Entscheidungsstichwort (Thema)
Revisionszulassung. grundsätzliche Bedeutung. bundesrechtlicher Klärungsbedarf. Abweichung. Aufklärungspflicht. Verkehrsprognose. Prognosemethodik. grundrechtliche Schutzpflicht. Lärmimmission. Schadstoffimmission. Steigerung. Kausalität. Sanierungspflicht. Abschnittsbildung. Verkehrsbedarf. Verkehrsnachfrage. technische Norm. technisches Regelwerk. antizipiertes Sachverständigengutachten. Pluralität. Publizität. Repräsentanz. Normungsgremien. Lärmschutzmaßnahme. Dimensionierung. Planrechtfertigung. Luftreinhalteplanung. Umweltverträglichkeitsprüfung. Vorprüfungspflicht. Finanzierbarkeit. Haushaltsrecht. gerichtliche Vollprüfung
Leitsatz (amtlich)
1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine in der Planfeststellung zu befolgende grundrechtliche Pflicht, Schutzvorkehrungen gegen gesundheitsgefährdende Verkehrsimmissionen zu treffen, eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrswegs und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung voraussetzt.
2. Welche Anforderungen an die Pluralität der Normungsgremien und an die Publizität des Normungsverfahrens zu stellen sind, damit technische Normen im Verwaltungsprozess als antizipierte Sachverständigengutachten verwendet werden können, lässt sich nicht abschließend abstrakt bestimmen; den Kriterien der Repräsentanz und der Publizität kommt aber umso eher und umso mehr Bedeutung zu, je stärker die einschlägigen Fachkreise zugleich Interessengruppen sind und je stärker sich in den Regelwerken fachliche Einschätzungen und Wertungen verbinden.
3. Die Entscheidung über die Dimensionierung eines Verkehrswegs fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 41 BImSchG.
4. Stehen die notwendigen Finanzmittel zur Realisierung eines Straßenbauvorhabens bereit, so ist die Planrechtfertigung zu bejahen, ohne dass fachplanungsrechtlich hinterfragt werden müsste, ob die zugrunde liegenden Finanzierungsentscheidungen haushaltsrechtlichen Vorgaben entsprechen (im Anschluss an Urteile vom 20. Mai 1999 – BVerwG 4 A 12.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154 S. 31 und vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪Rn. 200≫).
5. Dass Personen, die durch Immissionen eines planfestgestellten Vorhabens im Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG betroffen sind, im Gegensatz zu Enteignungsbetroffenen keinen Anspruch auf eine gerichtliche Vollprüfung des Planfeststellungsbeschlusses haben, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 2, Art. 14 Abs. 3; VwGO § 86 Abs. 1, § 132 Abs. 2, § 137 Abs. 1; BImSchG § 41 Abs. 1; BremLStrG § 10 Abs. 1; UVP-RL Art. 4 Abs. 2; BremUVPG Anl. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
OVG der Freien Hansestadt Bremen (Urteil vom 21.11.2006; Aktenzeichen 1 D 79/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Aufklärungsrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) greift nicht durch. Mit ihr rügt die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe keine ausreichenden Ermittlungen zur Prognosebelastung des planungsbetroffenen Abschnitts der Schwachhauser Heerstraße im Planfall angestellt. Das Gericht hätte sich nicht mit den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Gestalt einer Powerpoint-Präsentation gegebenen Erläuterungen begnügen dürfen, sondern ein neutrales Sachverständigengutachten einholen müssen. Das Beschwerdevorbringen hierzu lässt indes einen Aufklärungsmangel nicht erkennen.
Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt haben, könnte das Oberverwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht nur verletzt haben, wenn sich ihm eine weitere Ermittlung hätte aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 11). Das traf jedoch hinsichtlich der Prognose der künftigen Verkehrsbelastung im Planfall nicht zu.
