Verfahrensgang
VG Gera (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen 6 K 392/12 Ge) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 4. Dezember 2014 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde ist unzulässig.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Rz. 3
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. Februar 2011 – 7 B 45.10 – juris Rn. 15 und vom 21. Oktober 2014 – 5 B 30.14 – juris Rn. 2). Diese Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
Rz. 4
Die Beschwerde formuliert keine Rechtsfrage im vorgenannten Sinne. Hierfür genügt nicht die bloße Behauptung, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache resultiere „aus der Anwendung der mannigfachen Entschädigungs-Reduktionsbestimmungen des EALG durch das Gericht” und die in diesem Zusammenhang erfolgte Bezugnahme auf den „Einheitswert[s] 1935”, den „unzutreffenden Multiplikator[s] von lediglich 7”, die „Hypothekenumstellung 2:1”, „Kürzung” der Hypotheken und „nochmalige Gesamtkürzung nach § 7 EntschG” (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 2). Gleiches gilt für die weiteren Behauptungen der Beschwerde, das Verwaltungsgericht könne sich „[a]uf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.11.2000 (1 BvR 2307/94 u.a., BVerfGE 102/254 bis 346) […] bei der Anwendung der Vorschriften des EALG nicht stützen” (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 2) und „[i]n der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.11.2000 findet das Gesetz keine Grundlage mehr” (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 3). Diese und die weiteren in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen der Beschwerde lassen ebenfalls die Formulierung einer konkreten Rechtsfrage vermissen. Soweit die Beschwerde dahin verstanden werden möchte, sie sehe die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der „mannigfachen Entschädigungs-Reduktionsbestimmungen des EALG” als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig an, fehlt es an der erforderlichen substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts und des von ihm in Bezug genommenen sowie teilweise referierten Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2000. Die Beschwerde rügt vielmehr der Sache nach in der Art einer Revisionsbegründung die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts, der sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat, und setzt dieser ihre eigene, zu einem anderen Ergebnis führende Rechtsmeinung entgegen. Eine solche Kritik der vorinstanzlichen Entscheidung kann in der Regel und so auch hier die grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.
Rz. 5
2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Rz. 6
a) Die Beschwerde sieht eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) darin, dass das Verwaltungsgericht den von den Klägern im Verwaltungsverfahren (Schriftsatz vom 3. Januar 2012) und im Gerichtsverfahren (Klagebegründung vom 14. Mai 2012 und Schriftsatz vom 20. Oktober 2014) schriftsätzlich angekündigten Beweisantritten zur Ermittlung des Wertes des gepachteten Gartengrundstücks unter Berücksichtigung der von ihrem Rechtsvorgänger erbrachten erheblichen Erschließungs-, Kultivierungs- und Ausbauaufwendungen nicht nachgekommen sei (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 8 und Schriftsätze vom 21. Mai und 2. Juni 2015 jeweils S. 1 f.). Dieses Vorbringen genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung des behaupteten Verfahrensfehlers.
Rz. 7
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, BVerwG, vgl. Beschluss vom 29. Juli 2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Rz. 8
Dem wird die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht gerecht, weil sie nicht auf der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts gründet, sondern auf der davon abweichenden rechtlichen Ansicht der Kläger. Während sich das Verwaltungsgericht durch Verweisung auf die Begründung u.a. des Widerspruchsbescheides der Auffassung der Widerspruchsbehörde angeschlossen hat (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO), die Kläger könnten für den Verlust des Gartengrundstücks nicht entschädigt werden, da ihr Rechtsvorgänger nur Pächter des Gartengrundstücks gewesen und das Nutzungsrecht kein Vermögensrecht im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG sei, stützt die Beschwerde den behaupteten Aufklärungsmangel darauf, dass der Rechtsvorgänger der Kläger als wirtschaftlicher Eigentümer des betreffenden Gartenteils anzusehen sei „mit der Folge, dass die erheblichen Aufwendungen als Eigentum im Sinne des Entschädigungsrechts zu entschädigen” seien (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 7 f.) und leitet aus dieser Rechtsauffassung die Notwendigkeit der Beweiserhebung zum Wert des gepachteten Gartengrundstücks ab.
Rz. 9
Darüber hinaus legt die Beschwerde nicht dar, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Verwaltungsgericht die Beweisaufnahme auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Derartige Ausführungen sind erforderlich gewesen, weil die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 4. Dezember 2014 ausweislich der Niederschrift keinen diesbezüglichen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt haben. Der Hinweis der Beschwerde, der Vermerk über die Erörterung der Sach- und Rechtslage belege, dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt worden sei, ohne dass es einer zusätzlichen Protokollierung bedurft hätte (vgl. Schriftsätze vom 21. Mai und 2. Juni 2015 jeweils S. 1 f.), übersieht, dass ein Beweisantrag nach § 86 Abs. 2 VwGO zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung gehört, die gemäß § 160 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 105 VwGO zu protokollieren sind (BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2011 – 9 B 53.11 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 70 Rn. 6). Ist ein Beweisantrag – wie im hier vorliegenden Fall – nicht protokolliert, so begründet demgemäß das Protokoll den vollen Beweis dafür, dass er nicht gestellt worden ist.
