung der Währungsstabilität die „Rettungspakete” erforderlich seien.
Ein Unterlassen des Gesetzgebers kann Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein, wenn sich der Beschwerdeführer auf einen ausdrücklichen Auftrag des Grundgesetzes berufen kann, der Inhalt und Umfang der Gesetzgebungspflicht im Wesentlichen umgrenzt hat (vgl. BVerfGE 6, 257 ≪264≫; 23, 242 ≪259≫; 56, 54 ≪70 f.≫). Grundlagen, die die Annahme einer solchen Handlungspflicht der Bundesregierung oder der EU-Kommission rechtfertigen könnten, hat der Beschwerdeführer zu II. weder substantiiert vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich.
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit zulässig, unbegründet. Gegen das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das Gesetz zur Übernahme vo n Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
I.
Der Prüfungsmaßstab bestimmt sich durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG. Das Wahlrecht gewährleistet als grundrechtsgleiches Recht die Selbstbestimmung der Bürger, garantiert die freie und gleiche Teilhabe an der in Deutschland ausgeübten Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 37, 271 ≪279≫; 73, 339 ≪375≫; 123, 267 ≪340≫, dort zu r Achtung der verfassungsgebenden Gewalt des Volkes). Der Gewährleistungsgehalt des Wahlrechts umfasst die Grundsätze des Demokratiegebots im Sinne von Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG, die Art. 79 Abs. 3 GG als Identität der Verfassung garantiert (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪340≫).
1. Das Wahlrecht ist verletzt, wenn sich der Deutsche Bundestag seiner parlamentarischen Haushaltsverantwortung dadurch entäußert, dass er oder zukünftige Bundestage das Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben können.
a) Die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand ist grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit im Verfassungsstaat (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪359≫). Der Deutsche Bundestag muss dem Volk gegenüber verantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entscheiden. Das Budgetrecht stellt insofern ein zentrales Element der demokratischen Willensbildung dar (vgl. BVerfGE 70, 324 ≪355 f.≫; 79, 311 ≪329≫). Zum einen dient das Budgetrecht als Instrument umfassender parlamentarischer Regierungskontrolle. Zum anderen aktualisiert der Haushaltsplan den tragenden Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten als eine wesentliche Ausprägung rechtsstaatlicher Demokratie (BVerfGE 55, 274 ≪302 f.≫). Im Verhältnis zu den anderen an der Feststellung des Haushaltsplanes beteiligten Verfassungsorganen kommt dem gewählten Parlament eine überragende verfassungsrechtliche Stellung zu. Die Kompetenz zur Feststellung des Haushaltsplanes liegt nach Art. 110 Abs. 2 GG ausschließlich beim Gesetzgeber. Diese besondere Stellung findet auch darin Ausdruck, dass Bundestag und Bundesrat berechtigt und verpflichtet sind, nach Art. 114 GG den Haushaltsvollzug der Bundesregierung zu kontrollieren (vgl. BVerfGE 45, 1 ≪32≫; 92, 130 ≪137≫).
Der Haushaltsplan, der nach Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG durch das Haushaltsgesetz festgestellt wird, ist nicht nur ein Wirtschaftsplan, sondern zugleich ein staatsleitender Hoheitsakt in Gesetzesform (vgl. BVerfGE 45, 1 ≪32≫; 70, 324 ≪355≫; 79, 311 ≪328≫). Er ist zeitlich begrenzt und aufgabenbezogen. Die Staatsaufgaben stellen sich im Haushaltsplan als Ausgaben dar, die nach dem Ausgleichsgebot durch Einnahmen gedeckt werden müssen (vgl. BVerfGE 79, 311 ≪329≫; 119, 96 ≪119≫). Umfang und Struktur des Haushaltsplans spiegeln damit die Gesamtpolitik wider. Zugleich begrenzen die erzielbaren Einnahmen den Spielraum für die Erfüllung ausgabenwirksamer Staatsaufgaben (vgl. Art. 110 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Hoheit über den Haushalt ist der Ort konzeptioneller politischer Entscheidungen über den Zusammenhang von wirtschaftlichen Belastungen und staatlich gewährten Vergünstigungen. Deshalb wird die parlamentarische Aussprache über den Haushalt – einschließlich des Maßes der Verschuldung – als politische Generaldebatte verstanden (BVerfGE 123, 267 ≪361≫).