Der Verkehrsprognose lag nach den Ausführungen im angefochtenen Urteil eine “Modellberechnung für die Verkehrserzeugung und -nachfrage im gesamten bremischen Stadtgebiet” zugrunde, deren Methodik in der mündlichen Verhandlung von dem verantwortlichen Behördenmitarbeiter erläutert worden ist (UA S. 25). Dass das Oberverwaltungsgericht sich darauf beschränkt hat, den Mitarbeiter die Methodik der Modellrechnung erklären und durch eine Powerpoint-Präsentation veranschaulichen zu lassen, ohne das mittels eines elektronischen Datenverarbeitungsprogramms erstellte Zahlenwerk der Berechnung in seiner Gesamtheit anzufordern, stellt keinen Aufklärungsmangel dar. Die gerichtliche Prüfung behördlicher Prognosen beschränkt sich, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, auf die Kontrolle, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der der Prognose zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (stRspr; vgl. Urteil vom 11. Juli 2001 – BVerwG 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364 ≪378≫ m.w.N.). Um die dafür notwendigen Feststellungen zu treffen, reicht es prinzipiell aus, sich in der mündlichen Verhandlung die Datenbasis und das prognostische Vorgehen erläutern zu lassen und die Prognoseergebnisse einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen. Umstände, warum dies hier anders sein sollte, hat die Beschwerde nicht aufgezeigt.
Ein Aufklärungsmangel kann namentlich nicht darin gesehen werden, dass das Gericht auf weitergehende Erläuterungen zu dem angewandten Rechenmodell VENUS verzichtet hat. Insoweit stehen prognosetechnische Details in Rede, deren Aufklärung grundsätzlich im Ermessen des Gerichts liegt. Es sind keine Umstände hervorgetreten, aufgrund derer die Vorinstanz zwingend hätte “nachfassen” müssen.
Der weitere Einwand, die behördliche Modellberechnung sei inhaltlich erkennbar unbrauchbar oder doch defizitär gewesen, greift ebenfalls nicht durch. Die Beschwerde macht hierzu geltend, die Modellberechnung sei nicht aussagekräftig gewesen, weil sie auf einer Verkehrsuntersuchung für die A 281, 2. Bauabschnitt, beruht habe, deren Untersuchungsgebiet südlich der Weser liege und deswegen die Schwachhauser Heerstraße nicht einschließe. Damit ist ein Aufklärungsmangel nicht dargetan. Ausweislich der Begründung des angefochtenen Urteils betraf die Modellberechnung die “Verkehrserzeugung und -nachfrage im gesamten bremischen Stadtgebiet”; es gingen danach Strukturdaten der Bevölkerungsentwicklung, wesentliche siedlungsstrukturelle Änderungen, Veränderungen im Verkehrsangebot und verkehrslenkende Maßnahmen in sie ein (UA S. 25). Das lässt nur den Schluss zu, dass die Modellberechnung dazu diente, die gesamtstädtische Verkehrsentwicklung abzubilden. Soweit in das Modell auch Daten aus speziellen Untersuchungen (so zu den Veränderungen im Verkehrsangebot durch Ausbau der A 281) eingespeist wurden, ist dagegen methodisch grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Beschwerde legt nicht konkret dar, dass bestimmte aus der A-281-Untersuchung übernommene Daten für den hier in Rede stehenden Prognosegegenstand zu ungenau gewesen wären; erst recht begründet sie nicht, dass dies aufgrund der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung erkennbar gewesen wäre und dass deswegen für die Vorinstanz Anlass bestanden hätte, sich nicht mit den Ergebnissen der Modellberechnung zu begnügen, sondern ein weiteres Gutachten einzuholen. Ebenso wenig legt die Beschwerde nachvollziehbar dar, woraus sie den Schluss zieht, in die Prognoseberechnung sei der Ausbau der Schwachhauser Heerstraße nicht in der geplanten, vier Fahrstreifen ermöglichenden Dimensionierung eingegangen. Dass die A-281-Untersuchung den Ausbau noch nicht berücksichtigt haben mag, ist unerheblich; denn es fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, die Planfeststellungsbehörde habe in jener Untersuchung nicht nur eine Quelle für Basisdaten einer auf den Planfall zugeschnittenen eigenständigen Prognose, sondern einen Ersatz für eine solche gesehen.