Rz. 10
b) Soweit die Beschwerde ihr Vorbringen, „[d]er Prozessvortrag wurde nicht gewürdigt” (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 8) als Rüge der Verletzung des Anspruchs der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verstanden wissen möchte, genügt dieses ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Rz. 11
Hierzu gehört es nach den Umständen des Einzelfalles auch, nähere Ausführungen dazu zu machen, inwieweit das in Rede stehende Vorbringen vom Tatsachengericht übergangen wurde. Solches ist zur Nachvollziehbarkeit der Gehörsrüge unverzichtbar, wenn das angefochtene Urteil greifbare Anhaltspunkte dafür enthält, dass das angeblich übergangene Vorbringen tatsächlich berücksichtigt worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1998 – 6 B 92.97 – juris Rn. 4). So liegt es hier. Ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils hat das Verwaltungsgericht den Vortrag der Kläger, das gepachtete Gartengrundstück sei wegen der erbrachten erheblichen Aufwendungen als Eigentum im Sinne des Entschädigungsrechts zu entschädigen sowie ihr Vorbringen zum Wert des gepachteten Gartengrundstücks zur Kenntnis genommen (vgl. UA S. 5 und 7). Inwieweit gleichwohl der Vortrag der Kläger in Bezug auf die geschuldete Entschädigung für das gepachtete Gartengrundstück vom Verwaltungsgericht übergangen worden sein soll, hätte daher zur Nachvollziehbarkeit der Gehörsrüge substantiierter Darlegungen bedurft, an denen es in der Beschwerdebegründung jedoch fehlt. Im Kern wendet sich die Beschwerde vielmehr dagegen, dass das Verwaltungsgericht dem Vortrag der Kläger nicht gefolgt ist und eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat. Das stellt jedoch kein Übergehen von Vortrag dar, sodass damit eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht begründet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2015 – 5 B 66.15 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Rz. 12
c) Soweit die Beschwerde das Vorbringen, „[h]insichtlich von RM 1.300,– Hypotheken wurde nicht berücksichtigt, dass die von der Beklagten geltend gemachte Abtretung bestritten war” (vgl. Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 S. 8), ebenfalls als Geltendmachung einer Gehörsverletzung in Form der Nichtberücksichtigung des Vorbringens der Kläger verstanden wissen möchte, wird die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ebenfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet.
Rz. 13
Es fehlt insoweit an einer hinreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des angesprochenen Vorbringens, ohne die nicht auf eine Verletzung der Kenntnisnahme- und Erwägungspflicht durch das Verwaltungsgericht und damit auf eine Gehörsverletzung geschlossen werden kann. Das Verwaltungsgericht hat sich, indem es gemäß § 117 Abs. 5 VwGO festgestellt hat, es folge den Begründungen des Ausgangs- und Widerspruchsbescheides, die dortigen Ausführungen zu Eigen gemacht. Dementsprechend ist es mit dem Widerspruchsbescheid davon ausgegangen, „[g]em. § 2 Abs. 5 AusglLeistG wird die Summe der Bemessungsgrundlagen für private geldwerte Ansprüche (§ 2 Abs. 2 bis 4 AusglLeistG) auf 10.000,00 DM begrenzt” und mit dem Widerspruchsbescheid zu dem Ergebnis gekommen, diese Grenze werde vorliegend überschritten, wobei es sich auch die Addition der Hypotheken im Widerspruchsbescheid zu Eigen gemacht hat, wonach die von der Beklagten geltend gemachte Abtretung in Höhe von 1.300 GM in Ansatz gebracht worden ist (vgl. Widerspruchsbescheid vom 16. April 2012 S. 24). Hiermit hätte sich die Beschwerde auseinandersetzen und darlegen müssen, dass und inwiefern das Bestreiten der Abtretung danach entscheidungserheblich gewesen ist. Daran fehlt es.
Rz. 14
3. Soweit sich die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25. Februar, 21. Mai und 2. Juni 2015 nicht nur als Ergänzung der Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2015 darstellen, sondern auch neues Vorbringen enthalten sollten, kann dieses nicht berücksichtigt werden, weil es nach Ablauf der Begründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingegangen ist.
Rz. 15
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
Rz. 16
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Rz. 17
6. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Vormeier, Stengelhofen, Dr. Störmer
Fundstellen