b) Als Repräsentanten des Volkes müssen die gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch in einem System intergouvernementalen Regierens die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behalten. Mit ihrer Öffnung für die internationale Zusammenarbeit, Systeme kollektiver Sicherheit und die europäische Integration bindet sich die Bundesrepublik Deutschland nicht nur rechtlich, sondern auch finanzpolitisch. Selbst dann, wenn solche Bindungen erheblichen Umfang annehmen, wird das Budgetrecht nicht in einer mit dem Wahlrecht rügefähigen Weise verletzt. Für die Einhaltung der Grundsätze der Demokratie kommt es darauf an, ob der Deutsche Bundestag der Ort bleibt, in dem eigenverantwortlich über Einnahmen und Ausgaben entschieden wird, auch im Hinblick auf internationale und europäische Verbindlichkeiten. Würde über wesentliche haushaltspolitische Fragen der Einnahmen und Ausgaben ohne konstitutive Zustimmung des Bundestages entschieden oder würden überstaatliche Rechtspflichten ohne entsprechende Willensentscheidung des Bundestages begründet, so geriete das Parlament in die Rolle des bloßen Nachvollzuges und könnte nicht mehr die haushaltspolitische Gesamtverantwortung im Rahmen seines Budgetrechts wahrnehmen.
2. Vor diesem Hintergrund darf der Deutsche Bundestag seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen. Insbesondere darf er sich, auch durch Gesetz, keinen finanzwirksamen Mechanismen ausliefern, die – sei es aufgrund ihrer Gesamtkonzeption, sei es aufgrund einer Gesamtwürdigung der Einzelmaßnahmen – zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung führen können, seien es Ausgaben oder Einnahmeausfälle. Dieses Verbot der Entäußerung der Budgetverantwortung beschränkt nicht etwa unzulässig die Haushaltskompetenz des Gesetzgebers, sondern zielt gerade auf deren Bewahrung.
a) Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Zusammenhang mit der zur Verwirklichung eines vereinten Europas erstrebten Öffnung der staatlichen Herrschaftsordnung hin zur Europäischen Union (vgl. Art. 23 GG) auf verfassungsrechtliche Schranken hingewiesen, die das Grundgesetz gegenüber einer parlamentarischen Selbstbeschränkung des Budgetrechts errichtet (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪172≫; 97, 350 ≪368 f.≫). Danach läge eine das Demokratieprinzip und das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag verletzende Übertragung wesentlicher Bestandteile des Budgetrechts des Bundestages jedenfalls dann vor, wenn die Festlegung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben in wesentlichem Umfang supranationalisiert und damit der Dispositionsbefugnis des Bundestages entzogen würde (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪361≫).
Eine notwendige Bedingung für die Sicherung politischer Freiräume im Sinne des Identitätskerns der Verfassung (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG) besteht darin, dass der Haushaltsgesetzgeber seine Entscheidungen über Einnahmen und Ausgaben frei von Fremdbestimmung seitens der Organe und anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union trifft und dauerhaft „Herr seiner Entschlüsse” bleibt. Zu diesem Grundsatz stehen Gewährleistungsermächtigungen, mit denen die Zahlungsfähigkeit anderer Mitgliedstaaten abgesichert werden soll, in einem erheblichen Spannungsverhältnis. Es ist zwar in erster Linie Sache des Bundestages selbst, in Abwägung aktueller Bedürfnisse mit den Risiken mittel- und langfristiger Gewährleistungen darüber zu befinden, in welcher Gesamthöhe Gewährleistungssummen noch verantwortbar sind (vgl. BVerfGE 79, 311 ≪343≫; 119, 96 ≪142 f.≫). Aus der demokratischen Verankerung der Haushaltsautonomie folgt jedoch, dass der Bundestag einem intergouvernemental oder supranational vereinbarten, nicht an strikte Vorgaben gebundenen und in seinen Auswirkungen nicht begrenzten Bürgschafts- oder Leistungsautomatismus nicht zustimmen darf, der – einmal in Gang gesetzt – seiner Kontrolle und Einwirkung entzogen ist. Würde der Bundestag in erheblichem Umfang zu Gewährleistungsübernahmen pauschal ermächtigen, könnten fiskalische Dispositionen anderer Mitgliedstaaten zu irreversiblen, unter Umständen massiven Einschränkungen der nationalen politischen Gestaltungsräume führen.