Jedenfalls mit Blick auf die behördliche Erläuterung, die Modellberechnung werde regelmäßig aktualisiert und in sie fänden auch verkehrslenkende Maßnahmen Eingang (UA S. 25), bestand ferner keine Veranlassung, gesondert der Frage nachzugehen, ob verlehrslenkende Maßnahmen nach den Aktions- und Luftreinhalteplänen der Beklagten ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind. Ebenso erübrigten sich die von der Beschwerde vermissten Ermittlungen zur Irrtumswahrscheinlichkeit bei Verkehrsmodellen. Die Verwendung derartiger Modelle für Verkehrsprognosen entspricht dem aktuellen Stand der Prognosemethodik. Ohne besondere – hier fehlende – Hinweise auf eine außergewöhnliche Fehleranfälligkeit des konkret verwendeten Berechnungsmodells drängen sich Nachforschungen hierzu nicht auf.
Soweit unter Nr. 7 der Beschwerdebegründung wiederum ein Aufklärungsmangel gerügt wird, kommt dem keine selbständige Bedeutung zu; der Sache nach geht es auch dabei um die – zu verneinende – Frage, ob weitere Nachforschungen zur Verkehrsentwicklung veranlasst waren.
2. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sieht die Beschwerde darin, dass das angefochtene Urteil Lärm- und Schadstoffimmissionen, die sich in einem aus Sicht des Grundrechtsschutzes kritischen Bereich bewegten, dann als nicht abwägungserheblich einstufe, wenn sie durch das Ausbauvorhaben nicht gesteigert würden. Selbst wenn das Oberverwaltungsgericht diesen Rechtssatz implizit aufgestellt haben sollte, ist es damit nicht von den in der Beschwerde angeführten Entscheidungen abgewichen. In seinem Urteil vom 21. März 1996 (BVerwG 4 C 9.95 – BVerwGE 101, 1 ≪10≫) hat das Bundesverwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, der Staat verstoße gegen seine grundrechtliche Schutzpflicht, wenn er es zulasse, “dass durch den Bau oder durch die wesentliche Änderung eines öffentlichen Verkehrswegs eine die menschliche Gesundheit gefährdende Verkehrslärmbelastung entsteht, und sei es auch nur durch die Erhöhung einer bereits vorhandenen Vorbelastung”. Eine in der Planfeststellung zu befolgende grundrechtliche Pflicht, Schutzvorkehrungen zu treffen, setzt hiernach eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrswegs und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung voraus. Eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, wird damit hingegen nicht zum Ausdruck gebracht (vgl. auch das Urteil vom 28. Oktober 1998 – BVerwG 11 A 3.98 – BVerwGE 107, 350 ≪356 f.≫, wonach die Berücksichtigung der bisherigen Immissionssituation als schutzmindernde Vorbelastung in den Grundrechten nur dann eine Grenze findet, wenn lediglich eine planerische, aber keine tatsächliche Vorbelastung bestanden hat). Das Urteil vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪Rn. 390≫) besagt nichts anderes, sondern nimmt ausdrücklich auf die Entscheidung vom 21. März 1996 Bezug. Ein weitergehender Rechtssatz ist auch nicht dem Beschluss vom 29. März 2007 (BVerwG 7 C 9.06 – NVwZ 2007, 695) zu entnehmen, der zur Frage des Schutzes vor gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen im Rahmen der straßenrechtlichen Planfeststellung wiederum auf die “Auswirkungen des Vorhabens” und nicht der Straße als solcher abstellt (Rn. 29). Eine Divergenz des vorinstanzlichen Urteils von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 1996 (BVerwG 11 C 9.95 – BVerwGE 101, 347) hat die Beschwerde schon nicht ausreichend dargelegt. Voraussetzung dafür wäre, dass die der Vorinstanz und dem Bundesverwaltungsgericht jeweils zugeschriebenen Rechtssätze dieselbe Rechtsvorschrift beträfen. Das ist aber bereits nach der Beschwerdebegründung nicht der Fall.
