Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 17.07.2014; Aktenzeichen PB 8 A 189/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2014 wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage gestützte Beschwerde nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2014 ist unzulässig.
Rz. 2
1. Die Beschwerde zeigt nicht in einer den Darlegungsanforderungen gerecht werdenden Weise auf, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist.
Rz. 3
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann.
Rz. 4
Nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (zum Vorstehenden vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 5 PB 1.14 – juris Rn. 4). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Beschwerde nicht.
Rz. 5
Die Beschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich die Frage auf,
ob „§ 14 Abs. 1 AÜG i.V.m. der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates auf die Zuweisung von Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit zu einer gemeinsamen Einrichtung Anwendung” findet.
Rz. 6
Damit möchte sie sinngemäß geklärt wissen, ob die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (ABl. L 327 S. 9) – RL 2008/104/EG – es gebietet, bei der Berechnung des Schwellenwertes für die Einrichtung der Personalvertretung einer Agentur für Arbeit auch solche Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Bundesagentur) zu berücksichtigen, denen Tätigkeiten in einer gemeinsamen Einrichtung zugewiesen worden sind. Gemäß Art. 7 Abs. 1 RL 2008/104/EG werden Leiharbeitnehmer unter Bedingungen, die die Mitgliedstaaten festlegen, im Leiharbeitsunternehmen bei der Berechnung des Schwellenwertes für die Einrichtung der Arbeitnehmervertretungen berücksichtigt, die nach Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht oder in den Tarifverträgen vorgesehen sind. Die Mitgliedstaaten können nach Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG unter den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass Leiharbeitnehmer im entleihenden Unternehmen bei der Berechnung des Schwellenwertes für die Einrichtung der nach Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht oder in den Tarifverträgen vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen im gleichen Maße berücksichtigt werden wie Arbeitnehmer, die das entleihende Unternehmen für die gleiche Dauer unmittelbar beschäftigen würde. Die Mitgliedstaaten, die die Option nach Absatz 2 in Anspruch nehmen, sind gemäß Art. 7 Abs. 3 RL 2008/104/EG nicht verpflichtet, Absatz 1 umzusetzen.
Rz. 7
Ginge man von der nicht zweifelsfreien Annahme der Beschwerde aus, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/104/EG auch die Konstellation erfasst, dass Beschäftigten der Bundesagentur Tätigkeiten in gemeinsamen Einrichtungen zugewiesen werden, so dürften die Vorgaben des Art. 7 Abs. 1 RL 2008/104/EG für den Fall verfehlt werden, dass diese Beschäftigten bei der Bemessung der Größe der Personalräte der Dienststellen der Bundesagentur unberücksichtigt bleiben. Eine Verpflichtung, diese Vorgaben umzusetzen, bestünde indes gemäß Art. 7 Abs. 3 RL 2008/104/EG nicht, falls die Bundesrepublik Deutschland von der Option des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG Gebrauch gemacht hätte. Für diesen Fall bedürfte es einer Hinzurechnung der der gemeinsamen Einrichtung zugewiesenen Beschäftigten der Bundesagentur bei der Bestimmung der nach § 16 BPersVG maßgeblichen Anzahl der Beschäftigten nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Frage ausdrücklich offengelassen, ein Gebrauchmachen von der Option des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG indes als „vom Wortlaut her offensichtlich” bezeichnet. Die Beschwerde war gehalten, sich auch mit dieser Problematik substantiiert auseinanderzusetzen. Sie erschöpft sich insoweit in der Annahme, soweit Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG den Mitgliedstaaten eine anderweitige, vom Grundsatz abweichende Regelungsbefugnis einräume, habe der nationale Gesetzgeber „im Rahmen der Umsetzung der [Richtlinie] 2008/104/EG” hiervon „ausdrücklich” keinen Gebrauch gemacht. Dies genügt den Darlegungsanforderungen nicht.
Rz. 8
Die Beschwerde hätte sich substantiiert dazu verhalten müssen, ob das nationale Recht den unionsrechtlichen Anforderungen an ein Gebrauchmachen von der Option im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bereits genügte. Dazu hätte auch deshalb Anlass bestanden, weil in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass nach Maßgabe dieses Rechts (§ 16 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 BPersVG) Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, denen eine Tätigkeit bei einer gemeinsamen Einrichtung zugewiesen ist, bei der Bemessung der Größe des Personalrats der Agentur für Arbeit nicht berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 6 PB 27.13 – Buchholz 250 § 88 BPersVG Nr. 1 Rn. 8-15). Mit dieser gesetzgeberischen Konzeption setzt sich die Beschwerde mit Blick auf Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG nicht auseinander.
Rz. 9
Es fehlt auch eine substantiierte Auseinandersetzung mit der Frage, ob der nationale Gesetzgeber nach Inkrafttreten dieser Richtlinie von der Option des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG Gebrauch gemacht hat. Insoweit könnte sich ein Hinweis aus § 44h Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850) – SGB II 2011 – ergeben. Danach besitzen die Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der gemeinsamen Einrichtung für den Zeitraum, für den ihnen Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung zugewiesen worden sind, ein aktives und passives Wahlrecht zu der Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung. § 44h Abs. 2 SGB II 2011 nimmt insoweit eine spezielle personalvertretungsrechtliche Zuordnung des von den Leistungsträgern gestellten Personals zu den gemeinsamen Einrichtungen im Sinne des § 44b Abs. 1 SGB II 2011 vor (BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 6 PB 27.13 – Buchholz 250 § 88 BPersVG Nr. 1 Rn. 15 und 19). Mithin werden diese Personen bei der Berechnung des Schwellenwertes für die Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung berücksichtigt. Auch dies könnte darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber von der Option des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG Gebrauch gemacht und eine (zusätzliche) Berücksichtigung des in Rede stehenden Personenkreises bei der Bemessung der Größe des Personalrats bei der Agentur für Arbeit ausgeschlossen hat. Dem setzt die Beschwerdebegründung allein entgegen, dass die Regelungen der §§ 44g ff. SGB II 2011 keinerlei Bezug zu einer anderweitigen nationalen Umsetzungsmöglichkeit im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG hätten und sich etwas anderes auch nicht den Gesetzesmaterialien und dem Gesetzgebungsverfahren entnehmen lasse. Maßgeblich ist indes nicht, ob der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 44h Abs. 2 SGB II 2011 ausdrücklich auf die Richtlinie Bezug genommen hat, sondern ob die Regelung den Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 RL 2008/104/EG genügt.
Rz. 10
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Fleuß, Dr. Harms
Fundstellen