Daher dürfen keine dauerhaften völkervertragsrechtlichen Mechanismen begründet werden, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden. Soweit überstaatliche Vereinbarungen getroffen werden, die aufgrund ihrer Größenordnungen für das Budgetrecht von struktureller Bedeutung sein können, etwa durch Übernahme von Bürgschaften, deren Einlösung die Haushaltsautonomie gefährden kann, oder durch Beteiligung an entsprechenden Finanzsicherungssystemen, bedarf nicht nur jede einzelne Disposition der Zustimmung des Bundestages; es muss darüber hinaus gesichert sein, dass weiterhin hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln besteht. Die den Deutschen Bundestag im Hinblick auf die Übertragung von Kompetenzen auf die Europäische Union treffende Integrationsverantwortung (vgl. BVerfGE 123, 267 ≪356 ff.≫) findet hierin ihre Entsprechung für haushaltswirksame Maßnahmen vergleichbaren Gewichts.
b) Die Bestimmungen der europäischen Verträge stehen dem Verständnis der nationalen Haushaltsautonomie als einer wesentlichen, nicht entäußerbaren Kompetenz der unmittelbar demokratisch legitimierten Parlamente der Mitgliedstaaten nicht entgegen, sondern setzen sie voraus. Ihre strikte Beachtung gewährleistet, dass die Handlungen der Organe der Europäischen Union in und für Deutschland über eine hinreichende demokratische Legitimation verfügen (BVerfGE 89, 155 ≪199 ff.≫; 97, 350 ≪373≫). Die vertragliche Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft ist Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes (BVerfGE 89, 155 ≪205≫). Die Verträge laufen dabei nicht nur hinsichtlich der Währungsstabilität mit den Anforderungen des Art. 88 Satz 2 GG, gegebenenfalls auch des Art. 14 Abs. 1 GG, parallel, der die Beachtung der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und das vorrangige Ziel der Preisstabilität zu dauerhaft geltenden Verfassungsanforderungen einer deutschen Beteiligung an der Währungsunion macht (vgl. Art. 127 Abs. 1, Art. 130 AEUV). Auch weitere zentrale Vorschriften zur Ausgestaltung der Währungsunion sichern unionsrechtlich verfassungsrechtliche Anforderungen des Demokratiegebots. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere das Verbot des unmittelbaren Erwerbs von Schuldtiteln öffentlicher Einrichtungen durch die Europäische Zentralbank, das Verbot der Haftungsübernahme (Bailout-Klausel) und die Stabilitätskriterien für eine tragfähige Haushaltswirtschaft (Art. 123 bis 126, Art. 136 AEUV). Ohne dass es hier auf die Auslegung dieser Bestimmungen im Einzelnen ankäme, lässt sich ihnen doch entnehmen, dass die Eigenständigkeit der nationalen Haushalte für die gegenwärtige Ausgestaltung der Währungsunion konstitutiv ist, und dass eine die Legitimationsgrundlagen des Staatenverbundes überdehnende Haftungsübernahme für finanzwirksame Willensentschließungen anderer Mitgliedstaaten – durch direkte oder indirekte Vergemeinschaftung von Staatsschulden – verhindert werden soll.
3. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bei der Feststellung einer verbotenen Entäußerung der Haushaltsautonomie im Hinblick auf den Umfang der Gewährleistungsübernahme auf evidente Verletzungen zu beschränken und namentlich mit Blick auf das Eintrittsrisiko von Gewährleistungen einen Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers zu respektieren.