Die in diesem Zusammenhang erhobene Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greift ebenfalls nicht durch. Die Beschwerde zeigt keine Gesichtspunkte auf, derentwegen die bereits entschiedene Frage, ob anlässlich eines Vorhabens, das nicht zu einer Steigerung der Lärm- oder Schadstoffbelastung führt, eine unmittelbar aus den Grundrechten abgeleitete Sanierungsverpflichtung zum Tragen kommen kann, erneut als klärungsbedürftig erscheinen könnte. Solche Gesichtspunkte ergeben sich namentlich nicht aus den Gründen des zur atomrechtlichen Anlagengenehmigung ergangenen Urteils vom 21. August 1996 (a.a.O. S. 355 ff.), in dem das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen beziehe sich bei einer wesentlichen Änderung auch auf diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage, auf die sich die Änderung auswirke. Was das für die Immissionsbeurteilung der geänderten Anlage im Einzelnen bedeutet, bedarf hier keiner Prüfung (vgl. dazu S. 356 des genannten Urteils und die dort in Bezug genommene immissionsschutzrechtliche Rechtsprechung). Aus den Grundsätzen, die zum Prüfungsumfang bei der Erteilung atom- und immissionsschutzrechtlicher Änderungsgenehmigungen entwickelt worden sind, lassen sich jedenfalls keine Rückschlüsse für die Frage ziehen, inwieweit (unmittelbar) aus den Grundrechten folgende Schutzpflichten im Rahmen der Planfeststellung eines Fachplanungsvorhabens zu berücksichtigen sind, das die grundrechtsgefährdende Situation weder begründet noch verschärft.
3. Die geltend gemachte Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abschnittsbildung liegt nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat im Rahmen seiner Ausführungen zur Planrechtfertigung den im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2005 (BVerwG 4 A 5.04 – BVerwGE 123, 23 ≪25 f.≫) aufgestellten Rechtssatz, dass die Planrechtfertigung bei abschnittsweiser Planung eine eigenständige Verkehrsfunktion des jeweiligen Abschnitts voraussetzt, wiedergegeben und geprüft (UA S. 20). Damit ist nicht die von der Beschwerde dem Oberverwaltungsgericht zugeschriebene Aussage verbunden, die Anforderungen an die Abschnittsbildung erschöpften sich in dem Erfordernis einer eigenständigen Verkehrsfunktion.
4. Grundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde – sinngemäß – der Frage bei, ob bei der Prüfung der Planrechtfertigung auf die faktische Verkehrsnachfrage oder auf einen bei wertender Betrachtung begründeten Verkehrsbedarf abzustellen sei. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie sich nach nicht revisiblem Landesrecht beantwortet (§ 137 Abs. 1 VwGO). Bezugspunkt für die Prüfung, ob ein Planungsvorhaben im Sinne der Planrechtfertigung vernünftigerweise geboten ist, sind die Zielsetzungen des maßgeblichen Fachplanungsgesetzes, für den Ausbau der Schwachhauser Heerstraße also des Bremischen Landesstraßengesetzes. Dieses bestimmt in seinem § 10 Abs. 1 Satz 2, dass Straßen so zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder zu verbessern sind, “dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen”. Von dem Verständnis dieses Begriffs hängt es ab, wie die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zu beantworten ist. Hierzu eine Klärung herbeizuführen, ist dem Revisionsgericht versagt.
Soweit die Beschwerde ergänzend eine Divergenz rügt, weil die Vorinstanz die faktische Verkehrsnachfrage auch im Rahmen der planerischen Abwägung keiner Bewertung unterzogen habe, genügt sie schon nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Weder bezeichnet sie eine Entscheidung, von der das angefochtene Urteil abgewichen sein soll, noch benennt sie die angeblich voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze.
5. Grundsätzliche Bedeutung hat die Rechtssache auch nicht im Hinblick auf die prozeduralen Anforderungen an die Heranziehung technischer Normen als Beurteilungsmaßstab im gerichtlichen Verfahren. Die Beschwerde versäumt es schon, die als klärungsbedürftig erachtete Frage klar zu formulieren; sie beschränkt sich darauf, Ausführungen zu den für notwendig gehaltenen Anforderungen zu machen und zu rügen, “dass das Oberverwaltungsgericht diese prozeduralen Anforderungen an technische Normung nicht gesehen und nicht angewendet hat”. Selbst wenn man ihren Ausführungen aber der Sache nach die fallübergreifende Frage entnimmt, ob zur Beurteilung einer technischen Anlage auf technische Normen ohne Rücksicht auf eine Repräsentanz pluralen Sachverstandes im Aufstellungsverfahren und eine Partizipation der Öffentlichkeit an diesem Verfahren zurückgegriffen werden darf, rechtfertigt das nicht die Zulassung der Revision, denn diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Die Beschwerde will die Entscheidungserheblichkeit damit begründen, dass das Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer zwei Fahrstreifen ermöglichenden Fahrbahnbreite von 5,5 m auf die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. herausgegebenen EAHV 93 und RASt 05, Entwurf, gestützt habe, obwohl in das Aufstellungsverfahren für diese Regelwerke nur Verkehrsexperten, nicht aber Architekten, Stadtplaner, Stadtsoziologen und Umweltmediziner einbezogen worden und die Entwürfe nicht der Öffentlichkeit zur Kommentierung vorgestellt worden seien. Das Urteil stützt sich indes auf die Empfehlungen der genannten Regelwerke lediglich für die Beurteilung der wesentlich engeren Frage, welche Mindestfahrbahnbreite einen zweispurigen Kfz-Verkehr ermöglicht (UA S. 26). Dass dafür ein Querschnitt von 5,5 m nötig ist, zieht die Beschwerde nicht in Zweifel mit der Folge, dass es insoweit auf die aufgeworfene Frage gar nicht ankommt. Die weiterreichende Fragestellung, welche Fahrbahnbreite die Planfeststellungsbehörde in Ausübung ihres planerischen Ermessens als der prognostizierten Verkehrssituation und dem Straßenumfeld angemessen ansehen durfte, hat das Oberverwaltungsgericht dagegen nicht anhand der erwähnten technischen Normen, sondern eigenständig im Hinblick auf die Verkehrsstärke und die Verkehrsfunktion der Schwachhauser Heerstraße im Bremer Verkehrsnetz beurteilt; auch in dieser Hinsicht ist die aufgeworfene Frage mithin nicht entscheidungserheblich.