a) Die Beschränkung auf evidente Verletzungen gilt für die Frage, bis zu welcher Höhe eine Gewährleistungsübernahme unter dem Aspekt der Eintrittsrisiken und die dann zu erwartenden Folgen für die Handlungsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers noch verantwortbar ist. Ob und inwieweit sich unmittelbar aus dem Demokratieprinzip eine justiziable Begrenzung des Umfangs von Gewährleistungsermächtigungen herleiten lässt, ist fraglich. Anders als bei Kreditaufnahmen sieht Art. 115 Abs. 1 GG eine solche Begrenzung jedenfalls nicht explizit vor (vgl. Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 115, Rn. 78, 124, 241 f.; Wendt, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 115, Rn. 26; vorsichtiger zur alten Rechtslage Siekmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 115, Rn. 21, demzufolge Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen jedenfalls in Höhe der erfahrungsgemäß realisierten Zahlungsverpflichtungen der Kreditaufnahme ohne Einschränkung hinzugerechnet werden müssten). Inwieweit die durch das 57. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes im Jahre 2009 in das Grundgesetz aufgenommene sogenannte Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) dennoch zur Einhaltung von Obergrenzen zwingt, muss mit Blick auf die angegriffenen Gesetze nicht entschieden werden. Jedenfalls kommt es im vorliegenden Zusammenhang mit seiner allgemeinen Maßstäblichkeit aus dem Demokratieprinzip nur auf eine evidente Überschreitung von äußersten Grenzen an.
b) Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit für Gewährleistungen einstehen zu müssen, kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht zu respektieren ist. Entsprechendes gilt auch für die Abschätzung der künftigen Tragfähigkeit des Bundeshaushalts und des wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland. Hier kann das Bundesverfassungsgericht sich nicht mit eigener Sachkompetenz an die Stelle der zuvörderst dazu demokratisch berufenen Gesetzgebungskörperschaft setzen.
II.
Das Wahlrecht aus Art. 38 Abs. 1 GG ist durch das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus nicht verletzt. Der Bundestag hat sein Budgetrecht nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise entleert und damit den substantiellen Bestimmungsgehalt des Demokratieprinzips missachtet.
1. Soweit sich aus den durch Art. 79 Abs. 3 GG für unveränderbar erklärten demokratischen Grundsätzen des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG für Konstellationen wie die vorliegende ein Verbot entnehmen lässt, gegenwärtige oder künftige Haushalte des Bundes mit in der Höhe unverhältnismäßigen Verpflichtungen, und seien es auch nur Gewährleistungen, zu belasten, lässt sich eine Überschreitung einer solchen Belastungsgrenze jedenfalls hier nicht feststellen.
Eine unmittelbar aus dem Demokratieprinzip folgende Obergrenze für die Übernahme von Gewährleistungen könnte nur überschritten sein, wenn sich im Eintrittsfall die Gewährleistungen so auswirkten, dass die Haushaltsautonomie jedenfalls für einen nennenswerten Zeitraum nicht nur eingeschränkt würde, sondern praktisch vollständig leerliefe. Das kann vorliegend nicht festgestellt werden. Die Einschätzung des Gesetzgebers, die in § 1 des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes ausgesprochene Gewährleistungsermächtigung in Höhe von 147,6 Milliarden Euro (123 Milliarden Euro + 20 %) sei auch in Addition zu der im Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz beschlossenen Gewährleistungsermächtigung zugunsten Griechenlands in Höhe von 22,4 Milliarden Euro haushaltswirtschaftlich hinnehmbar, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die Erwartung, selbst im Fall der vollständigen Realisierung des Gewährleistungsrisikos wären die Verluste von rund 170 Milliarden Euro über Einnahmesteigerungen, Ausgabenkürzungen und über längerfristige Staatsanleihen, wenngleich möglicherweise unter Verlust von Wachstumsmöglichkeiten und Bonität mit entsprechenden Einnahmeverlusten und Risikoaufschlägen, noch refinanzierbar. Es kommt insoweit insbesondere nicht darauf an, ob die Gewährleistungssumme gegebenenfalls weit größer ist als der größte Haushaltstitel des Bundes und die Hälfte des Bundeshaushalts erheblich überschreitet, weil dies allein nicht der Maßstab einer verfassungsrechtlichen Begrenzung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers sein kann.
2. Keines der angegriffenen Gesetze begründet oder verfestigt einen Automatismus, durch den der Deutsche Bundestag sich seines Budgetrechts entäußern würde. Derzeit besteht keine Veranlassung, einen unumkehrbaren Prozess mit nachteiligen Konsequenzen für die Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages anzunehmen.