Im Übrigen lässt sich die Frage nach den prozeduralen Anforderungen, denen die Aufstellung technischer Regelwerke genügen muss, um diese im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu verwerten, aufgrund der vorhandenen Rechtsprechung beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Technische Regelwerke stellen keine Rechtsquellen dar, sondern können als Ausdruck der Erkenntnisse und Erfahrungen von Fachleuten die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (Beschluss vom 7. Mai 2007 – BVerwG 4 B 5.07 – juris Rn. 4). Ob sie in dieser Weise verwertbar sind, hängt maßgeblich davon ab, ob die Zusammensetzung der Normungsgremien und ihr Verfahren die Gewähr dafür bieten, dass der auf einem Fachgebiet vorhandene Sachverstand durch sie repräsentiert wird und nicht Interessengruppen einseitig die Normung steuern (vgl. Urteil vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 33 bis 35.83 – BVerwGE 77, 285 ≪291≫). Welche Anforderungen an die Pluralität der Normungsgremien und die Publizität des Normungsverfahrens sich daraus ergeben, lässt sich jedoch nicht abstrakt bestimmen, da die betroffenen Fachkreise sehr unterschiedlich strukturiert sein können und der wertende, interessenabhängige Gehalt der Regelwerke sehr verschieden ausgeprägt sein kann. Verallgemeinernd lässt sich insoweit nur die Aussage treffen, dass den Kriterien der Repräsentanz und der Publizität umso eher und umso mehr Bedeutung zukommt, je stärker die einschlägigen Fachkreise zugleich Interessengruppen sind und je stärker sich in den Regelwerken fachliche Einschätzungen und Wertungen verbinden. Die jeweils maßgeblichen Anforderungen zu konkretisieren, ist Sache tatrichterlicher Würdigung.
6. Gegenüber der vorinstanzlichen Beurteilung der Dimensionierung des Ausbauvorhabens dringt die Beschwerde weder mit der Divergenz- noch mit der Grundsatzrüge durch.
In dem von der Beschwerde zitierten Urteil vom 28. Januar 1999 (BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 ≪256≫) hat das Bundesverwaltungsgericht nicht den ihm zugeschriebenen Rechtssatz aufgestellt, nach § 41 BImSchG könne eine bestimmte Dimensionierung des lärmimmitierenden Verkehrswegs geschuldet sein. In der Entscheidung wird ausgeführt, dass § 41 BImSchG eine im Wege fachplanerischer Abwägung nicht überwindbare Planungsschranke errichtet, jenseits derer Lärmeinwirkungen nicht ohne Ausgleich hingenommen werden müssen. Dass dieser Ausgleich, sofern technische Schutzmaßnahmen versagen, durch Abstriche an der Dimensionierung des Vorhabens zu gewährleisten wäre, besagt die Entscheidung weder ausdrücklich noch der Sache nach, sondern verweist für den Fall, dass die Zumutbarkeitsgrenzen durch Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden können, auf finanzielle Ausgleichsmaßnahmen (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG).
Für die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob über die Dimensionierung eines Straßenausbaus nach § 41 BImSchG zu entscheiden ist, besteht auch kein Klärungsbedarf. Diese Frage lässt sich auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung des Senats verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. § 41 BImSchG regelt den Schutz vor Geräuschimmissionen beim Bau und bei der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen durch aktive Schallschutzmaßnahmen. Ob eine lärmreduzierende Vorkehrung als Lärmschutzmaßnahme zu qualifizieren und deswegen der Rechtsfolgenseite des § 41 BImSchG zuzuordnen ist, bestimmt sich nach ihrer objektiven Funktion (vgl. Urteile vom 14. November 2001 – BVerwG 11 A 31.00 – BVerwGE 115, 237 ≪243≫ und vom 3. März 2004 – BVerwG 9 A 15.03 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 115). Danach kann die Dimensionierung nicht als Schallschutzmaßnahme verstanden werden; denn sie stellt eine wesentliche Eigenschaft des vornehmlich auf die jeweilige Verkehrsfunktion ausgerichteten Planungsvorhabens selbst dar, nicht hingegen eine zu dem Vorhaben hinzutretende, primär dem Lärmschutz dienende Maßnahme.
7. Mit dem Vorhalt, das Oberverwaltungsgericht habe die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2004 (BVerwG 9 A 6.03 – BVerwGE 121, 57 ≪63≫) erläuterten Zusammenhänge zwischen einer Luftreinhalteplanung und der Erforderlichkeit eines Straßenausbaus übersehen, legt die Beschwerde keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Die bloße Nichtbeachtung eines Rechtssatzes – für die hier im Übrigen nichts ersichtlich ist – kann mit der Aufstellung eines divergierenden Rechtssatzes nicht gleichgesetzt werden und genügt deshalb nicht, um den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auszufüllen.
Außerdem spricht nichts für die Annahme, die Vorinstanz habe mögliche rechtliche Rückwirkungen von Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf die Planrechtfertigung verkannt. Dass das Gericht die Planrechtfertigung des streitbefangenen Vorhabens durch derartige Maßnahmen nicht in Frage gestellt sieht, ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass es deren tatsächliche Auswirkungen anders einschätzt als die Kläger.
8. Die Beschwerde misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob die landesrechtliche Beschränkung der UVP-rechtlichen Vorprüfungspflicht auf Neubauvorhaben von mehr als 2 km Länge (Anl. 1 Nr. 6 zum BremUVPG) mit Art. 4 Abs. 2 der UVP-Richtlinie vereinbar ist. Diese Frage betrifft die Anwendbarkeit des Bremischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes und damit nichtrevisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Sie erlangt nicht dadurch Revisibilität, dass Maßstab für ihre Beurteilung eine dem revisiblen Recht zuzurechnende Norm des Europäischen Gemeinschaftsrechts ist (vgl. zur Revisibilität gemeinschaftsrechtlicher Normen Beschluss vom 12. Juni 1970 – BVerwG 7 C 35.69 – BVerwGE 35, 277 ≪278≫). Anders wäre nur zu entscheiden, wenn gerade die Auslegung der revisiblen Maßstabsnorm noch ungeklärte Fragen aufwürfe (vgl. Beschluss vom 7. März 1996 – BVerwG 6 B 11.96 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.). Dass dies trotz der von der Beschwerde zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21. September 1999 – C-392/96 – Slg. 1999, I-5901) zuträfe, ist nicht dargelegt.
Die aufgeworfene Frage würde sich in einem Revisionsverfahren außerdem deshalb nicht stellen, weil die Vorinstanz selbstständig tragend darauf abgehoben hat, dass einem – etwaigen – Erfordernis einer UVP-rechtlichen Vorprüfung im Planaufstellungsverfahren der Sache nach Rechnung getragen worden sei (UA S. 18). Der Einwand der Kläger, diese Vorprüfung sei mangels Einbeziehung klimatischer Auswirkungen des Vorhabens defizitär gewesen, greift nicht durch, da nach den nicht erfolgreich mit der Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Verkehr auf der Schwachhauser Heerstraße nicht vorhabenbedingt zunehmen wird. Jedenfalls auf dieser tatsächlichen Grundlage bestand kein Anlass, klimatische Veränderungen im Rahmen der Vorprüfung in Betracht zu ziehen.
9. Die Beschwerde rügt weiterhin eine Abweichung des vorinstanzlichen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur fehlenden Planrechtfertigung wegen des Mangels der Finanzierbarkeit eines Vorhabens. Das Oberverwaltungsgericht lasse es ausreichen, wenn die Finanzierbarkeit tatsächlich gesichert sei, während das Erfordernis der Finanzierbarkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Vereinbarkeit der vorgesehenen Finanzierung mit dem Haushalts- und Finanzverfassungsrecht voraussetze. Zugleich sieht die Beschwerde hinsichtlich der Frage, ob auf die tatsächliche oder zusätzlich auch auf die haushaltsrechtlich zulässige Finanzierbarkeit abzustellen ist, noch grundsätzlichen Klärungsbedarf. Auch unabhängig davon, dass sie es versäumt, die Unvereinbarkeit der Finanzierung des konkreten Ausbauvorhabens mit dem Haushaltsrecht substantiiert darzulegen, kann sie weder mit der Abweichungs- noch mit der Grundsatzrüge durchdringen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach entschieden, dass einem Vorhaben, dessen Realisierung aus finanziellen Gründen ausgeschlossen ist, die Planrechtfertigung fehlt (vgl. Urteile vom 20. Mai 1999 – BVerwG 4 A 12.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154 S. 31 und vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 200). Dies bedeutet indessen nicht, dass die Art der Finanzierung Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist. Das insoweit zu beachtende Haushaltsrecht bindet die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates; es entfaltet aber grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre. Die Planfeststellungsbehörden haben lediglich vorausschauend zu beurteilen, ob dem Vorhaben unüberwindliche finanzielle Schranken entgegenstehen (Urteil vom 20. Mai 1999 a.a.O.). Stehen die notwendigen Mittel schon bereit, so ist diesem Erfordernis Genüge getan, ohne dass fachplanungsrechtlich hinterfragt werden müsste, ob die zugrunde liegenden Finanzierungsentscheidungen haushaltsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Mit dieser Rechtsprechung steht das angegriffene Urteil im Einklang; ein weitergehender Klärungsbedarf ist nicht erkennbar.
10. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die von ihr aufgeworfene Frage, ob der durch ein Straßenbauvorhaben in seiner Gesundheit gefährdete Anwohner in gleicher Weise wie der durch enteignungsrechtliche Vorwirkungen der Planfeststellung betroffene Grundstückseigentümer eine gerichtliche Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses einfordern kann, nicht klärungsbedürftig. Das Oberverwaltungsgericht ist nämlich erklärtermaßen von der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage ausgegangen, weil alle substantiierten Einwände gegen die planerische Abwägung subjektive Belange der Kläger berührten (UA S. 22). Eine für die Entscheidung des Tatsachengerichts nicht maßgebliche Rechtsfrage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu rechtfertigen (Beschluss vom 27. Mai 2003 – BVerwG 9 BN 3.03 – Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 98 S. 22). Soweit die Kläger dem entgegenhalten, sie hätten auch objektiv-rechtliche Einwände, nämlich den Verstoß gegen Haushaltsrecht sowie unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeitsprüfung die klimatischen Auswirkungen des Vorhabens, geltend gemacht, führt das zu keiner anderen Beurteilung; denn das Oberverwaltungsgericht hat sich auch insoweit nicht unter Berufung auf die fehlende Enteignungsbetroffenheit der Kläger Kontrollrestriktionen auferlegt, sondern ist sowohl auf die Finanzierbarkeit als Bestandteil der Planrechtfertigung als auch auf die Vornahme einer UVP-rechtlichen Vorprüfung in der Sache eingegangen. Dass es dabei klimatische Auswirkungen nicht ausdrücklich angesprochen hat, ist ohne Belang, weil dazu ausgehend von der Annahme, der Verkehr werde nicht vorhabenbedingt zunehmen, kein Anlass bestand.
Die Darlegungen der Beschwerde geben zudem keinen Anlass, die Frage des gerichtlichen Prüfungsumfangs als erneut klärungsbedürftig zu betrachten. Die Beschränkung einer gerichtlichen Vollprüfung auf Klagen Enteignungsbetroffener hat ihren Grund in den besonderen Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG an den unmittelbaren Zugriff auf eigentumsrechtlich geschützte Positionen (vgl. Urteile vom 18. März 1983 – BVerwG 4 C 80.79 – BVerwGE 67, 74 ≪76 f.≫ und vom 21. März 1986 – BVerwG 4 C 48.82 – BVerwGE 74, 109 ≪110 f.≫). Eine unzulässige Ungleichbehandlung von Personen, die durch Immissionen eines planfestgestellten Vorhabens im Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG betroffen sind, folgt daraus schon deshalb nicht, weil insoweit kein gezielter Zugriff auf die grundrechtlich geschützte Rechtsposition, sondern nur mittelbare Einwirkungen in Rede stehen. Auch mittelbare Einwirkungen auf eigentumsrechtlich geschützte Positionen vermitteln keinen Anspruch auf eine uneingeschränkte gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Dr. Nolte, Domgörgen
Fundstellen
VR 2008, 215 |
ZUR 2008, 255 |
DVBl. 2008, 401 |
UPR 2008, 186 |