a) Schon die geltenden Rechtsgrundlagen der Währungsunion, auf die beide angegriffenen Gesetze keinen Einfluss nehmen können, lassen einen Automatismus, durch den sich der Deutsche Bundestag seiner Haushaltsautonomie entäußern könnte, nicht zu. Alle rechtlichen wie tatsächlichen Auswirkungen der beiden angegriffenen Gesetze, insbesondere diejenigen der in ihnen angelegten weiteren Vollzugsschritte, werden maßgeblich beeinflusst durch die vertragliche Konzeption der Währungsunion. Deren Entwicklung ist voraussehbar normiert und parlamentarisch verantwortbar (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪204≫; 97, 350 ≪372 f.≫; 123, 267 ≪356≫). Das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht (BGBl II 1992 S. 1253; mittlerweile in der Fassung des Vertrags von Lissabon, BGBl II 2008 S. 1038) gewährleistet nach wie vor verfassungsrechtlich hinreichend bestimmt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland keinem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren Automatismus einer Haftungsgemeinschaft unterwirft (vgl. BVerfGE 89, 155 ≪203 f.≫). Faktische Veränderungen, die die Verbindlichkeit dieses rechtlichen Rahmens in Frage stellen könnten, sind verfassungsgerichtlich derzeit nicht feststellbar; dies gilt auch mit Blick auf die aktuelle Diskussion über Änderungen im Anreizsystem der Währungsunion.
b) Die angegriffenen Gesetze entfalten keine normativen Vorgaben, die bei der gebotenen Gesamtbetrachtung das Prinzip der dauerhaften Haushaltsautonomie untergraben könnten.
aa) Das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz beschränkt die Gewährleistungsermächtigung der Höhe nach, bezeichnet den Zweck der Gewährleistung, regelt in gewissem Umfang die Auszahlungsmodalitäten und macht bestimmte Vereinbarungen mit Griechenland zur Grundlage der Gewährleistungsübernahme. Damit ist die Gewährleistungsermächtigung weitgehend inhaltlich bestimmt. Vor diesem Hintergrund ist es hinnehmbar, dass der Deutsche Bundestag am weiteren Gesetzesvollzug lediglich in Gestalt von Unterrichtungen des Haushaltsausschusses beteiligt wird.
bb) Das Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz legt nicht nur Zweck und Grundmodalitäten, sondern auch das Volumen möglicher Gewährleistungen fest, das weder durch die Bundesregierung noch durch die Zweckgesellschaft ohne Zustimmung des Bundestages verändert werden kann. Die Übernahme von Gewährleistungen ist nur in einem bestimmten Zeitraum möglich und wird von der Vereinbarung eines wirtschafts- und finanzpolitischen Programms mit dem betroffenen Mitgliedstaat abhängig gemacht. Dieses bedarf einvernehmlicher Billigung der Staaten des Euro-Währungsgebiets, wodurch der Bundesregierung ein bestimmender Einfluss gesichert ist.
§ 1 Abs. 4 des Gesetzes verpflichtet allerdings die Bundesregierung lediglich dazu, sich vor Übernahme vo n Gewährleistungen zu bemühen, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages herzustellen, der ein Recht zur Stellungnahme hat (Satz 1 und 2). Sofern aus zwingenden Gründen eine Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens übernommen werden muss, ist der Haushaltsausschuss unverzüglich nachträglich zu unterrichten, wobei die Unabweisbarkeit der Übernahme der Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens eingehend zu begründen ist (Satz 3). Zudem ist der Haushaltsausschuss vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten (Satz 4). Mit diesen Regelungen allein wäre der fortdauernde Einfluss des Bundestages auf die Gewährleistungsentscheidungen durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen – über die allgemeine politische Kontrolle der Bundesregierung hinaus – nicht sichergestellt. Denn diese Vorkehrungen würden – auch zusammen mit der Zwecksetzung, der Höhe des Gewährleistungsrahmens und der Befristung des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes – nicht verhindern, dass die parlamentarische Haushaltsautonomie in einer das Wahlrecht beeinträchtigenden Weise berührt wird. Daher bedarf es zur Vermeidung der Verfassungswidrigkeit einer Auslegung des § 1 Abs. 4 Satz 1 des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes dahingehend, dass die Bundesregierung vorbehaltlich der in Satz 3 genannten Fälle verpflichtet ist, die vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.
D.
Diese Entscheidung ist, soweit sie die Verfassungsbeschwerden als zulässig behandelt, mit 7:1 Stimmen ergangen.
Unterschriften
Voßkuhle, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau, Huber, Hermanns
Fundstellen
Haufe-Index 2740129 |
BVerfGE 2012, 124 |